• << Baracke VII


    Frohen Mutes machten Lurco und Scato sich auf, um das verfallene Haus zu erwerben, das Terpander für sie ausgekundschaftet hatte. Heute sollte es ihres werden! Zwar waren mit ihren bescheidenen Mitteln keine großen Sprünge möglich, aber mit Terpanders Hilfe, viel Zeit und Geduld mochte aus der Bruchbude eines Tages ihr persönliches Elysium werden. Scato schaute noch einmal auf die Adresse, die Terpander ihnen aufgeschrieben hatte, zu der auch eine Wegbeschreibung gehörte. Der Besitzer wohnte schon längst nicht mehr in dem Haus, falls er das überhaupt je getan hatte. Nun wollte er es loswerden, bevor es aufgrund des undichten Dachs zu sehr an Wert verlor. Dies hier war demnach wohl seine Privatadresse.


    "Sind wir hier richtig?", fragte Scato und schaute die Tür an.

  • Die Adresse in bester Lage, das Haus war mehr als einfach nur das, es war ein Anwesen das sie vor Neid blass werden ließ. Lurco hämmerte etwas zögerlich an die Tür und einen Atemzug später öffnete ihnen ein Sklave, der mit seiner Körperbreite die ganze Eingangstür zu füllen schien.


    "Salve, was wünscht Ihr?", fragte er mit starkem Akzent.
    "Salve wir möchten Deinen Herrn Viridomarus sprechen. Es geht um eine geschäftliche Angelegenheit", antwortete Lurco freundlich.


    Der Sklave nickte, machte eine einladende Geste und führte die beiden Kunden hinein. Von innen war das Attriumhaus genauso prächtig wie von außen. Es war gefüllt mit allerlei Zierden und Dekorationen, die geschmackvoll aber etwas überladen um die Aufmerksamkeit der Gäste buhlten.


    Der Sklave führte sie in den Garten, wo eine recht beleibte Gestalt an einigen Blüten schnupperte und sich dazu Notizen machte. Der große Mann wartete bis sein Herr seine Notizen beendet hatte, dann trat er an ihn heran und erklärte flüsternd, das Begehr der Gäste.


    Mit einem breiten, professionellen Lächeln drehte sich der Mann um und strahlte sie an. Das Lächeln von Lurco brökelte aus seinem Gesicht.

  • Viridomarus kam mit ausgebreiteten Armen auf Lurco zu und umarmte ihn herzlich.


    "Lurco mein Freund! Und wer ist Dein Begleiter? Ihr wollt also mein Häuschen kaufen. Hätte ich das nur gewusst! So setzt Euch doch, ich lasse einen kleinen Happen für die Verhandlungen bringen. Mit hungrigem Bauch und ausgedörrter Kehle soll man kein Geschäft tätigen.


    Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Genagelte Schuhe? Hat es Dich zur Legion verschlagen? Ich meine Legionäre tragen doch solche Schuhe. Einen Moment", sagte Viri und gab einem der Mädchen ein Zeichen.


    Sie eilte davon und kam wenige Augenblicke später mit einer Platte kleiner Leckereien zurück, ebenso gab es einen Krug Wein und Wasser. Sie drapierte alles ordentlich vor den Gästen und zog sich umgehend wieder zurück um ihren Herrn und seine Gäste nicht zu stören.


    Viridomarus goss seinen Gästen als guter Gastgeber selbst ein und erhob dann seinen Becher.


    "Auf gute Geschäfte", lächelte er pausbäckig.

