• Was sollte das denn heißen? Sie wusste nicht ob und in welcher Form meine Informationen in der Acta landen würden? Für wie blöd hielt mich diese Frau? Da hätte sie ja auch gleich sagen können das sie die Infos so verdrehte wie es ihr passte und das es dabei durchaus so ausgehen konnte das ich selbst am Ende der Dumme war ...


    "Was soll das heißen? Ich plaudere hier doch nicht aus dem Nähkästchen und du schmückst dir die Geschichte aus wie sie dir passt! Wenn du die Infos willst, dann kommt die Geschichte so in die Acta wie ich sie erzähle! Wir profitieren beide davon, oder keiner! Ich kann mir vorstellen das jemand in meiner Position durchaus des öfteren mal etwas aufschnappen könnte das dann, über unerklärliche Wege, in der Acta landen könnte! Eine Hand wäscht die andere!"

  • Seianas bisheriges Verhalten, das unbezweifelt höflich, aber nichtsdestotrotz weit davon entfernt gewesen war, warm oder gar herzlich zu sein, kühlte nun noch ein deutliches Stück ab. Ihre Augenbrauen rutschten ein Stück nach oben, und sie neigte sich ein wenig nach vorn, während sie ihn mit ihrem Blick fixierte. „Ich habe nicht davon gesprochen, dass ich deine Geschichte ausschmücken würde, und das lasse ich mir auch nicht unterstellen.“ Der Satz war von schneidender Schärfe, die sie in ihren nächsten Worten ein wenig abflauen ließ. „Aber die Acta Diurna ist ein Staatsorgan. Ich kann nicht blindlings einfach alles veröffentlichen, was mir erzählt wird, und schon gar nicht irgendwelche Zusagen geben, noch bevor ich weiß, worum es sich handelt. Es erstaunt mich doch, jemandem wie dir erklären zu müssen, dass nicht alles an die Öffentlichkeit gehört – und dass es Dinge gibt, die mit Bedacht angegangen werden müssen.“
    Seiana lehnte sich wieder ein wenig zurück. „So lange ich nicht weiß, um was es sich bei deinen Informationen handelt, werde ich dir keine Zusage über eine Veröffentlichung geben.“ Am Ende verpflichtete sie sich noch, irgendeinen Unsinn über den Kaiser selbst zu veröffentlichen, der sie Kopf und Kragen kosten könnte – nicht dass sie glaubte, der Pompeius käme mit so etwas an, aber das war das Grundprinzip, das ihrer Weigerung, jetzt schon eine Zusage zu geben, zugrunde lag. Allerdings hörte sie durchaus auch, dass der Tribun gerade anbot, ihr in Zukunft des öfteren die ein oder andere Information zu geben, sofern das hier zu seiner Zufriedenheit verlief. Und eine Sache immerhin konnte sie ihm anbieten: „Was ich dir versichern kann ist, dass jede Veröffentlichung, die auf deinen Informationen beruht, dir zuvor gezeigt wird. So kannst du sicher gehen, dass der Bericht auch deinen Vorstellungen entspricht.“

  • Mein skeptischer Blick und der Anflug von Zorn den ich grad zur Schau gestellt hatte verschwanden, die Frau war nur vorsichtig und dagegen war beim besten Willen nichts einzuwenden ... vorsichtige Leute wurden seltener erwischt und wer seltener erwischt wurde kam seltener dazu Mitverschwörer ans Messer zu liefern ...


    "Abgemacht! Ich liefere die Infos du sorgst dafür das ganz Rom sie liest!"


    So dann war es wohl Zeit ein paar Fakten auf den Tisch zu legen, fragte sich nur welche ich besser auslassen sollte ...


