Beiträge von Rediviva Minervina

    Sie allerdings ließ kein Lächeln sehen, als das Geschäft beendet war. Es war nicht so, dass es ihr unangenehm aufstieß, mit Menschen zu handeln, doch warum sollte sie diesem Plebejer zulächeln? Er gefiel ihr nicht und sie war froh, dass nun die Verhandlungsphase abgeschlossen war. "Dann wird Lana morgen auch wieder den Träger abholen." erklärte sie kühl und sah Lana mit vielsagendem Blick an. Sie sollte lieber keinen Widerspruch wagen. Dann sah sie in Richtung des neuerworbenen Besitzes. Ihr Blick zeigte noch immer keine freundlichere Regung. Sie musste kurz an ihre Mutter denken. Diese hätte den Sklaven aus reiner Güte gekauft und würde ihm jetzt freudestrahlend entgegen gehen. Sie selbst war anders. Sie erwartete, dass er von selbst zu ihr kam und seine Arbeit tat. Sie konnte niemanden brauchen, der zusätzlich Kost vertilgte und dabei seiner Arbeit nicht richtig nachkam.


    Als er sich vor ihr verneigte, nahm sie es kühl zur Kenntnis. Aber wenigstens wusste er sich schonmal einer Frau gegenüber zu benehmen. "Gut, Servus. Das ist Lana." erklärte Minervina ihm. Dann wandte sie sich um und ging ein paar Schritte zur eigenen Sänfte und pickte sich den Sänftenträger aus, mit dem Lana zuvor gesprochen hatte, und sandte diesen zur Sänfte des Geschäftspartners, dabei erklärend, dass er für den Tag ausgeliehen sei. Dann wandte sie sich wieder zu Wilbert und Lana um, die noch dort standen und winkte sie beide herbei. "Es geht weiter. Beeilung, Sklave. Lana, komm." befahl sie mit glasklarer Stimme. Den Sklaven würde sie nicht beim Namen nennen. Erst wenn er es sich verdient hatte, aber warum sollte sie sich einen überflüssigen Sklavennamen merken?

    Sie wirkte fast teilnahmslos, als sie ihm zuhörte. Sie empfand aber auch wirklich kaum etwas über seinen Verlust. Sie selbst hätte lieber ihre Mutter als ihren Vater totgeglaubt, oder beide, als zu wissen, dass der Mensch, der sie in die Welt gesetzt hatte, ein so unbeständiger ohne Ideale war. Als das Schweigen eintrat, dachte auch sie wieder an den Vater. Sie hatte ihre beiden Brüder ebenso verloren, wie Durus seine Schwestern. Eigentlich teilten sie das gleiche Los. Doch sie machte sich nicht viel aus dem Tod ihrer Brüder, wovon der eine dem Kindtot erlag und der andere beim Spielen ertrank. Der zweite wurde beinahe 6. Eigentlich war es ihr sogar beinahe recht, denn so lag es nur bei ihr, das Andenken ihres Vaters zu bewahren. Doch dass sie diese Gedanken besser niemals aussprach, war sicher. Man würde sie für herzlos halten. Es war erschreckend, sich der Mutter zu schämen und ob dem Tode der Brüder keine Trauer zu empfinden. Damals war sie traurig gewesen, doch heute war es ihr egal.


    "Du hast Recht. Und ich lasse es auch hinter mir. Aber seitdem ich damals ohnmächtig wurde, schlafe ich abends nur noch schlecht. Mich beruhigt der Gedanke, dass Vater und Claudia sich nun wiederhaben." meinte sie abwesend und wandte sich ebenfalls dem Essen zu. Sie griff zu allererst nach einem Ei und klopfte es zaghaft oben auf, um dann die Schale abzupulen. Sie überlegte während dessen, ob das Zeigen von etwas mehr Schmerz vielleicht angebracht war, doch sie wollte ihm nichts vorspielen. Auf ihren Vater war sie nur noch stolz, Germanen hingegen hasste sie, denn sie verschuldeten seinen Tod. Und Claudia? Es machte sie manchmal noch traurig, vor Allem wütend, denn sie wollte ihren Mörder tot wissen. Minervina wusste ja nicht, dass Claudia dies selber war. "Ach, es ist vorbei. Erfreuen wir uns lieber den Anehmlichkeiten, die uns hier aufgetischt wurden." meinte sie abschließend und lächelte ihm zu.

