Faustus bestürmte Mattiacus geradezu. Es interessierte sich wirklich für seine Erzählung
"In Ordnung, wo fang ich am besten an, ah ja" sagte Mattiacus und räusperte sich.
"Also, als Meridius, du kennst bestimmt auch, noch Statthalter in Germania war, war ich eine zeitlang der Quästor für Germania. Nachdem meine Amtszeit abgelaufen war, konnte ich noch nicht zurück nach Rom. So kam ich auf die Idee, noch ein wenig die Wälder und das Land jenseits des Limes zu erkunden. Meridius gab mir dazu einen sehr wichtigen Auftrag."
Mattiacus machte eine kleine Pause.
"Ich sollte dem Rich, so heißen die Anführer der Germanen, eine Botschaft mit einem Friedensangebot mitteilen. Also war ich bereit und suchte mir einen germanischen Fremdenführer und eine Eskorte von erfahrenen Legionären.
So brachen wir also, mitten im Winter, von Mogontiacum auf. Unsere Reise war unspektakulär bis zum Limes, doch dann, sobald wir den Limes passiert hatten, fing es an zu schneien. Und nicht nur ein paar Flocken wie hier manchmal, sondern man konnte vor Schnee die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Es war furchtbar, wir wussten nicht wo wir waren und jederzeit konnten Banditen und Räuber uns überfallen. Aber unser Fremdenführer, Herwig hieß er, führte uns zu einem Dorf der Chatten, das war der Stamm, in dessen Gebiet wir reisten."
Mattiacus räusperte sich kurz.
"Die Germanen waren sehr gastfreundlich, denn das Gastrecht ist den Germanen heilig, und es herrschte eine entspannte Stimmung, zumal ich eine Amphore Rotwein aus unserer Heimat Tarraco mitgenommen hab. Und ich kann Tacitus nur beipflichten, die Germanen können unheimlich viel Trinken und sind dem Alkohol und Spiel nicht abgeneigt. Aber die Germanen lieben ihre Heimat und ihre Dörfer und so wild kamen sie mir gar nicht vor, wie oft behauptet wird. Es sind wirklich gastfreundliche und fröhliche Leute.
Na gut, am nächsten Tag zogen wir weiter, nachdem wir uns von allen verabschiedet hatten.
Wir kamen nach einiger Zeit in einen tiefen, dunklen Wald und ich hatte schon Angst, dass uns das gleiche Schicksal ereilen sollte, wie einst Varus. Aber der Wein hatte wohl Wunder getan, denn schon erschienen Reiter, die von unseren Geschenken und unseren friedlichen Absichten gehört haben. Im Auftrage des Richs sollten sie uns zur Burg es Richs führen, die auf einem Hügel in den Höhen des Taunus lag. Wir wurden fürstlich empfangen, die einzige Bedingung war, dass wir unsere Waffen ablegen sollten, wobei mir ein wenig mulmig war, aber wie gesagt ist das Gastrecht den Germanen heilig.
Auch hier tat der Wein und ein goldener Becher als Gastgeschenk Wunder und ich fand das Gehör des Richs. Wir diskutierten lange über das Für und Wider des Friedensangebots. Sein Stamm war kriegsmüde, aber auch stolz. Der Rich sagte mir, dass erst eine Versammlung der Großen des Stammes über unser Angebot abstmmen sollte. Diese Versammlung müsste bald im Herbst stattfinden.
Mein Auftrag war erfüllt und so zogen wir wieder zum Limes. Auf dem Rückweg passierte nichts, denn der Schutz des Richs lag über uns. Gesandte stehen nämlich nach der Vorstellung der Germanen unter dem Schutz der Götter und sie zu überfallen und verletzen ist ein großer Frevel."
Mattiacus endete und sah hinüber zum Brunnen.
"Viellleicht nicht so spektakulär, wie du es dir vorgestellt hast? Aber ich kann dir sagen, dass ich froh bin, dass uns nichts passiert ist. In den dunklen Nächten in den Wäldern, wenn die wilden Wölfe heulen und die Bären in der Ferne brüllen, hatte ich oft über das Ende meines Lebens nachgedacht. Es war sehr unheimlich."