    "Gut ... Die Classis ist schon seit längerem nicht idealbesetzt, weshalb der Kaiser ja auch deinen Onkel damit beauftragt hatte ... jemand musste für Ordnung sorgen und Decimus Magnus war die Lösung! ... Zumindest bis vor ein paar Monaten, denn da schien es als würde bei der Classis so langsam der Winterschlaf über die Stränge schlagen. Der Praefectus Urbi befürchtete scheinbar das man sich dort in seinen Posten ausruhen würde und beauftragte mich deinem Onkel auf die Finger zu sehen, schließlich wusste ja da noch niemand von der Erkrankung des Präfekten! Als ich jedoch dort ankam wurde mir gesagt der Präfekt wäre auf einer Mission und daher vorerst nicht verfügbar ... warum mir nicht schon da erklärt wurde warum es Schwierigkeiten gibt? Keine Ahnung, ich meine damals hätte man sicher alles ganz einfach bereinigen können, dein Onkel hätte Urlaub bekommen und es wäre ein Stellvertreter eingesetzt worden .. oder was weiß ich ... aber nein, man versuchte die Unpässlichkeit des Präfekten zu vertuschen, vielleicht um in seiner Abwesenheit das Kommando zu haben, oder aus purer Faulheit! Mit der Zeit fiel mir natürlich auf das der Mann nicht da war und auch nicht auf einer Mission, also begann ich mir Gedanken zu machen ... ich konnte ja nicht wissen das es sich hierbei um eine simple Krankheit handelte! Und als ich schließlich den selbsternannten Stellvertreter zur Rede stellte hieß es plötzlich der Präfekt wäre krank und auf dem Land ... aber wo genau? Keine Antwort ... hätte der Praefectus Urbi also nicht zufällig mich dorthin entsandt, dann wüssten wir womöglich immernoch nichts von den Zuständen und am Ende hätte dein Onkel die Schuld dafür aufgebrummt gekriegt! Nur weil es jemand nicht für notwendig erachtet hatte das Oberkommando zu informieren!"


    Jetzt da ich mich selbst die Geschichte hatte erzählen höhren fand ich sie etwas dünn ... vielleicht hätte ich die Namen nicht rauslassen sollen, oder den vergessen Census noch erwähnen sollen ... Hmm ... Naja ich würde ja gleich höhren was der Profi dazu sagte ...

  • Seiana blieb ein wenig zurück gelehnt sitzen, nichtsdestotrotz hörte sie aufmerksam zu, was der Pompeius ihr nun erzählte. Das erste, was sie innerlich für sich zusammenfasste, als er geendet hatte war: er schien es nicht darauf abgesehen zu haben, ihren Onkel und damit ihre Familie in einem schlechten Licht da stehen zu lassen – immer vorausgesetzt natürlich, sie konnte ihm trauen. Das zweite war: irgendjemand hatte offenbar Magnus in einem schlechten Licht da stehen lassen wollen, ob nun bewusst oder nur um sich selbst zu schützen, war vorerst dahin gestellt... oder hatte eine recht verquere Ansicht davon, wie – und vor wem – er seinen Praefectus zu schützen hatte. Und das dritte: irgendetwas schien zwar tatsächlich im Argen bei der Classis, aber ob diese Sache mit ihrem Onkel allein ausreichend war für einen Bericht, darüber war sie sich noch nicht ganz sicher. „Ich gehe davon aus, du nennst mit Absicht keine Namen.“ Sie musterte ihn. „Und du hast tatsächlich keinerlei Anhaltspunkt, warum man dich im Unklaren gelassen hat über die Krankheit meines Onkels?“ Immerhin war Magnus bereits lange erkrankt – und selbst seine engste Familie war nicht informiert worden darüber, weshalb Seiana durchaus auch ein persönliches Interesse daran hatte, das zu erfahren. Magnus' Frau war es gewesen, die schließlich die Kunde von seiner Krankheit gebracht hatte, nachdem sie ihn in Misenum besucht hatte.
    Und die wichtigste Frage, jedenfalls was einen möglichen Artikel anging: „Gab es noch weitere Vorfälle?“

  • Ich grinste, ihr logischer Verstand gefiel mir, sie strukturierte das gehöhrte und wo sie aneckte stellte sie eine Frage, sicher Teil ihres Berufs aber dennoch eine sehr angenehme Weise sich zu unterhalten ... ich sollte hier öfter vorbeischauen ...


    "Nunja der Hauptverantwortliche ist der Tribun Hadrianus, aber ich will nicht das bekannt wird das ich die Quelle für diese Informationen war, deshalb dürfte auch der Hadrianer nicht als Name auftauchen! .. Nun ich denke zunächst wollte der Tribun ganz einfach das Kommando haben, immerhin war ich neu, jedoch rangtechnisch gleichgestellt ... ohne die Geschichte der Mission hätte ich mich seinem Befehl sicher nicht untergeordnet. Allerdings kann es durchaus auch dran gelegen haben das ich ihm unsympatisch war ... wobei das aus meiner Sicht sogar ein noch dümmerer Grund wäre! ... Nun sicher .. aber davon weiß ich "noch" nichts!"


    Wenn ich den Präfekten in den Albaner Bergen erstmal gefunden haben würde und der Praefectus Urbi mir keinen neuen Auftrag zuwies ... würde ich ganz Misenum auf den Kopf stellen bis ich jede einzelne Kakerlake gefunden hatte, die unter Aufsicht des Hadrianers das Castellum betreten hatte ...

