hortus et peristylium

  • "Nein, ganz und gar nicht. Ich müsste es nur erst mit Livianus besprechen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas dagegen hätte. Ihr seid doch Brüder, richtig? Zeit habe ich jedenfalls mehr als genug." Es wäre sicherlich schön einen solchen Ausflug zu machen, auch wenn Narcissa kurz das gefühl hatte, hier etwas verpassen zu können. Sie war schließlich nicht nach Rom gekommen um sich dann auf ein einsames Gut zurückzuziehen. Andererseits mochte es auch seine Vorteile haben, sich noch etwas zu entspannen, bevor sie sich in den gesellschaftlichen Trubel stürzte. Daher lächelte sie freudig und setzte dann ein belehrendes Gesicht auf. "Ein gutes Pferd hat keine Farbe, Verus."

  • Verus lachte leicht. "Livianus... mein Bruder? Ich bin sein Groß-Cousin aus dem griechischen Zweig. Wir stehen uns zwar recht nahe aber wir sind nicht direkt verwandt. Unsere Familie ist groß, musst du wissen." Wie kam sie nur darauf, dass Livianus sein Bruder sei? Verus schmunzelte breit.


    "Dann solltest du das tun. Vorsicht er beißt!" Verus lachte erneut leicht. Er hatte nun seine witzigen Fünf Minuten. Marcus auf seinem Arm fiepste mit und schien sich über Verus Freude mitzufreuen.


    "Ein gutes Pferd hat keine Farbe? Ich habe noch nie ein unsichtbares Pferd gesehen, obwohl es ist ja unsichtbar, das kann man ja auch nicht sehen," scherzte Verus und knuddelte dabei sanft seinen Hund an seiner Backe.

  • "Nein, nicht unsichtbar. Ich meine, wenn es ein gutes Pferd ist, ein treues, sicheres Reittier und kräftig und gesund, was spielt es dann noch für eine Rolle welche Farbe es hat? Es gibt wichtigere Eigenschaften!" Sagte sie mit Nachdruck und diesmal ohne Witz in ihrer Stimme.


    Sie beobachtete vergnügt Hund und Herrchen und dachte, zum ersten Mal überhaupt daran, sich vielleicht auch wieder einen Hund anzuschaffen. Ob Livianus ihr das erlauben würde?

  • Verus zog seine Denkerbraue hoch und schaute sie gespielt ernst an. "Du behauptest also es gibt keine unsichtbaren Pferde?" Er lachte leicht. "Verzeih' mir. Mein Humor ist manchmal etwas seltsam."


    Marcus war gerade eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin. Verus wog ihn sanft hin und her.


    "Ich habe dich verstanden. So sehe ich es auch. Wir Decima züchten schon lange Pferde. Ich wurde ja mit Vier bereits auf ein Pferd gesetzt."

  • "Ich habe jedenfalls noch kein unsichtbares Pferd gesehen!" sagte sie belustigt und grinste ihn an. "Aber ich würde mir eure Zucht wirklich sehr gerne ansehen." Pferde und Hunde waren ihr nun mal sehr sympathisch, die konnte man nicht so herumschubsen wie Menschen. Und sie waren ehrlicher als diese, zeigten ihre Gefühle offen und bedachten ihre Herrchen und Frauchen mit viel mehr Liebe und Treue als Menschen. Selbst, oder gerade dann, wenn man mit ihnen verwandt war.

  • Verus setzte seinen Hund vorsichtig ab. Dieser erwachte. Mit einem kleinen Wuff machte er sich wieder bemerkbar, um mal wieder umher zu wuseln. Verus ging einige Schritte unter die Arkaden. Dort füllte er zwei Tonbecher mit gesüßtem Wein und ging dann wieder zu Narcissa zurück. Er reichte ihr den Becher mit einer schwungvollen Bewegung, den anderen behielt er selbst. "Für deine harte Arbeit!"


    Er lächelte verlegen. Narcissa war ihm auf Anhieb sympathisch, auch wenn sie ein wenig zu jung für ihn war.


    "Sehr gut. Vielleicht wird Livianus uns ja begleiten. Er liebt ebenso Pferde, wie ich," sagte er und beobachtete seinen Kleinen, der um seine Füße tanzte.


