• Am besten in Misenum, dann wären wir Nachbarn dort!“ scherzte Caesoninus, als sein Freund laut darüber nachdachte sich ebenfalls ein Stückchen Land im Süden der italischen Halbinsel zu kaufen. Vielleicht wäre das ein Grund vllt mal öfters dann hinunter zu fahren.
    Nach seinen eigenen Ausführungen zu seinem Werdegang erwähnte Casca, dass er sich seinerseits ein wenig in der Architektur fortgebildet hatte. Gerade wollte er darauf antworten, als er noch vor dem Satzbeginn wieder abbrach und von neuem begann, da ihm eine Idee gekommen war. „Hm, weißt du was? Ich habe vielleicht eine Idee, die dein öffentliches Repertoire ein wenig stärken könnte. Du weißt ja vllt, dass ich nach dem Ende meiner Amtszeit als Vigintivir für ein Jahr lang von Rom abwesend sein werde, um als Tribun in den römischen Legionen zu dienen, so wie das jeder plebejische Politiker tun muss. Natürlich wird für diese Zeit dann meine Planstelle als rechte Hand des Praefectus Urbi in der Baukommission der neuen Station vakant sein, was hälst du davon, wenn du solange dafür als mein Stellvertreter einspringen würdest? Ich kann das für dich arrangieren, wenn du willst, was sagst du dazu?“ Ein sehr verantwortungsvoller Posten, zweifellos, doch Caesoninus war sich sicher, dass Casca das stemmen konnte, wo er ja jetzt so viel über Architektur wusste. Außerdem hatte er ja schon ein wenig Erfahrung in der Administration, wo er ja als Stellvertreter von Iulius Dives in der iulisch-claudischen Societas fungierte. Da war die Mitarbeit in der Baukommission eines öffentlichen Bauprojekts der Stadt nur der logische nächste Schritt.
    Als dann die Sprache kurz auf die decimische Hochzeit kam, wollte es Caesoninus hierbei natürlich auch etwas genauer noch wissen. „Wie läuft es denn so mit den Hochzeitsvorbereitungen und bist du schon aufgeregt? Außerdem glaube ich mich nicht zu erinnern schon einmal von deinem Hochzeitsantrag an deine Liebste gehört zu haben, wie lief der denn so ab?
    Konnte ja gut sein, dass Caesoninus selbst bald mal so etwas durchziehen musste, da waren Erfahrungsberichte von anderen bestimmt nützlich.


    Der Höhepunkt des bisherigen Treffens jedoch kam, als Casca den iulischen Sklaven Alexander dazu aufforderte sich doch ebenfalls zu ihnen auf eine der Klinen zu legen so wie ein gleichberechtigtes Gesellschaftsmitglied. Bislang hatte Alexander vollkommen zufrieden mit sich und der Welt Möbelstück gespielt und war reglos im Hintergrund herumgestanden, als diese Forderung jedoch plötzlich wie aus dem Nichts kam, hatte er einen gehörigen Schreck bekommen. Er, ein Sklave, sollte mit den beiden Domini zu Tisch liegen? Durfte er das überhaupt, oder würden ihn die Götter sofort an Ort und Stelle mit einem Blitz erschlagen ob dieses Frevels, auch wenn er von seinem Herrn gebilligt werden mochte? Unsicher blickte Alexander zu Caesoninus, der wegen des verdatterten Gesichtsausdrucks seines Cellarius lachen musste. „Alles in Ordnung, leg dich zu uns und trink ein paar Schlucke!
    Langsam nur und gaaaanz zögerlich näherte sich Alexander mit misstrauischem Blick der Kline, ganz so, als ob er erwartete im nächsten Moment von ihr angefallen und unter ihr begraben zu werden. Endlich hatte er sie erreicht und sich auf sie gelegt. Seine ganze Körperhaltung war noch sehr verkrampft und steif, auch jetzt noch empfand Alexander es als mehr als falsch was er hier machte. War er auch sonst immer der missgelaunte Miesepeter in diesem Moment war Alexander ein schreckhaftes kleines Mäuschen so weit aus seiner Komfortzone heraußen, wenn nicht sogar ein Mäusejunges.

