Delikte gegen Leib und Leben
Mord (§73)
Mord begeht, wer einen anderen vorsätzlich tötet.
Eine Einschränkung besteht nur bei entsprechender staatlicher oder militärischer Befugnis (zB Feindestötung auf dem Schlachtfeld).
Nach der Systematik unseres Gesetzes ist der Mord das Grunddelikt der vorsätzlichen Tötung. Daneben gibt es den privilegierten Fall des Totschlags (siehe dazu unten).
Aufbau des Deliktes
§ 73 ist als sogenanntes Erfolgs-Verursachungs-Delikt einfach strukturiert: Zentrales Merkmal ist der Erfolg, der Tod eines Menschen; die Tathandlung ist als die Herbeiführung dieses Erfolges in beliebiger Weise beschreiben. Damit ergeben sich beim Mord keine besonderen Auslegungsprobleme, sondern vor allem die Probleme des Allgemeinen Teils. Beispiele:
- Der todeserfolg muß der Tötungshandlung objektiv zurechenbar sein.
- Mord kann nur vorsätzlich begangen werden. Der Vorsatz muß sich auf alle Tatbestandsmerkmale beziehen, insbesondere muß der Täter den Todeserfolg gewollt haben, als Mindestvoraussetzung muß der Täter aktuell daran gedacht haben, sein Handeln könnte den Tod eines Menschen herbeiführen, daß er dies also ernstlich für möglich gehalten hat und daß er sich auch damit abgefunden hat (Eventualvorsatz).
- Ausnahmsweise kann die vorsätzliche Tötung eines Menschen durch Notwehr gerechtfertigt sein.
- Wie jedes Vorsatzdelikt kann auch Mord versucht werden. Der Versuch beginnt mit einer der Ausführung unmittelbar vorangehenden Handlung.
- Mord ist ein Erfolgsdelikt und kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn eine besondere Pflicht zur Erfolgsabwendung besteht (Garantenstellung). Auch die Begehung durch Unterlassen verlangt Vorsatz, insbesondere auf den Todeserfolg gerichtet (zB die Mutter läßt ihr Baby vorsätzlich verhungern).
Totschlag (§74)
Totschlag begeht, wer
- sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung
- dazu hinreißen lässt,
- einen anderen zu töten.
Totschlag ist eine privilegierte Form der vorsätzlichen Tötung. Grund der Privilegierung ist die geminderte Schuld des Täters, der sich in der im Gesetz umschriebenen Gemütsbewegung befindet und dessen Affekt das Gesetz durch einen milderen Strafrahmen berücksichtigt.
Aufbau des Tatbestandes
Totschlag ist formal ein eigenständiges Delikt, inhaltlich aber ein Spezialfall des Mordes. Er enthält somit alle Tatbestandsmerkmale des § 73, insbesondere muß sich der Vorsatz des Täters zumindest als Eventualvorsatz auch auf den Tod des Opfers erstrecken. Fehlt ein solcher Tötungsvorsatz, so scheidet Totschlag ebenso aus wie Mord.
Die Voraussetzungen der Privilegierungen im Einzelnen
1. Heftige Gemütsbewegung (Affekt)
Erste Voraussetzung der Privilegierung ist, daß er Täter in einer hochgradigen Gefühlserregung gehandelt hat. Alle Affekte kommen in Betracht, sowohl asthenische (Angst, Verzweiflung) also auch sthenische (Zorn, Wut, Rachsucht). ob ein solcher heftiger Affekt beim Täter vorgelegen hat, ist eine empirisch zu ermittelnde Tatsache, die erst in den folgenden Merkmalen normativ bewertet wird.
