Beiträge von Decima Valeria

    Sie fand Juba im Atrium. Inzwischen war sie schläfrig geworden. Bald würde sie zu Bett gehen, auch wenn ihr Haar noch feucht war. Wenigstens roch sie gut.


    "Juba, das war ausgezeichnet! Du hast einen wunderbaren Geschmack, was Düfte angeht. Ich danke dir."


    Sie lächelte ihn an und verschwand dann in ihrem Cubiculum.

    Valeria schloss die Tür hinter sich und lehnte sich zuerst einmal mit dem Rücken dagegen. Es war, als hätte sie mit einem Mal alles ausgesperrt: Sorgen, Stress, Gedanken und Pflichten. Sie schloss die Augen und atmete den betörenden Duft der verschiedensten Düfte unf Öle ein, die Juba in ihr Badewasser gegeben hatte; und sie war ihm dankbar dafür.


    Valeria öffnete die Augen wieder und machte zwei, drei anmutige Schritte in den Raum hinein, während sie gleichzeitig die dünne Kordel ihrer Tunika löste und sich ebendiese von den Schultern striff und unachtsam zu Boden gleiten ließ. Sie hob ein Bein und tauchte den großen Zeh ins Wasser, sich mit den Händen am Rand des Zubers abstützend. Das Wasser war nicht zu heiß und nicht zu kalt, sondern genau angenehm. Valeria lächelte vorfreudig und stieg nun vollends in die Wanne, um sich dann hinzusetzen. Sie lehnte sich mit dem Rücken an den Rand und schoss die Augen, den betörenden Duft gierig einziehend. Juba hatte gut gewählt, fand Valeria. Sie würde ihm das nachher sagen.


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    Nachdem Valeria ausgiebeig gebadet und sich gewaschen hatte, stieg sie aus dem Zuber und trocknete sich, ehe sie sich einölte und eine frische Tunika anzog. Diesmal band sie die schmale, goldgefärbte Kordel nur locker. Dann verließ sie das Balneum und suchte Juba, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

    Valeria kicherte und erhob sich, um Romanus kurz an sich zu drücken. Ihre Worte hatten getroffen und das freute sie ebenso wie die Antwort ihres kleinen Bruders. Sie zwinkerte ihm zu, nachdem sie ihn wieder losgelassen hatte, und sagte leise:


    "Naja, ich denke, wir könnten alle ein Bad gebrauchen", meinte sie und nickte dann Juba zu.
    "Vielen Dank. Na dann will ich mal..... Und ärgere Maximian nicht so viel", grinste sie, ehe sie im Baleum verschwand.

    Valeria strich ihm über den Rücken. Irgendwie konnte sie ihn verstehen. Vielleicht waren sie doch mehr Bruder und Schwester als sie glaubte. Sie senkte ihre Stimme noch weiter ab und flüsterte nun.


    "Dann zeig ihnen, dass du damit umgehen kannst. Das wird alle mehr beeindrucken und ich könnte mir vorstellen, dass der Lohn ein Besuch von deinem Freund sein wird. Ich könnte mit Meridius darüber reden, wenn du möchtest. Und außerdem hat Maximian doch den gleichen Lehrer - willst du ihm gegenüber so unvernünftig sein?"


    Sie lächelte ihn beinahe mütterlich an und hoffte, dass ihre Worte ins Schwarze getroffen hatten.

    Valeria sah die Bockiglkeit ihres kleinen 'Bruders' und musste schmunzeln. Sie hatte nur die Hälfte mitbekommen, konnte sich den Rest aber zusammenreimen, wusste sie doch, dass Romanus und Maximian zukünftig von einem neuen Lehrer unterrichtet werden sollten. Die Decima konnte Romanus' Einstellung zwar irgendwie nachvollziehen, aber nicht sein jetziges Verhalten. Vielleicht war er doch nicht so erwachsen, wie sie angenommen hatte. Juba noch einmal zublinzelnd, begab sie sich ersteinmal zu Romanus und ging neben ihm in die Hocke. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und den Kopf schief, um ihn so mit einer Mischung aus Verständnis und Freundlichkeit anzusehen.


    "Romanus, wo ist der erwachsene junge Mann, den ich in Rom getroffen habe?" fragte sie so leise, dass es nur Romanus selbst hören konnte. Dabei legte sie so viel Verständnis in ihre Worte, dass sie alles andere als tadelnd klangen.
    "Gallus kann nichts dafür, das weißt du doch", fuhr sie in der gleichen Lautstärke fort und wartete auf eine Reaktion.

    Sie schaute nur kurz herein; nichts hatte sich verändert und sogar ihre Sachen standen schon in ihrem Cubiculum. Valeria nickte freudig und verließ den Raum dann, um sich wieder zu den anderen zu begeben und um die Vorbereitung eines Bades zu bitten.

    Aufgeregt war Valeria schon bald nach der Ankunft zum Stall gelaufen. Sie wollte Alfidia und Nigidius besuchen. Vor dem Stall blieb sie stehen und kam erst einmal zu Atem. Dann zog sie langsam die zugegebenermaßen recht schwere Tür auf und trat durch den schmalen Spalt in den Stall. Sofort umgab sie der Geruch nach Heu und Pferd, zusammen mit raschelnden Lauten und wenig Licht. Valeria schloss die Augen und sog die Luft in ihre Lungen, bis sie beinahe bersten wollten. Dann öffnete sie ihre Augen wieder und atmete langsam aus. Gemäßigten Schrittes ging sie hinüber zum Stall, in dem Alfidia noch vor wenigen Monaten eingestanden war, doch er war leer. Enttäuscht sah Valeria in den leeren Stall hinein. Hoffentlich gab es eine einfache Erklärung für das Verschwinden der Braunen mit der Blesse, dachte sie. Nur zu gut konnte sie sich daran erinnern, wie ihr die Stute damals durchgegangen war und Maximian sie hatte retten wollen. Liebevoll lächelte Valeria in den Stall hinein, der im übrigen nicht beschmutzt, sondern vollkommen sauber war und absolut unbenutzt wirkte. Die junge Decima schluckte und wandte sich um. Lieber wollte sie nicht daran denken, was das vielleicht bedeutete.