  • Als sie in das mit allerlei Kunstwerken dekorierte Haus gebeten wurden, war die Welt noch in Ordnung. Das Haus war nicht nur nobel, sondern auch geschmackvoll eingerichtet. Alles war sauber und ordentlich. Dann verwandelte Lurcos Lächeln sich mit einem Mal in eine Fratze. Verwundert beäugte Scato seinen Freund von der Seite, der von dem korpulenten Mann in aller Vertraulichkeit an sein Herz gedrückt wurde. Dann blickte Scato dem Gastgeber an. Der Mann sah sehr freundlich aus. Des Rätsels Lösung war, dass die beiden sich kannten - zur Freude des Viridomarus, zum Verdruss des Lurco. Scato kam das Äußere des Mannes verdächtig bekannt vor. Lurco hatte ihn einst beschrieben. Es war jener, der keinen Wein erhalten sollte! Aber hieß der nicht eigentlich anders? Womöglich ein Künstlername?


    "Salve", sagte Scato steif, etwas überfordert mit der Spannung, die in der Luft zu liegen schien. Er stellte sich gleich selbst vor. "Sisenna Iunius Scato, sehr erfreut." Die Leckereien sahen köstlich aus, doch zuerst gab es einen Umtrunk. Das würde die angespannten Gemüter hoffentlich beruhigen. Scato griff nach dem Becher und hob ihn in Richtung des Gastgebers, der den Trinkspruch brachte. Gleichzeitig fragte er sich, ob es wirklich der Mann war, für den er ihn hielt. Lurcos Gesichtsausdruck nach zu urteilen, bestand daran kein Zweifel.

  • Lurco wusste im ersten Moment nicht wie er reagieren sollte. Eine passende, schneidende Antwort würde Venox wissen lassen, dass ihm die Sache heute noch nachlief. Zudem würde das den Preis ihres Traumes in die Höhe schnellen lassen. Gute Miene zum bösen Spiel, so hatte es einst ein Kumpel genannt. Seine Miene war vermutlich alles andere als gut. Beim Aufstehen musste er zwingend darauf achten, nicht auf seine Mundwinkel zu treten.


    "Venox... oder nun Viridomarus, mit jedem hätte ich gerechnet, mit Dir allerdings nicht. Du musst mein Erstaunen entschuldigen. Wohl wahr, es ist eine halbe Ewigkeit her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Vier Jahre müssten es jetzt sein. Dünn bist Du geworden, Dein Gewand schlackert förmlich um Deine Statur. Du bist zuviel unterwegs Viridomarus, die Anstrengungen fordern ihren Tribut. Ich hoffe Deiner Frau, Kinder und Sklaven geht es gut? Auf gute Geschäfte", erwiderte Lurco den Trinkspruch freundlich und versuchte sich dabei nicht in die Zunge zu beißen.


    Das er Venox alten Namen erwähnt hatte, war Information und Warnung in einem für Scato. Venox war ein Schlitzohr und alles andere als dumm. Und nun wusste Scato das Viridomarus genau jener Venox war, der alles und jeden für den richtigen Preis verkaufte.

  • War der Mann früher wirklich noch beleibter gewesen und Lurco empfand ihn tatsächlich als dünn? Scato musterte die imposante Gestalt ihres Gegenübers. Was war Scato dann, ein Stock? Reflexartig schaute er auf seine Arme. Bis gerade eben war er noch stolz auf sie gewesen, nun kamen sie ihm geradezu grotesk dürr vor. Egal, jetzt mussten sie erst einmal den Kauf ihres Hauses klarmachen. Während Lurco ein Gesicht zog wie drei Tage Regenwetter, strahlte Scato den beleibten Mann also an, um Lurcos schlechte Laune wieder auszugleichen.


    "Das Haus ist zwar eine Bruchbude mit Löchern im Dach, eine regelrechte Ruine, aber aufgrund der passablen Lage wäre es dann doch zu schade, um es abzureißen. Wir möchten es kaufen. Allerdings haben wir das Geld nicht vorrätig, so als gewöhnliche Milites, wir dachten darum an eine Ratenzahlung. Würde sich da was machen lassen?"


    Zumindest ging er nicht davon aus, dass Lurco das erforderliche Sümmchen in seiner privaten Sparamphore hatte.

  • Virridomarus schaute an sich betrübt herab und nickte bestätigend.