  • Gegen ein schönes, ruhiges Plätzchen in Misenum hätte ich natürlich nichts einzuwenden gehabt, doch wurde meine Anwesenheit eben in Rom verlangt. Eben in dieser Casa und zur Vorbereitung meiner Ehefeierlichkeit. Was danach geschehen würde konnte man immer noch sehen. Ich hatte mir ja bereits meine Gedanken bezüglich einer eigenen Familie gemacht und so viele Kinder wären in Rom wohl fehl am Platze und ein Aufwachsen auf dem Land oder an der Küste sollte der allgemeinen Gesundheit doch zurträglicher sein als eine bisweilen völlig überfüllte und enge Stadt. Ungefährlich war diese ja bisweilen auch nicht. In diese Richtung hatte ich zumindest meine Gedanken gewendet, doch noch waren ja überhaupt keine Kinder da und ich war eben noch nicht einmal verheiratet. Dann lauschte ich allerdings wieder meinem Freund, der nun meinte, mein öffentliches Repertoire ein wenig stärken zu können, denn Caesoninus sei für ein Jahr abwesend und seine Stelle dann vakant. Ich staunte nicht schlecht. So wenig schlecht, dass sich wohl für einen kurzen Moment meine Augen nun doch weiteten.
    “Eine große Ehre, den Legionen und somit Rom zu dienen!“, sagte ich aber doch als erstes, auch wenn mir dies niemals beschieden sein würde. Dazu mein Bein und meine Konstitution zu schwach, auch wenn ich micht in meiner Jugend so oft bereits als Feldherr gesehen hatte, sodass mein Unvermögen bisweilen recht lästig und frustrierend an meiner Seite gewesen waren. Doch grämen wollte ich mich darüber ja nun nicht länger. Das hatte ich mir vor Jahren schon geschworen. “Als dein Stellvertreter?“, hakte ich dann aber noch einmal nach und nickte dann. “Dann muss ich mich bereits jetzt für dein Vertrauen bedanken!“


    Ich grinste ein wenig. “Nun, wenn der Praefectus Urbi dagegen nicht einzuwenden hat, so wäre ich natürlich bereit dich auf diese Weise nach Kräften zu unterstützen!“ Dazu nickte ich und seufzte dann. “Und meine Hochzeitsvorbereitungen? Ja, sie laufen und laufen.“ Ich lächelte sanft, als ich an meine Liebste dachte. Die schöne Verlobung am Strand, die viele Zeit, die wir beide noch teilen würden. “Oh. Der Antrag war ganz im Privaten. Genau so wie unsere Verlobung. Wir sind ein wenig gereist. Nur die Götter und wir!“, stieß ich dan schwärmerisch aus. “Wir wollten die Familie und die Bekanntschaft ein wenig daheim zurück lassen und dafür unsere Hochzeit in großem Kreise begehen!“ So manch‘ einer schien für soetwas kein Verständnis zu haben, doch konnte ich mir nicht vorstellen, dass mein Freund Caesonius auch zu diesen Kreisen zählte.


    Dann schaute ich dem Sklaven Alexander entgegen, welche die Ehre, mit bei uns zu Tisch liegen zu dürfen offenbar ein wenig peinlich zu berühren schien. Ich sah ihm also wie mein Freund Caesoninus dabei zu, wie er sich schleppend langsam und zögerlich auf und zu uns herüber machte und dabei recht misstrauisch wirkte. “Nur zu, Freund Alexander!“, forderte ich dazu noch einmal auf. “Verbunden im Geist des Weines ist es doch eine Freude auch einen Sklaven bei sich zu haben, der diesen auch bewerten kann!“, gab ich wohl auch etwas übermütig von mir. “Also! Also!“ Fast schon ungestüm übermütig deutete ich also noch einmal auf die besagte Kline neben mir und Caesonius und sah dann aus dem Augenwinkel einen Schemen an der Tür. Es war der junge Sklave Nicon, welchem ich nun meine Aufmerksamkeit schenkte. “Nicon!“, rief ich dann. “Los! Lauf in die Küche und mach‘ ihnen ein wenig Beine! Nepomuk soll in den Keller und von unseren besten Weinen holen! Und schnell, Nicon! Ah! Und ein kleines Mahl!“, ließ ich dann noch folgen. Der Junge nickte und rannte davon. Irgendwie hatte er ein Gesicht gemacht, als hätte er zuvor schon wieder etwas ausgefressen. Das geschah manchmal, doch sollte mich jetzt nicht grämen. “Ich hoffe, du hast nichts mehr vor, Caesonius!“, erklärte ich dann ein wenig verschwörerisch. “Meines Empfindens nach sind unsere Weine sehr gut und man kann gar nicht aufhören, von ihnen zu kosten!“

