Vestibulum | Betreten der Casa nur über diese Türe. Achtung vor dem Hund!

  • Mehr als nur ein wenig nervös wartete Gracchus vor der Porta, über alle Maßen erleichtert, als der Ianitor die Türe zum zweiten Male öffnete. Die Eile, welche er forderte hielt er fälschlicherweise für die Vorsicht, welche Serapio ließ walten ließ, und in Erwartung eben dessen steigerte sich seine Nervosität beinahe ins Unermessliche als er dem Sklaven durch die Casa folgte.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Ich schaute mich um. Es war so, wie es alle immer gesagt hatten: Rom stank im Sommer zum Himmel und allein das Atmen war eine schweißtreibende Angelegenheit, ganz zu schweigen von der Hitze und der Reise-Plackerei durch die Straßen mit all den Dingen, die ich bei mir haben wollte. So recht hatte ich mich noch nicht orientiert. Dennoch war ich voller Zuversicht und ich freute mich auf die Ankunft im Hause der Familie. Mutter hatte mir schon viel erzählt, auch wenn sie selbst bisher kaum Griechenland verlassen hatte, doch sie musste es ja irgendwie wissen. Sie war es auch gewesen, die der Familie die Nachricht von meinem baldigen Eintreffen geschickt hatte, weil sie -warum auch immer – meinte, es würde einen offizielleren Eindruck vermitteln. Würde sie jedoch wissen, dass ich mich trotz unsicherer Zeiten allein auf den Weg gemacht hatte, wäre sie wohl in Ohnmacht gefallen, weil es erstens gefährlich und zweitens nicht repräsentativ war. Wohl denn! Ich schulterte die schwere Tasche erneut, hob die eine Seite der Reisetruhe an und setzte mich wieder in Bewegung. Muckel zerrte auf der anderen Seite. Zusätzlich hielt dieser noch eine flüchtig hingeworfene Straßenkarte in der Hand, welche ich nach Beratschlagung mit unserem Fuhrmann vorsichtshalber angefertigt hatte. Mühsam versuchte er das gute Stück hin und her zu drehen, was einhändig allerdings nur leidlich gelang. Das tat er schon, seit wir dem Wagen, der uns an die Tore Roms gebracht hatte, entstiegen waren. Das restliche Gepäck würde er uns gegen Abend nachbringen, so hatte man mir versprochen.


    “Dort drüben!“, stellte mein Sklave schließlich keuchend fest und nickte hin zu einem herrschaftlichen Haus. Doch es schien mir doch nicht das richtige zu sein, selbst wenn er nun triumphierend grinste.


    “Nein, es ist das weiter hinten!“, sagte ich recht nüchtern, deutete in die besagte Richtung und ächzte dann unter der Last. Eigentlich stand es einem Herrn nicht gut an, schwere Dinge selbst zu tragen, doch wer hätte sonst mit anfassen sollen? Hätte Muckel sie allein durch die Gassen gezerrt, stünden wir jetzt noch am Tiber. Mein Knie schmerzte bereits beträchtlich, doch es war zu verkraften, denn immerhin würde ich meinen Bruder wiedersehen und Stella! Sie musste inzwischen gewachsen sein.


    “Ne Casca... das glaube ich bestimmt nicht! Es ist das da! Ich verwette dreimal meinen Hintern!“ Muckel schien überzeugt zu sein, wenn er mich schon beim Namen nannte, doch ich war es noch lange nicht.


    “Dann geh hin und sieh nach... Nepomuk!“, forderte ich betont - wohl wissend, dass er seinen Namen abgrundtief hasste und am liebsten einen anderen hätte- und ließ abrupt die Truhe wieder fallen, nur um mir mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn zu wischen.


    “Ist gut. Warte hier. Setz dich und ruh ein wenig dein Bein aus!“, befahl mir mein Sklave, ehe er mir die Straßenkarte an die Brust drückte.


