• Allein Narcissas Frage war schon unglaublich. Ein unverheirateter Mann in mittleren Jahren und ein junges unverheiratetes Mädchen allein auf einem Landgut....wenn das nicht unschicklich war, was denn dann?


    Serrana war sich nicht sicher, ob ihr die Vorstellung als Anstandsdame zu fungieren besonders gefiel, aber schließlich hatte Narcissa mittlerweile schon mehr als genug für sie getan und deshalb nickte sie.


    "Natürlich, wenn ich es zeitlich einrichten kann, komme ich selbstverständlich gern mit, obwohl es sicher sinnvoller wäre, wenn du in Begleitung einer Matrone reisen würdest."


    Bei Narcissas letzter Bemerkung schmunzelte sie unwillkürlich. "Nun, ehrlich gesagt, bin ich gar nicht so überrascht."
    Schließlich hatte sie ja auf den Trajanischen Märkten gesehen, mit welcher Hingabe und Begeisterung sich Verus um seinen kleinen Welpen gekümmert hatte. Gegen Narcissa hatte er mit Sicherheit nie eine Chance gehabt....

  • "Du würdest mitkommen? Toll, das ist sehr nett von dir. Ehrlich!" Narcissa riss ihre Augen auf und jauchzte begeistert. "Natürlich wäre eine Matrona schicklicher, aber woher nehmen? Ich kenne keine, du? Ich mein, außer deine Großmutter." Sie grinste ausgelassen. "Die würde Verus sicherlich ganz schnell Manieren beibringen." Sie kicherte und stellte sich vor, wie Verus ganz bedröppelt vor einer alten, gebrechlichen Frau stand, die mit erbostem Gesicht Schimpftiraden über seinen fehlenden Anstand hielt. Irgendwie eine sehr lustige Vorstellung. Narcissa musste lachen und hielt sich den Bauch, während sie versuchte die Tränen aufzuhalten, damit ihre Schminke nicht verwischte. Doch sie beruhigte sich wieder und sah dann etwas nachdenklicher zu ihrer Cousine. "Aber eine schlechte Partie wäre er eigentlich nicht. Mein Vater dürfte nichts gegen ihn einzuwenden haben."

  • Venusia betrat dann endlich das Triclinum und grüßte die beiden anwesenden Damen. Eine von ihnen musste wohl die heutige Gastgeberin gewesen sein. Die Einladung hatte sie erhalten und war schon ein wneig verwundert als sie den Namen hörte. Es war also nicht auf Wirken eines Decimers zu diesem Essen gekommen. Nun ja. Das warum würde mans icher herausbekommen und vielleicht gab es ja auch etwas Feines an Lucilla zu berichten. Schließlich sollte ihre angeheiratete Verwandte wissen was hier so geschah.
    Ihre beiden Kinder hatte sie in ihrem Zimmer gelassen. Es war gleich Schlafenszeit für beide und da nutzte sie die Möglichkeit mal allein zu einem Familienessen zu gehen.
    "Ich möchte mich für die Einladung bedanken."
    Dann sah sie sich um wo sie wohl Platz nehmen durfte.

  • Als sich Narcissa so sehr über ihre Zusage freute, bekam Serrana direkt ein schlechtes Gewissen, weil sie eigentlich gar keine Lust auf eine derartige Reise hatte. Schliesslich hatte sie es gerade erst vom Land in die große Stadt geschafft, da zog sie eigentlich noch nichts wieder zurück. Aber ihrer Cousine würde sie gern diesen Gefallen tun.


    Dann schlug ihre Cousine Großmutter Laevina als Aufpasserin vor und Serrana schauderte unwillkürlich, fiel dann jedoch in Narcissas Lachen ein. Ja, diese Vorstellung hatte durchaus ihre Reize...


    "Glaub mir, Narcissa, wenn meine Großmutter etwas gut kann, dann ist es für Anstand zu sorgen. Die würde deine Tugend sogar erfolgreich bewahren, wenn sie mit dir und hundert Galeerensklaven allein auf einem Schiff wäre. Vermutlich würde es nur einen halben Tag dauern, bis der letzte Mann freiwillig über Bord gesprungen wäre...."
    Dann wurde sie wieder ernst und sie sah Narcissa prüfend an.


    "Nein, er wäre sicher sogar eine sehr gute Partie, und dein Vater wäre zweifellos entzückt... Aber magst du ihn denn so sehr, dass du dir eine Ehe mit ihm vorstellen könntest?"