  • Casca schien ähnlich wie Caesoninus selbst beeindruckt von der Aussicht zu sein bald schon in den Legionen für Rom ins Feld ziehen zu dürfen. Er nahm einen träumerischen Gesichtsaudruck an, als er sagte: "Ja, ich bin selbst schon ganz gespannt darauf! Schon als kleines Kind habe ich mir immer vorgestellt wie es wohl sein würde einmal selbst Legionäre ins Feld führen zu können, mit diesem Tribunat wird das wohl meine erste Gelegenheit sein dies einmal selbst fürs erste erproben zu können. Mal sehen wie gut ich mich gegen hartgesottene Soldaten durchsetzen und ob ich mit ihnen mithalten kann!" Das war ja immerhin nicht selbstverständlich. Vielleicht würde er sich im ersten halben Jahr ihr Vertrauen erst mal verdienen müssen, weil die wackeren Krieger in ihm bloß einen gepuderten Schönling sehen würden, der sich zu fein für ein wenig Dreck und nur hier war, um in seiner politischen Karriere weiterzukommen. Doch dem war nicht so! Caesoninus wollte ja kommandieren und Militärluft schnuppern! Dafür war er dort, dafür war wer geboren. "Ich freue mich schon darauf bald im Kommandozelt zusammen mit den anderen Tribuni zu sitzen, mal sehen wen ich so als Kollegen bekommen werde. Aber das kann ich mir ja nicht aussuchen, das weiß ich schon. Ich freue mich jedenfalls. Im schlimmsten Szenario wird nichts passieren und ich werde bloß zwölf Monate am Exerzierplatz verbringen, ehe ich wieder zurück nach Rom kann. Im besten Fall jedoch gibt es einen Konflikt mit Barbaren und ich kann einmal selbst nachfühlen wie sich die großen Feldherren der Vergangenheit so gefühlt haben mochten im Gefecht mit den Wilden! Vorbereitet hätte ich mich ja schon zur Genüge. So hat mir Octavius Maro, Centurio der Urbaner, einige Monate lang militärischen Unterricht erteilt, damit ich für meine Aufgabe gerüstet bin und ich habe mich auch so viel mit militärischer Literatur auseinandergesetzt. Es wäre wohl die größte Blamage überhaupt, sollte ich trotzdem versagen, aber ich bin zuversichtlich, dass sich das vermeiden lässt." Caesoninus grinste angesichts dieses Scherzes.


    Es erfreute Caesoninus, dass Casca wohl ehrlich interessiert an seinem Angebot schien ihn auf der Baustelle vertreten zu wollen. Sehr gut, so würde er durch seine lange Abwesenheit Senator Claudius Menecrates nicht unnötig im Stich lassen, sondern wusste ihn mit Casca als Caesoninus-Ersatz in guten Händen. Denn er vertraute den administrativen Fähigkeiten des Decimers. "Es ist im Grunde ganz einfach, du wirst schon sehen. Zugegeben am Anfang mag es vielleicht alles ein wenig erschlagend sein, weil es auf einmal auf einen gleichzeitig zukommt, aber du wirst dich schnell zurecht finden, da bin ich mir sicher. Wenn man die Milites der Urbaner erst einmal kennt wird man feststellen, dass es eigentlich alles nette Leute sind und ganz alleine wirst du ja nicht sein, wo es ja auch noch andere Leute in der Baukommission gibt. Auch ein Stab von Schreibern wird dir als rechte Hand des Praefectus Urbi unterstellt sein, auch alles fähige Leute mit einer einzigen Ausnahme. Auf einen Schreiber namens Gnaeus wirst du nämlich permanent ein Auge haben müssen, weil er dazu neigt Unfälle und Katastrophen magisch anzuziehen. Bestimmt wird er auch dich einiges an Schweiß kosten, wenn es daran geht seine Fehler auszubügeln, bevor der Praefectus Urbi Wind davon bekommt, glaube mir." Hätte es in Caesoninus' Macht gelegen, er hätte Gnaeus längst gefeuert. So jedoch war er eben seine Nemesis.