    "Darf man fragen, was du hier in Rom suchst?" Jetzt war Verus neugierig geworden und wollte mehr wissen über die wunderschöne Frau vor ihm.

  • Zitat

    Original von Gaius Caecilius Crassus
    Crassus wog nach Livianus Worten abwägend den Kopf hin und her. Nur weil ihm der Praefectus unsympathisch war, wollte er die Gerüchte, die er gehört hatte, nicht überbewerten. Andererseits wollte er eine drohende Gefahr auch nicht übersehen, weshalb er hin und her gerissen war.


    Ich habe auch schon von ein paar Fällen und Vorkomnissen gehört, keine Frage. Es gibt da ja einige Gerüchte, die im Umlauf sind. Aber trotzdem... man redet viel in Rom, wie wir beide gut wissen. Und seien wir ehrlich, jeder der Macht bekommt nutzt sie nicht nur um dem Reich, sondern auch um sich selber zu helfen. einen Moment schwieg Crassus Inwiefern er gegen das Interesse von Valerian handelt kann ich nicht beurteilen. Spielst du auf ein spezielles Beispiel an, hast du da etwas konkreteres gehört?


    "Dieser Mann hilft sich für meinen Geschmack aber zu sehr selbst."


    Livianus wollte auf keine Konkreten Beispiele eingehen. Seine Vertrauten Prudentius Balbus und Aelius Quarto konnten bei einem möglichen Treffen bestimmt genug vorbringen und saßen in Positionen, die auch Crassus überzeugen würden. Er wollte sich nur sicher sein, ob er seinem Freund nach wie vor uneingeschränkt vertrauen konnte.


    "Crassus. Ich möchte nur wissen ob du nach wie vor zu mir stehst und ich dir uneingeschränkt vertrauen kann? Du weißt, ich hätte dir bisher jederzeit mein Leben anvertraut. Doch es ist viel Zeit vergangen und ich möchte nichts von dir verlangen, dass du nicht mehr bereit bist zu geben."

  • Mit einem freundlichen Lächeln bedankte sich Narcissa für den Wein und nippte förmlich daran, darauf bedacht zu erkennen, ob er ihr schmeckte. Sie liebte süße und schwere Weine, die schnell zu Kopf stiegen und einen lang anhaltenden Nachgeschmack hatte. Doch dieser hier war zwar süß, aber nicht dunkel genug. Daher würde sie sich aufs höfliche Nippen beschränken, was bei einer Frau sowieso wohl schicklicher war. Das verlegene Lächeln von Verus entging ihr nicht, auch wenn sie es geflissentlich übersah, sie musste schmunzeln. Wie lange hatte es gedauert? Wenige Minuten, keine halbe Stunde? Er schmeichelte ihr und sie lächelte gönnerhaft.


    Erst als er nach ihren Beweggründen fragte, rollte sie mit den Augen und grinste. "Was glaubst du denn, Verus? Ich bin jung, halbwegs hübsch und noch nicht verheiratet gewesen. Ein Umstand an dem anscheinend mein ganzes Umfeld etwas ändern will." Sie lächelte wehmütig und seufzte einmal ganz theatralisch. Dann zwinkerte sie ihm verschwörerisch zu. "Die Herren vergessen nur ganz gerne, dass ich mir nicht jeden Gefallen lasse. Daher schickte mein Vater mich zu meinem Verwandten und dieser wiederum schickte mich hierhin. Tja, da bin ich nun..."

  • Verus dachte nach und betrachtete einige Blumen im Garten, durch die gerade sein Hund tobte. Dieser kaute einige Blüten ab, zerbiss diese und spuckte sie dann aus. "Entschuldige mich kurz," sagte Verus und spurtete windigen Schrittes zu seinem Hund. "Marcus, bitte!" Marcus schaute auf. Seine Blick zeugte davon, dass er Verus nicht verstand aber verstehen wollte. "Nicht die Blumen fressen!" Marcus machte Wuff, ging zu Narcissa und sprang an ihr hoch. Seine kleinen Pfoten berührten nun ihr Bein. Verus näherte sich den beiden wieder. "Er ist ein kleiner Frechdachs," stellte Verus fest und lächelte Narcissa zu.