    In diesem Augenblick betrat eine junge dunkelhaarige Frau den Raum, die Serrana nicht kannte und die eindeutig nicht zum Personal gehörte. Narcissa hatte in ihrem Vortrag kaum Frauennamen erwähnt, also handelte es sich vermutlich um Duccia Venusia, wenn sie sich den Namen richtig eingeprägt hatte. Allerdings war sich sich ihrer Sache alles andere als sicher und sah Narcissa deshalb hilfesuchend an.

  • Mhh, mögen? Wer hatte von mögen gesprochen? Gerade wollte sich Narcissa allen Ernstes Gedanken darüber machen, ob sie Verus mochte und sich eine Ehe, also ein Leben an seiner Seite bis einer von beiden starb, vorstellen konnte, da platzte eine andere Frau ins triclinium. Sofort richtete sich Narcissa auf und platzierte ihren Körper in eine etwas mehr damenhafte Position, dann sah sie verwundert auf die Gestalt vor sich. Sie war ihr bisher noch nie begegnet. Allerdings sagten soviel Körperhaltung wie auch Aufmachung der Frau, dass sie keinesfalls eine Sklavin war. Narcissa stand auf und während sich schon ein freundschaftliches Lächeln auf ihrem Gesicht zeigte, ratterte es in ihrem Kopf noch fieberhaft. Es konnte eigentlich nur Venusia sein. Die Frau von Livianus Bruder Magnus. Sonst gab es schließlich keine Frau in diesem Haushalt. Auf jeden Fall hatte sie ein hervorragendes Zeitgefühl bewiesen und ersparte es Narcissa weiter über Verus nachzudenken.


    "Salve und gerngeschehen. Ich dachte mir wie schade es ist, dass ich immer noch nicht alle in dieser Casa kennenlernen durfte und da mich heute meine Cousine besucht, emmpfand ich es als guten Zeitpunkt möglichst alle Familienmitglieder zusammenzutrommeln." Narcissa verstärkte ihr Lächeln noch und ging einen Schritt auf Venusia zu, um ihr dann beide Wangen in einem angedeuteten Küsschen hinzuhalten. Venusia war älter als sie, nicht viel, aber älter und alles an ihr schien eher frauenhaft, wo Narcissa teilweise noch ein Mädchen war. Konnte es wirklich sein, dass diese Schönheit vor ihr zwei Kinder zur Welt gebracht hatte? "Ich find es toll, dass du hier bist, Duccia Venusia. Den Kindern geht es gut, hoffe ich?" fragte Narcissa und schaute kurz, ob die Frau Einspruch erheben würde. Aber es sah eher so aus, als wäre sie es wirklich. "Das hier..." sie blickte zu Serrana "... ist meine Großcousine Iunia Serrana, die vor kurzem nach Rom gekommen ist, wie ich. Sie lebt in der Casa Iunia, nicht weit von hier entfernt. Und das ist Duccia Venusia, Ehefrau des Decimus Magnus." Der letzte Satz galt natürlich Serrana und war in ihre Richtung gesprochen worden. Puuh, das war ja nochmal gut gegangen.

  • Durch auffällige Kleidung oder extrovertierte Accessoirs war Venusia noch nie aufgefallen und so auch an diesem abend nicht. Sie trug eine schlichte Tunika, hatte aber auf das etwas farbenfroherere Tuch zurückgegriffen, dass Lucilla ihr zu ihrer Hochzeit geschenkt hatte. Die helle Tunika stand schon in einem großen Kontrast zu ihren dunklen Haaren und dann das Tuch mit seinen verschiedenen orange und gelb Tönen dazu.
    "Man schafft es wirklich gut hier an einander vorbei zu leben. Man kann nebeneinander wohnen und sich selten nur sehen. Wobei scheibar das sehen nicht reicht. Selbst Namen mögen sich nicht überall hier im Hause herumsprechen. Stellenweise wird man sogar von den Bewohnern hier verleugnet."
    Sie dachte and en Besuch ihres Verwandten und der Tatsache, dass ein Verwandter aus der Familie ihres Mannes angeblich nie von ihr gehört hatte. Das gab ihr noch immer zu denken auf. Dabei hatte man sich auf einem anderen Familienessen durchaus getroffen.
    "Den Sevilla und Secundus geht es gut. Sie sind beide heute etwas früher müde und somit auch schon im Bett. Sie hätte das Essen sonst zu sehr beeinflusst. Aber beim nächsten Mal werden sie wieder dabei sein und alle unterhalten."
    Das konnten die beiden wirklich gut. Sie waren halt Kinder und hatten im Statthalterpalast gelernt wie sie Besucher und dort Arbeitende sehr schnell um ihre kleinen Finger wickeln konnten und dafür Sorge trugen, dass Langeweile nie aufkam. Hier im Haus war es zum Glück anders und inzwischen waren sie auch ruhiger geworden so lange sie in bekanttem Terrain unterwegs waren oder die anderen Personen kannten. Sobald etwas neu war oder anders als sonst drehten sie auf.
    "Serrana. Es freut mich sehr dich kennen zu lernen. Ich selbst bin auch noch nicht all zu lange Zeit hier in Roma. Wie gefällt es dir hier?"
    Sie lächelte Narcissa noch einmal dankend zu und wand sich dann an Serrana.