    Als dann Alexander neben ihnen zu Tische lag, ging die Komödie mit ihm weiter. Der Cellarius hatte ja vorher schon gewusst, dass Decimus Casca ihn mit haben wollte bei diesem kleinen Treffen, damit er die Qualität des decimischen Weinkellers erproben würde aufgrund der Tatsache, dass er ihn beim Hortusfest so von seinen Qualitäten als Weinkenner beeindruckt gehabt hatte. Doch dabei hatte sich Alexander eigentlich vorgestellt, dass er allein im stillen Kämmerlein unten bei den Weinen sein und seine Arbeit verrichten würde, während sich die hohen Herren untereinander bei Wein und Geplauder vergnügen würden. Oh ihr Götter, was hatte er nur getan, dass er jetzt hier liegen musste! Er beäugte den schon vor ihm stehenden Weinkelch. Dann nach einem Moment streckte er die Hand aus und griff nach ihm, ehe Alexander den Kelch an den Mund und die Nase heranführte und daran schnupperte. "Ich werde mein bestes geben, um euch wohlgesonnen zu stimmen, verehrte Domini" sprach's und nippte dann daran.

  • - > Atrium



    [Blockierte Grafik: https://abload.de/img/sin-nasir5ujdk.gif] | Sin Nasir [Blockierte Grafik: https://abload.de/img/nepomukavatarr9jvs.gif] | Muckel


    Da saßen wir nun also. Das hieß, Muckel saß ein wenig verklemmt auf einer der Clinen und blickte zweifelnd von einem zum anderen und Sin Nasir und ich lagen auf jeweils einer Cline, uns gegenüber.
    Philodemos, der Küchengehilfe war so frei, ein paar Kostbarkeiten zu bringen. Sowas wie kleine, gefüllte Eier, etwas Käse, Weintrauben und ein paar noch saftige Fleischscheiben vom Vortag. Dazu gab es reichlich Brot, gutes Olivenöl und für meinen Teil einen recht orbitanten Schuss Garum obendrauf. Ein Essen ohne dieses kam für mich noch immer nicht infrage, obwohl man bereits mehrere Versuche unternommen hatte, mir diese vermeindliche Unart abzugewöhnen. Selbst die gute alte Candace, unsere Coqua, meinte schon, dass es nur wenig Freude bereiten würde für mich zu kochen, da ich eh alles im Garum versenken würde. Ein Schande, was mich aber nicht weiter störte. Eher schrie der Tag förmlich nach einer Extra-Portion Garum, die ich mir auch reichlich über das Brot mit der Fleischscheibe goss, zum Munde führte und herzhaft hinein biss.


    Dabei wurde ich selbstredend sehr aufmerksam von Sin Nasir, meinem Gegenüber mit den Falkenäuglein, beobachtet und ich konnte deutlich sehen, wie der Orientale leicht angewidert das Gesicht verzog, dann aber entschuldigend lächelte und an einer Rebe Weintrauben herumzupfte, die er sich zum Käse gönnte. Jedem eben das Seine. Ich lächelte nun auch und lauschte weiter seinen Aussführungen darüber, was für ein zuverlässiger Mensch er war, welche Routen er schon durch das Imperium unfallfrei durchschritten hatte und überhaupt woher er und seine Familie kamen. Natürlich waren die Nasirs so gut wie bettelarm, was ja so ziemlich jeder Händler war, wenn man ihn nach seinem Vermögen fragte. Doch das tat alles nichts zu Sache. Mir war eine gute, sichere Reise wichtig und alles andere war eher eine beiläufige Randerscheinung.