    Er kehrte zum Thema zurück, natürlich nahm er vorher noch einen Schluck. "Du bist also die widerwillige Tochter, die die Revolution gegen die Eltern gewagt hat," versicherte sich Verus. "Also ist es eine Erziehungsreise. Ich verstehe. Lass' dich bitte nicht verbiegen, wir haben schon genug Menschen ohne Wirbelsäule und Verstand. Triff' deine Entscheidungen alleine, denn ist das Einzige, was uns bleibt." Verus nickte ihr nun mehr ernst zu, da er ihre Art schätzte und er sich ein wenig in ihr spiegelte.


    "Ich habe den Fehler gemacht, mich vielen anzupassen und Anweisungen zu folgen. Es hat mich am Ende viel gekostet," sprach er wehmütig aus Erfahrung. "Du kannst dich nur selbst schützen und deine Freiheit, die dir zusteht, verteidigen, indem den Mut fasst, zu widerstehen. Die Kraft und Macht kommt aus dem Geist. - Und dein Geist ist hell und wach, ebenso strahlt dein Gesicht, wie ein Stern. Ich kann nicht glauben, dass du dich so einfach geschlagen gibst, nehme ich mal an?" Er lächelte ihr süßlich zu. Lag es am Wein, der seine Sinne betörte?


  • Auf eine direkte Konfrontation wollte sich der Sohn des Livianus anscheinend doch nicht einlassen, da er nicht den Platz zwischen Tiberius und Calena wählte. Auf der anderen Seite war auch Crassus allgemein gegen eine Konfrontation mit Flavus, immerhin war Livianus in der Familie derzeit wohl der einzige, der Tiberius wirklich helfen konnte und auch wollte. Aus Gründen der Höflichkeit beantwortete Crassus die hintergrundlose Frage des Flavus nicht für Calena. Wenn es wirklich zur Sache ging und die Floskeln beendet waren, würde sich der Decimus schon wieder einschalten.

  • Narcissa war verblüfft. Sprachlos. Entsetzt. Und sooo unendlich beeindruckt! Ganz automatisch hatte sie Markus hochgenommen und angefangen ihn zu streicheln, doch nun seine Anwesenheit an ihrer Brust völlig vergessen. Verus ermutigte sie! Sagte, er fände ihre Rebellion gut! Sie hatte mit allem gerechnet, mit wirklich allem, aber niemals hätte sie gedacht, dass man ihr Verhalten gut heißen würde. Das war ... wie ... als ... wenn man ihr die Luft aus den Segeln nahm. Sie stand da und guckte nur ziemlich dumm, erst als er lächelte schüttelte sie vergnügt lächelnd den Kopf. Ihr war seit Monaten niemand mehr begegnet, der es geschafft hatte, sie so völlig aus dem Konzept und dazu auch noch mundtot zu machen. Sie grinste anerkennend.


    "Deine Worte sind wahr. Wahrscheinlich sogar mehr als uns lieb sein kann." Sie lächelte wehmütig und hatte einen schmachtenden und zugleich philosophischen Ton in ihrer Stimme. "Aber du vergisst, dass Frauen keine Freiheit haben. Wir sind unser Vater Untertan, dann unseres Ehemannes. Es mag ein Bruder oder sonstiger Verwandter sein, aber eine Frau ist niemals frei. Allerdings nehme ich mir heraus, mir mein Gefängnis selbst auszusuchen. Wenn ich schon heiraten muß und nur darauf reduziert zu werden scheine, dann wenigstens jemand den ich gewählt habe. Unüblich, ich weiß." Sie zuckte kurz mit den Schultern um zu verdeutlichen wie egal ihr das war, was man gemeinhin als üblich und unüblich bezeichnete. Dann knuddelte sie den Fellball und nippte an ihrem Wein, bevor sie diesen zur Sicherheit lieber wegstellte. Es kam schon Ewigkeiten nicht mehr vor, dass sie einen Kelch freiwillig wieder aus den Händen gab, aber Markus und Verus hatte keine angeheiterte Schnapsdrossel verdient.