  • Da war es nun, das erste Zusammentreffen mit einem unbekannten Familienmitglied, und es lief weitaus angenehmer ab, als sie es sich vorgestellt hatte, denn Venusia machte einen ausgesprochen netten Eindruck. Serrana hatte sich mittlerweile auch schnell von ihrer Kline erhoben und erwiderte lächelnd Venusias Begrüßung.


    "Salve, Venusia. Mir ist es auch eine Freude. Bislang gefällt es mir in Rom sehr gut, auch wenn ich noch nicht allzuviel gesehen habe und erst sehr wenige Menschen hier kenne. Aber immerhin habe ich schon ein Mitglied meiner Familie kennengelernt, und das ist ein sehr schönes Gefühl." sie griff spontan nach Narcissas Hand und strahlte ihre Cousine an.


    "Seit wann lebst du denn schon hier, Venusia?" fragte sie dann neugierig.

  • "Du solltest die nächsten Tage dann wirklich einmal nutzen um dir Roma anzusehen. Es gibt hier so vieles zu sehen. Aber um bei der Wahrheit zu bleiben, habe ich auch noch nicht alles gesehen. Ich war vor einigen Jahren mal einige Tage hier und bin jetzt auch schon wieder einige Monate hier. Alles gesehen habe ich bisher auch noch nicht."
    Scheinbar sollte dies hier eine Stehcena werden. Viele waren auch noch nicht da.
    "Woher kommst du? Deine Cousine sagte ja, dass du erst vor Kurzem hier angekommen bist. Was hast du so lang gemacht?"
    Vielelicht kurbelte dies ja das Gespräch an und hielt es am Laufen.

  • Oja, in Rom gab es sicherlich noch eine ganze Menge zu sehen, bis jetzt hatte sie gerade mal einen Bruchteil davon zu Gesicht bekommen. Serrana nickte zustimmend auf Venusias Rat hin. Sobald die Spiele zu Ende wären, würde sie anfangen die Stadt genauer zu erforschen.
    Dann betrachtete sie Venusia neugierig. Sie wusste nicht genau, woran sie das fest machen sollte, aber irgendwie sah ihr Gegenüber nicht wie eine typische Römerin aus. Ob sie wohl aus einer der Provinzen stammte? Ihr eigene Geschichte war nach wie vor langweilig und unspektakulär, aber Venusia hatte schließlich danach gefragt und verdiente eine vernünftige Antwort.


    "Ich habe bis vor ein paar Wochen bei meinen Großeltern in der Campania gelebt. Mein Großvater besaß dort ein Landgut in der Nähe von Nola. Es ist schon ein wenig ungewohnt, auf einmal in einem großen Stadthaus zu leben..." sagte sie ein wenig verlegen. Dann entschloss sie sich ihrer Neugier nachzugeben und auch bei Venusia nachzuhaken.


    "Darf ich fragen, woher du stammst?"
    Wahrscheinlich wäre es wesentlich gemütlicher, sich wieder auf den Klinen niederzulassen, aber da Serrana in diesem Haus nur Gast war, konnte sie das unmöglich selbst vorschlagen.