    Stattdessen wandte sie sich um und trat zu dem großen, dunklen Hengst heran, der sie aus sanften Augen über die niedrige Tüer hinweg betrachtete. Wenigstens Nigidius war noch hier, dachte sie. Valeria hob die Hand und fuhr dem Pferd über die Sitrn.


    "Na mein Guter, wo hast du denn meine Kleine gelassen, hm?" murmelte sie. Der Hengst schnaubte und senkte den Kopf, damit er Valerias Streicheleinheiten besser genießen konnte. Diese lächelte und fuhr damit fort, den großen Schwarzen zu streicheln und sanft mit ihm zu reden.

    Eine ganze Weile später kam Valeria wieder ins Atrium gelaufen und blickte fröhlich in die Runde. Ihr stand der Sinn nach einem Bad, nun, da sie Alfidia besucht hatte. Außerdem war sie ganz salzig von der Reise und leicht verschwitzt. Kurzum: sie wollte nur baden.


    "Salve Juba, könntest du mir vielleicht ein Bad herrichten? Das wäre wirklich ganz hervorragend", sagte sie fröhlich lächelnd.

    Valeria, die vor lauter Freude, wieder in Tarraco zu sein, durch die ganze Casa lief und jeden umarmte, der ihr über den Weg lief, kam auf ihrem Weg auch ins Atrium herein. Dort erblickte sie Gallus, den griesgrämigen, dennoch aber tüchtigen Sklaven, und auch hier hielt sie sich nicht zurück und drückte ihn kurz freudig (wenn auch nicht so überschwenglich wie alle anderen).


    "Salve!" rief sie fröhlich und etwas verspätet, dann war sie auch schon bei Hraban, den sie auch noch mal kurz drückte, obwohl sie ihn auf den Schiff schon um sich gehabt hatte. Und schließlich lief sie weiter, ehe einer der beiden ein Wort verlieren konnte.
    Sie fühlte sich wie ein heimkehrendes Kind - und in diesem Moment war sie auch eins.

    Valeria grinste. Darauf würde sie ihn später noch mal ansprechen, das nahm sie sich vor. Vielleicht auf See, denn da würden sie sicher Langeweile haben. Nun aber war die Abreise wichtiger als zu scherzen, das wusste sie. Also nickte sie nur vorfreudig und verließ ebenfalls das Tablinum, um ihre Sachen zu packen und mit den anderen abzureisen.

    Sie musste prusten vor lachen, als er wie ein eingebildeter Gockel im Hühnerstall herzmstolzierte, beruhigte sich jedoch dann auch wieder, als Maximian zu ihr zurück kam. Bei seinen Worten blitzte es in ihren Augen spöttisch auf und sie sah sich schnell um, ehe sie sich rasch auf die zehenspitzen stellte und Maximian einen Schmatzer auf die Lippen hauchte.


    "So, dann musst du die Schuld wenigstens nicht allein auf dich nehmen, mein Imperator", zwinkerte sie.
    Was seine weiteren Worte angingen, schüttelte sie nur kurz den Kopf und winkte dann ab.
    "Das ist schnell gepackt; es ist nicht viel, was ich mit hierher gebracht habe. Wann geht es denn los?"

    Valeria wollte gerade noch einmal um die Rundung der Säule lugen, als plötzlich Maximian hervorsprang. Sie machte einen Satz und griff sich erschrocken ans Herz.


    "Bei allen Göttern, Maximian!" keuchte sie mit schreckgeweiteten Augen. Dann jedoch breitete sich ein Lächeln auf ihren Zügen aus und sie kicherte zuerst, lachte dann jedoch schallend und hell, als er sie kitzelte.


    "Neiiiiiiiiin! Aufhören! Halt, stop! Ich ergebe mich, oh gütiger Maximian! Nur hör bitte auf!" presste sie gestückelt zwischen ihrem Lachen hervor. Sie wand sich ganz fürchterlich und hatte schon ein hochrotes Gesicht, weil sie vor lauter lachen kaum noch Luft bekam.

    Valeria hielt nicht sofort an, als sie diese Worte vernahm, sondern lief noch bis hinter eine der Säulen und verhielt sich dann ganz leise. Sie hätte auch weitergelaufen sein können. Kein Mucks war zu hören. Maximian hätte sie aber sicher auch nicht hinauslaufen sehen. Valeria legte beide Hände an den kalten Marmor der Säule und spähte um die Rundung herum. Sie grinste aufgeregt und zog den Kopf wieder zurück. Maximian stand an eine Säule gelehnt da und grinste. Sollte sie zu ihm gehen? Nein! Sie würde hier warten und ihn dann erschrecken. Das war viel lustiger. Außerdem konnten sie sich eh nicht einfach so umarmen, dachte sie leicht traurig. Schließlich konnte jeden Moment jemand um die Ecke biegen und dann gab es wieder Ärger.
    Abermals spähte Valeria um die Ecke. Maximian lehnte noch immer da; und diesmal beobachtete sie ihn etwas länger. Er sah gut aus. Noch besser hätte er allerdings ausgesehen, wenn er einen Barbier gesucht hätte, der ihm bart- und Haupthaar gestutzt hätte. Valeria musste sich ein albernes Kichern verkneifen und zog rasch den Kopf wieder zurück.