  • Seiana strich sich mit den Fingern über das Kinn, während sie zuhörte und nachdachte. „Wenn es einen Bericht dazu gibt, wird sein Name nicht auftauchen“, versicherte sie dem Tribun, als dieser nun doch jemanden namentlich nannte. „Nun... wenn du sonst nichts weiter zu berichten weißt, dann würde ich mir nun überlegen, was sich daraus machen lässt. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das wirklich reicht – falls dir also noch etwas auffällt, wäre ich dir dankbar, wenn du mich informieren würdest.“ Sie würde auch eigene Erkundigungen einziehen – da ihr Onkel davon betroffen war, erst recht.

  • Ich nickte zufrieden, schließlich hatte ich ursprünglich nur Interesse wecken wollen da war mir das ganze so schon sehr recht ...


    "Sicher, ich schreibe dir wenn mir noch etwas auffällt! Vale!"


    Und damit machte ich mich auch gleich wieder auf den Weg nach Misenum, es galt die Prätorianer abzuholen um das Landgut in den Albaner Bergen aufzusuchen ... hoffentlich würde das nicht zu lange dauern ...

  • Seiana ging voraus und führte den Praefectus Praetorio ins Tablinum, und in diesen wenigen Momenten, in denen er ihr Gesicht nicht sehen konnte, presste sie die Lippen so fest aufeinander, dass es wehtat. Sie fühlte sich unvorbereitet, überrumpelt, und, was am schlimmsten war, hilflos. Sie mochte es nicht zu improvisieren, sie fühlte sich dann am sichersten, wenn sie etwas zuvor hatte durchdenken und durchplanen können. Und jetzt war sie von einem Moment zum anderen in einer Situation, in der Improvisation wichtig war – und in der sie sich zugleich herzlich wenig tun konnte, außer dem, was man ihr sagte, sofern sie sich nicht tatsächlich in der Castra wiederfinden wollte. Sie konnte sich nicht wehren, sie konnte sich nicht weigern, sie konnte nicht einmal die Spielregeln zu ihren Gunsten ändern.


    Als sie sich dem Terentier wieder zuwandte, saß ihre Maske erneut nahezu perfekt, sah man einmal von der Anspannung ab, die sich in ihren Augen spiegelte und in dem harten Zug um ihre Lippen. „Bitte.“ Mit einer Handbewegung wies sie auf einige Korbsessel und setzte sich selbst, bevor sie fragte: „Kann ich dir etwas anbieten?“

  • Appius setzte sich:"Ein Wein wäre nett Danke. Also Decima Seiana, erzähl mir von deiner Arbeit bei der Acta. Sind alle Mitarbeiter zufrieden? Stehen sie treu gegenüber Rom und dem Kaiser bzw. seinem Stellvertreter? Was sind die momentanen Geschichten, welche die Acta in nächster Zeit bringen wird?"


    Er fing erstmal langsam an, bevor er quasi Hochverrat am kaiser ins Spiel brachte. Ein wenig mußte man sich ja für das Finale aufheben.

  • Seiana gab einem Sklaven einen Wink, das Gewünschte zu bringen, und wandte sich dem Praefectus zu. Harmlos genug begann die Befragung – vor dem Hintergrund allerdings, dass parallel dazu mehrere Prätorianer dabei waren, die Casa zu durchsuchen, führte das nicht dazu, dass sie sich entspannte. „Nun… wie in jeder Einrichtung mit Mitarbeitern gibt es zufriedene und weniger zufriedene. Die Acta arbeitet nur mit einem kleinen Stamm an festen Mitarbeitern, der weitaus größere Teil arbeitet frei, schreibt entweder aus eigenem Antrieb heraus oder bekommt Aufträge. Manche möchten gerne mehr arbeiten, manche halten die Aufteilung für ungerecht… das Übliche eben. Ich würde allerdings sagen, dass meine Mitarbeiter größtenteils zufrieden sind. Jedenfalls sind mir in letzter Zeit keine Beschwerden zu Ohren gekommen.“ Was allerdings nicht notwendigerweise heißen musste, dass es keine gab, das war ihr klar. Konnte es sein, dass einer der Subauctores sie angeschwärzt hatte? „Und sicherlich stehen sie treu hinter Rom und dem Kaiser“, antwortete sie auf die nächste Frage und machte eine kleine Pause, überlegte, was sie sagen sollte, ob sie etwas sagen sollte, und entschloss sich dann für eine ausweichende Antwort: „Der Stellvertreter des Kaisers vertritt den Kaiser. Und Rom. Die Frage danach, wie treu sie hinter ihm stehen, erübrigt sich also.“


