Beiträge von Rediviva Minervina

    Kurz wanderte Minervina's Blick wieder in die gefährliche, zugleich aber auch anziehende Gasse. Dann allerdings riss sie sich endgültig aus ihrer Trance und sah Titiana freundlich nickend an. "Ja, du hast wohl Recht. Lass uns hier verschwinden." sagte sie zaghaft und ließ sich von der jungen Frau mitziehen. Sie war froh, dass sie davor bewahrt wurde. Ihre Neugierde hätte sie gewiss wieder dort hinein gezogen. Sie musterte nun Titiana aus den Augenwinkeln, während sie sich Schritt für Schritt von der unheilvollen Gasse davonschlichen. Sie hatte diese junge Frau noch nie gesehen, und doch baute sie schon jetzt Vertrauen zu ihr auf. Gerade für Minervina war das ungewöhnlich, denn sie mied gerne die Leute, die sie in solchen Gegenden kennenlernte. "Wie heisst du?" fragte sie also in das unbehagliche Schweigen und blickte auf den Weg vor sich.

    Minervina hatte sich einen kurzen Schritt nach vorn gewagt. Irgendwie schienen die Geräusche weiter in den Hintergrund zurücken, auch wenn es eigentlich nicht möglich war - das wusste sie auch. Verängstigt blieb sie wieder stehen. "Heaaaha.." sog sie heftigt die Luft ein. Sie glaubte ihr Herz stünde still, als sie endlich die Worte vernahm. Ihr Leib zitterte stark, doch als sie erkannte, dass es eine Frau war, beruhigte sie sich langsam wieder. Stück für Stück atmete sie langsamer, ehe sie sich langsam umdrehte. Ihr Lächeln wirkte erfroren, sie selbst völlig wirr. Ihr Haar war zerzaust und ihre toga praetexta schlecht gelegt. "Es tut mir leid, ich wollte nicht..." begann sie sich zu rechtfertigen, hielt allerdings rasch inne. Da erkannte Minervina die gleiche Furcht in den Augen der jungen Frau, die sie selbst auch empfand. "Ich weiß es nicht." gab sie nun eine bedrückte Antwort und sah zu ihr auf.

    Minervina wusste nicht, warum sie hier stand. Woher sie überhaupt die Kraft genommen hatte, nochmals hierherzukommen. Bald sehr bald würde die Bestattung ihres Vaters stattfinden und seit sie dies wusste, seit sie seinen Tod vollstens wahrgenommen hatte, streifte sie umher und machte kaum noch Ruhe. Und nun stand sie hier. Am Rande der Gasse wo sie die Morde beobachtet hatte. Gedankenverloren blickte sie in den recht dunklen Gang hinein. Damals war sie mit Marcus hier gewesen. Er hatte ihr mehr oder weniger das Leben gerettet. Schon eine ganze Weile verharrte sie schon so, als sie ein Geräusch aufmerksam machte. Doch statt fortzulaufen kniff sie die Augen zusammen, konnte aber nichts erspähen.

    Als ihre Mutter hinausgegangen war, rann die erste Träne über ihre Wange. Dies geschah fast genau in dem Moment, wo die Tür sich schloss. Heute morgen hatte sie Marcus verabschiedet, nachdem gestern diese mittelschwere Katastrophe geschah. Oder war es eher eine wirkliche Katastrophe? Sie wischte sich in einer trotzigen Geste die Träne aus ihrem Gesicht fort und blickte starr aus dem Fenster. Dann stand sie auf, ihre Beine wackelten. Ihr Vater war tot. Es schien ihr, als sei diese Nachricht immer noch nicht richtig angekommen. Müde schlenderte sie zu ihrem Schreibtisch. Gerne würde sie nun Marcus sehen, doch das war kaum möglich..

    "Du kommst aus Syria?" fragte sie erstaunt und legte den Kopf schief. Geboren war er dort gewiss nicht, denn soweit sie wusste, sahen die Leute von dort anders aus - wie Pentesilea. "Meine Freundin und Lehrerin kommt auch aus der Gegend. Ist es dort wirklich so schön, wie sie immer sagt?" fragte Minervina nunmehr neugierig. Sie wandte den Blick nicht mehr von ihm ab.

    Auch sie kam aus ihrer abweisenden Haltung heraus und drehte sich ihm zu. Am liebsten hätte sie die toga praetexta nicht getragen, doch man zwängte sie immer wieder aufs neue in dieses Kleidungsstück. "Ich wollte einfach die neuen Sonnenstrahlen genießen." sagte sie lächelnd und strich sich den Stoff auf ihrem Schoß glatt. "Wie sieht es mit Dir aus?"

