Beiträge von Decima Lucilla

    Gut gelaunt, mit einem dicken Stapel Papyrii unter dem Arm kommt Lucilla an ihrem Officium an. Sie entfernt umständlich den Abwesenheits-Zettel an der Tür und öffnet sie.


    "Ah, herrlich. Wer hätte gedacht, dass ich mein Officium mal vermissen würde, dass vier Wände, ein Boden und eine Decke solch ein wohnlicher Arbeitsplatz sein können!"


    Sie tritt ein, legt die Papyrii auf einen freien Platz des Schreibtisches ab und nimmt erfreut zur Kenntnis, dass sich auch während dieser Reise kein Staubkorn in ihrem Reich eingenistet hat. Die Curia von Tarraco ist eben ein reibungsloser Apparat, sogar was die Säuberung der Officien betrifft. Lucilla ist froh, dass sie nicht im korrupten Italia arbeitet.


    Sie setzt sich und beginnt die liegengebliebene Arbeit zu sichten.

    Gallus öffnet die Tür. Lucilla ist immer hocherfreut einen der Decima-Sklaven zu sehen. Nicht etwa, weil sie sich sonderlich über ihre Person freuen würde - zwar sind die meisten gute Sklaven, aber eben doch nur Sklaven - nein, die Decima-Sklaven sind einfach fest mit der Casa Decima verbunden. Ihr Gesicht zu sehen bedeutet, nach Hause zu kommen, zu wissen, dass die Reise beendet ist.


    Sie strahlt den Sklaven an.


    "Salve Gallus. Kümmere dich bitte um meinen Reisebeutel. Dann sorge dafür, dass mir ein Bad bereitet wird. Die Straßen Hispanias sind unglaublich staubig, vor allem, wenn man auf einem Postwagen fährt."


    Gallus nickt und geht zum Wagen. Lucilla eilt ins Innere des Hauses.

    Mit einem Lächeln schaut sich Lucilla um. Die Sonne scheint warm auf die Casa Decima herab und hat beinahe allen Schatten vertrieben. Nur wenige Menschen sind auf den Straßen Tarracos unterwegs, die meisten warten in den kühlen Räumen ihrer Häuser auf den Nachmittag.


    Lucilla streift sich das Tuch vom Kopf, welches sie vor der Sonne schützt und weist den Kutscher an zu warten. Sie springt vom Wagen herunter und klopft an die Tür der Casa.

    Es ist früh am Morgen, Lucilla wirft einen letzten Blick auf ihr Reisegepäck und seufzt. Sie nimmt es auf und geht auf leisen Sohlen aus dem Cubiculum. Leise schließt sie die Tür. Durch den Gang hört sie bereits das leise Klappern von Geschirr. Die Sklaven hatten ihr also wie aufgetragen ein kleines Frühstück bereitet.


    Mit einem Lächeln geht sie zum Triclinium um sich für ihre Reise zu stärken. Etwas später verlässt die Casa. Sie wird sie und die Familie vermissen, doch um so schöner wird das Wiedersehen ausfallen.

    Lucilla wählt genervt einige Kleidungsstück von den bereits auf ihrem Bett liegenden aus und legt sie beiseite. Der Stapel wird immer kleiner und obwohl es genau das ist, was Lucilla beabsichtigt, schaut sie traurig auf das Bett.


    "Das wird eine sehr entbehrungsreiche Reise." murmelt sie vor sich hin und seufzt. Draußen regnet es und sie malt sich bereits aus, wie es sein wird, die ganze Zeit durch das verregnete Hispania zu fahren. Sie schickt ein kurzes Stoßgebet an Jupiter, dass er Hispania doch bitte wenigstens mit seinen Blitzen und Donner verschonen möge.
    Die Postwägen sind nicht gerade bequem und Lucilla hofft, dass die Mansiones einigermaßen komfortabel ausgesattet sind...


    Gegen Abend hat sie es tatsächlich geschafft, ihr Reisegepäck auf das Notwendige einzuschränken.

    "Leider werdet ihr ohne mich weiterfeiern müssen." entgegnet Lucilla ein wenig bedauernd. "Ich habe noch einiges in meinem Officium zu erledigen und muss die Postbeamten anweisen, was sie ohne mich zu tun haben."


    Lucilla trinkt ihren Becher aus und lächelt ihren Cousins zu. "Wir sehen uns heute abend zuhause."


    Sie verabschiedet sich und wirft einen letzten Blick auf das Gelände. Wenn sie wiederkommt, würde hier vielleicht schon die halbe Bibliothek stehen...

    Lucilla lacht. "Auch ich habe einige Zeit in Rom gelebt, aber so überfüllt wie am Tag des Triumphzuges hatte ich es auch noch nicht erlebt. Aber ich denke auch wenn ich mitten in den Massen stand, ich hatte den bessern Standpunkt von uns beiden. All die Soldaten in ihren funkelnden Paraderüstungen, das war wirklich beeindruckend."

    "Nein, hier sind die Nachrichten nur spärlich eingetröpfelt. Bis wir erfahren haben, dass gekämpft wurde, war es schon immer vorbei. Zum Glück. Und trotzdem nimmt es einem nicht die Sorgen."


    Das Thema scheint bei Balbus keine guten Erinnerungen zu wecken. Wie auch. Daher beschließt Lucilla ein wenig davon abzuweichen.


    "Warst du auch bei dem Triumphzug in Rom dabei?"

    Auch Lucilla muss bei Balbus Bemerkung lachen.


    "Da hast du Recht und es ist nicht nur in der Legion so. Manchmal habe ich das Gefühl, wir führen die Curia als eine Art Familienbetrieb."


    Etwas ernster sagt sie: "Und was du über unsere Soldaten sagt, das ehrt sie sehr. Ich bin sehr stolz auf sie alle, auch wenn ich sie jedesmal verfluche, wenn sie wieder in den Krieg ziehen müssen und uns Zurückgebliebenen damit schlaflose Nächte bereiten."

    Sie lächelte bei Balbus Worten. Dass Balbus öfter mal wenig zu tun hat weiß Lucilla aus eigener Erfahrung. Wie sonst könnte er sich so unnötige Besuche beim Praefectus Vehiculorum erlauben.


    "Nun, wenn du die Anlagen deiner Gens besitzt bin ich sicher, dass auch du es weit bringen wirst." Sie schmunzelt. "Auch wenn ich nicht weiß, ob der Posten des Regionarius wirklich so erstrebenswert ist. Mir persönlich wäre es zu gefährlich. Aber als Legionär bist du so etwas wohl gewöhnt."

    Erleichterung macht sich in Lucilla breit.


    "Das freut mich. Welcher Tätigkeit gehst du eigentlich nach, Prudentius Balbus? Ich könnte mich nicht daran erinnern, dir bereits in Tarraco begegnet zu sein."


    Es erscheint Lucilla irgendwie komisch, ihn bei seinem Namen zu nennen. Bei dem Namen, den auch sein Bruder trägt.

    "Ich habe zu seiner Zeit als Magistrat in der Curia als Scriba angefangen. Leider schied er dann ja während seines Amtes als Duumvir aus der Verwaltung aus. Ich dachte immer, er wollte sich komplett aus der Verwaltung zurückziehen, aber es lag wohl an Hispania." Ein wenig Bedauern liegt nun auch in ihrer Stimme.


    "Und wird die Gens Prudentia Commodus nach Germanien folgen?"


    Sie will es sich nicht eingestehen, doch der Gedanke daran, dass auch sein Bruder Balbus Tarraco verlassen könnte, wühlt sie mehr auf, als sie gedacht hätte.