  • "Ich finde es gut, wenn man auf dem Land aufwächst und die Freiheit dort erleben kann. In so einer großen Stadt wie Roma ist das Leben ganz anders."
    Kurz sah sie Serrana lächelnd an und sich dann um.
    "Vielleicht sollten wir wieder Platz nehmen. Eine Platzordnung gibt es doch nicht, oder? "
    Da nichts daraufhin deutete sah sie Narcissa fragend an und würde auf ihre Antwort warten. Allerdings musste das Gespräch darauf nicht warten und sie wollte die Antwort auf die Frage Serranas geben.
    "Ich stamme aus Germania Magna. Ich wuchs nördlich des Rhenus aus. Einige Tagesmärsche entfernt vom großen Grenzfluss. Vielleicht ist es dir auch schon zu Ohren gekommen, dass die Stämme im Streit leben. So kam es auch, dass ein anderer Stamm den meinigen angriff und uns vertrieb. Meine Eltern flohen nach Britannien und nach vielen jahren kam ich nach Mogontiacum. Dort fand ich meine restliche Familie wieder. Mein Leben änderte sich grundlegend. Ich erhielt aufgaben in der Verwaltung der Provinz und der Regio und arbeitete lange Zeit dort. Auch hier lernte ich meinen Mann kennen. Doch irgendwann verließen wir Mogontiacum und die Provinz um in Alexandria eine Freundin von mir zu besuchen. Danach kamen wir hierher. Wirklich viel und lange haben wir beide bisher nicht hier in Roma gelebt. Ich bin im germanischen Leben ausgewachsen und mein Mann im Hispanischen. Es sind beide Lebensweisen anders als die hier in Roma."
    Von Allem was auf dem langen Weg hierher passiert ist, wollte sie keine Auskunft geben oder noch keine. Über ihren Weg von Britannien in die Provinz Germania würde sie wohl nie offen sprechen können außer mit engen Vetrauten oder ihrer Familie. Aber das andere reichte ja auchs chon um das Bild eines unsteten Lebens schaffen zu können.

  • Ach, wie herrlich. Narcissa sah mit Begeisterung wie Serrana das Gespräch sehr wohl ohne sie meisterte und lächelte fröhlich vor sich hin. Sie nickte immer mal wieder oder machte ein besonders interessiertes Gesicht, doch im Grunde hing sie ihren eigenen Gedanken nach. Duccia Venusia, die Kinder und ihr Mann lebten also tatsächlich in der Casa und sie hatte von ihnen weder etwas gesehen, gehört noch erzählt bekommen. Seltsam.


    Als Venusia sie fragend ansah, lächelte sie beinahe automatisch.


    "Nein, natürlich nicht. Setzt euch einfach wieder. Ich hoffe die anderen kommen auch noch." Wie auf Kommando knurrte ihr Magen, sie grinste beschämt. "Ich bin nämlich hungrig." sagte sie etwas kleinlaut.

  • Als Venusia mit ihrer Erzählung begann, hing Serrana mit Begeisterung und wachsender Faszination an ihren Lippen und ließ sich auf deren und Narcissas Aufforderung eher automatisch wieder auf der Kline nieder.
    Natürlich wusste sie ein wenig über die Stämme jenseits des Rhenus, ihr Großvater hatte sie immer ein wenig auf dem Laufenden gehalten, aber es war doch ganz etwas anderes, einen Menschen zu treffen, der dort tatsächlich aufgewachsen war. Nicht zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Rom wurde Serrana bewußt, dass ein aus Schriftrollen geschöpftes Wissen zwar wundervoll war, aber das wahre Leben in keinster Weise ersetzen konnte.
    Alexandria, Germanien und Britannien...wie furchtbar klein und beengt war doch ihre eigene Welt bislang gewesen...


    "Das klingt alles furchtbar interessant" sagte sie aufrichtig. "Ich würde wirklich mehr über deine Heimat erfahren, natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht. Ich kenne leider niemanden, der aus Germanien stammt, und der kein.........äh, der zur römischen Gesellschaft gehört."
    Innerlich atmete Serrana erleichtert auf, denn es war ihr gerade noch geglückt, das unschöne Wort "Sklave" auszusprechen. Vielleicht war es ihr ja zur Abwechslung mal gelungen, einem Fettnapf aus dem Weg zu gehen....

  • Vala war zu spät. Er HASSTE es, zu spät zu sein. Pünktlichkeit war eine Tugend, selbst im Zeitalter der fehlenden Präzision in der Zeitmessung. Dazu kam, dass man in der Casa der Decimi irgendwie auf sich alleine gestellt war. Man öffnete ihm die Türe, erklärte ihm, dass die Cena, zu der ihn seine Tante eingeladen hatte, im Triclinium stattfinden würde, und widmete sich dann wieder anderen Dingen.
    Und überließ damit das Finden des Tricliniums einem etwas überforderten Vala.