    Sie sah nachdenklich drein, als er sie fragte. Es blieben jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder sie antwortete ganz ehrlich auf seine Frage oder bejahte einfach nur das Hitzeproblem. Aber was hatte sie davon, wenn sie dem einzigen Wesen in diesem Haus eine Lüge auftischen würde, mit dem sie reden konnte? Also hob sie sacht an: "Ja, auch. Aber mir macht der Verlust von Claudia noch sehr zu schaffen. Sie stand mir aus der Familie am nächsten und zuvor war sie die engste Vertraute meines Vaters. Nun sind sie beide fort, in den schönen Feldern des Elysiums." Sie blieb sachlich, als sie ihm ausführte, worum es ging und hielt dabei ernst den Blickkontakt. Sie lächelte noch immer relativ selten und meistens nur der Höflichkeit halber. Oder der Täuschung wegen. Sie ließ, ganz ihrem Stande gemäß, keine übermäßigen Regungen erkennen, der Blick blieb ganz normal.

    Sie war ganz erstaunt über seine vielen Worte. Aber es erwärmte sie auch ein wenig, dass ihr ein Mensch gegenüber saß, mit dem sie normal sprechen konnte. Die restliche Familie war auswärts, mit Sklaven konnte man nicht anständig sprechen und bei Fremden musste man vorher jeden Satz drehen und wenden, bevor man ihn sprach. Darum nahm sie ihm seinen 'Wortschwall' am 'frühen' Morgen nicht übel und schmunzelte nur leicht. "Ja, Manius." bestätigte sie also seine Aufforderung und verwinkelte ihre Beine hintereinander. Sie hatte ihn bisher nur ein mal richtig gesprochen und das war auf Grund der Lautstärke bei den Pferderennen nicht wirklich möglich gewesen. Sonst waren es immer nur kurze Floskeln gewesen, Hallo und auf Wiedersehen.


    "Ich bin auch müde. Ich schlaf in der letzten Zeit nicht mehr so gut." Das dem eine grundlegende, gewisse Gereiztheit folgte, verschwieg sie vorerst. Sie wollte ihm nicht gleich das Interesse an einem gemeinsamen Gespräch verderben, indem sie ihm vor schlechter Laune warnte. Mit ihm würde sie es sich nicht verderben wollen, dafür hatte man schließlich Sklaven. "Du siehst allerdings aus wie der junge Morgen." stellte sie fest. Unterstreichend wäre jetzt ein Gähnen gewesen, was sich auch ankündigte, aber durch große Mühe noch im Keim erstickt wurde. Sie strich den Stoff auf ihrem Schoß glatt und hob dann wieder den Blick, um Durus anzusehen. Der Schlaf stand ihr trotz einer Katzenwäsche deutlich in den Augen. Da war es wieder das Gähnen. Sie biss sich leicht auf die Lippen, um es wieder in seine tiefen Abgründe zurückzudrängen. Sie sah beinahe schuldbewusst drein, denn aufgrund der Müdigkeit in ihren Knochen fiel es ihr noch schwer, sinnvolle Dinge zu denken.

    Müde hatte Minervina sich aus dem Bett begeben. Sie schlief nicht mehr besonders gut, seit es wärmer geworden war. Ohnehin waren ihre Nächte seit dem Tode von Tiberia Claudia zehrend geworden, obwohl er schon etwas zurück lag und Minervina tagsüber auch kaum noch darüber nachsann. Sie hatte sich mittlerweile einigermaßen abgefunden, auch wenn sie immer noch mit Schmerz an den ewig währenden Abschied dachte. Nachfolgend hatte sie sich von Lana, ihrer Leibsklavin ankleiden lassen. Doch sie trug nur eine Tunika aus leichtem Leinen, welcher nicht mehr Stoff anwohnte als sein musste und die gewöhnliche Tunika darunter. So waren ihre schlanken, hellen Arme völlig unbedeckt, als sie sich Richtung Triclinium begab. Das Haar hatte sie sich nur praktisch zurückgebunden, denn noch stand ein Verlassen des Hauses nicht an und sie wollte sich keiner unnötigen Mühe unterziehen.


