Decimus Livianus

  • Zitat

    Original von Sergia Fausta
    ......


    "Ich werde dir bescheid geben lassen sobald sich etwas ergeben hat."


    Livianus erhob sich, als eindeutiges Zeichen dafür, dass er die Zusammenkunft damit beendete, ehe er auch das Wort ergriff.


    "Es war mir wie immer eine Freude dich empfangen zu dürfen. Die Götter mögen ihre schützende Hand über denen Sprössling halten und bitte richte deinen Mann die besten Grüße aus."


    Er nickte seiner Klientin und ihrer Entourage verabschiedend zu und überließ sie mit einem "Valete! einem Sklaven, der sie nach draußen begleitete, während er schon wieder zum nächsten Termin eilte.

  • Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio
    .....


    Man sah es ihn vermutlich nicht an, doch Livianus freute sich und war innerlich erleichtert, seinen Adoptivsohn nach so langer Zeit wieder hier in den eigenen vier Wänden, gewaschen, gepflegt und in einer, seinem Stand entsprechenden Tunika begrüßen zu können. Auch die Information über die erhaltene Ernennung zum Tribun war eine gute Nachricht. Silanus hatte also Wort gehalten und seinen Sohn wieder in die, im Moment kaiserlose Kaisergarde gehievt. Zwar nur als Tribun, aber es war ein Anfang und nur einen kleinen Schritt vom erneuten Aufstieg zum Präfekten entfernt. Doch das Alles war im Augenblick Zukunftsmusik, da abzuwarten war, wer überhaupt der nächste Kaiser sein würde. Er bot Serapio einen Platz an.


    "Setz dich Serapio! Ich komme gerade vom Senat. Ich sage dir, dort geht es drunter und drüber! Wo soll ich da beginnen.....


    Palma hat in seinem Testament keinen Nachfolger benannt. Dieser verdammte Idiot hat es dem Senat überlassen einen neuen Princeps aus seiner Mitte zu wählen. Und als ob das alleine nicht schon schlimm genug wäre, hat er seinen patrizischen Klienten Aurelius Lupus zu seinem Testamentsvollstrecker bestimmt. Einen Mann, der es bisher nicht über die Questur hinausgeschafft hat und der dafür bekannt ist, sehr uneinsichtig und beratungsresistent zu sein. Du kannst dir gewiss vorstellen was da los war. Der Patrizier ist absolut überfordert mit dieser Aufgabe und der Senat dadurch verunsichert. Der Aurelier möchte nun schnellstmöglich eine Abstimmung mit allen anwesenden Senatoren initiieren und einen neuen Princeps wählen – noch diese Woche wenn möglich. Meine Versuche darauf hinzuweisen, dass wir mit dieser Entscheidung auf einen neuerlichen Bürgerkrieg zusteuern könnten, hat er rasch abgetan und ins lächerliche gezogen."


    Der Decimer seufzte tief und schüttelte verständnislos den Kopf.


    "Es kommt mir vor, manche haben aus der Geschichte mit Salinator nichts gelernt. Er dachte auch, er könnte sich hier in Rom zum Kaiser wählen lassen und das ganze Reich würde es einfach so hinnehmen. Und dieser Patrizier drängt und jetzt dazu, den gleichen Fehler erneut zu machen. In 40 unserer 42 Provinzen sitzen Statthalter und Proconsuln, dazu kommen noch 29 Legionslegaten – 69 Senatoren also und allesamt ehemalige Consulare und Praetorier, viele von Ihnen selbst Kaiserkandidaten und mit stattlichen Streitmächten im Rücken."


    Der Consular, der sich mittlerweile ein wenig in Rage geredet hatte, klopfte anfangs mit einem Finger taktvoll auf den Tisch, bei jedem Wort das als nächstes folgte.


    "Sein eigener Patron war einer dieser Provinzfürsten und hat sich zum Gegenkaiser ausrufen lassen und er glaubt nun tatsächlich daran, dieses Mal würden alle die Füße still halten und einfach so die Entscheidung Roms hinnehmen? Noch dazu wo die Tore Roms seit dem Tod des Kaisers geschlossen sind und im besten Fall keiner da draußen eine Ahnung hat, was hier vor sich geht. Es wäre aus meiner Sicht fatal diese Männer von der Entscheidung auszuschließen und sie dann vor vollendete Tatsachen zu stellen."