    In diesem Moment kam der Sklave zurück, mit einem Krug Falerner – beim Praefectus Praetorio war es wohl verkehrt, sich lumpen zu lassen –, einem weiteren mit Wasser und zwei Bechern. Seiana wartete, bis er eingeschenkt hatte, wobei sie ihren Wein mit Wasser mischen ließ, bevor sie weiter sprach. Dass sie mit keinem Wort sich selbst erwähnt hatte, fiel durch die Unterbrechung, so hoffte sie, vielleicht nicht weiter auf… andererseits hatte er auch explizit nach den Mitarbeitern gefragt, nicht nach ihr. „Ich plane einen Bericht über die Neuberufungen auf Roms höchsten Posten.“ Hier flog ein vages Lächeln über ihre Züge, betraf das doch den Mann ihr gegenüber sehr direkt. „Davon abgesehen… das Übliche“, wiederholte sie ihre Worte von zuvor. „Die jetzige Amtsperiode ist bald vorbei, danach stehen wieder Wahlen an. Der Senat diskutiert gerade über Gesetzesänderungen bezüglich der Schola Atheniensis sowie über deren Finanzen. Ich hoffe, es wird in näherer Zukunft noch weitere Einblicke in die Finanzen anderer Institutionen geben, über die es sich zu berichten lohnt. Ein Nachbericht über den Skandal von Nemi steht ebenfalls noch aus… mittlerweile sollte ziemlich ersichtlich sein, dass der pax deorum wieder hergestellt wurde.“

  • Nun als mit anderen Worten es läuft in der Acta alles wunderbar? Alle sind glücklich zufrieden und streicheln sich die Bäuche. Dann können wir das erstmal abhaken. Die nächste frage die sich mit stellt Decima ist die: Woran arbeitest du? Oder hast du nur die Aufsicht? Ich meine diese Anschuldigungen sind, bestimmt nicht aus der Luft gegriffen. Da nach deinen Worten deine Mitarbeiter alle über jeden Zweifel erhaben sind..."hier machte er eine kleine Kunstpause:",,,muß also der Part, der Kaiser und Reich in den Schmutz zieht, du sein verehrteste." meinte er zu ihr freundlich lächelnd

  • Dass alles wunderbar lief, hatte sie so im Grunde nicht gesagt. Es gab eben die üblichen Unzufriedenheiten. Vor allem da Seiana mit doch recht harter Hand ihre Leitung ausübte, denn sie hielt nicht viel davon, ihren Leute Händchen zu halten. Gerade daraus konnte durchaus eine gewisse Unzufriedenheit resultieren – und möglicherweise, ob nun bewusst oder im Affekt, auch eine Beschwerde über sie, die die falschen Ohren erreicht hatte. Das allerdings war nun nichts, was Seiana dem Prätorianerpräfekten auf die Nase binden musste, schon gar nicht wenn es ihn scheinbar nicht wirklich interessierte. Prinzipiell nicht, weil im Grunde jede Information schon eine zu viel war in einer Lage wie der ihren, und speziell nicht, weil sie nach wie vor nicht wusste, was die Prätorianer überhaupt zu ihr gebracht hatte. Beim letzten Mal war es um Livianus gegangen, und da war die Schlussfolgerung naheliegend gewesen, dass der Praefectus Urbi dahinter steckte. Aber nun? Was wollte er von ihr?