    "Ja die Arbeit fordert oft ihren Tribut, aber was wären wir alle ohne unsere geliebte Arbeit? Man kann nicht alles in vertrauensvolle Hände geben. Denn weiß man wie vertrauensvoll solche Hände wirklich sind? Auch Sklaven funktionieren nur bis zu einem gewissen Grad.


    Der beliebte unbedarfte Sklave folgt seinem Befehl und weicht nicht davon ab. Von so einem Sklaven kann man kein Verhandlungsgeschick erwarten. Dafür sind sie auch nicht geschaffen. Der kluge Sklave der für diese Arbeit taugt, ist auch clever genug mit den Fingers im Honigtopf erwischt zu werden.


    Man muss sich also entscheiden, was man möchte. Ich im Haus eine funktionierende Schar Sklaven, so dass sich der Haushalt von allein macht. Mache dort den faulsten Sklaven zum Aufseher und niemand wird mehr faul sein. Schließlich weiß der Sklave wie man sich drückt.


    Mit etwas mehr Verstand, Schläue und Spürsinn müssen die guten Leibwächter ausgestattet sein. Zu clever wären sie auch eine Gefahr. Vielleicht lassen sie sich was zustecken von einem Konkurrenten. Behandele sie stets gut, aber nicht zu gut, sie müssen immer noch wissen, dass sie Deine Werkzeuge sind.


    Die ganz gefährlichen Sklaven sind jene die sich als Buchhalter verdingen. Sie bringen wundervolle Summen ein, sind aber auch eine stetige Gefahrenquelle für ihre Besitzer. Sie wissen oft mehr über ihre Herren und deren Geschäfte, als diese selbst über sich und ihren Finanzstand wissen. So ein Sklave kann einen Herrn in den Ruin treiben, oder ihm eine wahre Wonne sein.


    Und dann gibt es noch die Premiumklasse, die Eunuchen. Kein Sklave ist wertvoller und beliebter als ein Eunuch. Für die meisten bleibt so ein Sklave selbstverständlich unerschwinglich. Bedenkt ihre Seltenheit, nur wenige Männer überleben die Prozedur. Aber jene die überleben und noch ihre Manneskraft ohne Zeugungsfähigkeit behalten, sind besonders bei der weiblichen Bevölkerung unter der Hand gefragt. Sie schenken Lust ohne dass der Ehemann gehörnt werden kann. Und der betuchte Römer schätzt den Euchnuchen ebenso, denn dieser kann ihm keinen Bastard in den Schoß der Ehefrau setzen.


    Aber Ihr seid ja nicht hier um einen Sklaven zu erwerben, nicht wahr?", lachte Viridomarus freundlich.


    "Nun bin ich ja wieder in Rom, die Warenlager sind gefüllt und die Geschäfte laufen gut. Bestens. Deine Sorge um mein Wohl ehrt mich Lurco. Zurück zum Geschäftlichen, dafür seid Ihr hier. Das Häuschen wäre wirklich zu schade, dass es verfällt. Ich sage 130.000 Sezterzen", lächelte Viri großzügig, nahm einen langen genüsslichen Schluck Wein und lächelte die beiden an.

  • Was für ein ulkiger Mann. Wie traurig er seinen opulenten Bauch betrachtete, der angeblich im Vergleich zu früher geschrumpft war. Aber er schien sich gut mit der Ware, die er vertrieb, auszukennen - Sklaven. Der Preis für das Anwesen indes war gewaltig. Scato musste schlucken.


    "130.000 Sesterzen, in Ordnung. Dürfen wir die in Raten abbezahlen? Sonst wird es schwierig."


    Er versuchte, im Kopf zu überschlagen, wie lange er und Lurco mit ihrem Sold von 30 Sesterzen dafür benötigen würden, diese Summe abzubezahlen, wenn Scato auch noch Terpander durchfüttern musste.