  • Auch wir erhoben uns. Dann sprach der Decimus von meinem Mann und ich nickte. "Richte ich ihm aus. Liebe Grüße natürlich auch an deine werte Gattin. Ich hoffe, ihr gefällt meine kleine Geschenkidee.", gab ich den Gedanken dann mit einem Lächeln auch zurück. Zum Schluss verabschiedete ich mich mit einem "Vale." und natürlich wünschte auch der Saufeius ganz höflich "Vale, Consular." Dann verschwand der Senator zu seinem nächsten Termin, bevor wir dreieinhalb Gäste (um Missverständnisse zu vermeiden: Meinen Sohn zählte ich als volle Person. Die Sklavin, die ihn trug, die zählte ich hingegen nur halb!) anschließend die decimische Casa wieder verließen. Ich freute mich schon darauf, hoffentlich bald an der kaiserlichen Kanzlei meinen ersten Ritterposten antreten zu dürften.... Wurde ja auch langsam mal Zeit, dass ich diese bürgerliche Postpräfektur hinter mir ließ, oder?

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    Original von Marcus Decimus Livianus
    ...


    "Bei allen Furien..." murmelte ich, als mein Vater begann, mir von den unglaublichen Ereignissen im Senat zu erzählen. Ich saß gebannt auf der Vorderkante des Stuhls, und in meinem Kopf dröhnte, wie ein Schmiedehammer immer nur der Gedanke: Nur nicht wieder Krieg. Bloß nicht noch ein Bürgerkrieg. Nicht schon wieder. Nur nicht wieder Krieg.
    "Der Aurelier war Teil des Verschwörerzirkels, wahrscheinlich hat er ihn deswegen ausgewählt." warf ich ein. Einen direkten Beweis hatte ich zwar nicht, aber starke Indizien, und diese seltsame Entscheidung war ein weiteres davon. Ja, was schweißte inniger zusammen, als die gemeinsame Auslöschung des herrschenden Kaisergeschlechtes?
    "Wenn du ihn aus dem Weg haben willst, könnten wir ihn für den Hochverrat, den er da begangen hat, anklagen." überlegte ich laut. Es wäre wirklich schön, wenn zumindest eines dieser Schweine die gerechte Bestrafung erhalten würde. Aber während ich es vorschlug, dachte ich schon, dass mein Vater die offene Konfrontation wahrscheinlich nicht wollen würde. Und vielleicht war es wirklich... im Augenblick nicht die oberste Priorität. (Und was wenn eine solche Anklage Manius mit schaden würde? Es war kompliziert.)


    "Hm... Heisst es nicht, dass, als Domitian ermordet wurde, der Senat seinen Nachfolger innerhalb eines einzigen Tages gewählt hat?" fragte ich vorsichtig, als mein Vater zu Ende gesprochen hatte. (Ich hatte für mein Examen Tertium an der Academia Militaris einen Haufen Zeug über Domitian lesen müssen.) "Nerva hatte zwar anfangs auch nicht die militärische Unterstützung, doch die hat er sich dann ja später besorgt." Als er Trajan adoptierte.
    Die Bedenken meines Vaters verstand ich absolut, und es war wirklich furchtbar, anscheinend einer Meinung mit diesem aurelischen Hochverräter zu sein, andererseits aber.... "Ähm... verzeih wenn ich dir widerspreche, aber die mächtigen Statthalter, Proconsuln und Legionsleganten werden, wenn sie die Neuigkeit erfahren, doch sowieso nach dem Thron gieren, und eher ihre Truppen in Marsch setzen als gesittet zur Wahl anzutreten...? Und auch bei geschlossenen Toren... werden die Leute sich ihren Teil denken, und sicherlich werden auch Botschaften hinausgeschmuggelt."
    Nervös rieb ich mir über den Schmiss auf meiner Wange. Nur nicht schon wieder Krieg...
    "Ich glaube, dass ein leerer Thron und eine Aufforderung zur baldigen Wahl noch viel mehr Begehrlichkeiten wecken, und ein noch viel größeres Risiko für einen neuen Krieg darstellen! Als wenn ihr jetzt schnell aus euren Reihen einen vernünftigen Mann zum Kaiser bestimmt, und du mit deinen Soldaten, und die anderen, ähm, vernünftigen Senatoren, die auch keinen neuen Krieg wollen, diesen dann entschlossen unterstützt?"

