Während der Decimus sein politisches Programm für die nächsten Monate vortrug beschäftigte Vala sich mit der aufgetischten Vorspeise, wobei er einen dezenten Bogen um die in römischen Gerichten allgegenwärtigen Eier machte. Früher, zu einer Zeit an die mit jedem Jahr in Rom unwirklicher erschien, hätte er sich die Finger nach all den opulenten Ovarien geleckt die er bei jedem 'Geschäftsessen' aufgetischt bekam, aber irgendwann machte der Gaumen einfach nichtmehr mit. Sowieso... je öfter er zu Essen eingeladen wurde (was nach seiner Ernennung zum Senator deutlich an Quantität gewonnen hatte), desto eher bestand Vala darauf sich zu Fuß durch Rom zu begeben.. um all das wieder abzulaufen, was er Tag für Tag in sich hineinschaufelte.
"Dein erstes Anliegen scheint mir sinnig...", begann Vala dann nach einem nachdenklichen Moment des schweigenden Essens vorsichtig mit seiner Einschätzung der Projekte des Decimus, nachdem er sich am eingelegten Obst vergangen hatte, "..ein präzise und kompakt formulierter Rahmen dürfte vor allem Neulingen eine hilfreiche Orientierung bieten. Auch wenn ich dir nicht unterstellen möchte, dass du genau das erreichen willst... aber du wirst Debatten wie jene bei deiner Kandidatur nicht verhindern können. So geladen und aggressiv die Stimmung auch war... gegen die inoffiziellen Verhaltensnormen hat sie nicht verstoßen, denn wirklich beleidigend ist niemand geworden. Ich würde zudem darauf verzichten, das ganze in die Form von Vorschriften zu gießen... das würde zu sehr nach Gängelung der Senatoren riechen und du kannst dir vorstellen, wie die Senatoren darauf reagieren würden. Das Gewohnheitsrecht, wie du es bereits erwähntest, einfach zu verschriftlichen würde meines Erachtens vollkommen ausreichen. Nichtsdestotrotz..", schob Vala anerkennend hinterher, "...wäre dies ein deutliches Zeichen der Stabilität und der Ordnung in Rom, wenn der Senat sich unter deiner Leitung wieder beruhigt."
Als der Decimus sein zweites Vorhaben dozierte, war Vala gerade im Begriff doch eins der leidigen Eier zu schlucken... und die Art des Vorhabens ließ ihn dann mitten im Schluck erschrocken innehalten, was dazu führte, dass das Ei Anstalten machte sich in die falsche Röhre zu begeben und Vala damit vom Augenblick der Überraschung in röchelnden Würgen und Husten übergehen ließ.
"Wuaärgs...", röchelte Vala, schlug sich mit Wucht auf die Brust und bekam das Ei nach einigem Trommeln in die richtige Bahn. Ein Schluck dünnen Bieres beförderte es schlussendlich dorthin wo es hingehörte und mit Tränen in den Augen wurde er sich dann doch wieder seiner Gastgeber gewahr: "...entschuldigung...", schnaufte er verlegen und gönnte sich doch noch einen Schluck um sich schließlich die Tränen aus den geröteten Augen zu wischen, "...das... nun... also... Decimus... das ist... überraschend. Und... gewagt. Ich muss da ganz ehrlich sein, Decimus... ich kann mir für die Aufarbeitung der Herrschaft des Usurpators niemanden ungeeigneteren vorstellen als den Vater eines der führenden Köpfe eben dieses Regimes. Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: die Art und Weise wie man versuchte dich und Aquila stumpf in die Reihe der Decimi zu stellen, die unter dem Vescularier profitierten und dessen Regime stützten, ist nach wie vor weit hergeholt und mehr Wunschdenken als der Realität geschuldet... das befreit dich aber keineswegs von der prekären Situation, die deutliches Fingerspitzengefühl erfordert... und bei allem dir für deinen Werdegang und dein Amt gebührenden Respekt: die Aufarbeitung zur Befriedung Roms und der Versöhnung der Gesellschaft, aber eben auch die Sühnung der unter dem Vescularier begangenen Verbrechen an Mensch und Recht benötigt vor allem Glaubwürdigkeit. NEUTRALE Glaubwürdigkeit. Und die besitzt du nicht, Decimus.", gab Vala sich vollkommen unverblümt, da er in dieser Hinsicht falsche Nettigkeit für eher kontraproduktiv hielt. Der Decimus hatte hier offensichtlich eine Entscheidung getroffen die Vala sich nicht anders erklären konnte als durch dessen langes Exil vom politischen Alltagsgeschäft. Demzufolge hielt er es für richtig, ihm hier die durchaus prekären Implikationen frei und frank vorzulegen: "Ich bin mir sicher, du hast nur die besten Absichten... aber was wirst du tun, wenn die Sprache auf einmal auf Faustus Serapio kommt? Dich befangen erklären und die Sache abgeben... und bei allen anderen dann erklären, du wärst neutral?"
Sachte schüttelte Vala mit bedauerndem Blick den Kopf, er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie der Decimus sich in dieser Sache glaubwürdig würde verkaufen können. Andererseits passte es zu der Art des Decimus, und wohl zur Art seiner gesamten Familia: mit den besten Absichten voranpreschen ohne lange drüber nachzudenken und einfach darauf vertrauen, dass Fortuna es wieder richten würde. Dass der Decimus es mit dieser Art dennoch so weit gebracht hatte zeugte deutlich davon, dass Rom trotz aller Diskrepanzen ein geschützter Raum für all jene war, die mit dergleichen Art in anderen Teilen der Welt mit gebrochenem Schädel in der Gosse enden würden.
"Dein letztes Vorhaben erhält dahingehend meine Unterstützung... unter Vorbehalt, dass du nicht jeden Paragraphen des Codex Universalis mit einer Strafe ergänzen willst. Die Bestrafung vieler Vergehen liegt vor allem im Ermessensspielraum der Prätoren, und du wirst diese sicherlich nicht gängeln wollen indem du ihre Tätigkeit darauf degradierst, Urteile auszusprechen die zuvor von dir festgelegt wurden.", kommentierte Vala das letzte Vorhaben des Decimus, "..ich selbst habe gerade vor, die detaillierten Rechenschaftsberichte der Magistrate wieder zu Geltung kommen zu lassen. Dies allerdings, und das muss ich der Intervention meines Patrons zuschreiben, eher durch mein vorausschreitendes Vorbild als durch konkrete Vorlage einer Gesetzesänderung." Womit Vala implizit vorschlug, dass der Decimus es auf ähnliche Weise tun sollte... weniger durch einen gängelnden Gesetzeswust, als durch eine Auffrischung des Gewohnheitsrechts.