  • Lurco schaute sich um, aber bei geschäftlichen Transaktionen war Venox oder Viridomarus wie er tatsächlich oder wahrscheinlich hieß, allein. Lurco lehnte sich zurück und lächelte schlagartig ebenso freundlich wie ihr Gastgeber.


    "Eine hoch interessante Summe Appius Centenius Venox oder soll ich Dich Viridomarus nennen? Welcher von beiden ist Dein "Künstlername"? Wo wir gerade so schön gemütlich beisammen sitzen und um der alten Zeiten Willen sollten wir die Verhandlung doch etwas... persönlicher gestalten.


    Zuerst möchte ich Dich wegen meinen schicken Schuhen aufklären. Wir sind keine üblichen Legionäre, wie sind Cohortes Urbanae. Wir sind es die in Rom für Recht, Ordnung und Sicherheit sorgen. Und weißt Du was mir noch ganz große Sorgen bereitet?


    Ein Händler der sich als römischer Bürger ausgibt und oh Schreck vielleicht gar keiner ist. Was soll man als Cohortes von so jemanden halten? Das klingt doch sehr verdächtig oder? Ist dieser Händler ein römischer Bürger der vorgibt ein Peregrinus zu sein? Oder ist er gar ein Peregrinus, der sich anmaßt römischer Bürger zu sein? Nimmt so ein Händler es mit allen geschäftlichen und rechtlichen Dingen derart lasch? So etwas könnte die Cohortes interessieren.


    Wie ich hörte ist auch Wucherei nicht gerade das, was man gerne sieht. Natürlich hängt das auch von den beiden Vertragspartner ab. Aber wer kann einem Händler Erlichkeit unterstellen, der für einen besseren Schuppen 130.000 Sezterzen verlangt? Niemand.


    Drum gehe ich fest davon aus, dass Du Deinen alten Kumpel Lurco einen Streich gespielt hast. Was kostet denn ein besserer Verschlag, in den man nicht mal einen alten Esel unterstellen würde? Lass es mal 1.000 Sezterzen sein.


    Aber so ein Gauner bist Du ja nicht, Du musstest mich bedauerlicherweise vor die Tür setzen, also wirst Du eine andere öffnen. Dich kostet dieses Grundstück nur, glaube es mir. Es könnte Dich sogar weitaus mehr kosten und zwar Kopf und Kragen Venox.


    Und jetzt mein Pausbäcken überlege Dir die Antwort gut, möchtest Du mich als ehemaligen Liebhaber gehen lassen oder als Feind", antwortete Lurco mit einer Stimme wie in Watte gepackter Stahl.

  • Scato staunte nicht schlecht, als Lurco die Schlinge zuzog - und verlangte, dass Viridomarus ihm das Haus schenkte! Dabei war er sehr nachdrücklich und die Argumente hörten sich irgendwie vollkommen überzeugend an.


    "Ah ja, womöglich sogar Identitätsdiebstahl", warf er ein. "Weiß denn der echte Appius Centenius Venox davon, was unter seinem Namen geschieht oder seine Gens? Nimmt diese Schaden dadurch? Alles Dinge, die man überprüfen könnte."


    Er schaute grimmig drein, um Lurco auf diese Weise zu unterstützen. Hin und wieder nickte er düster. Als Lurco mit dem Tonfall einer Giftschlange Viridomarus als 'Pausbäckchen' bezeichnete, musste Scato sich sehr zusammenreißen. Anschließend musste er mit Lurco unbedingt noch einmal in die Stadt um gewisse Dinge zu klären, die immer unaufschiebbarer wurden.


    Er nahm alles in allem nicht an, dass Viridomarus es ihnen einfach machen würde. Dies war sicher nicht das erste Mal, dass der findige Händler in die Ecke gedrängt wurde. Er hätte sich nicht solchen Wohlstand ergaunert, wenn er nicht wüsste, wie er ihn erhalten und mehren könnte. Scato war gespannt, wie Viridomarus auf diese unerhörte Forderung reagieren mochte.

