Valeria achtete nicht auf ihr pochendes Herz. Sie achtete nicht auf das sachte Zittern ihrer Hände oder darauf, wie sehr ihr die momentane Situation gefiel, die Berührungen, die Empfindungen und die Nähe, die sie zu Maximian hatte. Worauf sie achtete, waren Maximians Worte. Und genau die machten sie schwer schlucken. Sie spürte seine liebevollen Gesten, merkte aber auch, wie zurückhaltend er dabei war. Sie wusste es nicht, aber in diesem Moment dachte Valeria, genau wie Maximian auch, daran wie die Zukunft verlaufen wäre, wenn er nicht an einem Fieber gelitten hätte. Was gewesen wäre, wenn Valeria in Mogontiacum gewesen wäre, zum Zeitpunkt der Geburt. Was gewesen wäre, wenn Livianus und sie sich nicht gegenseitig getröstet und dabei ihre Zuneigung zueinander entdeckt hätten. Valeria hatte Maximian feige geglaubt, jemand, der sich vor der Vaterschaft drücken wollte. Nach dem Tod ihres Sohnes hatte sie sich dazu entschlossen, Maximian nicht ein Wort mehr zu glauben. Für sie war er in diesem Moment gestorben. Zumindest der alte Max. Der neue, der teilweise wie der alte war, stand nun direkt vor ihr.
Nun schloss sie doch die Augen und genoss das alles. Sie vernahm seinen langgezogenen Seufzer und merkte, wie sich ihr Kopf bei seinen Atemzügen rhythmisch hebte und senkte. Einen Moment war sie versucht, einfach alles zu vergessen, was bisher gewesen war, und zu Maximian zurückzugehen. Es war die härteste Probe, auf die sie seit seiner Rückkehr gestellt wurde.
Sie hob den Kopf und sah zu ihm auf, mit angehaltenem Atem und ganz dicht vor seinem Gesicht. Man hätte meinen können, sie seien noch ein Liebespaar, so wie sie da voreinander standen. Doch sie waren es nicht; und das wurde auch Valeria nun schmerzhaft bewusst. Sie seufzte tief und löste sich dann von Maximian, ließ auch seine Hand los. Aber statt sich abzuwenden, hob sie beide Hände zu Maximians Kopf, zog ihn vorsichtig zu sich herunter und verhielt einen Moment dicht vor seinem Gesicht. Sie fühlte, wie sein Atem über ihre Haut streifte, sah seine Augen, seine Lippen...
"Du weißt, dass ich das nicht kann. Aber ich gebe dir alle Zeit der Welt", flüsterte sie dann, schloss die Augen halb und küsste ihn. Auf die Stirn. Dann ließ sie ihn los und sah ihn unsicher an, dabei die Hände sinken lassend. In diesem Moment erklang ein unglaubliches Gebrüll in der Arena. Scheinbar gab es einen Sieger.