  • "Da hast du vermutlich Recht mein Sohn. Ich setze meine Hoffnung in die amtierenden Consuln. Daher habe ich auch ihre Amtsverlängerung unterstützt. Die beiden werden gewiss dafür sorgen, dass wir diese Kaiserwahlen schnellstmöglich hinter uns bringen und wieder Normalität einkehrt.


    Diesen Aurelier kannst du diesbezüglich vergessen. Auch wenn mir der Gedanke gefiele, ihm aus dem Weg zu haben, so hat er im Moment eine recht große Bühne mit seiner Ernennung zum kaiserlichen Testamentsvollstrecker. Es wäre unüberlegt derzeit gegen ihn vorzugehen und die Senatoren würden nur noch mehr davon überzeugt sein, dass ich selbst die Macht übernehmen möchte."


    Livianus überlegte kurz, bevor er weitersprach.


    "Es ist mir ausgesprochen Wichtig, dass diese Wahlen vollkommen ruhig und ungestört ablaufen können. Da es jetzt schon immer wieder zu kleinen Tumulten kommt und sowohl in der Bevölkerung, als auch im Senat große Erregung herrscht, müssen wir unbedingt für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sorgen. Es wäre mir sehr dienlich, wenn die Prätorianer die Bewachung des Senats übernehmen könnten. Wenn ich wie heute weiterhin meine Urbaner aufmarschieren lasse und das vielleicht auch noch verstärkt, dann befürchten die Senatoren vielleicht noch einen Staatsstreich. Ich bitte dich den Präfekten davon zu überzeugen, dass eure Einheit diese Aufgabe ab Morgen übernimmt......"


    Der Decimer beugte sich nach vorne und sah seinen Sohn eindringlich an.


    "... und das er dir das Kommando hierfür überträgt. Ich hätte dich gerne in meiner Nähe, wenn es im Senat zu Problemen kommt."

  • Die amtierenden Consulen. Amtsverlängerung. Ich biss die Zähne zusammen, um den unflätigen Fluch, der mir da auf der Zunge lag, am Entweichen zu hindern. Auch das noch.


    Mit angespannter Miene hörte ich die Instruktionen, nickte, bestätigte:
    "Ja. Verstanden. Ich sorge dafür. - Ausserdem werde ich sofort Speculatores in die militärisch relevanten Provinzen schicken. Damit wir rechtzeitig erfahren, wenn der nächste Usurpator in Cornelius Fußstapfen treten will." Ob wir es dann verhindern können würden, das stand auf einem anderne Blatt, dachte ich resigniert. "Und wenn du wichtige Depeschen hast, stehen natürlich die Equites singulares zur Verfügung."


    "Was deine Hoffnung auf die Consulen angeht. Ich will dir eine Geschichte erzählen, Vater. Eine wahre Geschichte. Von einem Tisch." fuhr ich fort, humorlos lächelnd. "Nein, ich bin nicht verrückt geworden, bitte schenke mir einfach nur dein Ohr, sie ist auch ganz kurz: Es war einmal..." begann ich, im Tonfall eines Märchenerzählers, "...ein junger Gardepräfekt, der, als er seine erste Besoldung erhielt, so überwältigt war von so unverschämt viel Geld, dass er beschloss, davon etwas ganz besonderes zu erwerben. So ging er zu einem Meistertischler, und ließ sich von dessen Meisterhand den wunderbarsten Schreibtisch den man sich nur vorstellen kann, anfertigen, ein exquisites Kunstwerk, ganz und gar aus nachtschwarzem Ebenholz aus dem fernen Meroe, von schlichter Schönheit und vollendeter Eleganz.
    Der stand fortan in seiner Amtsstube, und der Gardepräfekt arbeitete auf seiner blankpolierten Tischplatte, und freute sich an ihrem seidigen Glanz. Doch dann kam der Krieg, die Truppen des Kaisermörders erwiesen sich als unbesiegbar, der Gardepräfekt geriet in Gefangenschaft, und die Castra unter das Kommando eines senatorischen Tribunen, der sich, zielsicher wie eine Hyäne den größeren Raubtieren, dem Siegeszug des Kaisermörders angeschlossen hatte. Dieser hyänenhafte Tribun nun, nistete sich in der Amtsstube des Gardepräfekten ein, und herrschte von dort aus willkürlich, Bestechungsgelder einstreichend, und seine Macht über die, die in seiner Gewalt waren, sadistisch auskostend.
    Was aber geschah mit dem Tisch, dem besagten? - Der Tribun zückte seinen Pugio, und zerstach die polierte Ebenholzfläche. Ungelenk ritzte, schabte und kratzte er grobe Buchstaben in diesen Tisch, wie ein Schuljunge, bis er schließlich, in seiner barbarischen krakeligen Handschrift, folgende Worte in das Prunkstück römischen Kunsthandwerkes hineingeschnitten hatte: Vala war hier."