  • Viridomarus sah aus als wüsste er nicht ob er lächeln, brüllen oder in sich zusammensacken sollte, so entstand ein kurioser Mix. Der Händler trank einen langen Schluck Wein, wobei er trotzdem Lurco keinen Moment aus den Augen ließ. Viri setzte den Becher ab, strich sie den Bart glatt und faltete die feisten Hände über seinen Bauch. Das Lächeln kehrte in sein Gesicht zurück und er strahlte beide an.


    "Man kann von beiden Seiten aus an der Leine ziehen Ihr Lieben. Vergesst das nicht. Ich als unbescholtener Bürger könnte Eurem Vorgesetzen von Eurem unredlichen Vorhaben erzählen. Was dann? Und ich bitte Euch, Identitäsdiebstahl? Ich stehle nicht, ich bin Kaufmann, Händler, wir leben davon billig ein- und teuer zu verkaufen. Das ist weder Diebstahl noch Wucher, dass nennt man Geschäftssinn!


    Und was den römischen Namen angeht, das ist ein Künstlername. Ich heiße auch nicht der dufte Viridomarus oder? Schaut ich erkläre es Euch, das Geschäfte scheinbar wirklich nicht Eure Stärke sind. Römische Frauen vor allem Matronen kaufen doch lieber von einem angesehenen römischen Bürger, noch lieber von einem Edelmann, vor allem wenn es sich um Luxusgüter handelt. Alles ist Name, es geht nur darum das Produkt richtig zu betiteln, es mit blumigen Worten zu umschreiben und entsprechend zu verkaufen. Das alles ist ein Schauspiel wie jenes in der Arena. Und ist man nicht gut genug, dann verschlingen einen nicht die Löwen, aber einen verschlingt das Leben.


    Meint Ihr dass ich jede alte Schachtel, die ich umschmeichele wirklich liebenswürdig finde? Ich lebe davon, dass man in mir jemand anderen sieht. Das ist mein Kapital. Jetzt habe ich mir einen Namen gemacht - Viridomarus Duft- und Sklavenhändler, der dufte Viri. Meint Ihr das wäre mir alles in den Schoß gefallen? Wisst Ihr wie viele Leute ich schmieren musste, wie viele Menschen ich umgarnen musste? Glaubt Ihr mir wäre ständig nach lächeln zumute?


    Wohl kaum. Aber entweder man lächelt oder man geht unter. So einfach ist das. Also erzählt mir nichts von Identitäts- oder sonstigen Diebstahl, nur weil Ihr beiden weder Geld verdient noch es zusammenhalten könnt.


    Appius Centenius Venox war meine Erfindung! Mein Produkt genau wie der Duft "Zauberhafte Zedern", also von mir aus sucht Venox und falls Ihr einen findet, schönen Gruß. Ein Dach über dem Kopf habt Ihr, erzählt mir nichts. Ihr wohnt doch in so einem Wohnheim für Soldaten.


    Aber wir kommen anders ins Geschäft.


    Ihr entschuldigt Euch in aller Form, wir beide reden gleich privat miteinander ohne Deinen kleinen neugierigen Freund. Nachdem Gespräch werdet Ihr in Eurem Wohnheim Werbung für mich und meinen Laden machen. Parfüm das selbst die verschlossenste Jungfer sich hingeben lässt, lasst Euch was einfallen! Hier gibt es die gehorsamsten Sklaven. Irgendwas in der Art. Sobald ich 30 Kunden hier gesehen habe auf Eure Empfehlung, vergesse ich Eure freche Unterstellung. Und nebenbei bemerkt Lurco, ich sehe Dich nicht als Feind, alles was Du gerade bist ist dreist", antwortete Viri.