    Ich nahm sie an mich, wobei ich nicht umhin konnte die Augen zu verdrehen, und kam ein wenig schlingernd auf der Kiste zum Sitzen. Doch mir war nicht danach unser Verhältnis zu diskutieren. Nicht jetzt. Während Muckel sich auf den Weg hinüber zur Pforte machte, warf ich einen Blick auf die Karte, welche uns durch das Gewirr geführt hatte und streckte entlastend mein rechtes Bein aus.



    Meine Zeichenkünste hatten sich noch nicht gebessert, wie ich feststellen musste, doch das Wunder, dass wir es bis hierhin geschafft hatten, war nun völlig zweitrangig. Ich schöpfte tief Atem und schnaufte aus, ehe meine Haltung auf der Truhe zusammensackte und ich mir vorkam wie ein erschöpfter Mittelloser, der seine letzten Habseligkeiten bewachte. Es war nicht unbedingt die Art und Weise, wie man seiner Familie gegenübertreten sollte. Mein Blick richtete sich auf Muckel, der sich zu mir umgedreht hatte und grinsend den Daumen nach oben streckte. Er hatte also richtig gelegen. Ich bedeutete ihm mit einer unwirschen Handbewegung nun endlich zu klopfen, was er auch tat. Leidenschaftlich, laut und voller Überschwang, sodass das Geräusch zu mir herüber dröhnte.

  • Offenbar wurde die Tür auch sogleich geöffnet und unter überfreundlicher Würde nach Muckels Anliegen gefragt, was mich meinen Blick erneut heben ließ. Das ging schnell, doch sollte es mich wundern? Das Dröhnen hätte selbst die Tore des Hades geöffnet.


    “Was ich wünsche?“, hörte ich die scherzhafte Stimme meines Sklaven, “Ruhe und Zufriedenheit!“ Es kam ziemlich prompt, doch für mich nicht überraschend. Ich konnte mir sein öliges Grinsen schon vorstellen, welches nie dafür prädestiniert war einen besonders guten Eindruck zu machen.


    Ich erhob mich alarmiert von der Kiste und machte mich ein wenig humpelnd selbst auf den Weg hinüber zum Eingang der Casa, doch Muckel sprach schon weiter. “Mein Name ist Nepomuk und das ist mein Herr Cnaeus Decimus Casca!“ Ein Finger deutete in meine Richtung. “Wir sind den weiten Weg von Piräus hierher gekommen und eigentlich müsste die Nachricht, dass wir irgendwann auch hier ankommen schon eingetroffen sein. Sie würde übrigens geschickt von Mescina Mena, der Mutter meines Herrn.“


    Ich hörte die Worte und kam schließlich neben meinem Sklaven zum Stehen, doch viel blieb mir nicht zu tun. Deshalb nickte ich einfach nur und sagte: “Genau!“

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    Ephialtes, Ianitor


    " Das findest du in den öffentlichen Gärten." antwortet Ephialtes ruhig. Das sein gegenüber deswegen nicht vor der Tür stand, um diese Auskunft zu erhalten war ihm fast klar. Beim Namen Nepomuk, lächelte Ephialtes in sich hinein. Decimus, Piräus ? Einer aus dem griechischen Zweig. Wurde dort das Geld knapp, dass sie alle hier in Rom auftauchten? Ein Brief ? Nein, keiner hatte ihn informiert darüber, dass die Tage jemand eintraf.


    " Kommt rein." Ephialtes gab die Tür frei und bat die beiden einzutreten. "Silas, geleite die beiden ins Atrium." Ephialtes überlegte. " Sage Dominus Decimus Serapio, es ist ein weiterer Decimer eingetroffen."

  • Ich grinste, als der Ianator angab, dass an Ruhe und Zufriedenheit durchaus in den öffentlichen Gärten zu gelangen sei. Dabei schenkte ich meinem Sklaven einen Seitenblick und musste erkennen, dass dieser das Gesicht verzog. “Dann werde ich sie unbedingt einmal aufsuchen müssen,“ stellte er fest.