    Als sie eintrat, sah sie Durus dort. Essen war noch nicht aufgetragen, also schien auch er gerade erst aufgestanden zu sein. Sie gähnte noch einmal leis, ehe sie zum Gruß ansetzte. "Guten Morgen, Durus." grüßte sie ihn mit einem leichten Lächeln, welches sie nur ihren Verwandten zeigte und setzte sich zaghaft auf eine Kline. Sie wollte nicht extra einen Korbsessel heranholen lassen und es war schließlich intern. Und solang sie sich nicht räkelnd auf die Kline legte, würde sie sich ihr Verhalten zubilligen.

    | Stratonice
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    Als Lana von ihrer Anweisung berichtete, schwieg sich Stratonice aus. Aber Unruhe und auch Ungeduld machten sich in ihrer Magengegend breit und entfalteten sich wie ein Geschwür, welches fast überzulaufen drohte, als Lana die Sachen auf dem Tisch deponierte. Sie warf der Leibsklavin einen säuerlichen Blick zu. "Da merkt man mal wieder wie verwöhnt ihr Sklaven der oberen Hierarchie eigentlich seid. Wühl ich in den Schränken deiner Herrin rum?" Sie lehnte sich nach hinten und trug nun den Kopf doch wieder auf den Schultern, allerdings leicht nach hinten geneigt, während sie die Arme provokativ vor der Brust verschränkte. "Ich denke eher dass du Mäuschen spielst und versuchst, mir eins auszuwischen. Besucher kommen nämlich nicht in die Culina und suchen schon gar nicht in den hinteren Fächern herum. Dafür sind sich die werten Herrschaften nämlich entschieden zu fein." ließ sie ihren Dampf ab und nahm zur Kenntnis, dass Lana sich zu ihr setzte.


    "Stratonice." stellte sie sich selbst knapp vor und nickte Lana leicht zu. Was interessierte es sie, wie ihre Herrin sie nannte? Ihr eigener Name war ihr sogar von ihren Herren gegeben wurden, wenn auch noch in der anderen Familie.



    Culina - Gens Tiberia

    | Stratonice
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    Sie vernahm das Klopfen und brummte nur etwas Unverständliches zur Bestätigung. Ob es ein Hereinbitten oder einfach nur eine Kenntnisnahme war, konnte man nicht heraushören. Sie hob den Blick an. Ihr Kopf ruhte zwischen den beiden Händen, welche ihn stützten. Die Ellenbogen waren auf den Tisch gestützt und so hatte sie sich eine recht bequeme Position verpasst. Sie kannte Lana. Zumindest hatte sie sie schon einmal gesehen, hier im Haus. Die Sklavin nämlich hatte kein Allerweltsgesicht und gehörte zu besagten Bessergestellten. "Nimm dir nur." erklärte die ältere Frau, die sich nicht mehr als Sklavin sehen wollte und deutete mit dem kleinen Finger auf die Kanne. Ihre Hand für den Deut zu verwenden sah sie nicht ein, dann musste sie ihren Kopf ja selbstständig aufrechthalten.
    Als Lana dann allerdings begann, die Küche zu inspizieren, wurde sie misstrauisch. Was fiel diesem Ding ein, hier mitten in der Nacht in ihrem Reich herumzuschnüffeln? "Was suchst du?" fragte sie entschieden unfreundlicher. Sie wollte nicht, dass Lana in dem einen oder anderen Versteck ihre kleinen Schätze fand, die sie sich hier und dort zusammengeklaubt hatte. Manchmal legal, manchmal aber auch nicht.



    Culina - Gens Tiberia

    | Stratonice
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    Draußen war die Dämmerung schon lang vorbei, als die Sklavin noch in der Küche saß und in das Flackerlicht der Öllampe starrte. Sie ahnte nichts von dem Besuch, der sie bald erwarten sollte. Nämlich die Leibsklavin einer Tiberia, eine von denen, die große Vorzüge genossen. Zumindest größere als sie selbst, die eigentlich stets Ruß im Gesicht hatte und nicht selten auch Brandblasen an den Fingern forttrug. An ein Leben in Freiheit glaubte sie ohnehin schon lange nicht mehr. An und für sich erging es ihr hier auch nicht schlecht, aber sie ward schon in der Sklaverei geboren und dient nun schon 40 Jahre in dieser, sodass ihr allmählich der Ansporn fehlte.
    Sie war eine etwas rauhere Person die auch klar sagte, was sie dachte. Selbstverständlich nahm sie sich gegenüber der Herrschaft deutlich zurück, doch im stillen Kämmerlein wurde auch dort manchmal böse gedacht und manchmal auch gesprochen. Vor ihr standen Weinkrug und Weinbecher. Falerner. Teurer Wein also. Doch es war ohnehin kaum einer von den Herrschaften im Haus und um diese Uhrzeit würde es sicherlich niemand bemerken. Ihr Blick wurde schon glasig von dem vielen Wein.