2. Allgemeine Begreiflichkeit des Affekts
Auch der heftigste Affekt kann aus einem Mord keinen Totschlag machen, wenn nicht eine normative Bewertung ergibt, daß die Gemütsbewegung allgemein begreiflich ist. Die Gemütsbewegung ist allgemein begreiflich, wenn sich auch ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch vorstellen kann, daß er aufgrund des Anlasses und der sonstigen Umstände an der Stelle des täters in einen solchen heftigen Affekt hätte geraten können, mag dieser rechtstreue Mensch auch davon überzeugt sein, daß er sich selbst in einem solchen Gefühlssturm noch würde beherrschen können. Es kommt also nicht darauf an, ob der rechtstreue Mensch auch getötet hätte, sondern nur darauf, wie er empfunden hätte. Aus dieser Bewertung ergibt sich auch, daß besondere Charaktereigenschaften des Täters per se noch keine allgemein begreifliche Gemütsbewegung begründen können.
3. Hinreissen-Lassen zur Tat "in" einer heftigen Gemütsbewegung
Der Affekt muß nicht nur für die Tat kausal geworden sein, er muß auch im Zeitpunkt der Tötungshandlung noch bestehen. Ist der Affekt im Tatzeitpunkt bereits abgeklungen, so kann auch ein während des früher bestandenen Affekts gefasster Tatentschluß die Tötung nicht privilegieren, allerdings kann ein solcher Affekt auch lange andauern, im Extremfall sogar einige Stunden lang.
Fahrlässige Tötung (§ 75)
Fahrlässige Tötung wird im Gesetz in einem eigenen Paragraphen geregelt. Seiner logischen Struktur nach ist dieses Delikt jedoch eine Steigerung (Erfolgsqualifikation) der fahrlässigen Körperverletzung. Alles für § 78 Gesagte gilt daher auch für § 75: Das geschützte Rechtsgut ist das Leben, das Handlungsobjekt ein Mensch.
Die ojektive Sorgfaltswidrigkeit des Täterhandelns ist nur dann zu bejahen, wenn die gesetzte Handlung auch im Hinblick auf den Tod deliktsspezifisch gefährlich ist. Allerdings ist dies normalerweise der Fall, wenn schon die Verletzungsgefährlichkeit der Handlung zu bejahren ist.
Der Struktur des Fahlrässigkeitsdeliktes entsprechend kann der Täter nur bestraft werden, wenn ihm der Todeserfolg auch objektiv und subjektiv zurechenbar ist (siehe dazu im Allgemeinen Teil).
Da es sich bei § 75 um ein Erfolgsdelikt handelt, ist auch eine Begehung durch Unterlassung möglich, sofern der Täter Garantenstellung hat.
Körperverletzung (§ 76 Abs 1)
Nach § 76 Abs 1 macht sich strafbar, wer
- vorsätzlich
- einen anderen körperlich mißhandelt oder
- an der Gesundheit schädigt.
Die Tat ist ein Erfolgs-Verursachungs-Delikt. Das bedeutet, daß so wie beim Mord jede beliebige, aber nur eine sozial-inadäquat gefährliche Handlung als Tathandlung in Frage kommt, sofern sie in objektiv zurechenbarer Weise den im Tatbestand umschriebenen Erfolg, nämlich die Mißhandlung oder die Gesundheitsschädigung verursacht.
Die subjektive Tatseite erfordert Vorsatz auf alle Tatbildmerkmale, also auch auf den Erfolg, den Eintritt der Mißhandlung (in Folge natürlich auch auf die Körperverletzung) oder der Gesundheitsschädigung. Da das Gesetz nichts besonderes vorsieht, genügt Eventualvorsatz.
Eine Mißhandlung setzt voraus:
- die Einwirkung physischer Kraft auf den Körper eines anderen,
- die zu einer nicht ganz unerheblichen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens führt.
Keine Mißhandlungen sind bloße Beeinträchtigungen des psychischen Wohlbefindens und das bloße Bedrohen ohne Körperkontakt.
Schwere Körperverletzung (§ 76 Abs 2)
Die Körperverletzung ist strenger strafbar, wenn sie für immer oder für lange Zeit eine schwere Folge nach sich zieht. Solche schweren Folgen können sein:
- Verlust oder schwere Schädigung, der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs
- erhebliche Verstümmelung oder auffallende Verunstaltung
- schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit
Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 77)
Dieser Paragraph dient für all jene Fälle als Auffangtatbestand, bei denen irgendeine Körperverletzung - sei sie fahrlässig oder vorsätzlich getan - den Tod des Geschädigten zur Folge hat.