    Als er letztendlich den Ort gefunden hatte, wusste er über die Küche, den Weinkeller, die Unterkünfte der Bediensteten und über den Abort bescheid. Und das nicht etwa, weil er danach gesucht hatte. Er hörte die Stimmen durch die Tür, strich sich seine dunkelblaue Tunika glatt, klopfte an, trat ein... und blickte ebenso fragend in die Gesichter dreier Damen, wie sie ihn anblickten. Jedoch war seine Tante unter ihnen, was ihn stark beruhigte.


    "Hah, hier bin ich richtig!", versuchte er sich in einem Witz, bevor er zur Vorstellung überging, "Die Damen, meine Grüße. Ich bin Titus Duccius Vala. Entschuldigt die Verspätung.. die römischen Häuser stehen der Stadt in nichts nach, wenn es darum geht sich zu verlaufen."


    Ein angedeuteter Kuss auf die Schläfe seiner Tante stellte einen sehr germanischen Gruß für Mütter und ranghohe Frauen dar, die dann auf ihrer rechter Schulter ruhende Hand ein Zeichen familiärer Verbundenheit während er offen mit einem verschmitzten Lächeln die beiden anderen Frauen musterte.
    Die beiden anderen Frauen von bezeichnender Schönheit, wobei Vala eh das Gefühl hatte, dass die Römer ihre hässlichen Töchter eh nicht aus dem Haus ließen. Keine war älter als zwanzig Winter, somit ein krasser Kontrast zu seiner Tante, die immerhin gestandene Matrona war. Die Cena schien anscheinend recht privat auszufallen, oder er war nicht halb so spät, wie er gedacht hatte.


    "Ich hoffe, ich habe kein tiefes Gespräch gestört?"

  • Zitat

    Original von Iunia Narcissa
    "Nicht?" Sie schaute erstaunt. "Aber du bist nett. Und kommst aus gutem Hause. Ich hätte wirklich angenommen, dass es einige junge Damen gibt, die sich nur allzu gerne mit dir verheiraten würden. Von deren Vätern ganz zu schweigen." Sie zwinkerte ihm zu und trank etwas Honigwasser, wobei sie seinen gemurmelten Kommentar beinahe überhört hätte. "Oder willst du am Ende noch gar nicht heiraten?" fragte sie belustigt und dachte daran, ob sie jemanden kannte, der zu ihm passen würde. Spontan fiel ihr da nur Serrana ein, sie würden gut zusammen passen so höflich und nett wie sie waren. Sie schmunzelte bei dem Gedanken.


    "Doch, natürlich." Narcissa nickte freudig und lächelte ihn herzallerliebst an. "Das ist wirklich sehr nett von dir, dich anzubieten. Ich würd mir gern die Stadt von dir zeigen lassen." Die Tatsache, heute schon mehrere Stunden im Reisewagen gesessen zu haben und eigentlich nur noch etwas Ruhe haben zu wollen, war vergessen. Wer konnte einem so attraktiven und interessierten Mann schon widerstehen? Ihre Augen funkelten. Das würde sicherlich sehr lustig werden. "Aber erst muß ich Livianus fragen gehen." schob sie pflichtbewußt hinterher, innerlich kein Stück auf die Meinung des pater familias gebend.


    Tiberius musste lächeln. Ihre nette aber doch so distanzierte Art gefiel ihm und auch so schien sie recht intelligent zu sein, wenn es darum ging sich gut und geschickt auszudrücken.


    "Das schließe ich damit natürlich nicht aus. Nun...sagen wir es so. Ich muss jetzt noch nicht unbedingt heiraten, noch ein paar Jahre Freiheit vor der ewigen Gebundenheit tun sicher gut." Mit einem freundlichen Gesichtsausdruck erwiderte Tiberius Narcissas Zwinkern und folgte dann ihren weiteren Worten.


    "Ach...Ich denke nicht, dass Livianus etwas dagegen haben wird. Aber wenn du fragen willst, nur zu."

  • "Ah, ein Freiheitskämpfer." witzelte sie und zwinkerte nochmal. "Ich überlass mich einfach deiner Führung. Livianus ist eh noch beschäftigt, mein Fehlen wird also nicht weiter ins Gewicht fallen." Sie lächelte ihn an und stand dann auf um zu signalisieren, dass sie aufbruchsfertig war. "Wohin gehen wir denn?" fragte sie neugierig.