    Ich machte eine Pause nach meiner kleinen Parabel, holte Atem. "Und mit genau dem gleichen zerstörerischen Geltungsdrang wird der Duccier auch weiterhin 'seinen Namen überall rein zu schneiden versuchen'. Durch Mauschelei und Machenschaften hat er sich das Konsulat ergaunert. Er ist der schlechteste Konsul den Rom jetzt haben kann, er wird selbst den Thron an sich zu reissen zu versuchen, oder ihn an den Meistbietenden verschachern.
    Dieser Mann hat nicht das geringste Verständnis dafür was Rom ausmacht und was es heißt Rom zu dienen, es geht ihm einzig und allein um seinen persönlichen Machtzuwachs, sein persönliches sich Aufblähen. Als ich in seiner Hand war, als er mich für todgeweiht hielt, da hat er kein Blatt mehr vor den Mund genommen, und herzhaft gespottet über Ehre, Loyalität, sich damit gebrüstet, dass ihm Palmas Verbrechen, dass ihm die unzähligen Kriegsopfer vollkommen gleichgültig sind, solange er nur weiter aufsteigt dadurch. Dieser Mann hat mich gefoltert, er hat Seiana eingekerkert, sie erpresst und die Kinder deines Bruders Magnus unserer Familie entrissen, er hat dich auf das allerprimitivste beleidigt, er hat unsere Familie angegriffen, er ist ein Feind unserer Familie!!
    Und ich versuche ja zu verstehen, dass du ihn im Augenblick unterstützt, in gutem Glauben, um der Stabilität willen, doch ich sage dir, du täuschst dich - er ist einfach nur ein machtgeiles Schwein, vollkommen skrupellos, ohne einen Funken Ehre, und sobald es ihm auch nur den allergeringsten Nutzen bringt, wird er dir ohne mit der Wimper zu zucken den Dolch in den Rücken stoßen."

  • Geduldig hörte sich Livianus die Geschichte seines Adoptivsohnes an, ehe er mit nachdenklichem Gesichtsausdruck eine Antwort formulierte.


    "Ich pflege weder eine Freundschaft noch irgendeine andere Verbundenheit mit dem Duccier. Es kann gut sein, dass er die Gunst der Stunde nutzt und sich mein Ansehen oder meine Stellung im Senat für seine eigenen Interessen zu nutzen macht. Solange er dabei mit meinen Eigenen gleichzieht, kann er dies auch gerne machen. Aber glaube nicht, dass ich so naiv oder einfältig bin zu glauben, dieser.... nennen wir es Waffenstillstand.... zwischen uns beiden habe nun auf immer und ewig bestand. Ganz gleich welche Verbrechen er in der Vergangenheit begangen hat und ganz gleich was du ihm persönlich vorwirfst - der Senat hat ihm zum amtierenden Consul gewählt und ich muss mich, ob ich will oder nicht, mit ihm politisch auseinandersetzen. Und nichts anderes ist es, dass uns derzeit verbindet. Eine kurzweilige politische Allianz die auf beiderseitigem Interesse beruht. Vielleicht schlagen wir uns in einem Jahr beide wieder gegenseitig verbal die Köpfe ein, so wie wir es in der Vergangenheit getan haben. Doch nun stehen für mich andere, Interessen im Vordergrund, denen familiäre Konflikte weichen müssen."