    Culina - Gens Tiberia

    Auch Minervina ließ den erinnerungsschwangeren Moment stillschweigend verstreichen und beobachtete Lana, wie sie sich an ihre Hand schmiegte. Unbeirrt streichelte sie weiter. Niemals würde sie einem anderen Sklaven eine solche Behandlung zuteil werden lassen. Nicht einmal einem kleinen Kind. Doch Lana war eine besondere Sklavin. Sie wollte sie behandeln wie sie es mit Jedem tat, doch jeder Versuch missglückte in ihrem Herzen. Sie schaffte es nicht, willkürlich zu schlagen. Und diese Unbeständigkeit machte es für beide wohl noch schwerer.
    Lanas Frage traf sie mehr, als sie jemals gedacht hätte. Sie ließ ihre Hand sinken und sah die Sklavin fragend an. Doch war es keine nach Wissen verlangende Frage, die in ihren Augen stand, sondern Betrübtheit. "Nein, Lana. Ganz... ganz im Gegenteil." gab sie die nur sehr leise Antwort. Dann wandte sie sich ab und nahm wieder mit ein paar Schritten Abstand von Lana. Mit dem Rücken zu ihr stehend, kämpfte sie um ihre Beherrschung. Doch diesmal war es keine Wut, die in ihr aufstieg. Es war Traurigkeit. Sie atmete tief durch und entließ Lana dann. Sie war bemüht, ihrer Stimme nicht den Zwiespalt ihrer Gefühle anmerken zu lassen, doch konnte sie ein leises Räuspern mitten im Satz nicht vermeiden. "Ja, Lana. Geh. Mach eine gründliche Küchenkontrolle und säubere alles, was nicht sehr sauber ist."
    Mit diesen Worten, die deutlich zeigte, dass Minervina allein gelassen werden wollten, sandte sie Lana an die Arbeit.

    Minervina war innerlich ein wenig befriedigt, als sie sah, wie Lana dort saß. Gleichzeitig aber bekam sie ein schlechtes Gewissen. Das Spiel was sie mit ihrer Sklavin spielte, war nicht gerecht. Natürlich, ein Sklave mussste einem die Wünsche von den Augen ablesen können und Strafe war auch in Ordnung. Aber Lana konnte ihre Herrin vermutlich bald nicht mehr einschätzen, wenn sie nur 'spielte'. Dass sie ihre schlechte Laune mit einberechnen musste, war auch nur normal, aber sie spielte diese ja manchmal nur. Sie seufzte leise und schritt auf Lana zu. Sie mochte das junge Ding. Sie gestand sich selbst auch ein, dass sie selber nicht genau wusste, was sie wollte. Eine Freundin oder eine Sklavin. Beides war nur schlecht zu vereinbaren, denn mit einer Freundin sprach man, eine Sklavin lässt man ausführen.


    Als sie vor Lana stehen blieb, legte sie dieser ihre Hand auf die Wange. Sacht strich sie mit ihrem Daumen über die weiche Haut. Und sie wusste sofort, dass sie Lana nur dann schlagen könnte, wenn diese sie wirklich zur Weißglut brachte und sie nur noch aus dem Affekt handelte. Doch die Strafe, die sie soeben verhängte, konnte sie auch nicht einfach zurücknehmen. "Verzeih. Meine Strafe hat nichts mit deinem Antlitz zu tun, Lana." sprach sie leise und mit ruhiger Stimme. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte die Worte doch nicht herausbringen, dass sie sie mochte. Das sagte man einfach nicht. So hoffte sie, dass ein wenig ihrer Zuneigung durch das Streicheln der Wange übermittelt wurde.