    Mein Grinsen erlosch. Mir persönlich war es unangenehm, dass Muckel sich zu einer dummen Bemerkung mehr hatte hinreißen lassen, doch so etwas geschah nur allzu leicht und war im Nachhinein sowieso nicht mehr zu ändern. Man könnte auf die Idee kommen, dass ich ihm zu viel durchgehen ließ und zu wenig präventiv auf ihn einwirkte, was vielleicht sogar stimmte. Es hatte ich einfach so eingeschliffen und der Weg von Griechenland hierher war zu lang gewesen, um sich nun auch noch darüber Gedanken zu machen. Meine Reaktion beschränkte sich deshalb auf: “Halt den Mund!“ und ich lächelte wieder. Besonders als die Aufforderung erfolgte, einzutreten. Das tat ich nur zu gerne und doch warf ich noch einmal einen Blick auf die Reisetruhe und die dazugehörige Tasche. “Vielleicht sollte noch jemand unser Gepäck von der Straße holen,“ schlug ich in einem freundlichen Tonfall vor, wobei ich den Drang unterdrücken konnte, dem Ianator mit dem Hand dankbar die Schulter zu tätscheln, ehe ich dem jungen Sklaven folgte, dem aufgetragen wurde uns ins Atrium zu bringen.

  • Der Weg von der Porta Radusculana bis zur ehrwürdigen Behausung der Decimer in Roma war kein besonders langer Weg gewesen, aber diese Menschenmassen hatten den Weg dann doch erschwert. Schließlich hatte er auch noch nach dem Weg fragen müssen, aber jetzt war er hier. Bevor er sich der Tür näherte, kamen die ihm nun schon bekannten Zweifel - was, wenn sein Brief nicht angekommen war? Würde man ihn dann überhaupt herein lassen? Schließlich hatte er selbst die engsten Verwandten seit einiger Zeit nicht mehr gesehen...


    Er blickte an sich herunter und befand, dass er sich nicht hineinlassen würde ohne irgendwelche Belege oder Beweise. Aber dann müsste er schauen. Jetzt hieß es selbstsicher beim Ianitor vorstellig zu werden. Er ging die letzten Schritte zur Tür und sprach:


    "Salve, Ianitor! Ich bin Lucius Decimus Verax, aus dem schönen Tarraco. Mein Kommen müsste für diese Tage angekündigt sein."


    Sim-Off:

    An alle: Natürlich ist kein Brief angekommen, der Verax Ankunft ankündigt. Also lasst ihn nicht sofort herein, oder höchstens in einen Nebenraum der Pforte bis die Familienverhältnisse geklärt sind.

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    Ephialtes, Ianitor


    Die letzten Tage waren fürchterlich heiß gewesen, sogar für ihn als Dunkelhäutigen, somit er sich eine Kanne Wasser beiseite gestellt hatte. Als dann ihm ein Fremder ansprach und meinte der Familie Decima anzugehören wurde er stutzig. Weil wie sollte er den Gast ansprechen? Er kannte ihn nicht und sich als Decimus auszugeben, wer weiß.


    "Salve, Dominus! Ich bin über deinen Besuch nicht informiert worden, doch wartet einen Moment." Er rief anschließend nach den kleinen Silas, der den Gast hineinbegleiten solle, denn Ephialtes hatte die Aufgabe stets vor der Tür zu bleiben. Wenige Augenblicke später kam der Junge angeflitzt. Ephialtes gab ihm daraufhin Anweisung.


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    Silas


    "Dominus, bitte folge mir ins Atrium. Jemand wird dich dann gleich empfangen."

  • Verax wurde vom Ianitor höflich begrüßt, aber es klang eine gewisse Unsicherheit aus der Stimme und den Worten des dunkelhäutigen Sklaven mit. Vor allem aber wusste er nichts von seiner Ankunft. Der Brief war also nicht angekommen, aber immerhin: er wurde hineingebeten. Entweder glaubte man ihm, oder die schon fast sprichwörtliche Gastfreundschaft der Iberer hatte sich bis in diese Stadt und bis in die jüngste Generation hin durch gehalten. Beides wäre nicht unangenehm. Dies denkend, bedankte er sich mit einem stummen Nicken beim Ianitor und betrat die Casa.