  • Was hatte Verus getan? Er war sicherlich selbst überrascht darüber, dass sie plötzlich so schweigsam wurde. Sie lächelte nur. Verus tat es ihr gleich und schaute sie fast lieblich an. Manchmal bedurfte es keiner Worte. Seine tiefen, melancholischen schönen Augen blieben schmachtend in ihrem Gesicht haften. Sie kümmerte sich so rührend, um seinen Marcus. Verus trank einen kräftigen Schluck, seine Kehle war plötzlich so sandig geworden. Seine Hände begannen leicht zu schwitzen. Diese Frau brachte ihn aus der körperlichen und geistigen Fassung.


    "Das Leben kann kein Gefängnis sein, solange man frei denkt. Die Gedanken sind immer frei, wie ein Vogel," antwortete Verus ihr. Ihr Tonfall zog ihn förmlich an und er konnte sich nicht von ihrer melodischen Stimme losreißen.


    "Das Leben einer Frau ist aber sicher und geborgen. Du wirst nie Hunger leiden müssen, du wirst nie kämpfen müssen und du wirst nie alleine sein. Alle werden für dich da sein. Ich denke, dass dies ein geringer Preis dafür ist. Die Götter haben für uns alle ein Schicksal, auch für dich. Nur lehren sie uns leider nicht, wie damit umzugehen ist. Du bist auf dem richtigen Weg, dir dein Gefängnis selbst zu wählen, was wohl dann kein Gefängnis ist, ist ein Hauch von Freiheit. Bewahre dir diese Freiheit. Freiheit ist das höchste Gut eines Menschen und viele sind dafür gestorben oder arbeiten darauf hin." Verus nickte Narcissa lächelnd zu und wandte sich dann wieder seinem Wein zu. Dieser Becher stellte einen gewissen Halt für ihn da, während seine Augen zu ihr schmachteten. "Unüblich, ja! Etwas Besonderes? Ebenso. Etwas Wunderbares? In der Tat," so fixierte er am Ende ihre Einstellung und versuchte ihr so ein Kompliment zu machen.

  • Seine Stimme war rauh, aber erheiternd. Seine Miene ernst, aber seine Augen strahlten. Seine Worte klug, aber mitreißend. Sein Blick schmachtend, aber der eines kleinen Jungen. Sie lächelte und drückte ihre Nase in das warme Fell von Marcus, der sich das gern gefallen ließ. Lag es an ihr oder fing Verus tatsächlich an ihr schöne Augen zu machen? Bei dem Gedanken musste sie grinsen, er hatte bisher weder von Kindern noch von Frauen geredet. Aber wenn sie Livianus Worte richtig in Erinnerung behielt (und sie vergaß selten etwas) dann hatte er drei Nachkommen, Crassus, Serrana und Brutus. Welche sogar alle hier in der Casa lebten.


    "Nenn mich nicht Besonders oder Wunderbar." meinte sie leicht amüsiert und lächelte verlegen, während sie es innerlich mehr als genoß. Er hätte von ihr aus den ganzen Tag mit solchen Schmeicheleien weitermachen können, doch sollte man sowas einem Mann nicht zeigen. Es verkomplizierte nur alles, wenn sie ihrer Wirkung bewußt waren. "Ich versuche nur die beste Mischung zu finden zwischen dem Preis, den ich bezahlen muß und sei er noch so gering, und was ich dafür kriege. Was nutzt einem der netteste oder reichste Mann, wenn man doch nur zu Hause sitzt und den Webstuhl traktiert? Nichts, Verus, rein gar nichts." Sie lächelte ihn halb anerkennend, halb spaßig an und schmunzelte. Ob es wohl in Livianus oder Silanus Interesse war, würde sie Verus um den Finger wickeln. Viel dafür musste sie wohl nicht mehr tun, so wie er sie ansah. Der Gedanke war erheiternd und zugleich erschreckend. In einer Ehe mit ihm würde sie allemal genug zu plaudern haben und vielleicht sogar Zeit mit ihm verbringen wollen. Die Frage war nur, konnte er es mit ihr aushalten, wenn sie mal nicht so melancholisch und nachgiebig war wie heute? Würde sie Einfluß auf ihn nehmen können.


