Beiträge von Iulia Severa

    Eigentlich hatte Iulia zum Hausaltar gewollt um zu beten und vielleicht etwas Ruhe zu finden, als sie beim Verlassen ihres Zimmers auf ihren Sohn stieß.


    "Maximian?"


    Was machte er hier an die Wand neben ihrer Tür gelehnt? Wartete er auf sie? Oder hatte er sich einfach nicht getraut anzuklopfen? Was Valeria ihm wohl über ihr letztes Gespräch erzählt hatte? Ihr Blick ruhte auf ihm, sie würde abwarten was er sagen würde.

    Sah Iulia, dass einer der Sklaven als er das Wasser zum Waschen brachte, auch einen Brief auf ihren Schreibtisch gelegt hatte. Nachdem sie festgestellt hatte, dass er von Meridius war überflog sie ihn in gespannter Erwartung erst hastig und las ihn dann mehrmals langsam. Wenn sie jetzt nur mit ihm über ihre Befürchtung, dass Valeria vielleicht schwanger war sprechen könnte, über all das andere was sie gestern erfahren hatte. Damit nicht mehr so allein war. Wenigstens konnte sie ihm schreiben. Sanft strich sie mit der Hand über den Brief.
    Die Worte mit denen Meridius ihn beendet hatte, worum er sie bat. Sie trugen nicht dazu bei sie von ihren vorherigen Gedanken abzubringen. Seine Studien hatte Maximian wieder aufgenommen, aber von einem tugendhaften Römer war er weit entfernt, in der Beziehung hatte sie versagt. Welche Entwicklung, dass ganze überhaupt genommen hatte...Jetzt war es schon ihre größte Sorge, dass Valeria nicht schwanger war. Vorher war es noch hauptsächlich um die Tatsache gegangen, dass die beiden überhaupt etwas für einander emfanden. Im Grunde eine resignierende Bilanz.

    Verdattert blickte sie die so eben zu gefallene Tür an, wobei sie merkte dass sie sich immer mehr über Valerias Worte aufregte. Wo hatte sie ihr den nun explizit irgendeine Schuld zugewiesen? Ah und wenn das also eine Einmischung in das Intimleben der beiden war...sollte sie einfach abwarten bis Valeria schwanger und sie Großmutter wurde?Am liebsten hätte sie ihr den Schluß ihres letzten Satzes hinterher gerufen. Verärgert ging sie zu ihrem Bett und ließ sich darauf fallen. Ihr jetzt hinterher zu laufen hätte sowieso nichts gebracht, Valeria war viel zu aufgebracht um ihr auch nur richtig zu zuhören und sie hätte auch nicht die nötige Ruhe gehabt. Wenn das ganze nur nicht so ernst gewesen wäre....War es nicht noch schlimmer als vorher? Vermutlich würde Valeria nichts von dem was sie gesagt hatte beherzigen, sie schien sich sowieso ihre eigene Wahrheit zurecht basteln zu wollen und mit ihr reden würde sie auch nicht mehr.

    Im Grunde schien sie überhaupt keinem Argument zugänglich, was Iulia noch mehr verärgerte. Warum sah sie nicht einfach das offensichtliche Risiko? Und was hatte ihre Mutter ihr überhaupt zu diesem Thema gesagt?


    "Ich glaube dir ja das du nicht schwanger werden willst. Aber was heißt das ihr passt auf? Es gibt Frauen wie Sand am Meer, die das gleiche behauptet haben und schwanger geworden sind. Der einzige Weg um sicher zu gehen, dass du nicht schwanger wirst, ist dass du nicht mit ihm schläfst. Und du musst nicht ständig versuchen, mich davon zu überzeugen, wie sehr ihr beiden euch liebt, daran zweifle ich ja noch nicht mal, es ändert nur einfach nichts an den Tatsachen."


    Das letzte hatte nun doch etwas härter als geplant geklungen und sie konnte sich auch durchaus in Valerias hinein versetzen, schließlich war sie vor 17 Jahren in einer ähnlichen Situation gewesen, nur war der Grund damals wesentlich willkürlicher gewesen, während hier eindeutig mehr auf dem Spiel stand, Valerias Zukunft, die Zukunft der Familie und wenn sie schwanger sein sollte auch die Gesundheit des Kindes.

    Streng schaute Iulia Valeria an, so musste sie nicht unbedingt mit ihr reden. Was erwartete sie denn von ihr? Das sie dem ganzen Treiben, begeistert und verständnisvoll ihren Segen gab? Vorallem musste sie nicht auch noch ihr Privatleben damit hinein bringen, aber da es jetzt schon mal passiert war...