  • Wie ein Bettler kam sich Fella vor. Verschwitzt, verdreckt, unrasiert und mit einer zerissenen Tunika… bei den Göttern, wie konnte das nur wieder passieren? Obgleich der Weg von Tarraco weit und beschwerlich war und der Decimer diese ganzen Strapazen nur auf sich genommen hatte, um seine in der süßen roma lebende Verwandtschaft kennenzulernen, konnte er der Versuchung nicht widerstehen, vorher einen Abstecher durch die sagenumwobene Ewige zu unternehmen. Er war vorher noch nie hier gewesen, hatte aber selbstverständlich schon unzähligen Erzählungen gelauscht und so konnte es der junge Tiberius gar nicht erwarten, die verzweigten Gassen und versteckten Winkel dieses beinahe schon lebendigen Organismus' zu erforschen und den großen Entdecker und Draufgänger zu mimen...


    Genau das war der Auslöser der prekären Situation, in die er geraten war. Tarraco war entspannter, nicht so hektisch, nicht so aufgeladen, fieberhaft…. aggressiv. Wenn daheim jemand herumpöbelt muss man nicht damit rechnen, dass das in wenigen Augenblicken zur handfesten Schlägerei ausartet… nun, genau das ist aber passiert. Die Kehle schrie nach Wein und nur zu gerne wollte Fella diesem Verlangen nachkommen. Die Münzen in seinem Beutel waren nicht besonders zahlreich, sodass er sich ein kleines… hm, "gemütliches"… "Lokal" suchte. Eine Kaschemme sondergleichen mit Spießgesellen, die man ebenfalls nicht so leicht ein zweites Mal findet… nunja, keine große Geschichte, irgendjemand hat irgendjemandes Mutter beleidigt und plötzlich waren die Fäuste oben - Tiberius hatte nicht angefangen, ehrlich! Den ersten Tag hatte sich der Fremdling in dieser großen Stadt dann aber doch anders vorgestellt und so zog er es vor, nach ein paar kräftigen Hieben das Weite zu suchen und fragte sich eine gefühlte Ewigkeit zur casa decima durch… wo er jetzt auch stand.


    Schweißperlen rannen seine Stirn hinab, sein Atem ging schwer und doch war Decimus Fella froh, endlich zuhause angekommen zu sein. Die Freude musste allerdings nach kurzer Zeit dem Ärger weichen, als ihm klar wurde, wie er aussah… wie ein Bettler eben. Notdürftig klopfte er sich den Staub von der Tunika, oder dem Fetzen, der davon übrig geblieben ist. Sie war mal grün… jetzt war es… ein grün-braun-Gemisch und hier und da… waren das Blutflecken? Oh man… Ein lautes Stöhnen verließ die Kehle des Römers, aber es half ja alles nicht: Er stapfte noch die letzten Schritte bis zur porta und klopfte ein paar mal kräftig.

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    Ephialtes, Ianitor


    Die Tür war noch nicht geöffnet worden nach der ungewöhnlich langen Mittagsruhe, aber da in diesen Tagen eben von vorne herein nicht besonders viel los war, hatte es auch der Ianitor etwas ruhiger angehen lassen. Als es nun aber an der Tür klopfte, beeilte er sich dennoch. Er wollte sich schließlich nichts nachsagen lassen.


    Was er dann aber sah, ließ ihn an seiner Eile zweifeln. Ein schmutziger Bettler und das bei dieser Hitze. "Was willst DU hier!", fragte er unwirsch. Obwohl er schon zu wissen glaubte, was dieser wolle.