    Nachdem sie sah, dass Marcus sich an sie geschmiegt ins Reich der Hundeträume verabschiedet hatte, begann sie ihn sanft hin und her zu wiegen, ganz wie ein Kind vielleicht. Das ließ ihr eine freie Hand um wieder nach dem Wein zu greifen. Sie seufzte zufrieden und ging einige Schritte zur Seite um sich die Blumenbeete anzusehen.


    "Livianus hat mir erzählt du hast drei Kinder, die ebenfalls hier wohnen. Deine Frau und du müssen sehr stolz sein. Was machen eure Kinder?" Ihre Frage klang halb interessiert und halb höflich. Das war der beste Weg um an die Informationen zu kommen, die man haben wollte. Sie lächelte ihn mit einem ihren nettestens und bemerkenswertesten Lächeln an und war gespannt auf seine Reaktion.

  • Verus beobachtete seinen Marcus auf den Armen der Iunia. Innerlich bewunderte er sie. Marcus hatte Tage gebraucht bis er bei ihm so einfach einschlief. Verus war zwar sein Ziehpapa aber es fehlte wohl das Herz einer Frau, um Marcus friedlich entschlummern zu lassen.


    "Viele Frauen sitzen nicht nur Zuhause. Es gibt auch Männer, die ihren Frauen viel Freiheit lassen. Ich zum Beispiel, würde eine Frau niemals einschränken. Ich bin ein Mann, der der Meinung ist, dass jedes Geschöpf seine Freiheit verdient, seine Freiheit zu entscheiden, seine Freiheit Fehler zu machen und seine Freiheit zu leben," philosophierte er dahin, während er nervös seinen Becher in seiner Hand drehte. Dies tat er immer, wenn er nervös war und Halt suchte. "Es ist ein unerschütterliches Gut, dass einem niemand nehmen kann. - Auch nicht in Gefangenschaft. Es kommt auf die geistige Einstellung an. Wer im Geiste frei ist, wird auch weltlich frei sein."


    Verus atmete tief ein und aus. Er musste sein Herz beruhigen, das wild pocherte. Sein Blut kochte förmlich.


    Das Thema! Verus hatte sich immer davor gefürchtet: Seine Frauen. Er schluckte und seine Mimik vermischte sich mit einem traurigen Blick, der Blick eines Alten, der sich an vergangene Zeiten erinnert.


    "Meine erste Fau," sprach er etwas leiser und nachdenklicher. "Habe ich verlassen. Damals war ich recht jung und verstand nicht viel von Verantwortung oder Pflicht, was heute anders ist. Sie war auch nicht meine Frau, sondern meine Amica. Ich wusste nicht, dass sie schwanger war. Sie gebar zwei Kinder. Sie berichtete mir nie etwas davon und ich schämte mich, zurückzukehren. Ich hatte Angst vor der Verantwortung. Dann ist sie gestorben und ihre Kinder kamen zu mir. Ich nahm sie selbstverständlich auf. Doch ich konnte nie wirklich eine Beziehung aufbauen. Es ist ein schlechtes Gefühl, was ich jeden Tag habe. Ich habe versagt als Vater und als Mann. Sie leben zwar hier aber mein Sohn scheint mich zu benutzen und für seine Zwecke zu missbrauchen. Er ist sehr kühl und distanziert. Ich hätte als Vater da sein müssen, war es aber nicht. Meine Zweite Frau, sie lernte ich auf meinen Reisen kennen. Ich verlobte mich mit ihr und dann starb sie. Sie gebar mir auch einen Sohn, den ich natürlich anerkannte aber wohin sollte ich mit ihm? Ich beließ ihn bei der Familie meiner Frau. Ich war nicht bereit. Er wuchs dort auf und dient heute im Militär. Ich habe kaum bis garkeinen Kontakt zu ihm. Meine Kinder entstanden alle als ich recht jung war und diese Fehler verfolgen mich bis Heute. Damals war ich ein egoistisches Monster ohne Pflichtgefühl und Ehre." Er seufte traurig und einige Tränen füllten seine Augen. Verus versuchte diese zu verstecken. "Entschuldigung."