Zu beachten ist hier, daß der Tod des Geschädigten fahrlässig geübt wurde, vorausgesetzt, der Tod steht im Risikozusammenhang. Hat denn der Täter auch Tötungsvorsatz, so begeht er Mord. Der Versuch der Körperverletzung mit Todesfolge ist daher bei Tötungsvorsatz nicht denkbar, da dann versuchter Mord vorliegt. Hat hingegen schon die versuchte Körperverletzung den Tod zur Folge, dann ist vor allem der Risikozusammenhang fraglich.
Fahrlässige Körperverletzung (§ 78 Abs 1)
Fahrlässige Körperverletzung begeht, wer
- fahrlässig einen anderen
- am Körper verletzt oder
- an der Gesundheit schädigt.
Tathandlung
Die objektive Sorgfaltswidrigkeit sit jeweils deliktsspezifisch zu bestimmen. Objektiv sorgfaltswidrig sind Verhaltensweisen, die die Rechtsordnung wegen ihrer Gefährlichkeit für den Körper, die Gesundheit oder das Leben von Menschen verbietet. Ob dies der Fall ist, ist in einer Ex-ante-Prüfung zu beurteilen anhand von
- Rechtsnormen (Codex Iuridicialis, Codex Universalis et al.)
- Verkehrsnormen (zB Jagdregeln, leges arti der Heilberufe etc.) oder aus dem
- Vergleich mit dem Verhalten einer differenzierten Maßfigur (= ein einsichtiger, besonnener und rechtstreuer Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters, der nach einem normativen und objektiven Maßstab bestimmt wird).
Im einzelnen dazu im Allgemeinen Teil.
Erfolg
Tatbestandlicher Erfolg ist eine Verletzung am Körper oder eine Schädigung an der Gesundheit. Beide Erfolge sind gleichwertig (alternatives Mischdelikt).
1. Verletzung ist der Eingriff in die körperliche Integrität mit Substanzbeeinträchtigung, zB Wunden, Schwellungen, Verstauchungen, Brüche, aber auch innere Verletzungen und der Verlust oder die Lockerung von Zähnen. Daß eine Verletzung heilt, ändert nichts am Erfolgseintritt. Jedoch erfüllen nur jene Verletzungen den Tatbestand, die nicht ganz unerheblich sind.
2. Eine Gesundheitsschädigung ist die Herbeiführung oder Verschlimmerung einier Krankheit, also von Funktionsstörungen mit Krankheitswert, auch länger andauernde, nicht unbedeutende Schmerzen. Eine Störung des Wohlbefindens ist nicht ausreichend.
Fahrlässige schwere Körperverletzung ( § 78 Abs 2)
Nach Abs 2 wird die Tat strenger bestraft, wenn sie eine schwere Körperverletzung zur Folge hat. Damit wird eine Erfolgsqualifikation normiert, für deren Eintritt Fahrlässigkeit genügt, aber auch erforderlich ist. Zur Strafbarkeit ist daher notwendig,
- daß die schwere Folge auch tatsächlich eintritt,
- daß sich die objektive und die subjektive Sorgfaltswidrigkeit auch auf die schwere Folge beziehen und
- daß die schwere Folge dem sorgfaltswidrigen Verhalten objektiv und subjektiv zurechenbar ist.
Was eine schwere Körperverletzung ist, wurde bereits unter § 76 Abs 2 abgehandelt.
Delikte gegen die Ehre
Beleidigung (§ 83) und Üble Nachrede (§ 84)
Die Ehre eines Menschen kann grundsätzlich auf drei Arten beeinträchtigt werden:
- durch den Vorwurf konkreter Tatsache, aus denen nach allgemeiner Ansicht ein negatives Werturteil über den Betroffenen folgt (zB A beschuldigt X, gestohlen zu haben)
- durch die unmittelbare Äußerung eines ehrmindernden Werturteils (zB: "X ist ein Volldepp!")