    In ihren Gedanken versunken, zuckte sie leicht zusammen, als sie hörte wie man sie ansprach. Mit einem Lächeln wandte sie sich nach rechts und erblickte einen Mann, der recht freundlich schien. Sie nickte. "Ja, in der Tat. Die Sonne wird wieder wärmer und der Himmel klarer." bestätigte sie "Ach und: Salve ebenso. Ich bin Rediviva Minervina." stellte sie sich vor. Dass sie aber nicht gleich an die Vorstellung gedacht hatte - wie unhöflich. Mittlerweile, so befand sie, durfte man sie auch als junge Frau bezeichnen, denn sie zählte schon ganze zwölf Lenze. Aus dem Alter, da sie sich ärgerte, wenn man sie als jünger betitelte, waren jredenfalls lang vorbei.

    Zitat

    Original von Pentesilea
    Wir kamen nach draussen und ich steuerte sogleich eine der Bänke an. "Komm, die Sonne scheint so schön, lass uns uns da hinsetzen." Ich zog sie einfach mit mir und setzte mich.


    An Pente's Hand folgte Minervina neugierig ihrer Freundin. Neugierig, was für ein Geschenk sie wohl bereit hielt. Sie tappte zaghaft hinter Pente her und ließ ihren Blick Richtung Agrippa schweifen, dem sie zuwinkte und setzte sich dann neben Pentesilea, sie wollte doch nicht unhöflich sein. "Ich freu mich so, dich wiederzusehen!" sagte sie aufrichtig und blickte zu ihr auf. Doch man konnte auch Neugierde funkeln sehen.

    Auch Minervina schlenderte gemächlich über den Markt. Bald würde das alles hier ihrer Vergangenheit angehören, was sie mittlerweile nicht einmal mehr traurig stimmte. Hoffentlich war sie in Rom sicher vor diesen Verbrechern. Schon zweimal hatte sie sie angetroffen und sie fühlte sich gar nicht mehr wohl, wenn sie durch die Stadt schlendertel. Aber mittlerweile siegte der Ruf nach der Sonne und sie nahm das Risiko in Kauf, hielt sich aber nur dort auf, wo viele Menschen waren. Doch nach einigem Umherschlendern ließ sie sich mit einem tiefen Seufzen im Schatten nieder und blickte vor sich.


    Sim-Off:

    Hoffe ich durfte :) Sonst geh ich halt gleich ohne Gespräch weiter :D

    Sie sah ihm traurig hinterher. Als er sich umwandte, hob sie nur leicht eine Hand gen Himmel ohne diese allerdings zu bewegen. Am Horizont stieg langsam die Sonne und verdrängte die warmen Farben für ein freundliches hellblau. Doch Minervina starrte immer noch auf den Weg, der Marcus nun von ihr fortführte. Sie wunderte sich, warum dieser Abschied so sehr schmerzte, doch eine Antwort wollte sie gar nicht wissen. Sie senkte langsam den Blick. Lange schon war Marcus aus ihrem Blick verschwunden. Sie wandte sich um und machte sich wieder auf den Heimweg. Sie wusste nicht, was für eine Nachricht sie dort erwarten würde.

    "Ich hoffe sehr, dass du in Germanien mehr Glück haben wirst. Vor Allem was die Bekannschaften angeht." sagte sie mit einem sachten Lächeln. Ihm schien es auch nicht leicht zu fallen, weshalb sie sich ihre trübsinnige Miene lieber für später aufbewahrte. "Ich hoffe unser Wiedersehen wird schönere Umstände bergen. Ich werde bei den Göttern um ihren Segen für dich beten und mich stets gut an dich erinnern. Und verlerne ja dein Lyraspiel nicht. Lebe wohl." sagte sie, während er sie umarmte. Hierbei küsste sie ihn ein weiteres Mal zum Abschied auf die Wange und löste sich rasch. "Vale, Marcus." sagte sie mit beiinahe hauchender Stimme.

    Gemeinsam waren sie, beinahe nur schweigend, durch Tarraco gelaufen um zum nördlichen Stadtausgang zu gelangen. Sie hatte nichts von dem Geld gesagt, welches sie ebenfalls dem Beutel beigefügt hatte, da sie fürchtete, er nähme es nicht an. Und nun standen sie hier, vor den Toren der Stadt. Sie versuchte zu lächeln, doch man sah ihr an, dass der Abschied trotz der kurzen Zeit so schwer fiel. Oder war es gerade wegen der kurzen Zeit...? "Es war eine wundersame, aber schöne Begegnung." begann sie zögerlich und sah ihn an.