  • "Nein, ich habe nichts dagegen. Ich bin gern bereit dir deine Fragen zu beantworten, die du zu meiner Heimat hast. Es wäre mir eine Freude. Ich denke nur, dass wir uns einen anderen Temrin dafür aussuchen sollten als diesen. Es würde vielleicht den Rahmen des Abends sprengen."
    Wenn jemand ehrliches Interesse am Leben jenseits des Römischen Imperiums zeigte, war sie doch gern bereit dieses zu stillen und Fragen zu beantworten. Gerade hatten sie sich gesetzt als auch schon ihr Neffe irgendeines Grades den Raum betrat. Den Grad herauszufinden, war ihr einfach zu kompliziert und so hatten sie sich auf diese Bezeichnung geeinigt. Nachdem sie ja schon mehrfach einfach Tante geworden war, machte eine Person da nicht so viel aus und es war dieses Mal jemand aus ihrer Familie. So ließ sie sich entsprechend begrüßen und stellte dann die beiden Damen vor. Schließlich war sie die jenige, die inzwischen alle kannte und die Verbindung.
    "Diese junge Dame dort drüben ist Iunia Narcissa und diese hier ist Iunia Serrana. Narcissa hat dieses Essen heute abend in Auftrag gegeben."
    Venusia hatte jeweils auf die gemeinte Dame gezeigt und ihrem Neffen somit vorgestellt.
    "Du hast uns bei keinem wichtigen Thema gestört. Ich habe nur gerade erzählt wo ich bisher so war."
    Scheinbar wurde es nicht mehr hier. Schon etwas sonderbar, aber so konnte man sich vielleicht auch noch einen Moment in etwas kleiner Runde und angenehmer unterhalten.

  • "Oh wie schön, ich danke dir jetzt schon sehr" sagte Serrana erfreut. Die Aussicht, mehr über Venusias Heimat zu erfahren, war wirklich sehr verlockend und am liebsten hätte sie gleich weiter gefragt, aber das würde sicher einen schlechten Eindruck machen.


    Nur einen Moment später betrat wieder jemand das Triclinium, und Serrana ging davon aus, dass es sich jetzt um einen der Decimer handeln musste. Sie sah auf und starrte den Unbekannten dann ohne es zu merken überrascht an. Er schien wirklich unglaublich groß zu sein, soweit sie das von ihrer Position auf der Kline beurteilen konnte, die durchschnittlichen römischen Männer waren in jedem Fall deutlich kleiner. Darüber hinaus trug er zwar die allgemein übliche Tunika, hatte aber dennoch irgendetwas an sich, was ihn von den normalen Römern unterschied. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, war er ausgeprochen attraktiv und Serrana ließ ihren Blick gern noch ein wenig länger auf ihm ruhen.
    Dann stellte er sich vor und damit war auch klar, dass er mit den Decimern im Grunde gar nichts zu tun hatte, sondern ein Verwandter Venusias war. Das erklärte natürlich so einiges.


    Nun war es wirklich an der Zeit, auch irgendetwas zur Begrüßung zu sagen und Serrana kämpfte gegen ihre altbekannte Schüchternheit an. Narcissa hatte zweifellos Recht damit, dass sie sich dringend im Führen von Unterhaltungen üben musste, da konnte sie auch genauso gut jetzt damit anfangen. Eine ältere Matrone wäre sicher eine geringere Herausforderung gewesen als ein baumlanger Germane, aber schließlich war Narcissa ja auch noch da, und damit war das Gespräch sicherlich schon so gut wie gerettet.


    Also nahm sie all ihren Mut zusammen und lächelte den Neuankömmling freundlich an.


    "Es freut mich sehr dich kennenzulernen, Duccius Vala, und du störst wirklich nicht. Setz dich doch bitte zu uns." Nach ihrer letzten Bemerkung erschrak sie sofort über sich selbst. Hatte sie da etwa wirklich gerade in einem fremden Haus einfach die Rolle der Gastgeberin an sich gerissen? Entsetzt sah sie erst zu Narcissa und dann zu Venusia hinüber. Hoffentlich nahmen ihr die beiden dieses ungehörige Verhalten nicht übel...

  • Verus ging gerade am Triclinium vorbei. Er hatte nicht die Absicht an der Festivität teilzunehmen. Er war sozusagen nur auf der Durchreise. Er trug, wie eigentlich immer um die Uhrzeit, einige Schriftrollen und Tabulae auf seinen starken Armen.