    Sie musterte seine Geste. Er wirkte unsicher. Als wenn er zögerte das Angebot anzunehmen. Normalerweise hatte sie damit gerechnet, dass er den Preis noch höher trieb, warum also wartete er? Sie selbst wurde durch diese Unsicherheit selber etwas unruhig. Staunte er vielleicht, dass sie bereit war, soviel Geld für dieses rohe Stück Fleisch und Knochen zu zahlen? Aber ihr sollte es gleich sein. Sie würde schon noch aus ihm herausholen, was sie wollte - auch wenn er selber dem nicht standhalten konnte. Was waren schon 800 Sesterzen? Ihre Familie besaß viel mehr, sie selbst besaß entschieden mehr aus dem Erbe ihres Vaters und auch von dem Geld ihrer Mutter, welches diese ihr zurückgelassen hatte, als sie wieder nach Hispania reiste.


    "Nein, soviel Geld habe ich nicht auf einmal dabei. Aber mein Name sollte dir als Pfand genügen. Ich bin einer Tochter aus dem Hause der Tiberier, die derzeit zwei Senatoren stellen und viele andere Honoratoren in ihren Reihen haben. Du kannst dich darauf verlassen, dass ich dir das Geld Übermorgen zukommen lasse, ich werde dir meine Sklavin senden." erklärte sie und musterte ihn kühl. Hoffentlich ging er darauf ein. "Doch wenn du wünscht, kann ich dir noch zum Ersatz einen meiner Sänftenträger leihweise zum Pfand anbieten, sodass der Tausch sogleich vollzogen werden kann." bot sie zu seiner Sicherheit an. Sie war neugierig auf ihren neuen Erwerb, das konnte sie gar nicht leugnen. Sie sah kurz zu ihm. Er schien nicht sehr erpicht zu sein. Mit regloser Miene wandte sie sich wieder von dem Sklaven ab.

    Minervina drehte sich beinahe schnell wieder zu Lana um, als diese von der Peitsche sprach. In ihren Augen funkelte es, denn gerade Lanas Nicht-Bereitschaft veranlasste sie, diesen Gedanken in Erwägung zu ziehen. Sie stand auf und ging ein paar Schritte, als sie dann begann zu sprechen. "So, nicht die Peitsche? Aber was verdienen denn Sklaven, welche meinen, ihre eigene Strafe zu bestimmen und sich anmaßen, ihren Herren Anweisungen zu geben?" Ihre Stimme war wieder kalt, während sie Lana die Vorbereitungen für die Nacht treffen ließ. Sie fixierte die Sklavin, als sie sich auf den Hocker niederließ, als ihr noch eine bessere Idee für diese zur Strafe einfiel. Da war es wieder, dieses berechnende Lächeln.


    "Nein, du wirst nicht schlafen gehen. Auf dich wartet noch einiges an Arbeit. Du wirst bis zum Morgen, da du mich weckst, kein Auge zu tun. Und höre ich etwas Gegenteiliges werde ich keine Sekunde mehr warten, nach der Peitsche zu greifen. Und glaube mir, ich komme dahinter, wenn du mir morgen ins Gesicht lügen solltest." erklärte sie mit strenger Stimme und sah ihr direkt in die Augen, wartend, dass Lana den Blick senkte. Sie befand ihre Strafe für gut. Sie schadete der Sklavin nicht nachhaltig, aber Tage ohne Schlaf konnten sehr zehren. Und sie würde Lana so lange nicht schlafen lassen, wie es ihr passte. Bis Lana vor Erschöpfung im Stehen einzuschlafen drohte. "Und bei dem kleinsten Missfallen, was sich in mir regt, werde ich zur Peitsche greifen. Weil du es bist, werde ich es tun. Wirst du daraus noch immer nicht lernen, werde ich die Aufgabe einem Sklaven übertragen. Der kann es sicher kräftiger."

    Minervina hörte seinen Worten aufmerksam zu. Ihr war kühl, denn der Nieselregen durchnässte allmählich ihre Tunika. Der nasse Stoff würde gewiss für eine Erkältung sorgen, wenn sie ihn nicht allmählich ablegen konnte. Diese kleinen Tröpfchen gingen viel mehr unter die Haut, als ein Platzregen, denn sie legten sich langsam auf den Stoff und wirkten völlig harmlos. Er wollte seinen Sklaven anpreisen. Es war klar, dass er das Bestmögliche rausholen wollte. Dast gelangweilt wurde ihr Blick, als er seine Ausführungen beendet hatte. Es war der ganz normale Standardtext. Der Standardtext, den man anbrachte, wenn man über gewisse Schwächen hinwegspielen wollte. Zwar war es nichts Schlimmes sonder eher etwas Natürliches, wenn ein Sklave nicht lesen konnte, doch das war hier offensichtlich der Fall. Aber sie brauchte ja auch keinen Scriba.