  • Freiheit, Freiheit. Was hatter er nur immer mit dieser Freiheit? Sie brachte einem weder Brot und Oliven auf den Tisch, noch Ansehen oder Macht. Dennoch nickte Narcissa. Es war ein netter Gedanke. Verus ein netter Mann. Und nett war etwas, mit dem Narcissa gemeinhin nicht viel anfangen konnte. Ihr fehlte der Anreiz, der Streit, das Machtspiel. Dennoch war Verus ihr in der kurzzen Zeit, die sie sich nun kannten, ans Herz gewachsen. Er beeindruckte sie auf eine recht unspektakuläre Art, er war der erste und bisher einzige Mann, der ihre Art sich durchzusetzen guthieß. Wahrscheinlich, weil er noch kein Opfer ihrer Unlust und Gereiztheit gewesen war. Sie schmunzelte, Selbsterkenntnis konnte ganz schön weh tun.


    Eine Erfahrung, die Verus ebenfalls gemacht zu haben schien. Sie lächelte traurig, stellte ihren Becher ab und trat näher zu ihm. Aufmerksam hörte sie sich seine kurz erklärte Lebensgeschichte an, nickte mitleidig und legte ihm zum Schluß ihre Hand auf seinen Unterarm. "Ein Kind kann kein Fehler sein, Verus. Sie mögen mittlerweile eigenständige Menschen sein, die sicherlich anders über dich denken würden, wärst du ihnen in ihrer Kindheit ein Vater gewesen. Das stimmt. Aber, bei den Göttern, du kümmerst dich jetzt, was wollen sie denn mehr?" Sie blickte ihn aufmunternd an. Narcissa dachte kurz an das Monster, für das sie ihren Vater hielt und mit dem sie kein Wort mehr sprach. Vielleicht war sie nicht die beste Geprächspartnerin bei diesem Thema. "Du warst jung und hast deine Freiheit genutzt, hast Fehler gemacht, hast diese eingesehen und daraus gelernt. Eine schmerzliche Lektion und auf Kosten anderer. Aber sie hat dich zu dem gemacht, der du heute bist. Du hast Demut gelernt. Und schlußendlich auf Pflichtgefühl und Ehre."


    Als er heulte, rollte sie innerlich mit den Augen. Die erste Spur Ungeduld machte sich in ihr breit, dennoch strengte sie sich an und lächelte. Das waren mehr Informationen als sie gewollt hatte. Aber es stachelte ihre Neugierde an, seine Kinder zu treffen.

  • Verus zog eine Augenbraue hoch. War das nun eine Art Spiel für sie? Er wollte nicht unhöflich sein aber irgendwie kam ihm dieses Mitgefühl gespielt vor. Sie hatte ihn nicht ganz verstanden. Er wollte kein Mitgefühl für eine Schuld, die er selbst sühnen musste. Es war seine Schande und mit dieser musste er leben. Als sie ihre Hand sanft auf seinen Unterarm legte, lächelte er verlegen. Es war lange her, dass ihn eine Frau berührte. Ein merkwürdiges Gefühl stieg in ihm auf. Er schluckte.


    "Was hätte ich sein können, wenn ich ein guter Vater gewesen wäre?" Er atmete ein und aus. Sein breiter Brustkorb füllte sich. "Pflichtgefühl und Ehre. Leere Worte, wenn man ihre Bedeutung nicht kennt und dafür bist du noch etwas zu jung", kritisierte Verus. Er meinte es nicht gehässig, viel mehr sprach er aus Erfahrung. Er war Soldat und hatte für Rom viel geopfert im Gegensatz zu ihr. Verus leerte seinen Becher mit einem Satz.

  • "Ich bin jung, Verus, aber kein Kind mehr." sagte sie laut und deutlich, aber auch traurig. Manchmal wünschte sie sich, wieder ein Kind zu sein. Das Leben war einfacher gewesen. Und Zenon an ihrer Seite. Sie wurde nicht gerne als zu jung betitelt, es hatte immer den schalen Beigeschmack, dass sie für etwas zu dumm oder unfähig war.


    "Wärst du bei deiner ersten Frau geblieben, wäre dein Leben ein völlig anderes gewesen. Und das der Frau und deiner Kinder ebenso. Aber ist es nicht müßig über `wenn`und `hätte`nachzudenken? Du sagtest selber, dass die Götter dein Schicksal kennen aber nicht verraten, wie man damit umgehen soll. Es ist wie beim Würfeln, deine Augen können noch so hoch sein, wer weiß schon, was das Leben für eine Augenzahl würfelt? Gewinn, Verlust, Freude, Leid, Liebe und Tod - all das liegt so dicht beinander, dass es manchmal schwer ist die Unterschiede zu erkennen."