    Seiana schwieg also, obwohl sie den Praefect hätte verbessern können, wunderte sich nur ein wenig darüber, wie... nun ja, schnell und salopp er das Thema Mitarbeiter wegschob. Sie wunderte sich allerdings nicht lang. Der Terentius sprach weiter, und nach nur wenigen Worten begann sie zu begreifen, dass das bisherige nicht einfach nur harmloses Geplänkel als Einstieg gewesen war. Er hatte ihr eine Falle gestellt. Und sie war direkt hinein gelaufen. Nicht dass sie ihre eigenen Mitarbeiter hätte beschuldigen wollen – sie mochte hart sein, aber sie war loyal, und sie entzog sich nicht der Verantwortung, die sie als Auctrix hatte –, aber nun war es noch nicht einmal mehr möglich, Formulierungen zu nutzen, die offen waren. Was sie vor allem ärgerte war die Tatsache, dass sie diese Falle nicht voraus geahnt hatte.
    Den Ärger darüber allerdings überwog recht schnell die rasant stärker werdende Besorgnis. Die Anschuldigungen, mit denen er sie da gerade konfrontierte, waren nicht nur schwerwiegend – sie waren die schlimmsten, die überhaupt gemacht werden konnten. Kritik am Kaiser war eine Sache, aber ihn in den Schmutz ziehen... Für Momente starrte Seiana ihn sprachlos an. Sie machte sich nichts vor. Wenn er wollte, konnte er sie damit vernichten. Es spielte nicht wirklich eine Rolle, ob es stimmte oder nicht, nicht wenn die Prätorianer sich damit befassten – eine Rolle spielte einzig, wer ihr schaden wollte und warum. So wie sie es sah, lag darin die einzige Möglichkeit einen Ausweg zu finden. „Ich habe nicht nur die Aufsicht, wie du es nennst, ich trage die Verantwortung. Und ich arbeite auch selbst, ja.“ Sie neigte sich ein wenig nach vorn, und ihr Tonfall, der bei den letzten Worten ohnehin schon an Schärfe gewonnen hatte, wurde noch etwas schärfer. Das hier mochte brandgefährlich sein, aber sie war die Auctrix, sie war eine Decima, und sie hatte ihren Stolz – sich jetzt eingeschüchtert zu geben kam nicht in Frage, und Spielraum, so beurteilte sie die Situation, hatte sie durchaus noch. „Wie kommst du auf die Idee, ich würde Kaiser und Reich in den Schmutz ziehen?“

  • Jetzt wurde es schwer. Er war hier um irgendwelche erfundenen Anschuldigungen gegen die Decima durchzusetzen (daß diese Anschuldigungen einen wahren Kern hatten wußte er ja nicht). Aber zumindestens schien er sie irgendwie getroffen zu haben. irgendeine Sache war hier also nicht ganz "koscher" wie die Juden in Alexandria sagen würden. Nun galt es herauszufinden was nicht stimmte:"Wie ich schon sagte, man hört so einiges Decima Seiana. Die frage die du nun mir beantworten solltest ist, wieso einige dir dies zuschreiben? Sind das alles Verleumdungen? Oder haben wir Decima Seiana hier vielleicht doch die Wahrheit? Was werden wir hier finden. Du hast jetzt die Gelegenheit alles zu gestehen, dann könnten wir dafür sorgen, daß dies alles sehr schnell und glimpflich ausgeht. Ansonsten kann es, nunja recht ungemütlich werden. Ich weiß nicht ob du mich kennst, aber ich hatte in Ägypten den Ruf nicht zimperlich zu sein und glaub mir dein Stand und vor allem deine Familie wird dich nicht retten können."
    Er machte eine Pause:"Also Decima Seiana, sag mir ob diese Gerüchte wahr sind oder wer so einen Hass auf dich hat daß er dich dieser Anschuldigungen aussetzt?!"


    Nun war es an ihr entweder jemanden ans Messer auszuliefern, sich selbst zu belasten oder weiterzukämpfen. So wie er sich kennengerlernt hatte bisher nahm er an letzteres würde passieren.
    War eine nicht ungefährliche Strategie, aber wenn sie jetzt zusammenbrechen würde, wäre die ganze Sache für ihn vorbei. und ein schneller Erfolg war nichts, was er von sich weisen würde.

  • Und wieder verriet er ihr nicht, was seine Quelle für diese Anschuldigungen gewesen war. Stattdessen blieb er so vage und allgemein wie zuvor, was alles und nichts heißen konnte – und es für sie so viel schwieriger machte zu entscheiden, wie sie weiter vorgehen sollte. Es war ein Unterschied, ob einer ihrer Leute dahinter steckte, oder ein Senator, der vielleicht mit seiner Darstellung in der Acta unzufrieden war, oder die Prätorianer selbst… oder doch der Praefectus Urbi. So oder so musste sie versuchen, irgendeine Einigung zu finden, aber der Weg dahin konnte unterschiedlich sein, und wenn sie wüsste, was nun genau dahinter steckte… Aber sie wusste es nicht, und der Terentius rückte nicht damit heraus. Hätte sie an seiner Stelle vermutlich auch nicht, bedeutete das doch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil für ihn, wenn sie weiter im Trüben fischen musste.