  • "Du, ich, ganz Rom weiß, wie dieser Mann die Stimmen für sein Konsulat zusammengerafft hat. Durch schamlose Manipulation hinter den Kulissen." erwähnte ich das Offensichtliche. Zumindest war ich froh, dass Livianus nicht von einem echten Bündnis sprach, nur von einem Waffenstillstand. Natürlich war er ein schlauer Fuchs, und hatte den Mann schon längst durchschaut, brauchte dazu nicht meine Fabel zu hören.
    "Dass die Stabilität in dieser Zeit jetzt Vorrang hat, das sehe ich ein. Das sehe ich vollkommen ein, und unterstütze dich natürlich voll und ganz darin, das versteht sich ja von selbst. Du kannst dich auf mich verlassen. Und darauf, dass ich nichts unüberlegtes tue. Doch wenn diese Ausnahmesituation vorüber ist, und du den Duccier zur Durchsetzung dieser Interessen, von denen du sprichst, nicht mehr brauchst – dann gilt es, dem Mann seine Angriffe auf unsere Familie endlich gebührend zu beantworten."
    Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
    Es war dünnes Eis auf dem ich da stand, ich wollte nicht wieder in Streit mit meinem Vater geraten, schon gar nicht, nachdem er mir gerade den Weg zurück in die Garde gebahnt hatte, wofür ich ihm zutiefst dankbar war. Mit großer Mühe kontrollierte ich meine Stimme, so dass sie betont ruhig blieb, auch wenn es in mir schon wieder brodelte, bei der Gleichgültigkeit die Livianus gegenüber den mir und den anderen Mitgliedern unserer Familie angetanen Verbrechen an den Tag legte. Wir waren doch Familie! Er war doch unser Pater Familias!
    "Dieses elende Schwein hat unserer Familie wieder... und wieder... und wieder... - milde ausgedrückt - ans Bein gepisst. Wenn wir das hinnehmen... wenn wir nur weiter freundlich lächeln, ihn in dieses Haus einladen und öffentlich unterstützen, dann senden wir damit dem ganzen Reich eine Nachricht: die Nachricht, dass man uns Decimern gerne ans Bein pissen darf - ungestraft. Es ist eine Einladung an jedermann, unserer Familie in Zukunft ans Bein zu pissen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das willst, Vater?"

  • Livianus ließ die Worte seinen Sohnes sehr lange auf sich wirken und wog die möglichen Antworten sehr genau ab, ehe er eine Entscheidung trag und sie Serapio mitteilte.


    "Du hast Recht mein Sohn. Ich erwarte von dir, dass du das Consulat des Ducciers noch abwartest. Danach hast du freie Hand. Da du irgendwann ohnehin unsere Familie führen wirst, überlasse ich es dir, diese Angelegenheit so zu regeln, wie du es für angebracht hältst."


    Livianus war sich sicher Serapio verstand einerseits, dass sein Vater durch sein Amt zu sehr in der Öffentlichkeit stand und auch gewissen Regeln unterworfen war, um selbst in dieser Sache aktiv zu werden und andererseits darin auch eine Art Prüfung für seinen Sohn sah, der irgendwann die Geschicke der Familie selbst zu leiten hatte.

  • Ich hatte recht? Bona Dea - ich blinzelte verblüfft - was war denn jetzt passiert? -
    Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass er handeln würde. Doch er war nun mal Politiker. Zumindest seine Zustimmung hatte ich – auch gut.
    "In Ordnung." antwortete ich. Es ehrte mich, dass Livianus mich als seinen Nachfolger sah, und ich fühlte mich dem mittlerweile auch gewachsen. Trotzdem hoffte ich natürlich, dass das "irgendwann" noch in weiter Ferne lag.


    "Darüber hinaus... gedenke ich, sobald etwas Ruhe wieder eingekehrt ist, den Mord an unserem Klienten, den Sklavenraub, die Misshandlungen und Verwüstungen, die die aufständischen Soldaten der Legio II hier in unserem Haus begangen haben, vor Gericht zu bringen. Ich habe die Sklaven eingehend befragt: Der Centurio, der diese Marodeure angeführt hat, hat seinen Namen laut herausposaunt, bevor sie sich ans Morden und Plündern gemacht haben. Zeugen gibt es genug. Auch Familienmitglieder, nicht nur Sklaven. Und sogar ein Senator ist darunter."
    Nachdenklich fuhr ich mir übers Kinn, blickte meinen Vater fragend und auffordernd zugleich an.
    "Aber ich möchte dir natürlich nicht vorgreifen. Als Pater Familias ist es ja dein Vorrecht, diese Anklage zu erheben und unsere Familie zu vertreten."
    Natürlich würde es mehr Gewicht haben, wenn er selbst in den Ring stiege. Wenn er das denn wollte.

