Beiträge von Rediviva Minervina

    Minervina war ein bisschen bedrückt ob des Schweigens. Ob sie etwas falsches gesagt hatte? Doch sicherheitshalber schwieg nun auch sie, es ziemte sich ohnehin mehr für eine Frau, wenn sie nicht ununterbrochen in Anwesenheit eines Mannes plauderte. "Ich esse ohnehin nicht viel." winkte sie lächelnd ab, betrachtete aber dennoch die dargebotenen Waren. Ihr würde wohl ein Stück Brot mit Schafskäse genügen, wenn dies auch wieder ein wenig deftiger ist.

    Minervinas Miene verlor nun an Ernst und ein leichtes Schmunzeln trat stattdessen in ihre Züge. Ob es Lana wirklich so leicht fallen würde, ihren Ansprüchen gerecht zu werden? Minervina bezweifelte dies noch ernsthaft, aber die Zeit würde es gewiss zeigen. "Sicherlich. Küche, Triclinium (Speisezimmer), Bad und dieses Zimmer wirst du noch heute genauer kennenlernen." beantwortete sie die Frage der Sklavin mit einem leisen Schmunzeln, während sie sich ihr Haar zurückwarf.


    Minervina wandte sich kurz um, weil Lanas Blick sie ein wenig irritierte. Eigentlich hatte sie gerade weitere Verhaltensregeln aufstellen wollen, was ihre Verwirrung nun nicht minderte. Ruhig fragte sie: "Was ist los?"

    Auch Minervina blieb nur noch kurz stehen, ehe sie sich Lana gegenüber setzte. Sie würde nicht mit der Politik ihrer Mutter beginnen, dass sie Lana fragte, was sie sich aus dem Haushalt erhoffte. Nein, das ging definitiv zu weit. Stattdessen erhob sie nun die Stimme. "Du wirst stets die Person meines Vertrauens sein und neben meinem Leibwächter immer an meiner Seite sein. Deine Aufgaben werden ein großes Feld einnehmen, doch zumeist hast du dich um mein Wohlergehen zu kümmern." Irgendwie klangen ihre Worte seltsam, befand sie, beließ es aber auch bei jenen.


    Sie suchte den Blick ihrer Sklavin, fand aber, dass diese demütig den klaren Kontakt mied. Sie war froh ob dieser Unterwürfigkeit, denn sicherlich würden ihr viele Unannehmlichkeiten erspart bleiben.

    Minervina hob kurz eine Braue an, ließ diese aber sogleich wieder sinken. Sie überhörte den Tonfall in Lanas Worten und legte diese auch nicht zweideutig aus. "Nein, ich habe nichts weiter hier zu tun Folge mir." sagte sie kühl und ging in Richtung der Sänfte und ließ Lana sogar mit einsteigen. So ging es dann zum Landgut.

    Gemeinsam mit Lana, ihrer neuen Sklavin, betrat sie ihr Zimmer. Sie hatte dieses zielstrebig angesteuert, denn es gab noch manches mit Lana zu bereden, wenn diese sich korrekt in den Haushalt einfügen sollte. Sie ließ schon direkt beim Betreten ihres großen Zimmers die Palla hinuntergleiten und legte diese auf die Truhe, die sie aus Hispania mitgebracht hatte. Hispania. Wann sie wohl beginnen würde, diese Provinz zu vermissen?


    "So, setz dich." sagte Minervina, jedoch nicht unfreundlich und deutete auf einen der beiden Korbsessel, die beim Fenster standen. Eigentlich wäre es ziemlich, wenn Lana stehen blieb, aber Minervina wollte nicht zu machtbesessen wirken.

    Minervina ahnte nichts von den berechnenden Gedanken ihrer Tante, doch selbst wenn sie es täte, würde sie Verständnis heucheln. Möglicherweise wäre sie verletzt, doch sie würde sich ebenso in ihre Rolle fügen und diese spielen. Minervina ließ die Palla von ihrem Schopf sinken. Sie waren hier allein und langsam wurde es warm unter dem dunklen Stoff, auch wenn er recht dünn war. Als sie Claudias Worte vernahm, schlich sich ein beinahe naives Lächeln in ihre Züge. "Ja, das hoffe ich. Ich werde gut darauf achten, meine Gefühle nicht zu sehr in den Vordergrund spielen zu lassen." versprach die junge Frau und blickte Claudia in die Augen.