    Für sie allerdings blieb es schwierig, und was er zu ihr sagte, machte deutlich, dass er auch sonst nicht gedachte es ihr einfacher zu machen, einen Ausweg zu finden. Im Gegenteil. Die einfache Lösung, die er ihr präsentierte, hieß: gestehen. Und das war keine Option für sie. So wenig sie darauf brannte herauszufinden, was er mit ungemütlich und nicht zimperlich meinte, oder damit, dass ihr Stand und ihre Familie sie nicht würden retten können – so wenig kam für sie in Frage, einfach einzuknicken. Es würde einen Weg geben, sich irgendwie aus der Affäre ziehen zu können. Angeschlagen vielleicht, noch mehr unter Beobachtung, auf Bewährung, was auch immer… aber irgendeinen Weg würde sie finden. Irgendeinen Weg musste sie finden.
    Ihre Gedanken rasten. Alles abstreiten kam ebenso wenig in Frage, wusste sie doch, dass das, was die Prätorianer finden würden, mehrfach ausgelegt werden konnte – wer ihr wohlgesonnen war, würde es schlicht ihrer Tätigkeit als Auctrix zuordnen, wer ihr Übles wollte, konnte versuchen es zu nutzen, um sie zu demontieren. Was blieb, war der Versuch, sich mühsam einen Weg in diesem Sumpf zu suchen, der sie nicht versinken ließ. Ausweichende Formulierungen zu finden, die weder das eine noch das andere eindeutig sagten. „Es hat wenig Sinn aufzählen zu wollen, welche politischen Feinde meine Gens und ich mir in den vergangenen Jahren gemacht haben.“ Ihre Verwandten hatten hochrangige Posten innegehabt, und gerade Meridius und Livianus hatten kaum ein Blatt vor den Mund genommen. Und auch sie hatte sich wohl inzwischen mehr als nur einen Feind gemacht mit manchen Berichterstattungen, wie beispielsweise vor einigen Jahren einen iulischen Senator. „Fakt ist, dass selbst der Praefectus Urbi kein Freund der Decimi ist. Das ist kein Geheimnis.“ Vielleicht lehnte sie sich nun mit dieser Aussage ein wenig zu weit aus dem Fenster, weil man diesen Satz durchaus so auffassen konnte, dass sie den Vescularier im Verdacht hatte – aber Livianus hatte nun mal kein Geheimnis daraus gemacht, wie er zu dem Mann stand. „Natürlich werden deine Männer Kritisches hier finden. Berichte von Informanten, Zusammenstellungen über die wichtigen Männer Roms, Beobachtungen, Vermutungen, Schlussfolgerungen. Ich bin die Auctrix. Ich sehe es als meine Aufgabe an, umfassend informiert zu sein.“ Worüber man streiten konnte. So groß die Freiheit auch war, die man ihr als Auctrix ließ – gab es doch nicht wirklich Vorgaben, schon gar nicht inhaltlicher Natur –, letztlich war die Acta Diurna ein Staatsorgan. Aber sollte der Terentier sich ruhig daran festbeißen. Dann übersah er vielleicht, dass das, was sie im Grunde gesagt hatte, nichts war. Nichts zu möglichen tatsächlichen Feinden, sah man mal vom Praefectus Urbi ab, der offensichtlich war und zudem der Feind von halb Rom, wenn man dem Geschwätz auf der Straße Glauben schenken wollte. Nichts zu dem Wahrheitsgehalt der Gerüchte, die der Praefect erneut angesprochen hatte, nach wie vor ohne zu verraten woher er diese hatte. Und erst recht nichts zu sich, zu ihrer Meinung, ihrer Einstellung. Nichts, was sie wirklich belasten könnte, hatte sie das einzige Eingeständnis – das nötig gewesen war, weil die Prätorianer diese Dinge tatsächlich würden finden können – doch gleich wieder relativiert. „Lässt sich daraus gleich schlussfolgern, ich hätte Rom und dem Kaiser den Rücken gekehrt?“