    "900?" Sie sah ihn etwas ungläubig an und schwenkte dann mit ihrem Blick zu dem Germanen hin. Gut, er hatte den kleinen Vorteil, dass er seine Lage ausnutzen konnte, denn sie wollte ihn schließlich haben. Aber soviel Geld? Ganz gewöhnliche Sklaven für Feldarbeiten waren viel günstiger. Das war schon beinahe ein Preis für einen Edelsklaven. Und so rückte sie mit ihrer Argumentation heraus. "Ich will ja seinen emotionalen Wert nicht abstreiten, denn du vielleicht zu ihm hegst, aber... 900? Er ist schon recht alt für einen Sklaven. Du verlangst den Preis für einen jungen Knaben der das Schreibenlernen schon hinter sich hat. Selbst deine 750 waren zuviel. Ich bin allerdings gerne zu 800 Sesterzen bereit. 900 ist pure Utopie." Ab nun war ihre Ungläubigkeit gespielt, aber in dieser Schauspielerei strich sie sich fassungslos eine nasse Strähne unter die Palla.

    Minervina nahm den festen Blick mit erspieltem Erstaunen zur Erkenntnis. Lana war nur minimal jünger als sie selbst, aber in diesem Moment hatte sie das Gefühl, es lägen viele Jahre zwischen ihnen. Aber Sklaven hatten nun einmal nicht soviele Sorgen wie ihre Herren. Sie fürchteten nur um ihre gute Behandlung und taten alles, um den Wünschen gerecht zu werden. Aber ein wirklich guter Sklave, fand Minervina, litt mit dem Herrn mit. Las ihm die Wünsche von den Augen ab. Lana musste alles hinterfragen. Sie seufzte leise auf, beinahe so, als habe nicht Lana, sondern sie selbst ein schweres Los zu tragen. Das Leben eines Sklaven war einfach zu leicht. "Doch." war also auch die kurze Antwort auf Lanas Frage hin. Kurz ließ sie ihre Entscheidung noch unbegründet. Sie griff wieder nach dem nun gefüllten Weinbecher und sah Lana an.


    "Ich muss doch sichergehen, dass du deine guten Vorsätze auch wirklich nicht vergisst." erklärte sie ihren Entscheid dann doch und sah Lana amüsiert an. Im gleichen Zuge legte sie ihre schlanken Beine übereinander. Wenge Augenblicke später wandte sie den Blick wieder aus dem Fenster.

    Naja, aber ein Rollenspiel sind wir dennoch, trotz dessen dass wir ein virtuelller Staat sind. Hängt nun mal beides eng aneinander. Ist fast so als ob du widerlegen willst, dass Erdbeeren keine Beeren sind ^^


    Und ich bin z.B. auch wegend es RPGs, nicht wegen der Staatsimulation hier ^^ Mir macht das antike Rollenspiel einfach Spaß und so sieht Sergia das wohl auch. (Nur um mal kurz zu klären ^^)

    Aufmerksam beobachtete sie Lana. Ihr Blick ließ keinen ihrer Gedanken nach außen. Sie staunte ein wenig über sich selber. Zwar war der Anlass, Claudias Tod, ein sehr trauriger gewesen, doch seitdem konnte sie perfekt abwägen und eine kleine Schau abziehen. Sie öffnete ihre trockenen Lippen einen kleinen Spalt und feuchtete diese wieder an. Es war zu warm. Die Wärme und der Wein stiegen ihr zu Kopfe. Doch ihre Gedanken hatte sie noch vollkommen beisammen. Es war nur so, dass sie ungeduldig wurde. Und vielleicht ihre Zunge etwas lockerer wurde, ebenso wie ihre Gedanken. "Lana. Es gibt zwei Dinge, die du dringend ändern solltest. Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst, aber..." Sie hielt kurz inne und rang ein wenig nach Worten. Wie sollte sie es ihr am Besten beibringen? Sie konnte es leicht falsch ausdrücken und dann müsste sie sich wiederholen. Vielleicht sogar mehrere Male. Und dazu hatte sie keine Lust.