    Während Sin Nasir noch redete wie ein Wasserfall, konnte ich nicht umhin auf dessen Oberlippenbart zu starren, der unter den Regungen des Mundes mal hier und mal dort munter auf und ab wippte. Beeindruckend wie ich fand, doch mir selbst hatte ein Bart noch nie so recht zu Gesicht gestanden, doch dieses Exemplar an dem Orientalen hatte schon eine gewisse extravagente Note. Ob ich vielleicht doch noch einmal den Versuch…


    Ohne es selbst zu merken strich ich mir über das Kinn und kam zu dem Schluss, es doch besser zu unterlassen. Valentina hatte ja gemeint… nein. Das war ja nun nicht mehr wichtig. Aber Grian meinte das ja auch. Und von daher…


    “… und so lernt man im ägyptischen Fajum sehr schnell, mit einem guten Schwert oder einem Dolch umzugehen. Wir haben viele gute Männer und von daher wird die Reise eine sehr sichere werden. Den Nasirs ist ja auch sehr daran gelegen, Chios dann ohne Zwischenfälle zu erreichen. Für dich gibt es also eine Garantie für ein gutes Ankommen, sofern denn der Preis dich nicht abschreckt,“ schien der dauerredende Orientale nun endlich seinen Wörterschwall beenden zu wollen.


    Ich nickte großmütig und verzog dann leicht den Mund.
    “Nun ja. Daran sollte es nicht scheitern!“, gab ich bekannt und erntete weiteres Wohlwollen auf der anderen Seite des Tisches.
    Im Anschluss biss ich noch einmal in mein Brot und sah zu Muckel hinüber, der ein wenig eingesunken wirkte. In etwa wie ein Sack Mehl, den man im Regen vergessen hatte. Ihn aber nun zu fragen, was in ihm vorging wollte ich auch nicht unbedingt.


    “Sehr gut, sehr gut!“, meinte der Nasir, ehe wieder etwas in seinen Augen schillerte, was entfernt wie ein kleiner Schalk ausschaute. “Und du, Decimus? Bist du im Kampf geschult?“ Es folgte ein weiteres Zupfen an einer der Trauben.
    “Oh...ich...“


    Ich konnte mir nicht helfen, aber ob dieser nun doch überraschenden Frage erspürte ich in mir nun doch ein recht unangenehmes Bauchgefühl. Wie eine ferne Warnung. Also rückte ich mich ein wenig zurecht und sah noch einmal zu meinem Sklaven, der mich nun ebenso alarmiert anschaute.


    Dann blickte ich zurück auf den Orientalen, der so aussah, als sei dies doch nur eine kleine Plauderrei. Also gab ich mir einen guten Ruck. “Ja, aber natürlich!“, log ich nun, obwohl ich ja eigentlich schon einmal recht annehmbar mit einem Gladius hantieren konnte. Vor etwa zehn Jahren… oder fünfzehn. Die Zeit machte ja nicht Halt und auch ich war ja nun nicht mehr so jung wie vor etwa… zehn oder fünfzehn Jahren. “Ich wurde damals noch von meinem Vater unterrichtet, dann von einem ehemaligen Legionär. Und ich muss sagen, ich war...bin… sehr gut mit einem Gladius. Auch Dolche… sind eine Sache, der ich mich gut und gerne gewidmet habe!“


    Meine Stimme klang recht fest und ich mühte mich sehr, auch recht tapfer und erprobt dreinzuschauen. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich Muckel, der mich fragend anblickte und mit den Lippen ein – zum Glück – stummes “Wann denn das?“ formte. Auch waren seinen Augen nun vor Erstaunen ein wenig geweitet, was hoffentlich dem Gast aber nicht so auffiel.


    Schnell lächelte ich diesem also entgegen und führte das Ganze noch ein wenig fort.