  • Menschen agierten nie zum eigenen Vorteil, weder bewusst noch unbewusst. Jede zusätzliche Sekunde hätte Tiberius noch eine weitere Möglichkeit verschafft, sich zumindest ansatzweise noch ein bisschen "herauszuputzen", den Umständen entsprechend eben… aber nein, genau jetzt öffnete sich die Tür in einer Geschwindigkeit, die den Geschichten Roms nur angemessen erschien: Schnell. Ein muskulöser, großer... eh, nicht-Römer stand vor ihm, sein durchdringender Blick musterte den Decimer prüfend und Fella gab sich Mühe, einen forsch-herausfordernden Blick zurückzuwerfen.


    Die Reaktion des ianitor ließ keinen Zweifel daran, wie Fella aussah, aber das wusste dieser ja bereits selbst. Er schluckte einmal… hoffte, dass es der Kerl da vor ihm nicht bemerkte und formte in Gedanken einen wohlüberlegten Satz, der elegant, präzise und unmissverständlich ausdrückte, wer er war, was passiert war und was er wollte - gleichzeitig formten seine trockenen Lippen folgendes Wort: "Wein." Verflucht!!! Was war DAS denn?! Hätte es die Situation nicht noch schlimmer gemacht, hätte er seinen Kopf einfach gegen die Wand geschlagen, wieder... und wieder... und wieder... und wieder. Tiberius' Zunge war ob seiner eigenen Dummheit wie gelähmt und verwirrt blickte er scheinbar durch Ephialtes hindurch in der Hoffnung, hinter ihm eine göttergegebene Erleuchtung zu erblicken, die ihn davor bewahren würde, mit einem Tritt in der Magengrube am Boden liegend zu enden. So stellte er sich ein umissverständliches Zeichen dafür vor, dass Bettler hier nicht erwünscht sind.

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    Ephialtes, Ianitor


    Dem tatsächlich nicht-römischen Ianitor entglitten die Gesichtszüge, weil er jetzt eine von diesen Geschichten erwartet hatte. Die Mutter schwer krank, die Ehefrau bei der Geburt des siebten Kindes verstorben. Der Bettler selbst auf dem Weg in die Stadt aus Praenestina oder sonst wo her um die überlebenswichtige Medizin zu besorgen, jetzt aber ausgeraubt und verprügelt, mit nur noch einer Hoffnung bei den wohlhabenden und gütigen Decimern ein paar Sesterzen zu bekommen, hatte doch sein Vater seligen Angedenkens noch unter dem großen Meridius gedient, etc. etc. etc. Es war doch schließlich immer eine Variante dieser Geschichte und wenn nur die Hälfte wahr gewesen wäre, hätte Meridius mindestens drei oder vier Legionen unter seinem Befehl gehabt haben müssen.


    Aber diese schonungslose Ehrlichkeit dieses Bettlers, der im übrigen auch wie ein ausgekipptes Fass billigen Weines roch, brachte Ephialtes zuerst zum Staunen und dann zum Lachen. "Du sollst Deinen Wein bekommen, Su ehrlicher Bettler, und wenn Du willst auch ein Stück Brot!", sagte er deshalb sichtlich vergnügt und wandte sich um einige Grade nach rechts um und trug Silas auf, einen der Becher, die sie benutzten mit dem Wein, der für die Sklaven da war, zu füllen und einen Kanten Brot zu holen. Dabei behielt er aber natürlich die Tür und vor allem den Bettler im Blick.

  • Die trockene Kehle war nicht gerade zuträglich wenn es darum ging, Ephialtes zu erklären wer er war. Auf eine verdrehte Art und Weise war die Antwort "Wein" ja auch tatsächlich einer der Gründe, weshalb Decimus Fella hier war. Sein Aufenthalt in Rom sollte ja nur das Vorspiel seiner Militärkarriere werden, mit der er seine hartverdienten Sesterze unter anderem auch dem Weingenuss opfern würde. Trotzdem war ihm klar, dass in dieser akuten Situation "Wein" nicht unbedingt die beste Antwort gewesen ist und umso überraschter war Tiberius, als der ianitor ihm tatsächlich diesen Wunsch erfüllen wollte und ihn entgegen seiner Erwartung nicht von der porta vertrieb.