    "Hör auf, immer so ängstlich zu sein. Hab mehr eigenen Charakter." führte sie ihren ersten Punkt aus und strich sich dann mit der Hand über die Stirn, als strenge sie das Denken an. Als sie wieder zu Sprechen anhub, senkte sie ihren Arm wieder. "Wenn du Schritt eins geschafft hast, lerne, selbstbewusster zu sein. Strafen anzunehmen, wenn sie kommen. Ich bin nicht nachtragend. Aber du hast zu wenig Standhaftigkeit. Ich habe Pläne, ich muss Pläne haben. Und wenn du mir dabei behiflich sein willst, oder, nein, musst, haben sich diese Dinge zu ändern. Es geht mir nicht darum, dass du nicht widersorechen sollst. Aber widerspreche mit dem Bewusstsein, es sei richtig und dennoch musst du dafür einstehen." Sie hatte viel gesprochen. Zuviel. Langsam führte sie wieder ihren Becher an den Mund und trank einen Zug, während sie Lana beobachtete. Ob sie verstanden hatte?

    Sie beobachtete Lana genau, während diese sprach. Während sie so lauschend da saß, begann sie immer wieder mit ihrem Finger eine Haarsträhne aufzuwickeln und diese sogleich wieder zu entrollen. Auch als die letzten Worte verstummt waren, wartete Minervina eine kurze Zeit, ehe sie etwas sagte. "Ich glaube dir." sagte sie. Mehr nicht. Dann wandte sie den Blick wieder nachdenklich aus dem Fenster. Sie war leicht amüsiert und das konnte man auch an ihren Zügen überdeutlich erkennen. Doch freudiger Humor war es beileibe nicht. Eher zynisch.


    Dann griff sie wieder nach dem Wein um einen kleinen Zug nachzutun, schluckte ihn genüsslich herunter und fuhr sich mit der Zunge über die hübsch geformten Lippen. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Lana zu. "Dann werde ich mit dem Träger einmal reden müssen. Ich dulde nicht, dass meine Sklaven schlecht über andere, wohledle Herren sprechen." erklärte sie kühl und musterte Lana. Dass sie selber niemals mit einem niederen Sklaven sprechen würde, war ebenso klar, wie die Tatsache, dass sie eher einen kräftigen Sklaven zu ihm senden würde. Mit einer Peitsche. Eine Peitsche, die sprach. "Und was soll ich mit dir machen? Du widersprichst mir zu oft ungefragt, erteilst mir ungewünschte Belehrungen..." Sie sprach mit sanfter, weiblicher Stimme, die ihren Hintergrund nicht durchschimmern ließ.

    Gedankenversunken blickte Minervina zum Halbmond und beachtete die eingetrene Lana erst nicht weiter. Ihre Stirn reflektierte ganz leicht von dem Schweiß auf ihrer Haut. Sie genoss zwar die Wärme irgendwie, aber ein klärendes Gewitter wäre jetzt vielleicht auch nicht das Schlechteste. Die Luft war danach wieder so rein und wunderbar zu atmen. Erst als Lana eine Entschuldigung anbrachte, wandte sie ihr Gesicht in die Richtung der zierlichen Sklavin. Sie betrachtete ihre Silhouette einige Momente stillschweigend, als sann sie nach. Und das tat sie auch. Sie hatte sich eigentlich fest vorgenommen, sie zu strafen. Aber sie wusste nicht so recht, wie sie das tun sollte. Peitschenhiebe waren ein sehr hartes Mittel.


    "Was hast du gestern mit dem Sänftenträger gesprochen? Dein Grinsen war später nur schwer zu übersehen." sprach sie dann mit gefühlsneutraler Stimme. Vielleicht schwang da auch ein wenig gekränkter Stolz mit, denn sie konnte Verheimlichung gar nicht leiden. Sie selbst verheimlichte zwar auch viele Dinge, tat dies jedoch ohne vorherige Anspielungen. Das hatte sie schon bei den helvetischen Brüder fast maßlos geärgert. Während sie die Sklavin so ansah, bekam sie fast Mitleid. Sie musste sich an die warmen Gespräche mit ihr erinnern. Aber es wurde wirklich Zeit, dass sie ihre kindlichen Gedanken ablegte. "Also?"