    “Mein Gang zur Legion war schon so gut wie sicher. Aber mein lieber Bruder hat dies ja schon getan und auch mein Vetter ist sehr erfolgreich dort. Also eher hier, bei den Prätorianern! Er ist der Präfekt!“, stellte ich noch umgehend klar. Nicht, dass der Nasir noch dachte, ich wäre am Ende ein leichtes Opfer oder dergleichen. “Also meine gesamte Familia ist sehr versiert in der Kampfeskunst!“ trug ich dann noch ein wenig dicker auf.
    Sin Nasir schürzte anerkennend die Lippen und kaute dann auf seiner Traube herum, während seine Blicke nachdenklich schlillernd tanzten.
    “Dann kannst du also sehr stolz sein!“, stellte er schließlich nach dem Schlucken fest und ich nickte dazu.
    “Ganz genau!“


    Dann seufzten wir nahezu zeitgleich. Wie schön es doch wäre, doch tatsächlich beschränkte sich meine Erfahrung in der Kampfeskunst dann doch auf die Kämpfe des Lebens im Allgemeinen und ab und im Besonderen, doch mit der Waffe hatte ich diese bisher ja auch nie austragen müssen.


    Ich biss noch einmal in mein Brot und genoss den herzhaften Garum-Geschmack, als Sin-Nasir diese kleine Pause dazu nutzte, die eigentlichen Verhandlungen zu starten.


    “Tausend Sesterze!“, fiel als Aussage und ich verschluckte mich fast, konnte den Bissen aber noch im letzten Moment bremsen.
    “Taufffend?“, hakte ich mit nunmehr noch vollem Munde nach und ernetete ein bedeutungsschwangeres Nicken.
    “Für den ersten Wegabschnitt bis Brundisium.“
    “Oh!“
    “Ich hoffe, das ist nicht zu viel für dich, aber wir haben natürlich einige Kosten die gedeckt werden wollen. Für den Wagen und die Männer zur Sicherheit der Reise. Die Übernachtungskosten kämen dann jeweils noch oben drauf und natürlich die für die Verpflegung und dergleichen.“
    Ich schluckte nun doch. Recht schwergängig, aber immerhin.
    “Ja… das klingt fair,“ wagte ich es zaghaft zu sagen und gönnte Muckel einen Seitenblick.
    Dieser aber sagte nichts, sondern schaute nur ein wenig unentschlossen zurück.
    Sin Nasir war dieser Blickwechsel nicht entgangen.
    “Keine Sorge! Ein Pfand verlangen wir nicht!“, erklärte er unverdrossen grinsend und langte nach dem mit Limone gefärbten Wasser in seinem Becher, stürzte dieses hinunter und hielt mir dann in einer überraschend flotten Geste seine Hand quer über den Tisch, wozu er sich auch ein wenig aufgerichtet hatte.
    “Öh…,“ entkam es mir und im nächsten Moment ärgerte ich mich schon gleich ein wenig, denn wie aus einem ununterdrückbaren Relfex heraus, hatte ich vor lauter Schreck nun ebenfalls meine Hand ausgestreckt, jene des Nasirs ergriffen und somit auch schon in den Handel eingeschlagen. Wie es aussah. Und sich anfühlte. Und wohl auch nunmehr definitiv so war.


    “Wunderbar!“, entkam es dem Orientalen zufrieden und er ließ nach dreimaligem kräftigen Rütteln an meiner Hand diese auch schon wieder los. Dann ließ er sich zurück auf die Cline sinken und atmete tief und erleichtert durch. “Ein wunderbarer Tag,“ stellte er fest. “Der letzte für eine kleine Weile in Rom. Morgen früh geht es los. Wir erwarten dich dann pünktlich an unserem Handelshaus!“
    “Natürlich!“, entkam es mir und nun war ich an der Reihe, nach dem Kimonenwasser zu greifen und einen guten Schluck davon zu trinken. “Selbstredend!“
    Muckel unterdessen entließ ein angestrengtes und wenig beglücktes “Pffuuhh...“ aus seinem Mund, blieb aber ansonsten ruhig, auch wenn er seine wohl feuchten Händflächen über den Stoff seiner Tunika über den Knien rieb.