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  • Auch dies war eine knifflige Angelegenheit über die Livianus eine weile nachdenken musste, ehe er einen Entschluss fasste.


    "Die Klage einzubringen sehe ich in der Tat als meine Aufgabe. Was jedoch die Klagevertretung vor Gericht betrifft, so bin ich mir nicht sicher ob ich auch die dafür notwendige Zeit aufbringen kann. Auf eine solche Klage bereitetet man sich nicht einfach so nebenbei vor. Es sind Recherchen zu machen, Augenzeugen zu vernehmen, sowie Akten und Gesetzesstellen zu sichten, wenn man sich einigermaßen darauf vorbereiten möchte. Mir ist auch derzeit kein ähnlicher Fall bekannt, also könnte diese Klage einige Präzedenzfälle schaffen, die ausreichend durchdacht gehören, bevor man sie einbringt.


    Für mich stellt sich also überhaupt die Frage, ob wir dafür nicht einen unabhängigen Advocatus engagieren sollten."

  • "Du hast recht." stimmte ich zu. Ein unabhängiger Advocat, der sich voll und ganz dem Fall widmen konnte, das war besser. Ich war echt froh, dass auch Livianus diese Ungeheuerlichkeit nicht länger auf sich beruhen ließ, statt dessen auch den Mörder zur Rechenschaft ziehen wollte. Wir besprachen dann noch ein paar Einzelheiten des wen und wann und wie.


    Darauf ging es um ein im Gegensatz zum vorher besprochenen echt harmloses Thema:
    "Was ich dich ausserdem noch fragen wollte. Ich möchte mich bei deinem Klienten Iunius Silanus erkenntlich zeigen, dafür dass er auf deinen Auftrag hin meine Ernennung so schnell erledigt hat. Aber ich kenne ihn gar nicht persönlich. Ich dachte an eine Auswahl edler Weine, aber irgendwie erscheint mir das banal angesichts der Bedeutung die diese verdammte Urkunde für mich hat. Hast du vielleicht eine Idee was für eine Art von Geschenk... oder Spende... oder Einladung... seinen Geschmack treffen könnte?"

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  • Livianus lächelte und winkte mit einer Hand den Vorschlag seines Sohnes ab.


    "Da mach dir keinen Kopf Serpaio! Silanus hat von seiner Klientenschaft wohl schon ebenso viel profitiert, wenn nicht sogar noch mehr, als du nun durch diese Beziehungen zu ihn. Aber wenn du unbedingt möchtest, dann schicke ihm ein Fass Wein aus unseren Gütern in Hispania. Diesem Tropfen war er immer sehr zugetan."

  • "Das werde ich tun." Das war ja praktisch, dass der Procurator a libellis auch die rustikalen Genüsse des Lebens zu schätzen wußte. Ich würde gleich nachher zu unserer alten Kellermeisterin gehen, und einen unserer schönsten Tempranillo-Weine auf den Weg schicken. Es ging ja sowieso mehr darum, dem Empfänger einen Hinweis zu geben, dass ich mir dessen, dass eine Hand die andere wusch, durchaus bewußt war.


