Beiträge von Iulia Severa

    Iulia hatte inzwischen ihre Sandalen abgestreift und sich seitlich auf das Bettende, ein Bein untergeschlagen. Sie lächelte.


    "Das liegt mit Sicherheit daran, dass du diesmal die Braut geheiratet hast."


    Vorsichtig nahm sie ihren Schleier ab und legte ihn aufs Bett. Er hatte fast die gleiche Farbe wie die Safranfäden, die sich über das Laken verteilten, wie Sterne über den Nachthimmel. Im Grunde war es eine Verschwendung des kostbaren Gewürzes. Mit ihren Fingerspitzen sammelte sie ein paar Fäden auf und legte sie auf ihre flache Hand. Durch seine Frage, schaute sie auf.


    "Eine wovon?"

    "Was wirst du erst sagen, wenn wir ein paar Jahre verheiratet sind?"


    Neckte sie ihn. Während sie das aufwendig hergerichtete Zimmer auf sich wirken ließ. Von draußen konnte man immer noch die Gäste hören. Vermutlich waren an eine Hochzeitsnacht immer viel zu hohe Erwartungen geknüpft.


    "Aber gehen wir es gemütlich an."


    Sie fragte sich nur was er genau darunter verstand.


    "Du könntest zum Beispiel gemütlich diesen Knoten öffnen."


    Sie zog dabei ein wenig an ihrem Gürtel, Geduld würde es zumindest brauchen.

    Die Brautfühererin tauchte an ihrer Seite auf, offenbar war das Brautbett nun bereitet. Sie folgten ihr von den Gästen begleitet, zum Schlafzimmer. Die jungen Männer stimmten unterdessen Strophe zwei und drei ihres Liedes an.


    Leicht, ihr Freunde, ist's nicht, uns den Siegespreis zu erstreiten,
    Haben die Mädchen doch alles vorher gar reiflich erwogen,
    Und fürwahr, nicht umsonst: gar Treffliches läßt sich erwarten,
    Das steht sicher bevor, denn wohl bedacht ist ihr Handeln.

    Wir jedoch richten die Sinne auf eins und hören auf andres,
    Billig erliegen wir so, denn Mühn nur führen zum Siege:
    Nun, so sammelt doch heute mit festem Entschluß die Gedanken!
    Bald beginnen sie: ihren Gesang muß der unsre erwidern.


    Jetzt war der Moment gekommen, an dem man sie allein lassen würde.

    Bisher hatte sich Iulia Romanus fehlen, damit erklärt das er vielleicht in Tarraco geblieben war oder später ankommen würde. Aber seine Worte gaben keinen Hinweis darauf und sein Blick... Ein beklemmender Verdacht setzte sich in ihr fest.


    "Warum ist Romanus nicht hier?"


    fragte sie vorsichtig, Körper und Sinne angespannt, zwischen der Erwartung einer schlechten Nachricht und der Hoffnung es gäbe doch eine harmlose Erklärung für alles schwebend.

    Iulia bemerkte sein Zögern. Im ersten Moment war sie etwas irritiert, aber als sie seinen Blick sah verstand sie. Auch wenn man bei einigen Hochzeiten zu Gast gewesen war, achtete man nicht immer auf jedes kleine Detail oder konnte wenn man bei seiner eigenen Hochzeit im Mittelpunkt stand verunsichert sein. Erinnerungern waren schließlich oft trügerisch. Möglichst unauffällig deutete sie mit Blicken Richtung Wasser Krug. Vielleicht hätten sie alles noch einmal vor der Hochzeit durchgehen sollen? Nachdem sie Feuer und Wasser entgegengenommen und an eine helfende Hand weitergereicht hatte, holte sie die drei Asse hervor die sie schon ganzen Tag über für diesen Moment bei sich trug. Sie wog die Münzen in ihrer Hand, nahm eine davon und legte sie in die ausgestreckte Hand von Meridius, wo ihre Finger einen Augenblick länger als nötig verweilten, bevor sie sie langsam wieder zurück zog. Bei ihrer Hochzeit mit Damian hatte sie diese Rituale, wie mechanisch ausgeführt nur angetrieben durch das Bewusstsein, dass sie weiter machen musste. Nun stand ihr eine kleine Wanderung bevor, die sie zuerst in die Küche führte. Dort fand das zweite As, seinen Platz im Herd . Im Vergleich dazu war es bis zur nächstgelegenen Wegkreuzung ein Stück zu gehen. Am dort stehenden Schrein der Lares Compitales legte sie die dritte Münze nieder und kehrte in die Regia zurück, wo sie wieder von den wartenden Gästen emfangen und sie auf ein hölzernes fascinum gesetzt wurde. Damit hatten sie das letzte Ritual hinter sich gebracht.

    Den Weg zu ihrem Zimmer hatten sie schweigend zurückgelegt. Trotzdem war die Zeit schnell vergangen während sie darüber nachdachte, was sie Maximian vielleicht sagen könnte. In ihrem Zimmer standen zwei Korbstühle um einen kleinen Tisch. Iulia wählte den Linken der beiden und warf Maximian einen ermutigenden Blick zu.