    So war es also jetzt real. Ich würde abreisen und das noch schneller als eigentlich gedacht. Meine Gedanken jagten von dem hiesigen Orte, an welchem ich mir noch überlegte, ob ich da wirklich einen guten Handel gemacht hatte, hin zu all den Dingen, die noch dringlich erledigt werden wollten, dann noch einmal zu Valentina und meinem verpatzten Lebensglück, dann zu meiner Mutter und dem Bild von ihr in meinem Kopf, in welchem sie blass und bleich im Bette siechte, mit meinem unsäglichen Brief in der ersterbend klammen Hand und dann landeten sie bei Grian. Grian! Ihr lieben Götter! Ich wusste einmal mehr nicht wo sie steckte und ich hoffte, sie würde sich aufspüren lassen, ehe die morgigen Morgenstunden erreicht waren! Am besten ich suchte mir diesbezüglich Hilfe und dachte schon an Muckel, weil er mir als Sklave in diesem Moment am nächsten war. Schnell wischte ich aber den Gedanken noch einmal beiseite, denn noch war ja der Orientale da, der offenbar noch nicht wirklich zu Ende gefrühstückt hatte. Vertreiben wollte ich ihn nun gerade nicht, denn ich fürchtete, ein solches Verhalten würde die Reisestimmung am Ende noch mehr trüben, als sie es eh schon war.


    Und ich würde mich verabschieden müssen. Und noch einige Schreiben aufsetzen. Eines davon an die Iulier, denn wie ich vernahm war mein teuerer Freund und Kollege Caesoninus nicht mehr auf dieser Welt, sondern in der nächsten, was eine sehr, sehr traurige Angelegenheit war. Ich war erschüttert, davon zu vernehmen. So jung und so ambitioniert. So unendlich rege und kaum älter als ich selbst, wenn überhaupt. Irgendwann erwischte es jeden. In jedem Alter. Immer. Überall.


    Ich atmete tief unter diesem schweren Gedanken. Ja. Das Leben konnte ein Trauerspiel sein. In mehrere Akte gegossen schritten wir alle voran, dem bereits seit der Geburt festgelegten Untergange entgegen. Und am Ende überlebte wahrscheinlich nur meine Mutter. Ich rollte meine Blicke gen Raumdecke und schob mir dann den letzten Bissen Garum-Fleisch-Brot in den Mund.



    - wird fortgesetzt

  • Irgendwann, am Ende der Trauben, des Käses und des Fleisches war es dann endlich so weit. Der Nasir verließ die Casa und Muckel und ich geleiteten ihn zur Porta. Nunmehr um viele Geschichten rund um Chios, die sowohl meinem Sklaven als auch mir noch die Haare einem Berg gleich in die Höhe trieben, allerlei Abenteuergeschichten und Erklärungen über den Handel im Allgemeinen und im Speziellen, konnte der gute Ephialtes endlich die Tür hinter ihm zu machen und ich seufzte erleichtert auf. Blieb nur zu wünschen, dass wir auf einen Wagen hoffen konnte, der weit entfernt der vielen, vielen Worte dieses Mannes waren und wir eben ein wenig Ruhe auf der beschwerlichen Reisen hatten.


    Ich war allerdings der Ruhe noch fern, denn nun ging es an, Briefe zu schreiben und diese über Rom verteilen zu lassen. Dazu ging ich in mein Officium und schloss die Türe nun ebenfalls hinter mir, erging mich in Qualen und Leiden und tupfte mein Leid dann mit einem Tüchlein aus den Augen. Dann schritt ich zu Serapios Officium, um dann – letztendlich ein Bad zu nehmen – rein zur Beruhigung und den Tag vorzeitig ausklingen zu lassen, indem die Truhen noch einmal überprüft wurden und erneut ein wenig Faustianer floss. In dieser Qualität würde ich auch diesen wohl eine lange Weile vermissen müssen.

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