- durch ein Werturteil, das sich aber konkret auf bestimmte persönliche Eigenschaften des Bezichtigten und damit auch auf Tatsachen bezieht, sog. Schmähung (zB "X ist krankhaft geizig")
Dementsprechend unterscheidet das Gesetz zwischen zwei Grunddelikten:
- Den Straftatbestand der Üblen Nachrede erfüllt, wer einen anderen eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt oder einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht.
- Eine Beledigung begeht dagegen, wer einen anderen beschimpft oder verspottet, am Körper mißhandelt oder mit einer körperlichen Mißhandlung bedroht.
Ob eine bestimmte ehrmindernde Äußerung als Üble Nachrede oder als Beleidigung anzusehen ist, ist manchmal schwer zu unterscheiden. Daher kommt es oft auf den Zusammenhang an, in dem die Äußerung erfolgt ist: ob sie sich auf bestimmte oder bestimmbare Tatsachen bezieht oder eine bloße Beschimpfung ist.
Wichtig ist auch:
- daß die Üble Nachrede öffentlich zugehen muß ("behauptet oder verbreitet").
- Nur bei der Beleidigung darf gem Abs 2 mit einer Beleidigung erwidert werden.
Ehrenbeleidigungsdelikte sind grundsätzlich Privatanklagedelikte. Der Beledigte muß selbst die Strafverfolgung beantragen.
Anders bei Üblen Nachrede gem Abs 2: Diese werden zu Ermächtigungsdelikten, in diesen Fällen hat der Advocatus Imperialis die Ehrenbeleidigung mit Ermächtigung des Beleidigten zu verfolgen. Dies ergibt sich einerseits aus der Stellung der Person im Imperium, allerdings muß dann die Ehrenbeleidigung im Zusammenhang mit seiner Ausübung des Amtes oder Dienstes stehen.
Delikte gegen fremdes Vermögen
Sachbeschädigung (§ 85)
Sachbeschädigung begeht, wer
- eine fremde Sache
- beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht.
Rechtsgut und Tatobjekt
Geschütztes Rechtsgut ist das fremde Eigentum.
Tatobjekt sind alle körperlichen Sachen, bewegliche und unbewegliche, auch Tiere. Nicht beschädigt werden können gänzlich wertlose Sachen, mögen sie auch noch in fremdem Eigentum stehen, weil sie der Eigentümer (noch) nicht derelinquiert hat. Gänzlich wertlos bedeutet hier nicht den Tauschwert, sondern auch den Gebrauchswert des Eigentümers (so können Liebesbriefe zwar keinen Tauschwert haben, ein Affektionsinteresse des Eigentümers kann aber begründet sein).
Eine Sache ist fremd, wenn sie im Eigentum oder zumindest im Miteigentum einer vom Täter verschiedenen Person steht. An eigenen Sachen (genauer: Sachen im Alleineigentum des Täters) und an herrenlosen Sachen kann keine strafbare Sachbeschädigung begangen werden.
Tathandlungen
Das Gesetz bedroht nicht jede Verletzung fremden Eigentums mit Strafe, sondern zählt taxativ drei Tathandlungen auf:
- Eine Sache wird beschädigt, wenn ihre stoffliche Unversehrtheit beeinträchtigt wird (Substanzbeeinträchtigung). Auf eine Funktionsbeeinträchtigung kommt es nicht an.
- Das Beschädigen geht in ein Zerstören über, wenn die Sache dadurch unbrauchbar wird und eine Reparatur nicht mehr möglich ist.
- Die Sache wird unbrauchbar gemacht, wenn ihre Funktion beeinträchtigt wurde.
Aus dieser Beschränkung folgt:
- Eine Sachbeschädigung liegt nur dann vor, wenn der Eigentümer ein objektiv verständliches, vernünftiges Interesse an der (unversehrten) Erhaltung der Sache, zumindest aber ein Affektionsinteresse an der Sache hat.
- Keine strafbare Sachbeschädigung liegt vor, wenn eine Substanzbeeinträchtigung mit geringem Aufwand mit geringem Aufwand wieder rückgängig gemacht werden kann.
Weitere Merkmale der Sachbeschädigung
- Nur die vorsätzliche Sachbeschädigung ist strafbar, nicht aber die fahrlässige Begehung (da kein solches Delikt vorhanden).