    "Ich bringe dich noch vor die Tore der Stadt. Ich denke nicht, dass es gefährlich ist." sagte sie sanft, ließ sich aber gern in diese Umarmung ziehen. Was er wohl dachte, fühlte? Sie zumindest war froh, dass sie sich als älter ausgegeben hatte, als sie war. Nun schloss auch sie ihre Arme um seinen Leib. "Es gibt nichts zu danken. Ich bin eher froh, dass ich dir begegnet bin." Sie wollte erst noch für die außergewöhnliche Begegnung denken, aber es wprde sehr ironisch klingen...

    Ihr Lächeln verlor ein wenig der Freundlichkeit um an Verlegenheit zu gewinnen. Sie mochte ihn, sehr. "Nein, leider nicht." sagte sie leise und blickte von unten herauf zu ihm. Beinahe etwas schüchternes lag in ihrem Blick. "Dennoch habe ich etwas für dich, Marcus." sagte sie sanft. Sie entzog ihm wieder ihre Hand und ließ stattdessen etwas aus ihrer linken hineingleiten. In seiner Hand lag nun das Erinnerungsstück ihrer Kindheit. Und an ihren Vater. Das kleine Kettchen welches sie zu ihrer Geburt geschenkt bekommen hatte, von wem wusste sie nicht. Der Halbmond. "Bitte nimm es zur Erinnerung. Du hast mir ebenfalls etwas wundervolles gegeben, als du mir die Klänge deines Liedes zeigtest."

    Sie deutete auf einen Beutel, den sie neben der Tür stehenlassen hatte. "Ich habe darin zwei Tuniken meines Onkels für dich. Außerdem zwei Laib Brot und noch ein wenig anderer Speisen wie gedörrtes Fleisch. Ein paar Tage müsstest du damit hinkommen." sagte sie sanft und ergriff seine Hand. "Hast du noch einen bestimmten Wunsch, was du gerne mithaben möchtest?"

    Immerhin lebte er noch. Diesen Gedanken ließ sie sich scherzhaft durch den Kopf gehen, wurde sich aber bewusst dass er gar nicht so amüsant war. Kurz wanderte ihr Blick zu der Lyra, die da noch lag und auf der sie erst gestern gespielt hatte. Sie würde üben. "Guten Morgen." erwiderte sie lächelnd. "Steh auf, wir haben nicht viel Zeit ehe hier Hochkonjunktur herrscht und die Klienten im Atrium warten."

    Des nächsten Morgens stand sie tatsächlich früh vor der Türe und öffnete diese leise um einzutreten. Sie wollte nicht klopfen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie huschte zu seinem Bett herüber, setzte sich auf die Kante und legte sanft ihre Hand auf seine Schulter. "Marcus?" fragte sie leise und rüttelte sacht.

    Und do saßen Minervina und Marcus den Abend lang da. Sie lachten, doch ebenso ernsthaft war auch das Üben. Sie wusste, sie würde lange brauchen bis sie richtig spielen konnte. Doch sie wollte es alleine aus dem Grund tun, um noch Zeit mit Marcus zu verbringen. Etwas verband sie nun, und es war mehr als nur die Tatsache, dass sie Zeugen einer Grausamkeit geworden sind. Es war auch manches Mal etwas schmerzhaft, die Saiten zu zupfen, doch mindestens genauso vernüglich war es, zu hören wie die eigenen Laute erklangen. Sie lachte ihn fröhlich an und beinahe verschwand der Schatten. Beinahe.
    Als es später wurde, verabschiedete sie sich nur kurz und huschte zurück in ihr Zimmer. Mit dem festen Vorhaben, ihn des nächsten Morgen zu wecken und zu versorgen. Und zu verabschieden. Und hier übermannte sie der Schatten, der ihr nun die ersten Tränen entlockte.

    Minervina wurde in diesem Moment eines klar. Sie fühlte sich mit einem Mal alt. Sie hatte ich immer gefreut, wenn man sie als Dame bezeichnete und nun wünschte sie sich ihre Kindheit zurück. Es fühlte sich an, als habe man ihr diese vor einigen Momenten genommen. Sie nahm allerdings mit einem Lächeln die Lyra entgegen und strich sacht über ihren Rumpf. Sie war etwas kostbares, denn sie war Marcus' ständiger Begleiter. "Sie ist schön" sagte sie leise. "Willst du das wirklich für mich tun?" fragte sie beinahe ungläubig. Ihr erschien diese Lyra nahezu als etwas heiliges.