    "Ich habe nicht gesagt, dass Du das Ansehen der Familie in den Dreck ziehst, wenn ist Maximian daran ebenso beteiligt. Und ja Gefühle kann man nicht einfach abstellen, aber man muss sich ihnen auch nicht völlig ergeben. Du hast mir gesagt, dass du mit Maximian schlafen würdest...Ich weiß nicht nur wie es sich anfühlt einsam zu sein, ich kann dir auch sagen wie es sich anfühlt wenn man ein uneheliches Kind bekommt, wenn man als Schlampe beschimpft wird...Und bei mir war der Vater nicht mein Cousin, du weißt doch noch nicht mal welche Folgen das für das Kind haben wird.... Ich halte dich wirklich nicht für ein schlechtes Mädchen, sondern für eine nette und ehrgeizige junge Frau, ich will dich nur vor Fehlern bewahren, der Folgen du jetzt nicht abschätzen kannst."

    Einen Moment sah sie Valeria einfach nur an und atmete tief durch. Sie war entäuscht, verärgert und fühlte sich zugleich auch irgendwie hilflos, weil offenbar sämtliche Bemühungen sie von dieser Beziehung abzubringen nicht gefruchtet hatten und sich die beiden unbeirrt weiter auf das böse Ende zubewegten, dass es irgendwann nehmen musste. So als wenn man jemanden sagte, er würde sich unweigerlich verbrennen wenn er seine Hand ins Feuer halten würde, er es aber nicht wahrhaben wollte und trotzdem tat....


    "Ich habe ernsthaft das Gefühl, dass ihr beide sehr erfolgreich verdrängt welche Folgen das alles haben kann. Ihr hört euch an was man euch dazu sagt, aber ihr scheint den Inhalt nicht wirklich zu realisieren. Vielleicht wachst ihr hier auch einfach viel zu behütet auf, so dass euch die Haltung der Gesellschaft und die Realität dort herrscht nicht bewusst sind. Du sagst ja selbst du hättest bis jetzt nur das Haus und die Felder Tarracos gesehen. Am liebsten würde ich dich ehrlich gesagt nach Italia zurückschicken, aber das geht leider nicht wegen deinem neuen Posten. Und hast du überhaupt schon mal darüber nachgedacht, was passiert wenn du schwanger werden solltest?"

    Innerlich atmete Iulia auf, vor drei Wochen, gut dann wäre es eigentlich noch zu früh für Symptome wie Übelkeit etc. Trotzdem konnte man nie wissen...


    "Geh aber auf jedenfall zum Arzt und ich würde mich freuen wenn du mir sagen würdest was er festgestellt hat. Tut mir leid, dass ich dir bei der Wahl nicht sonderlich weiterhelfen konnte..."


    Nachdem die Erleichterung etwas gewichen war, dachte sie jedoch über Valerias ausweichende Reaktion nach. Gut sie hatte ziemlich direkt gefragt....


    "Meine Vermutung bezüglich Maximian war aber doch nicht so falsch, oder?"

    Eine schreckliche Erkenntnis bahnte sich ihren Weg in Iulias Bewusstsein, dass klang alles so als wenn Valeria schwanger sein könnte, vieles davon kannte sie nur zu gut von ihren eigenen Schwangerschaften. Schon in Rom hatte sie so eine Ahnung gehabt, dass die Sache zwischen Maximian und ihr nicht aus war. Ahnte Valeria selbst nicht sowieso schon etwas? Schließlich wollte sie unbedingt das eine Frau ihr einen Arzt empfohl. Wusste sie es vielleicht schon und traute es sich nicht direkt anzusprechen? , Iulia zog besorgt die Augenbrauen zusammen, die Anspannung die auf ihrem Gesicht lag war noch größer geworden, sie musste Gewissheit über ihre Vermutung haben.


    Hast du weiterhin mit Maximian geschlafen? Und wann hattest du das letzte mal deine Periode?"


    "Sei bitte nicht schwanger"war der einzige Gedanke den Iulia jetzt noch hatte und der sich ständig in ihrem Kopf wiederholte, all diese Symptome mussten nicht unbedingt bedeuten das Valeria schwanger war sondern konnten immerhin auch eine andere Ursache haben, versuchte sie sich selbst zu beruhigen.

    Eigentlich hatte sie Valeria noch zu ihrem neuen Posten gratulieren wollen, aber sie kam ohne Umschweife gleich zum nächsten Thema, etwas dass sie ziemlich zu beschäftigen schien....