    "Also was liegt dir auf dem Herzen?"

    Nachdem Iulia selbst die Gelegenheit gehabt hatte ihren Sohn genauer in Augenschein zu nehmen, stellte sie fest das sein Gesicht einen fahleren Ton als sonst hatte und er im Gesicht etwas schmaler geworden war. Ersteres ließ sich auf die Neuigkeiten zurückführen die er vielleicht erfahren hatte, aber für letzteres konnte sie keine Erklärung finden.


    I]"Ja natürlich habe ich Zeit für dich."[/I] antwortete sie mit einem milden Lächeln. Ihrem Blick konnte man aber entnehmen, dass sie zumindest einen Teil dessen was er erzählen wollte bereits erahnte. "Aber vielleicht sollten wir uns einen ruhigeren Ort suchen, als das Atrium. Was hälst du von meinem Zimmer?"

    Sie spürte Meridius festen Griff um ihre Taille und genoß es das kurze Stück ins Haus getragen zu werden, dass sie sicher ohne zu straucheln oder ins Schwanken zugeraten zurücklegten.Vorsichtig setzte Meridius sie wieder auf dem Boden ab. In der Zeit die er benötigte um sich für die Übergabe von Feuer und Wasser vorzubereiten, ordnete sie kurz ihre Tunika. Als er scheinbar soweit war, nahm sie die für sie vorgesehene Postion ihm gegenüber ein.

    Iulia hatte sich ebenfalls bei Oktavianus bedankt und nachdem Meridius geendet hatte, konnte man merken das sich eine gewisse Unruhe unter den Gästen breit machte, offenbar erwarteten sie das nächste Ritual. Sie schaute kurz zu Meridius und lächelte ihm zu auch um sie selbst Mut zu machen.Dabei war das Ritual selbst nicht sonderlich kompliziert und im Grunde konnte sie nichts falsch machen.


    "Es wäre schön, wenn ihr alle noch mit vor das Tor der Regia kommen würdet."


    Iulia nickte einer Sklavin zu. Sie sollte das bereitgestellte Öl und die Wolle holen. Dann machte sie sich selbst auf den Weg zur Pforte der Regia in der Hoffnung das einige Gäste nachkommen würden.
    Dort angekommen,tauchte sie ihren Daumen in eine kleine Schale mit Öl und bestrich damit den Türpfosten. Nun war die Schafwolle an der Reihe. Der Büschel klebte ein wenig an ihren mit Öl beschmierten Fingern und leistete Widerstand als sie versuchte ihn in eine länglichere Form zu zupfen. Nur nicht hektisch werden dachte sie bei sich, es sahen ja auch alle zu. Schließlich konnte sie ihn doch erfolgreich um den Türpfosten wickeln. Jetzt musste sie dem Brauch nach über die Schwelle getragen werden, um ein Stolpern ihrerseits, das ein schlechtes Vorzeichen gewesen wäre zu verhindern. Auch wenn sie selbst schon unzählige Male über diese Schwelle gegangen war.

    Iulia hatte schon mit der Ankunft ihres Sohnes gerechnet, war sie doch schon durch das Eintreffen des Sklaven "vorgewarnt" worden. Beim Betreten des Atriums konnte sie Maximian ansehen, dass etwas nicht stimmte. Da er scheinbar zuerst bei seinem Vater gewesen war, wusster er vermutlich schon von der Sache mit Valeria. Innerlich seufzte sie kurz auf, nach außen hin schenkte sie ihrem Sohn aber ein Lächeln zur Begrüßung.


    "Maximian. Ich fing schon langsam an mir Sorgen zu machen. Hast du Hunger?"

    Als es an die Tür klopfte öffnete der Ianitor sogleich, bisher hatte es an diesem Tag noch keinen Besucher gegeben und so war er froh über eine kleine Abwechslung. Argwöhnisch musterte er den Besucher , dann wanderte sein Blick zum spärlichen Gepäck das der Mann mit sich führte, doch bevor der Ianitor eine Frage an ihn richten konnte stellte er sich auch schon als Sklave des Decimus Maximianus vor.

    Warte hier, ich werde die Herrin holen"
    und mit diesen Worten machte sich der Ianitor auf den Weg.

    Halb amüsiert halb ungläubig schaute sie ihn.


    "Ich dachte immer das man sich an so einen Moment erinnert oder gab es in deinem Leben schon so viele solche Momente?"


    Wollte sie das wirklich wissen? Wäre es nicht besser diesbezüglich völlig ahnungslos zu bleiben? Sie drehte den Kopf ein Stück zur Seite und überlegte welche der angebotenen Speisen sie als nächstes probieren sollte.


    "Ich nehme an, du hast vor die beiden auch finanziell zu unterstützen?"

    "Nein, ich habe keinerlei Einwände. Aber Verus hat Glück. Es gibt genug Leute die ihre Jugendfreunde vergessen, vorallem wenn diese Sklaven sind. Und eure Lebenswege sind sehr unterschiedlich verlaufen....Du hättest auch jemand ganz anderes werden können... jemand der keine Schwäche für Freunde aus der Jugendzeit hat."