    "Noch etwas anderes würde ich gerne besprechen. Es geht... um eine Person, die auch unter deinem Patronat steht, aber viel kürzer. Sergia Fausta. Ich habe einiges bedenkliches über diese Frau erfahren." begann ich vorsichtig. Manches mal kam ich mir vor wie eine (männliche, römische) Kassandra. Immer dabei, unschöne Wahrheiten auszusprechen, die keiner hören wollte. Aber das war wohl mein Los. Zu ermitteln, das bedeutete eben auch, die Steine aufzuheben und von allen Seiten zu betrachten, und an der Unterseite der Steine klebten ja oftmals irgendwelche Asseln und bleiches Gewürm.
    "Schon vor längerem hatte ich mitbekommen, wie sie einen Freund von mir skrupellos erpresst hatte. Später dann hörte ich von dem Prozess, den sie gegen den jüngeren Senator Germanicus geführt hat. Ich war nicht dabei, wahrscheinlich weißt du da mehr, aber alle die davon sprachen, meinten, dass es da um eine belanglose kleine Lex-Mercatus-Geschichte ging, um eine lächerlich geringe Summe, und es den Anschein machte, als würde Sergia das Gericht mißbrauchen, um eine persönliche Fehde austragen."
    Ich mochte den Germanicer ganz und gar nicht, aber als ich das gehört hatte, da hatte er doch ein bisschen mein Mitgefühl. Einfach furchtbar, dieses Weib.
    "Und nun ist vor einiger Zeit ein syrischer Händler auf dem Markt ermordet worden, am hellichten Tage, von einem Meuchelmörder der sich seltsamerweise sofort danach selbst erstochen hat. Ich habe etwas nachgeforscht in der Sache, und auch mit den ermittelnden Urbanern gesprochen. Es ist eine lange Geschichte, anscheinend eine komplexe Intrige. Hast du denn noch etwas Zeit, jetzt? Dann erzähle ich sie dir gerne in allen Details. Die Quintessenz meiner Nachforschungen ist: es sieht ganz so aus, als habe die Sergia diesen Händler ermorden lassen, weil er ein Gerücht, möglicherweise auch eine Tatsache, über die mangelnde Sittsamkeit ihrer Stieftochter, damals Vestalin in spe, mittlerweile Vestalin, verbreitete. Und es sieht auch so aus, als habe Sergia die Inszenierung mit dem Attentäter, der sich gleich darauf selbst tötete, genutzt, um den Verdacht auf jemand anderen, unbescholtenen, abzulenken. Ganz und gar eindeutige Beweise habe ich leider nicht gefunden, die Urbaner ermitteln auch noch, aber die Indizien sprechen sehr stark dafür, dass Sergia tatsächlich die Urheberin dieser schmutzigen Intrige ist."

  • Wenn das Leben mit Serpaio eines nicht war, dann langweilig. Sein Adoptivsohn ließ Livianus kaum eine Verschnaufpause nach dieser schweren Entscheidung gegen Duccius Vala auch gerichtlich vorzugehen, sondern ließ gleich eine nächste Bombe platzen. Einer seiner Klienten, oder in diesem Fall Klientin, verwickelt in Intriegen, Erpressung und Mord. Der Decimer atmete tief durch und fragte noch einmal ungläubig nach?


    "Sergia Fausta? Meine Klientin?"

  • Ich nickte stumm, zerknirscht meinem jetzt doch schon so überarbeiteten Vater - wieder mal - hässliche Neuigkeiten servieren zu müssen.

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    Klient - Decima Lucilla

  • "Das kann ich fast nicht glauben Faustus. Und die Urbaner ermitteln? Warum wurde ich dann darüber nicht in Kenntnis gesetzt? Es ist doch allgemein bekannt, dass sie meine Klientin ist."


    Die Sergia nutzte diese Verbindung, wie der Deicmer sehr wohl wusste, bei vielen Gelegenheiten für ihren Vorteil. Bisher war ihm das gleich. Immerhin war es doch genau diese Art Vorteil, die eine solche Patronage mit sich brachte. Doch unter solchen Bedingungen. Livianus schwieg einen Moment.


    "Ich möchte hier keinen Voreiligen Entscheidungen treffen. Würde ich der Sergia meine Patronage entziehen und es würde sich im Nachhinein herausstellen, dass diese Anschuldigungen unhaltbar sind, dann wäre ihr Ruf auch so ruiniert. Ich bitte dich an dieser Sache dran zu bleiben und mich am Laufenden zu halten. Sobald auch nur der geringste haltbare Beweis auftaucht, werde ich sie als meine Klientin verstoßen."