    "Hmm empfehlen... Das ist schwierig, ich war schließlich selbst lange Zeit nicht in Tarraco. Aber ich meine gehört zuhaben, dass Maximians Lehrer auch als Medicus tätig ist. Aber was meinst du mit du fühlst dich seit einigen Tagen unwohl? Was fehlt dir genau? Ich hoffe es ist nichts schlimmes..."


    Angespannt blickte sie Valeria an.

    Iulias Blick blieb an Valeria haften, die etwas verunsichert in der Tür stehengeblieben war.


    "Nein bleib ruhig, ich kann mein Gespräch mit Niobe auch später weiter führen."


    Etwas wunderte sie der Besuch Valerias schon.Bisher schien sie nicht unbedingt ihre Nähe gesucht zu haben. War etwas schwerwiegendes vorgefallen?


    "Niobe könntest du uns allein lassen, du kannst Nyla in der Zwischenzeit in der Küche helfen."

    Iulias Blick war dem von Niobe zu ihren Handgelenken gefolgt, in diesem Moment tat sie ihr leid, vorallem wenn die Geschichte stimmte, die Niobe da gerade erzählt hatte. Wenn sie stimmte...Gab es da nicht Widersprüche? Woher konnte sie kochen wenn sie in einem wohlhabenden Haus mit Dienern aufgewachsen war? Sklaven konnten einem viel erzählen wenn sie sich davon Vorteile erhofften. Nun die Zeit würde vielleicht etwas Klarheit in das Ganze bringen, schließlich kannte sie Niobe kaum und konnte sie schlecht einschätzen. Wie würde sie sich überhaupt in den Haushalt einfügen?
    Sie wollte gerade noch etwas zu Niobe sagen, als es an der Tür klopfte.


    "Ja, bitte!"

    Als Iulia ins Atrium kam fand sie nur noch Gallus vor.


    "Gallus, könntest du dafür sorgen, dass dieser Brief zur Post kommt."



    Maximus Decimus Meridius
    Castra Legio IX
    Colonia Claudia Ara Agrippinensium,
    Germania


    Geliebter Maximus


    Erkennst du noch meine Handschrift oder musstest du erst nach dem Absender sehen um zu wissen, wer dir diesen Brief schreibt?


    Wir, also Maximian, Romanus, Valeria und ich sind inzwischen nach Tarraco zurückgekehrt, im Grunde sind wir im Moment auch die einzigen richtigen Bewohner der Casa dort, denn auch den Rest der Familie hat es inzwischen aus beruflichen Gründen nach Tarraco gezogen. Es ist schade euren Familiensitz so leer zu sehen, kenne ich ihn doch nur von zahlreichen Familienmitgliedern belebt und ich kenne ihn schon eine ganze Weile. Für mich gehörte eure Familie immer mit zu Tarraco. Aber zur Gesellschaft hast du mir ja nun eine Sklavin geschenkt, für die ich dir ehrlich danke, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich sie nicht eher als Zeichen dafür werten soll, dass es noch lange dauern wird bis ich dich wieder sehen werde.


    Aber zu dem, was dich sicher am meisten interessieren wird, meine Entscheidung bezüglich der Adoption. Ich habe lange darüber nachgedacht und ich werde ihr zustimmen, weil es mein Wunsch ist dich zu heiraten. Ich weiß, dass ich es dir, deinem Namen und deiner Stellung verdanke, dass sich eine solche Gens wie die der Iulier bereit erklärt hat mich aufzunehmen und du kennst mich gut genug um zu wissen, dass dies ein Grund war, der mich zögern und nachdenken ließ, der einzige um genau zu sein. Aber es gab ja mehr als gute Argumente die mich zu einer Zustimmung bewogen.


    Maximian sehnt schon ungeduldig den Tag herbei an dem er zum ersten Mal die Männertoga tragen wird und ich muss gestehen mir geht es nicht anders aber aus einem anderen Grund. Ich hoffe dich dann endlich wieder zusehen, endlich wieder mit dir reden zu können und mich nicht nur mit den Bildern und Worten in meinen Erinnerungen und Träumen zufrieden geben zu müssen. Manchmal wünschte ich, ich könnte den ganzen Tag träumen....Auch die Worte deines letzten Briefes habe ich schon längst verinnerlicht.


    Natürlich würde sich auch Maximian sehr über deine Anwesenheit freuen. Er widmet sich hier in Tarraco auch wieder mehr seinen Pflichten und dem Unterricht, allerdings habe ich das unbestimmte Gefühl, dass zwischen ihm Valeria noch immer ein besonderes Verhältnis besteht, nunja es ist nur ein Gefühl mehr nicht...