  • Einen Moment saß Scato einfach mit hochgezogenen Brauen da und starrte ins Nichts. In seiner Gedankenwelt versuchte er in der Castra, in der jeden Tag trainiert und exerziert wurde und in der Schweißgeruch der gegenwärtigste aller Gerüche war, Werbung für ausgerechnet Parfum zu machen. Er malte sich aus, was geschehen würde, wenn er den einzelnen Kameraden versuchte, ein Fläschlein anzudrehen. Asper würde es lustig finden - Asper fand alles lustig. Pullus würde es auf seine Blasenschwäche und häufigen Latrinengänge beziehen und zu Tode beleidigt sein. Ramnus würde sich nach den Zutaten erkundigen, um herauszufinden, ob man es nicht auch als Gewürz verwenden könnte und so weiter. Niemand, wirklich niemand in der Castra würde Interesse daran haben, Parfum aufzutragen und dafür auch noch zu bezahlen!


    "Und wenn wir ablehnen mit Verweis auf tiefergehende Nachforschungen? Wer sich einen Künstlernamen gibt, könnte auch andere Dinge verschleiern als nur seine Identität", sprach Scato lauernd.

  • "Was Du dreist nennst Viri, nenne ich ehrlich und direkt. Die Vorstellung kannst Du Dir bei uns sparen, hebe sie Dir für Deine Kunden auf. Künstlername, wie wäre es mit Ceasar? Ein Imperium, ein Mann, ein Kaiser, ein Gott - EIN DUFT!


    Wäre der Name für Dich nicht werbewirksamer gewesen als Venox? Warum denn so bescheiden? Wenn man aufschneidet, dann doch richtig. Oder war die Luft da oben, dann doch was dünn? Wie gesagt, spar Dir Dein Schmierentheater, ich weiß dass dieser Name echt ist. Ich weiß nur nicht, wem er gehört und was Du mit der Person gemacht hast.


    Liegt er im Fundament unseres Hauses? Oder warum hast Du nie wieder eines Deiner zarten Füßchen in diese Hallen gesetzt, wo Du doch sonst keine Sesterze verfallen lässt? Alles im Leben hat seinen Preis Viri und irgendwann bekommt man dafür die Rechnung serviert.


    Heute ist Dein Zahltag, wie und mit was Du Deine Schulden bei mir begleichen willst, entscheidest Du. Entweder zeigst Du Dich ein letztes mal als der großzügige, weltgewandte Händler den Du so gerne schauspielerst, oder Deine neue Rolle heißt Gladiator in der Arena. Ich glaube kaum, dass es auf viel Gegenliebe stößt, was Du so getrieben hast.


    Ich weiß dass Du mich nicht geliebt hast Venox, aber ich weiß doch wie sehr Du Dich liebst. Möchtest Du wirklich all das hier aufgeben? Du weißt wie tief Du bei mir in der Kreide stehst, auf ganz andere Art und Weise. Gehe ich hier raus ohne das Haus, wanderst Du in ein neues. Und das letzte was Du dort gebrauchen kannst ist Parfüm mein dufter Freund", warnte Lurco.

  • Viridomarus schaute von Scato zu Lurco, er trank einen großen Schluck Wein. Aber darin fand er nicht die Lösung, die Wahrheit schon ehr. Aber jene war ihm eh bekannt und Lurco hatte allen Grund wütend zu sein.


    Nur was sollte das mit dem Namen? Sie waren Schall und Rauch. Werbeträger für Personen. Man verkaufte sich und seine Produkte besser mit einem guten Namen. Und so hatte er sich einen passenden zugelegt. Die nagelbesohlten Schuhe von Sacato und Lurco sahen so aus, als ob sie ihm in den Hintern treten wollten.


    Lurco war wütend und verletzt. Viri hatte nicht vor sich in Feindschaft zu trennen. Zudem boten zwei geschmeidige Urbanaer ganz andere Möglichkeiten. Das Haus, mehr eine Bruchbude war eine gute Investition.