- Sachbeschädigung ist ein Vermögensschädigungsdelikt und setzt daher keinen Bereicherungsvorsatz voraus. Die Möglichkeit, die Sache zu ersetzen, schließt daher den Tatbestand nicht aus.
- Einwilligung des Verletzten beseitigt die Rechtswidrigkeit und ist unbeschränkt möglich.
- Sachbeschädigung ist eine häufige Begleittat zu anderen Delikten (zB Einbruchdiebstahl) und wird von diesen Delikten konsumiert.
Diebstahl (§ 86)
Äußerer Tatbestand
Diebstahl begeht, wer
- eine fremde bewegliche Sache
- einem anderen wegnimmt
- mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Tatobjekt des Diebstahls ist eine fremde bewegliche Sache. In Bezug auf "Fremd" siehe unter Sachbeschädigung. Nur bewegliche Sachen kann man wegnehmen, allerdings genügt es, daß die Sache durch den Diebstahl beweglich wird (wie zB einen umgesägten Baum).
Der Tatbestand verlangt weiters, daß sich der Täter durch die Zueignung der Sache bereichern will. Aus diesem erweiterten Vorsatz folgt nach herrschender Meinung eine wichtige Einschränkung: Gegenstand des Diebstahls können nur Sachen sein, die einen Tauschwert haben, nur bei solchen Sachen kann sich der Täter gerade durch die Zueignung selbst bereichern.
Zueignung: Der Dieb kann zwar nicht Eigentümer werden, aber er kann mit der Sache faktisch wie ein Eigentümer umgehen und sie in diesem Sinn in das eigene freie Vermögen überführen. Die Zueignung ist insbesondere vom unbefugten Gebrauch abzugrenzen: Bei diesem will der Täter die Sache nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit behalten und sie dann dem Berechtigten wieder zukommen lassen. Verbrauchender Gebrauch ist jedoch Zueignung.
Wegnahme: Nur die Zueignung gerade durch Wegnahme ist Diebstahl. Durch diese wird der fremde Gewahrsam gebrochen und die eigene begündet. Daraus folgt: Sachen, die der täter bereits in seinem (Allein-)Gewahrsam hat oder die in niemandes Gewahrsam stehen, kann er veruntreuen oder unterschlagen, nicht aber stehlen.
Gewahrsam: die vom Herrschaftswillen getragene tatsächliche Herrschaft über die Sache. Für den Herrschaftswillen genügt der generelle Wille, eine Sache zu haben (Tote können also keinen Gewahrsam haben).
Mehrere Personen können gemeinsam Gewahrsam an einer Sache haben (gleichgeordneter Gewahrsam). In diesem Fall kann jeder der Mitgewahrsamträger dem anderen die Sache stehlen, indem er gegen den Willen des anderen Alleingewahrsam begründet. Gewahrsam hat auch, wer die tatsächliche Herrschaft über die Sache nicht unmittelbar selbst, sondern durch eine andere Person ausübt, die seinen Weisungen und seiner tatsächlichen Einflußmöglichkeit unterliegt (Ober- und Untergewahrsam).
Gewahrsamsbruch: Der Gewahrsam geht verloren, wenn jemand anderer neuen Gewahrsam erlangt. Der Gewahrsamsbruch und damit Wegnahme liegt nur dann vor, wenn der Gewahrsamsverlust gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers erfolgt. Freiwillige Übertragung des Gewahrsams lässt das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme entfallen. Auf den Willen des Eigentümers kommt es diesbezüglich nicht an.
Vollendung: Der Diebstahl ist mit der Wegnahme der Sache vollendet. Daß der Täter die Beute in Sicherheit bringt ist nicht erforderlich.
Innerer Tatbestand
Der vorsatz des Täters muß alle Merkmale des äußeren Tatbestandes umfassen. Fehlt der Vorsatz auch nur auf ein einziges Tatbildmerkmal, so entfällt die Strafbarkeit. Darüber hinaus muß der Dieb im Zeitpunkt der Wegnahme den Vorsatz haben, durch die Zueignung der Sache sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.