    Ein zufriedenes Lächeln trat in Minervinas Blick, als sie die Bestätigung bon Lana erhielt. Sie hielt diese Sklavin kein Stück für verlogen, so wie sie es seit eh und je bei Kaya getan hatte. Sie war froh, dass sie dieses intrigante Biest nicht hatte mitnehmen müssen. Es gab viele Dinge, die sie mit Lana zu besprechen hatte, doch das alles war nichts für das Forum. Sie deutete mit ihrer Hand etwas weiter in eine Richtung und meinte: "Dort hinten steht meine Sänfte. Wir werden zur Villa zurückkehren, wo man dir selbstverständlich die Möglichkeit zur Reinigung geben wird. Du wirst in einen guten Haushalt kommen, weshalb Reinlichkeit dir sogar zur Pflicht gegeben wird." erläuterte die junge Frau und machte sich auf um in Richtung ihrer vier Sklaven zu gehen, die sie wieder zum Rande Roms tragen würden und von dort aus die Kutsche zum Landsitz leiteten.

    Sie schüttelte sacht den Kopf und meinte dann mit freundlichem Tonfall. "Nein, das nicht. Sonst würde ich diesem ja nicht mit Interesse entgegen sehen." sagte sie mit einem Zwinkern und ließ ihren Blick noch einmal durch die Menge gleiten. Die Präsenz von solch vielen Menschen war für die junge Frau, die doch reht verloren in Rom war, ein Wunder sondersgleichen.

    Minervinas Gesicht zierte nun ein leichtes Lächeln, als sie die wohlbedachte Antwort gab. "Vater ist etwas völlig anderes. Kein anderer Mann könnte mich ihn oder seine Prinzipien vergessen lassen. Und auch bei der Wahl eines potentiellen Mannes werde ich mich ganz auf dein Urteil verlassen, denn du weißt am besten zu urteilen, wen Vater als akzeptabel empfunden hätte." erklärte sie mit klarer Stimme und strich sich während ihrer Worte die Tunika auf dem Schoße glatt.

    Minervina hätte beinahe sofort den Mund aufgetan und mit einem Lächeln darum gebeten, dass Lana doch diese überflüssigen Höflichkeiten weglassen konnte. Aber warum? Es konnte nur gut sein, wenn das Verhältnis zwischen ihnen klar war, ganz besonders am Anfang. Später konnte man dann ein paar Privilegien hinzufügen. Und doch stellte sich ihr die Frage, was man mit der Sklavin hier nur getan hatte? Sie benahm sich nicht, wie eine Freigeborene, sondern wie eine die ihr Leben lang mit der Sklaverei konfrontiert wurde.


    "Ja, es gäbe einige Sachen zwischen uns zu klären, aber das ist wohl immer so." meinte Minervina mit freundlicher Stimme und wandte den Blick von Lana ab, um über den Markt zu sehen. Das geschäftige Treiben kannte sie aus Tarraco, und doch haftete dieser Geschäftigkeit etwas anderes an. Rom war ihre Heimat, dessen war sie sich sicher. "Am Wichtigsten sind woh die Grundvoraussetzungen. Du wirst mir als Leibsklavin dienen. Und ich erwarte von dir uneingeschränkten Gehorsam, gleich welche Aufgaben ich dir gebe." erklärte Minervina bestimmt und richtete ihren Blick wieder in Lanas Augen.

    Minervina blickte eine kurze Weile ins Nichts und versuchte sich, das Gesicht ihres Vaters in Erinnerung zu rufen. Doch es war nur verschwommen erkennbar und sie wusste sich manche Bestandteile seines Gesichtes nicht mehr in Erinnerung zu rufen. Als sie Claudias Worte endlich verarbeitete, richtete sie ihren Blick wieder in die Augen ihrer Tante. "We könnte ich ihn jemals vergessen?"

    Minervina hatte zwischendurch einen kurzen Blick zurückgeworfen, um sicherzugehen, dass Lana dicht hinter ihr blieb. Doch offensichtllich hatte diese Schwierigkeiten damit. Wenigstens wurde durch dieses eilige Laufen durch die Menge bewiesen, dass Lana 'treu' an der Seite ihrer Herrin blieb. Später würden erst einmal einige Dinge klargestellt werden müssen, wenn bis dahin auch noch ein wenig Zeit blieb. Lana zuliebe wandte Minervina sich nach kurzer Zeit allerdings zum Rand zu und ließ ebenfalls ihren Schritt langsamer werden. Sie wollte nicht so gern, dass man sie an ihrer Kleidung zog.


    An einer Hauswand angekommen, blickte Minervina die junge Sklavin an, die wohl auch älter war als sie und meinte freundlich: "Damit du meinen Namen kennst.. Ich bin Rediviva Minervina, deine zukünftige Herrin." Unmissverständlich klärte sie das Verhältnis zwischen ihnen auf, klarer, als ihre Mutter es wohl immer getan hatte.