    "Du hast Recht Lurco. Um unserer alten Freundschaft Willen schenkte ich Dir das Haus. Nimm es und erfreue Dich daran, was immer Du damit vorhast", sagte Viridomarus und stand auf. Kurz rief er nach seinem Schreiber und ließ diesen eine Schenkungsurkunde aufsetzen.


    Als alle Formalitäten erledigt waren, reichte Viridomarus Scato die Urkunde.


    "Ihr habt das Haus und mein Schweigen, ich erwarte das Gleiche", sagte Viri.

  • Scato las sich die Urkunde durch. Am liebsten hätte er Viridomarus auf die feisten Wangen geknutscht. Er reichte die Urkunde nach dem Lesen weiter an Lurco. Entweder, Viridomarus hatte dermaßen viel Dreck am Stecken, dass er keinesfalls mit den Urbaniciani beruflich in Berührung kommen wollte, oder ihn plagte das schlechte Gewissen, Lurco damals so mies abgespeist zu haben. Scato war der Grund herzlich egal, sie hatten ihr Atriumhaus!


    "Also mein Schweigen hast du! Ich finde das ja so was von nett, uns das Haus zu schenken! Was für eine freundliche Geste der Versöhnung!"


    Scato grinste so breit, dass man seine Backenzähne sah. Ein Haus, sie bekamen tatsächlich ein Haus geschenkt, mehr noch - DAS Haus, ihr Traumhaus!

  • Lurco nahm die Urkunde entgegen, rollte sie auf und las sie in Ruhe durch. Wer einmal log, dem glaubt man nicht... Zudem Vertrauen war gut, aber wie weit er damit bis jetzt im Leben gekommen war, hatte sich ja gezeigt. Lurco rollte die Urkunde wieder zusammen, schaute Viridomarus einen Moment lang an und nickte knapp.


    "Schweigen für Schweigen Viri, Du kannst also doch ganz anständig sein", sagte Lurco und tippte sich mit der Urkunde an die Schläfe.


    "Wir sagen Danke für die angenehme Gastfreundschaft und für Dein Geschenk. Wir finden alleine raus", verabschiedete Lurco sich. Er stand auf und marschierte auf kürzestem Weg aus dem Haus, nicht das es sich Viridomarus noch anders überlegte.


    Er wartete bis Scato zu ihm aufgeschlossen hatte und grinste ihn dann breit über beide Ohren an.
    "Unser Haus Scato! UNSER HAUS! Wir sollten es einweihen!", grinste er noch breiter.

  • "Und wie wir es einweihen sollten", freute Scato sich. "Wir kaufen mehrere Weinflaschen und einen Stapel weicher Decken, dazu etwas zu knabbern. Nachts müssen wir in der Castra bleiben, aber wir werden den gesamten Feierabend dort verbringen und es uns gut gehen lassen."


    Scato sagte das im Plauderton, wie immer klang er etwas albern, doch darin verbarg sich ein ernster Kern. Am liebsten würde er Lurco hier an Ort und stelle gegen die Wand drücken und küssen. Sie hatten tatsächlich zu zweit ein gemeinsames Haus! Aus heiterem Himmel wurde Scato die Tragweite dessen richtig bewusst. Dies war ihr zu Hause, ihr Nest, der Ort, wo andere ihre Familie gründeten. Ein Ort, an dem niemand über sie reden würde und über das, was sie miteinander verband. Eine Oase, in der es nichts gab, außer sie und das, was sie hineinbaten. Überwältigt blieb er stehen, seine Augen glänzten glasig.


    "Ich hab gerade einen Sentimentalen", piepste er. Dabei ließ er seinen Handrücken an Lurco entlangstreichen, die Geste war sehr zärtlich, auch wenn ein Außenstehender sie kaum wahrgenommen hätte. Er stellte sich so, dass niemand seine Hand sah, der vielleicht zufällig des Weges kam, es sah aus, als würden sie einfach reden. Seine Finger umschlossen Lurcos Hand fest und hielten sie.

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