    Mit diesem Brief sende ich dir auch Grüße von deiner Familie hier in Tarraco und sei gewiß dass du nicht nur jetzt in meinen Gedanken bist. In der Hoffnung dies bald alles nicht nur in Briefen teilen zu können.



    Iulia Severa





    Bei dieser Antwort war Iulia durchaus überrascht, was man ihr wohl leider auch ansehen konnte. Auf jedenfall war nun klar, dass sie nicht immer eine Sklavin gewesen war....



    "Ja das habe ich, wie kommst du von Damaskus nach Tarraco? Ich meine dass klingt nicht nach einem Leben, dass irgendwann in Sklaverei enden wird..."


    Hmm sie hatte eindeutig "Mein Vater ist ein einflussreicher Händler" gesagt, der Ruin ihres Vaters oder etwas ähnliches konnte nicht der Grund sein dass sie nun hier stand.

    Für eine Gesellschafterin war sie ausgesprochen verstockt. Gehörte es zu ihrem Charakter oder lag es in dem was ihr wiederfahren war begründet? Aus eigener Erfahrung kannte Iulia das nur zu gut. Als Niobe nun ihren Kopf hob, nickte sie ihr aufmunternd zu. Mit etwas Geduld würde sie vielleicht zugänglicher werden. Gut Niobe war jung und die Jahre hatten noch keine Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen können, aber es schien so als hätte es nicht immer die verschlossenen Züge gehabt, die es jetzt angenommen hatte. Iulias Neugier war jedenfalls geweckt.


    Und der Lehrer den sie gehabt hatte? Das sprach eher dafür das sie noch nicht lange eine Sklavin war, auch wenn es vorkam das Herren Sklavenkinder mit ihren eigenen Kindern unterrichten ließen um sie später für viel Geld zu verkaufen.


    "Wo war dass dein zu Hause? Ich will dich nicht ausfragen, aber da wir einiges an Zeit mit einander verbringen werden würde ich schon gerne ein wenig über dich wissen..."

    Für eine Sklavin war Niobe ungewöhnlich gut ausgebildet. Und sie konnte etwas Griechisch, nunja wie viel würde sich noch zeigen, aber vielleicht könnte sie ja mit Niobes Hilfe ihre eigenen etwas eingerosteten Kenntnisse auffrischen... Iulia betrachtete sie eingehender. Entweder hatte sie ihr Vorbesitzer gut ausbilden lassen oder sie war erst kürzlich in die Sklaverei geraten. Die demütige Haltung in der sie vor ihr stand ließ jedenfalls keinerlei Rückschlüsse zu. Mit anerkenndem Ton in der Stimme wandte sie sich wieder an Niobe


    "Sehr gut, du hast wirklich viele Fähigkeiten wo hast du dass alles gelernt?"


    Aufmunternd lächelte sie die Sklavin an, denn diese hatte bis jetzt immer nur das nötigste geantwortet.

    Gerade hatte Iulia einen Brief vollendet als Niobe ins Zimmer trat. Aus ihren Gedanken gerissen, schaute sie überrascht auf.


    "Ah, Niobe, ich habe schon auf dich gewartet"


    Wobei sie die Sklavin anlächelte, damit diese es nicht als Rüge verstand. Sie schien sowieso schon ein wenig eingeschüchtert zu sein, oder wollte sie sich bewusst demütig zeigen? Nunja sie wollte Niobe ohnehin ein wenig besser kennenlernen, auch wenn es bei Sklaven eher unüblich war, aber sie sollte ja schließlich nicht nur eine einfache Sklavin sondern auch ihre Gesellschafterin sein.


    Da du nun meine Kammerdienerin sein sollst, wüsste ich gerne was du alles kannst."

    Langsam erwachte Iulia durch das Licht das in ihr Zimmer fiel, heute Nacht hatte sie von Meridius geträumt. Mit geschlossenen Augen um das Bild und die Erinnerung an den Traum noch eine Weile festzuhalten, blieb sie noch eine Weile im Bett liegen. Auch in der Hoffnung vielleicht noch einmal einzuschlafen und weiter träumen zu können. Nach einer Weile stellte sie enttäuscht fest, dass dies nicht funktionierte, es war inzwischen einfach zu hell außerdem würde Niobe sicher bald erscheinen Also erhob sie sich und wusch sich in der Schale mit Wasser die man ihr hingestellt hatte.