    Ein echter römischer Beamter schläft nicht, dies war seine Devise. Sein Schritt war militärisch und stampfend. Man erkannte sofort, dass ein Soldat aufmarschierte. Die alten militärischen Gewohnheiten konnte er nicht ablegen, auch nicht Zuhause. Verus war durch und durch römischer Staatsdiener.


    Eine Schriftrolle verflüchtigte sich, um nun durch die offene Tür in das Triclinium zu rollen. Dort blieb sie offentsichtlich im Raum liegen. Auf der Rolle stand:

    Steueraufkommen der Städte II


    Verus blieb stehen und ging einige Schritte rückwärts. Er blieb in der Tür stehen.


    "Könnte mir jemand die Schriftrolle reichen? Danke!" Er lächelte verlegen und lugte mit seinem Schädel durch die Tür herein. Natürlich umklammerte er seine bürokratischen Schätze nun noch fester, da diese immer noch bedrohlich auf seinen Armen wankten.

  • "Die Freude ist ganz auf meiner Seite..", antwortete Vala mit einem ungewollt wölfischem Lächeln. Er musste sich zusammenreissen, wollte nicht den wilden Barbaren geben, den die Römer so gerne in Menschen seiner Herkunft sehen wollten, und doch war er nur ein Mann, der beim Anblick einer schönen Frau unterbewusst ebenso wie sehr bewusst typisch männlichen Jagdinstinkt entwickelte. Und doch gelang es ihm, den neutral-freundlichen Gesichtsausdruck zurück zu erobern.


    "Dann muss mein Dank also dir gelten, Iunia Narcissa, für die Einladung zu dieser Runde?", sprach er, als er sich setzen wollte, doch wurde bald unterbrochen, als ein Mann beladen mit einem Haufen Schriftstücken hinter der Tür stand. Ihm war wohl eine Schriftrolle runtergefallen, just genau vor dem Raum, in dem sie alle saßen.


    "Was für ein Zufall...", murmelte Vala, der sich sofort zur Tür begab, die Schriftrolle aufhob und sie dem Mann in die Arme legte, "Da habe ich wohl vergessen die Tür richtig zu schließen."
    Dass der Römer ihn einige Tage zuvor an der Porta der Casa wenig freundlich begrüßte, hatte Vala nicht vergessen. Allerdings war er nicht rachsüchtig, wenn auch alles andere als nicht nachtragend.
    "Frohes Schaffen noch.", verabschiedete er den Mann und schloss die Tür, ohne auf eine Antwort zu warten.


    "So, wo waren wir? Achja... danke für die Einladung, Iunia.", wiederholte er das vor der Störung gesagte, und ließ sich auf einer Kline nieder. Allerdings ohne sich wirklich hinzulegen, sondern benutzte sie eher als Bank. Eine der vielen Unpässlichkeiten, die die Heimat mit sich brachte.


    "Aber darf ich mir die Frage erlauben, warum wir überhaupt hier zusammen sitzen? Meine Tante hat mir bisher nicht viel mehr verraten, als dass dieses Treffen überhaupt stattfindet, und ich auch eingeladen bin. Ihr müsst entschuldigen, ich bin neugierig.", fragend blickte er die Frauen mit dezentem Schalk im Blick an, während er sich eine Olive griff und diese in seinem Mund warf, "Und bin ich der einzige geladene meines Geschlechtes? Dann kann ich verstehen, warum Venusia nicht mehr erzählte, wenn sie mich einer Überzahl an schönen Frauen ausliefern wollte."

  • "Danke," rief Verus als ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Gehörte das Haus nun diesem Germanen? Wahrscheinlich. Immer das Gleiche mit diesem Dreckspack. Germanen, Verus verstand sie einfach nicht. Er zog seiner Wege und überließ dem dreckigen Wesen das Feld. Sollte er doch das Triclinium besetzt halten. Verus würde es sich in seinem Officium bequem machen, mit einem Becherchen Wein, einigen Oliven und ein bisschen Brot. Natürlich würde er auch arbeiten müssen, doch das erledigte sich recht schnell. Gut, zwei Horae hatte Verus eingeplant aber das war ja nicht viel.


    Verus war nicht sonderlich erpicht darauf, nun einen Streit vom Zaun zu brechen und so vergaß er die Geschichte.

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