  • Es wurde nicht leichter ein Seufzen entwich daher seinen Lippen:" Also halten wir Fest: Es könnte mehr oder minder jeder sein. Darunter besonders verdächtig ein iulischer Senator, den ich nebenbei kenne und so wie ich ihn kenne könnte ich mir das sogar vorstellen. Aber weiter im Text: Du gibst selber zu, daß wir ier kritisches finden werden. Sicher du sagst, daß e gehört zu deiner Aufgabe umfassend informiert zu sein und in diesem Falle stimme ich dir natürlich zu, aber ..." und hier machte er wieder ein kleine Pause:
    "...wer weiß schon ob das stimmst was du hier sagst. Vielleicht willst du mir nur einen Brocken zuwerfen auf den ich ihn schlucke.
    Er trank einen Schluck Wein
    Also fassen wir nochmal zusammen du gibst zu durchaus kritische Informationen zu sammeln, über dessen genauen Inhalt du nichts sagst und wir haben dank deiner Aussage festgestellt, daß deine Gens und du keinen Beliebtheitswettbewerb gewinnen werden. Aber liebe Decima daß ist mir alles zu unkonkret. ich brauche namen, nicht nur den Iulier, wenn du mir entgegen kommst komme auch ich dir entgegen. Ich will Namen, schmutzige Wäsche etc. Ich will wissen was du an kritischen Material du hier im Haus hast. Präzise. Helfe mir und ich helfe dir. Verweigere dich weiter und ich schwöre bei den Göttern, ich nehme erst dein Haus, dann deine Familie und dann dich selbst auseinander. nicht unbedingt in dieser Reihenfolge."
    Er schaute sie an weiter lächelnd (Auch wenn daß eher aussah wie ein Haifisch- oder Wolfsgrinsen). Nun hatte er ihr eine Tür geöffnet. Es lag nun bei ihr sie zu öffnen oder nicht.

  • „Zumindest einige, ja“, bestätigte Seiana, als der Praefect davon sprach, wer alles Anlass haben könnte Gerüchte über sie oder ihre Familie in Umlauf zu bringen. Dann allerdings sprach er von einem iulischen Senator – und für einen Moment fragte Seiana sich, woher er davon wusste. Klage eingereicht hatte der Betreffende dann schließlich doch nicht, weswegen das Ganze dann doch nicht öffentlich ausgetragen worden war. Aber dann erinnerte sie sich, dass der Terentius damals indirekt betroffen gewesen war, war es doch das Verhalten des Iuliers diesem gegenüber, weswegen dieser Bericht letztlich zustande gekommen war.
    Im Anschluss daran kam sogar noch ein weiteres Zugeständnis. Und dann kam das Aber. Ein großes Aber. Seiana presste ihre Lippen aufeinander, als der Praefectus weiter bohrte und deutlich machte, dass er nicht hierher gekommen war, um ohne jedes Ergebnis wieder zu verschwinden. Konnte er es nicht einfach gut sein lassen? Aber nein, das wäre wohl zu einfach, und natürlich: sie wären nicht gekommen, nicht schon zum zweiten Mal, wenn es tatsächlich dann so einfach wäre sie wieder los zu werden. Wenn die Prätorianer nur die verbale Bestätigung von ihr wollten, dass da nichts dran war, hätten sie das auch anders haben können. Entweder nahmen sie diese Gerüchte also ernst... oder jemand ziemlich weit oben wollte, dass das hier geschah. Nur: sie wusste ja immer noch nicht, woran sie in dieser Hinsicht war. Wie sollte sie sich da für eine Vorgehensweise entscheiden?


    Allerdings: all das half ihr nicht weiter. Nicht im Geringsten. Der Terentius sprach ungerührt weiter, warf ihr seine Erwartungen hin, Forderungen, fast schon – und endete schließlich auf eine Art, die ihr einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Ich nehme erst dein Haus, dann deine Familie und dann dich selbst auseinander. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Und das Lächeln, das diese Worte begleitete, war eines von der Sorte, das die Worte fast noch furchteinflößender machten als sie ohnehin schon waren. So lächelte man nicht, wenn man drohen wollte – so lächelte man, wenn man eine Tatsache aussprach.
    Seiana hätte wohl dennoch weiterhin versucht, sich wie bislang herauszuwinden. Aber der Terentius hatte ihre Familie ins Spiel gebracht – und damit, auch wenn er ihn nicht erwähnt hatte, Faustus. Faustus. Sie konnte nicht riskieren, ihren Bruder da mit hineinzuziehen. Sie konnte nicht riskieren, dass er darunter würde leiden müssen, wenn sie das hier verbockte. Es ging einfach nicht.
    Und doch ging genauso wenig, dass sie einfach nachgab. Wer garantierte ihr denn, dass er Wort hielt? Dass er sie dann wirklich in Ruhe lassen würde, wenn sie mit ihm kooperierte? Dass er ihre Familie in Ruhe lassen würde?