    Minervina nickte leicht und auch durchaus nachdenklich. Ihre Erinnerungen an ihren Vater waren nur verschwommen und sie konnte sich gerade einmal an sein freundliches Lächeln erinnern. Niemals, dessen war sie sich sicher, würde es einen solchen ehrwürdigen Mann geben. "Ich kann mich kaum an sein Gesicht erinnern." sagte sie mit leiser und wohl auch ein wenig brüchiger Stimme, ehe sie sich räusperte und sich innerlich zur Ruhe rief. Sie atmete ein paar Mal tief durch, ehe sie den Blick in Claudias Augen richtete und ein leises "Warum?" fragte, doch diese Antwort würde ihr niemand geben könnten. Doch. Vielleicht... Belenor?

    Sie überlegte eine kurze Weile. Der Tempel der Vesta war ein Ort, den sie mit gespaltenen Gefühlen betrachtete. Zögerlich begann sie: "Doch, dieser würde mich schon interessieren. Mein Vater sah dort auch den Dienst vor. Also, ich sollte dort als Amata beginnen, doch ich entschied mich nun für den anderen Weg." Sie sprach mit leichter Unsicherheit, denn sie wusste nicht, wieviel sie preisgeben durfte, konnte. Sie wollte nicht unbedingt all ihre Erinnerungen und Pläne verlauten lassen, dies war etwas für eine tiefere Freundschaft als jene, die sie beide langsam zu entwickeln begannen.

    Als sie die Worte in ihrem Inneren verhallen hörte, schloss sie mit einem glücklichen Lächeln die Augen und rief sich ihres Vaters Bild in Erinnerung. Sie tat dies alles für ihn, doch mittlerweile hatte sie selbst auch nur diesen einen Wunsch gehegt, den Göttern dienen zu dürfen. Ihre Züge wirkten entspannt und ihr Gesicht war zart wie das ihrer Mutter, wies allerdings die Stärke und Milde ihres Vaters auf. Als sie sacht ihre Augen wieder öffnete, wirkten auch diese leicht wässrig, denn das Gefühl hatte sie vollkommen erfüllt.


    Als Minervina die Worte ihrer Tante hörte, lächelte sie sanft. Das war die Hauptsache - dass ihr Vater stolz auf sie war. Mit kaum mehr Lautstärke in der Stimme fragte sie: "Kannst du mir etwas von ihm erzählen? Nur ein wenig?"

    Minervina überlegte einige Augenblicke hin und her. Was würde sie gerne zuerst betrachten? Ihr Blick haftete nachdenklich auf dem Boden zu ihren Füßen, ehe sie unsicher antwortete: "Ich lasse dir die Wahl. Zeige mir die Dinge, die man in Rom einfach kennen muss. Ich weiß nicht vieles, sonst hätte ich Dich nicht mit meiner Führung beuaftragt." Ein freundliches Lächeln funkelte in ihren Augen und ihre Lippen waren sanft ebenfalls zu einem solchen gezogen.


    Dann wandte sie den Blick wieder von ihm ab und ließ diesen kurz durch die Runde gehen. Rom war in der Tat ein ganz anderer Ort als Tarraco. Die Athmosphäre allein schon war deutlich anders, aber machte das nicht vielleicht sogar ihr Gefühl aus? Unmerklich winkelte sie den Ellenbogen ein wenig an, beinahe ängstlich daran denkend, dass sie sich sonst hoffnungslos verlaufen würde.

    Ego, Rediviva Minervina, deos deasque imperatoremque romae in omnibus meae vitae publicae temporibus me culturum, et virtutes romanas publica privataque vita me persecutorum esse iuro.


    Ego, Rediviva Minervina, religioni romanae me fauturum et eam defensurum, et numquam contra eius statum publicum me acturum esse, ne quid detrimenti capiat iuro....


    Kam es mit klarer Stimme von Minervinas Lippen. Lange hatte sie diese Worte auswendig gelernt, sich immer wieder ihren Sinn verdeutlicht. Und nun war es endlich so weit und sie durfte den Eid sprechen.

    Mit nun doch etwas weichen Knien war Minervina ihrer Tante in das Heiligtum gefolgt. sie folgte deren Anweisung und setzte sich artig auf den ihr zugewiesenen Platz, während sie ihre Tante genau im Blickfeld behielt. Sie hielt die Frage für eher eine der rhetorischen Art, doch sie verursachte dennoch ein starkes Kribbeln in der Magengegend. So musste sich auch Liebe anfühlen. Sie sog tief die Luft ein und meinte voller Vorfreude und doch etwas kurzatmig: "Ja!" Dies war ein bedeutender Schritt in ihrem Leben, vielleicht sogar einer mit der größten Bedeutung.