    Sie lächelte wehmütig und beließ ihre Hand auf seinem Unterarm.

  • Verus presste Luft durch seine beiden Nasenflügel. Ein leicht erleichtertes Rauschen entstand. "Du hast Recht," sagte er nachgestellt. Sein Blick wanderte wieder in ihr Gesicht. Ihre Augen glänzten so, wie die Seinen. Es war ein wunderbares Gefühl von ihr berührt zu werden. Auch Marcus schien sie zu mögen, warum fühlte sich Verus dennoch irgendwie enttäuscht von ihr? Er wusste es nicht.


    Verus entfernte sich von ihr, um die beiden Becher zu entsorgen. Er stellte diese beiden wieder auf das Tablett und kehrte dann wieder zurück.


    "Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wunderschöne Augen hast? Wenn nicht, tue ich es nun: Du hast wunderschöne Augen, Iunia."


    Verus wollte ihr ein Kompliment machen und das tat er nun, da ihn das andere Gesprächsthema ermüdete.

  • "Oh, danke." sagte sie und lächelte ihn selbstbewußt an. Vor ihm hatte sie es nicht nötig, dass scheue Mädchen zu spielen, dass sie ja eh nicht war. Rot anlaufen und beschämt zur Seite gucken war nicht ihre Art. "In meiner Familie haben eigentlich alle braune Augen und braune Haare, nur meine Schwester Vestina und ich fallen aus der Reihe. Sie hat ebenso blaue Augen wie ich und ist blond, meine Haare sind dagegen so dunkel, dass sie eher schwarz als braun sind." Sie zuckte mit den Schultern. Sie gefiel sich und ihre Schwester würde sowieso zu einer formvollendeten Schönheit heranwachsen, da war sie sich absolut sicher. Sie vermisste Vestina, beinahe so sehr wie sie Zenon vermisste. Wenn ihre Schwester nur schon älter wäre, dann hätte man sie nach Rom holen können und verheiraten. Am besten natürlich an jemand nettes, aus der Nähe, so dass man sich gegenseitig besuchen könnte. Sie lächelte. Das war wohl nur Wunschdenken.


    In einer einzigen, eleganten Bewegung überreichte sie den fortwährend schlafenden Markus zurück an seinen Besitzer. Dass sie sich dabei berührten, konnte nur Zufall sein.


    "Und ich finde, du bist der außergewöhnlichste Mann der mir jemals begegnet ist. Ein richtiger Philosoph!" Sie kicherte kurz und sah ihn dann anerkennend an. "Es passiert nicht oft, dass es mir die Sprache verschlägt. Du aber hast das geschafft."

  • Verus seufzte als ihm der Hund übergeben wurde. Seine Arme umschlossen den warmen Fellball. Dieser wachte kurz auf, betrachtete Verus und schlief dann wieder ein. Die Berührung von Iunia empfand Verus als äußert angenehm. Eine gewisse Wärme sprang auf ihn über.


    "Wenn alle in deiner Familie so schön sind, wie du und das kann ich aus deinen Worten entnehmen, seid ihr wahrlich von Venus gesegnet," sagte Verus mit einem schmachtenden Lächeln. Könnte er sich vorstellen die Iunia vor sich zu heiraten? Ja, sicherlich aber jetzt noch nicht. Zumal er nicht mehr heiraten wollte. Er war einfach zu alt und das wollte er ihr nicht antun. Sie brauchte einen jungen, frischen Mann, der mit ihr mithalten konnte.


    "Ich bin nicht außergewöhnlich. Ich bin, was ich bin und das ist auch gut so. Die Götter schufen uns und aus diesem Grund müssen wir perfekt sein. Die Götter erschaffen nichts ohne Sinn. Ich habe dir die Sprache verschlagen? Das wollte ich nicht, deine bezaubernde Stimme darf man nicht verschlagen."


    Wieder schmachtete er in ihre Augen.

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