  • "Es ist eine völlig verrückte Intrige." stimmte ich meinem Vater. "Ja, schier unglaublich. Aber es weist wirklich alles auf die Sergia. Und einen gelinden Hang zum Größenwahn kann man dieser Frau wohl nicht absprechen."
    Und dabei fiel mir wieder einmal auf: Ich sollte mir echt ein anderes "Hobby" suchen. Ermittlungen waren etwas wunderbares. Ich liebte es, die Nachforschungen, die Informationen wie Mosaiksteinchen, mein Herz schlug höher, wenn sie begannen zusammenzupassen, wenn sich irgendwann ein Bild ergab, ein Tathergang rekonstruiert werden konnte, ein Verbrechen aufgedeckt, ein Schuldiger entlarvt.
    Und dann kam regelmäßig die Ernüchterung, wenn keiner glauben wollte, das etwas so verworfenes wirklich hatte geschehen können. Wenn die Richter die Mörder laufen ließen, damit diese fröhlich weitermorden konnten. Oder wenn das Verbrechen einfach alle Maßstäbe sprengte, so dass die Menschen sich weigerten, allein aus Selbstschutz, wahrzuhaben was geschehen war. Wenn sie lieber den bestraften, der die Tat benannte, als den der sie begangen hatte. Wie bei der Ermordung der Ulpier. - Oder wenn die Wirklichkeit so wirr war wie bei dieser Intrige hier, wirrer als man sich das jemals würde träumen können....


    "Ähm... die Ermittlungen begannen als Iulius Dives noch senatorischer Tribun dort war, und er hat das ganze wohl.... aus Familiengründen etwas stiller angehen lassen." Ich zuckte die Schultern. Würde ja jeder so machen. Armer Dives, gestraft mit seinem bösen Weib.
    "Und später, als ich den ermittelnden Optio traf... - ein junger Iunier übrigens, Avianus sein Name, Ex-Prätorianer - da sagte ich ihm, dass ich es übernehmen würde dich zu informieren." nahm ich den (damals noch) Optio ein wenig aus der Schußbahn.


    Mein Vater war gutmütig und langmütig wie immer, achtete selbst jetzt noch auf den Ruf dieser Dame. Meine Zähne bissen fester aufeinander als ich daran dachte, dass wir zwar extrem stimmige Indizien hatten, doch natürlich keine unanfechtbaren Beweise – so was war nun mal eine Rarität.
    "Ja, mache ich. Doch solange wir davon absehen, die Frau und ihre Vertrauten verhaften und verhören zu lassen, werden die Beweise und Geständnisse sich wohl weiter rar machen." bemerkte ich verdrossen. Und das mit dem Verhaften fiel wohl (leider) aus.
    - Jedoch...
    "Hmm... Augenblick..." Ich rieb mir über das Kinn, nachdenklich. Das wäre ja zu schön einfach. Aber manchmal stolperten ja auch die kühnsten Pläne über banale Kleinigkeiten. "Du hast doch sicher irgendwelche Post von ihr bekommen. Briefe, Tabulae vielleicht? Hast du da noch welche? Es geht um die Handschrift..."

  • Die Sache mit dem Bürgerkrieg lies Scipio einfach keine Ruhe. Er wollte Anworten auf die vielen Fragen in seinem Kopf, wenigstens auf manche. Serapio wollte er nicht fragen, aber sein Vater, Adoptivvater, schien dafür vielleicht der Richtige. Dummerweise war Livianus nicht weniger als der Praefectus Urbi und eigentlich selbst sehr beschäftigt. Aber ein Versuch war es trotzdem wert und so klopfte er an.


    "Praefectus Livianus, bist du da? Hier ist Scipio."

  • Als Livianus die Stimme des jungen Scipio hörte, blickte er von einem Brief auf, den er gerade durchlas. Er hatte es sich auf einer Kline bequem gemacht, um in aller Ruhe die private Korrespondenz des Tages durchzugehen, die ihm sein teuer Scriba auf den Tisch gelegt hatte. Die Unterbrechung durch den jungen Decimer kam ihm jedoch sehr gelegen, da ihm seine Augen wieder Probleme bereiteten. In letzter Zeit war es immer öfter der Fall, dass er bei längeren Lesen Pausen einlegen musste, da die Buchstaben unscharf wurden oder seine Augen durch die Anstrengung zu Tränen begannen. Natürlich hätte er sich die Schreiben vorlesen lassen können, doch soweit war er noch nicht. Bisher hatte er seine privaten Briefe immer selbst gelesen und dabei sollte es noch bleiben, auch wenn sich immer öfter in seine Gedanken drängte, dass viele Männer seines Alters mit solchen Sehschwächen zu kämpfen hatten.


    "Tritt ein Scipio. Komm nur. Ich bin da."

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