    Kurz spielte Fella mit dem Gedanken, sich den Wein bringen zu lassen, seine Kehle zu befeuchten, damit die Lippen jedes Wort leichter formen konnten, doch diese Idee verwarf er. Er wollte sich nicht wie ein Bettler behandeln lassen, was würde man denn dann von ihm sagen? Damals, als Decimus Fella als Bettler an unsere porta kam! Ja, genau, so sah er aus. Mitnichten. Er räusperte sich, vertrieb das schmerzhafte Kratzen im Halse in weit entfernte Windungen seines Kopfes und versuchte sich zu erklären: "Nein… nein, warte! Ich weiß, ich seh aus wie ein Bettler… aber das bin ich nicht…" Oh ja, das hat er bestimmt jetzt zum ersten Mal gehört. "Ich bin Tiberius Decimus Fella, eh… ich bin in einer Schlägerei gelandet, deshalb seh ich auch so aus…". Mal schauen, wie überzeugend das war...

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    Ephialtes, Ianitor


    Dieser Bettler schien einer der interessanteren Sorte zu sein, er wartete nicht einmal den Wein ab, sondern begann mit einer nicht so häufigen Variante der Ich-erzähle-mal-etwas-damit-ihr-mich-reinlasst-und-Geld-gebt Geschichte. Es ging dabei um einen entfernten Verwandten, der ahnungslos nach Rom gekommen war und ausgeraubt oder in eine Prügelei gekommen war oder so ähnlich. Gewöhnlicherweise ließ sich diese Variante schnell enttarnen, mit der Antwort die Ephialtes nun lächelnd hervorbrachte: "Aber natürlich, werter Dominus. Kommt doch herein.". Dann tat er so als wollte er hinein gehen, um dem Bettler den Weg zu zeigen, aber nur um kurz darauf innezuhalten, sich ihm wieder zu zuwenden und zu sagen: "Ach, nur noch eine Frage, wer waren denn Deine Eltern und wie hieß der Vater Deines Vaters?"


    Sicher kannte Ephialtes nicht alle Decimer des orbis terrarum aber wenn Vater und Großvater beide unbekannt waren, dann war der Bettler so gut wie sicher enttarnt. Und selbst wenn der Name doch richtig war, dann war er so weitläufig verwandt, dass er nicht so einfach hier eingelassen würde. Jetzt würden bei diesem merkwürdigen "Gast" sicherlich völlig unsinnige Namen herauskommen...

  • Dieser Sklave wusste tatsächlich zu verwundern. Gekonnt ließ er den Decimer in die Falle tappen, als er vorgab, Tiberius' Rumgestotter hätte alles geklärt und er könne nun eintreten und sich guten Wein aus einem ordentlichen Becher zu Gemüte führen, während er es sich schön auf einer Liege bequem machen würde. Sich die restlichen Stunden des Tages dann schön erholen und am Abend dann die hiesigen Familienmitglieder kennen lernen… ja, das wäre ein guter Plan gewesen und mit einem erschöpften aber wohlmeinenden Lächeln trat Fella einen Schritt nach vorne und wollte der "Bitte" des ianitor Folge leisten, als dieser ihn dann - gar nicht so - unerwartet doch noch einmal aufhielt.


    War ja klar… so überzeugend war seine Geschichte also doch nicht. Die Wahrheit war nie besonders überzeugend. Nun musste er sich hier rechtfertigen, dabei war er innerlich doch schon längst im kühlen vestibulum und erkundete das Anwesen. Seine Eltern… und sein Großvater, ja, sicherlich würde Ephialtes die kennen. Und danach sich entschuldigen und seinen Herrn schleunigst hereinlassen, ganz bestimmt. Aber es half ja alles nichts, irgendwo musste er ja anfangen.


    "Mein Vater war Gaius Decimus Proximus und dessen Vater war Tiberius Decimus Proximus. Gewiss kennst du meinen Bruder Flavus, der sich hier aufhalten sollte." Sein Bruder war schon vor einiger Zeit nach Rom gegangen und Tiberius freute sich darauf, ihn wiederzusehen, erst eine brüderliche Umarmung und zusammen mit einem Becher Wein könnte er ihm dann alles erzählen, was er so in Rom bisher getrieben hat, könnte ihn vielleicht sogar ein wenig herumführen, ein wenig die Kneipen unsicher machen. Ja, er freute sich auf Caius.