    Sie schmunzelte. Diesem Zug an ihm verdankte sie vermutlich, dass sie jetzt hier zusammen saßen.


    "Oder hat er dir das Leben gerettet und ich weiß nichts davon?" fügte sie scherzend hinzu.

    Hatte er nun etwas gesehen oder nicht? Die Sklavin die ihr bei den Haaren half hatte bisher nichts gesagt oder hatte sie sich nicht getraut?Wenn es stimmte, war es kein gutes Zeichen.Kinder würde sie auch bald keine mehr bekommen können...Sie nahm ein Brötchen aus dem Korb, biss ein Stück ab und kaute nachdenklich. Sie wusste das es irgendwann so weit sein würde und früher in Valentia hätte sie sich deswegen auch weniger Gedanken gemacht. Nachdem sie den Bissen herunter geschluckt hatte fragte sie.


    "Hat Verus dir geschrieben oder kam dir der Gedanke schon bei deinem letzten Besuch in Tarraco?...Hmm wenn du einen neuen Villicus einstellen willst, wird er sich nur schwer um beide Landgüter kümmern können, denn Tarraco ist wie du sagtest weit..."

    Sie lächelte dankbar, wollte aber nicht das er sich nur wegen ihr die Mühe machte.


    "Das hätte auch andere Vorteile, man könnte die Regia mit den Erzeugnissen beliefern und es wäre auch nicht soweit um sie hier auf dem Markt zu verkaufen."


    Verblüfft schaute sie ihn bei seinen letzten Worten an. Meinte er es ernst oder wollte er sie nur necken? Am liebsten hätte sie jetzt einen Spiegel zur Hand gehabt.


    "Älter werde ich sicher und zwar schon seit dem Tag meiner Geburt. Aber ein graues Haar? Ich dachte so alt bin ich noch nicht. Wie willst du das überhaupt auf die Entfernung erkannt haben?" Sie schmunzelte. "Außerdem bist du älter als ich, da sollte ich bei dir auch einmal genauer hinschauen.."


    Sollte er wirklich Recht haben, würde sie sich wohl einen Extrakt aus Brautmyrte oder ein anderes Mittel zum Haare färben beschaffen müssen.

    "Nein, wenn wir wirklich die nächsten Jahre hier verbringen und ich kann auch verstehen, dass du dich zurückziehen willst, weil wenn du hier bleibst doch nur die Arbeit auf dich wartet...Der Gedanke meine Zeit allein auf einem Landgut zu verbringen reizt mich nur nicht. Ich habe kein Problem mit dem allein sein, vorallem wenn ich genug zu tun habe und auch die Möglichkeit jederzeit kurz in die Stadt gehen zu können, nur auf dem Land ist das eben anders."


    Sie hoffte er verstand, was sie meinte.

    Wieviel würde dann in Tarraco noch so sein wie sie es in Erinnerung hatten? Mit ihrem Becher Wein hatte es sich Iulia inzwischen auf der linken Kline bequem gemacht.


    "Ja auf dem Land ist es ruhiger und einsamer und das Leben dort sicher einfacher und ehrlicher...Aber wie oft wird deine Zeit es zulassen dort zu sein? Wie oft warst du auf deinem Landgut in Tarraco als du noch dort gelebt hast?"

    Iulia wusste nicht hoch seine Ansprüche wirklich waren und ob er übertrieb oder nicht.Ihr war nur aufgefallen, dass seine Fragen nach Maximian in den Briefen die er ihr geschrieben hatte in diese Richtung abzielten....Sie hatte es aber auch darauf geschoben, dass er Maximian erst mit 16 kennengelernt hatte und es schwer war dann eine Vater-Sohn-Bindung aufzubauen


    "Ja du warst selten da, dafür kannst du aber nichts, es ließ sich daran nichts ändern. Er konnte sich trotzdem auf dich verlassen, auch wenn du nicht ständig bei ihm warst."


    Das Gespräch sorgte dafür, dass sich bei ihr nur allzu vertraute Gedanken meldeten und wieder hervorgekrochen kamen. Wenn Meridius sich schon für einen schlechten Vater hielt, er hatte keine vier Kinder verlassen...


    "Aber lass uns essen gehen."


    Der Appetit war ihr inzwischen zwar vergangen.

    "Und das machst du aus diesem Grund oder ist es eher etwas politisches und du willst auf diesem Wege deine Verbundenheit zu Germanien zeigen?"


    Fragte sie, während sie noch überlegte wo sie selbst Platz nehmen sollte.

    Die Worte die Meridius ihr zuflüsterte brachten Iulia zum Lachen. Da es aber zum Anlass und den Glückwünschen der Gäste passte, viel es nicht weiter auf.


    "Vielleicht braucht das Geschenk ja einen Termin...Vielen Dank für eure guten Wünschen und das ihr zum Gelingen dieses Tages beigetragen habt."