Valeria zweifelte nicht daran, dass man sich 'um ihre Gefolgschaft kümmern würde' - nur auf welche Weise war die Frage. Sie warf dem Medicus einen kurzen Blick zu und nahm den Arm, den Caesantus ihr anbot, aus purer Höflichkeit und weil sie keinen Streit anfangen wollte. So ließ sie sich in die Villa führen, denn die Aussicht auf ein warmes Bad war wirklich mehr als verlockend. Allerdings kamen sie nicht weit, denn plötzlich blieb der Hausherr abrupt stehen. Valeria ging noch einen Schritt und musste dann zwangsläufig ebenfalls stehen bleiben. Da sah sie auch schon den Grund für dieses seltsame Verhalten.
Eine Frau, die aussah wie die Hexe, vor der Valeria sich in Kindstagen schon immer gefürchet hatte, stand plötzlich vor ihnen. Sofort überzog eine Gänsehaut ihren Körper, die Augen starr auf dieses alte Mütterlein gerichtet, von der irgendwie eine finstere Aura ausging. Vielleicht lag es an ihrem Gesicht, dass aussah, als vermute sie den Tod persönlich in Caesantus und seinen Begleitern. Vielleicht waren es aber auch diese düsteren Worte in einer Sprache, die Valeria nicht verstand. Jedenfalls wich sie instinktiv zurück und schräg hinter diesen Patrizier.
Als die Alte plötzlich diesen kleinen, hübschen Vogel scheinbar aus dem Nichts hervorzog, wollte Valeria schon erleichtert aufseufzend. Doch statt das Gesicht in einem liebenswerterten Ausdruck erstrahlen zu lassen, brach die Frau dem kleinen Geschöpf mit einem trockenen Knacken das Genick. Valeria schrie entsetzt auf und ließ den Patrizier los. Sie tat einen Schritt zurück und wäre um ein Haar rücklings die Treppe herunter gestürzt, doch zum Glück prallte sie nur unsanft gegen den Medicus, der glücklicherweise hinter ihr stand. Entsetzt sah sie sich um. Keiner rührte sich. Auch dann nicht, als die Hexe den Vogel zwischen Caesantus und Valeria warf und vor ihnen beiden ausspuckte.
Und dann brach ein Durcheinander aus. Valeria sah plötzlich, wie Menschen unkoordiniert umherliefen, sich gegenseitig anrempelten, stießen und Dinge in einer fremden Sprache riefen, wie dieser Hauptmann die Frau mit dem Schwert durchbohrte, der Patrizier sich würgend direkt vor ihren Füßen erbrach und Marcus hinter sie trat. Keinen Augenblick zu spät, denn Valeria schwankte bedrohlich hin und her und wäre um ein Haar gefallen, als sie vor dem sGift und Galle spuckenden Patrizier und der toten Hexe zurückweichen wollte. In ihren Augen flackerte es ängstlich und als sie die Treppe eine Stufe herunter trat, brach hinter ihrer Stirn ein Schwindelgefühl aus und in ihrem Baum ziepte es ganz schrecklich. Valeria war mit einem Male kreidebleich und ging keuchend in die Knie.
"Nein!" rief sie noch. Dann wurde der Schmerz so stark, dass sie die Ohnmacht mit einem erleichterten Seufzer empfang.