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    Ephialtes, Ianitor
    Erstaunlich bei diesem - und jetzt schon setzte Ephialtes dieses Wort gedanklich in Anführungszeichen - "Bettler" fühlte sich der Ianitor ein wenig überfordert. Jetzt nannte er richtige Namen von sogar drei Decimern und das in richtiger Verwandschaftsbeziehung. Allein eine kleine Unstimmigkeit gab es. Caius Decimus Flavus war schon einige Zeit nicht mehr in Roma, allerdings auch nicht so lange, dass dieser sogenannte Decimus Fella, wenn er denn wirklich der war, für den er sich ausgab, dies schon hätte wissen müssen. Denn selbst wenn Dominus Flavus es ihm z.B. nach Tarraco geschrieben hätte, wäre der Brief sicherlich nicht dort angelangt bevor dieser jene Stadt verlassen hatte. Das war nicht nur etwas verwirrend, sondern stellte den pflichtvewussten Ephialtes vor ein Problem: sollte er ihm glauben oder nicht?


    "Euren Vater und Großvater kannte ich wohl, auch der Name Eures Bruders ist mir geläufig, auch wenn er Roma schon wieder verlassen hat.", sagte er und blieb still vor dem vielleicht Decimer stehen und schaute ihn an. Sein Blick sollte ausdrücken - gib mir noch mehr Informationen, dann lasse ich Dich rein.

  • Fellas Bruder war nicht mehr in Rom? Wie… wieso das denn? Er hatte keinen Brief erhalten, keine Nachricht… außerdem war das sehr erstaunlich, schließlich hatte Caius doch vor, in Rom große Karriere zu machen. Was war passiert? Was war im dazwischen gekommen? Er musste mit jemandem sprechen, der die Hintergründe wusste, irgendwem wird sich Flavus ja anvertraut haben. Das wiederum hieß aber, dass der Decimer seinen erholsamen Nachmittag mit einem guten Wein wohl nach hinten verschieben musste - so er denn überhaupt Zutritt zur Casa bekommen würde. Wenigstens schienen die Namen Wirkung gezeigt zu haben. Der Wortwahl des Sklaven nach schien er die Verwandtschaftsbeziehung akzeptiert zu haben, auch wenn er wohl noch einige Vorbehalte zu haben schien. Wie sollte er also Ephialtes vollends davon überzeugen, dass er ein Decimer ist?


    Nunja, die Lösung lag eigentlich auf der Hand: Einer seiner Verwandten müsste ihn wiedererkennen. Man konnte dem ianitor keinen Vorwurf für sein Verhalten machen. Natürlich konnte er nicht wissen, wer Tiberius war. Einzig ein hier lebendes Familienmitglied, was bereits einmal in Tarraco war, konnte hier aushelfen. Glücklicherweise hatte ein Verwandter kurz vor ihm die Reise nach Rom angetreten. Wenn ihm nichts passiert ist, hätte er vor Fella ankommen müssen und Verax - so der Name - könnte seine Identität bestätigen. Mit dem Handrücken fuhr sich der Decimer über die Stirn und strich den Schweiß von dieser. Die Hitze war unerträglich und er fragte sich, wann der Knabe mit dem Wein aufkreuzen würde. Egal, wie viele Bettler schon davon gesoffen hatten, Wein blieb Wein und der war nurnmal flüssig, momentan zählte nichts anderes. Ein flehender Blick schien Silas' Schritte aber nicht zu beschleunigen, weshalb sich Fella wieder an den Ianitor wandte. "Hm, sag, ist Verax schon eingetroffen? Er ist kurz vor mir abgereist und sollte bestätigen können, wer ich bin." Er konnte sich ein gewinnendes Grinsen nicht verkneifen.

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