    Zum ersten Mal während ihres Gesprächs wich Seiana seinem Blick aus und starrte an ihm vorbei zur Seite. Momente lang schwieg sie, während es in ihr rumorte, während sie darüber nachdachte, was sie sagen sollte, wie sie es sagen sollte. Dass sie ihm irgendwie entgegen kommen musste, war deutlich geworden. Als sie ihn wieder ansah und endlich weitersprach, kam schon die erste Frage heftiger als beabsichtigt. „Du kannst nicht wirklich erwarten, dass ich dir Begründungen liefere, mit denen du mich dann ernsthaft in Schwierigkeiten bringen kannst. Was also willst du von mir hören?“ Sie bemühte sich um einen ruhigeren Ton, um Beherrschung. „Soll ich dir sagen, wer mir Übles wollen könnte, damit du dich dann an diese Personen wenden kannst? Bei den Göttern, ich bekomme inzwischen sogar anonyme Briefe, die als Drohung verstanden werden können! Genauso gut kann aber auch der Praefectus Urbi dahinter stecken, so eindeutig wie sich mein Onkel gegen ihn positioniert hat!“ Seiana presste wieder die Lippen zusammen, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade gesagt hatte. Sie zeigte Nerven. Sie zeigte ganz eindeutig Nerven, und das war nicht gut. Ihre Hand griff nach ihrem Weinbecher, drehte ihn allerdings nur auf dem Tisch, ohne ihn auch nur anzuheben. Entgegen kommen. Sie musste ihm entgegen kommen, irgendwie, zeigen, dass sie gewillt war zu kooperieren. Der Praefectus Urbi mochte dabei ein riskantes Thema sein, aber in gewisser Hinsicht auch ein dankbares. Sie konnte nur beten, dass der Terentius dann tatsächlich Wort hielt und das Gesagte nicht gegen sie verwendete, oder jedenfalls nicht so, dass es ihr oder ihrer Familie wirklich schadete. Und sie konnte hoffen, dass es vielleicht genug war, dass er sie wenigstens vorerst in Ruhe ließ, so dass sie Zeit hatte. Zeit sich zu überlegen, was sie ihm beim nächsten Gespräch sagen sollte. „Du wirst ohnehin alles mitnehmen, was du hier auftreiben kannst. Und was du darunter finden wirst? Beispielsweise was manche davon halten, dass der Praefectus Urbi sich immer häufiger mit 24 Liktoren blicken lässt. Dass er mit einer bewaffneten Truppe im Pomerium auftaucht. Dass man vom Kaiser schon seit einer halben Ewigkeit nichts mehr gehört, geschweige denn gesehen hat.“ Halb Rom tratschte darüber – und in der anonymen Masse war jeder geschützt. Aber einer einzelnen Person konnte es das Genick brechen, wenn mit dieser Art von Gedankengut ein Name verbunden wurde. Es hatte einen Grund, warum sie darüber bisher noch nichts veröffentlicht hatte... obwohl selbst der Praefectus Urbi sich denken konnte, dass sein Verhalten nicht unbemerkt blieb. Und nun, beinahe ohne nachzudenken, drängte sich ihr eine Gegenfrage auf: „Hast du dem Kaiser schon einen Besuch abstatten können?“

  • "Decima du verstehst mich nicht. Mir ist es vollkommen egal wen du mir nennst. Sage mir Namen möglichst von Senatoren oder anderen hochrangigen Leuten, die dir Schaden wollen und ich werde mich mit ihnen unterhalten, allerdings werde ich ihnen nicht sagen, daß du mich geschickt hast. Sie werden Angst bekommen und mir weitere Namen verraten und so weiter.
    Es geht nicht um Schuld oder Unschuld es geht um Angst, Decima Seiana, es geht auch nicht um Gerechtigkeit, das sind Begriffe die Momentan völlig egal sind."

    Er stutzte als er ihr das von dem PU sagte, nicht unbedingt wegen der 24 Liktoren, dies war ihm relativ egal. Er war nicht sein Patron. Ehre war ein großes Gut, Integrität auch, aber Essen brachten sie weniger auf den Tisch. Zumal er selbst zwar in der Position war den PU zu beseitigen, aber er noch kein Überblick hatte was danach kan. Er stutze weil sie nun endgültig zugab Kritik im Haus zu haben. Und Kritik am PU war in den jetzigen Zeiten nichts anderes als Kritik am Kaiser.
    "Nun Decima ich hoffe du weißt daß du dich mit dieser Aussage gerade ans Messer geliefert hast. Selbst wenn du diese Pamphlete nicht geschrieben hast, so hast du sie im Haus. Das ist Hochverrat. ich nehme an du weißt, was dir damit blüht oder?!"
    Er rief zwei Soldaten zu sich:"Noch irgendwelche letzten Worte, bevor ich dich verhafte?"Die frage, ob er den Kaiser besucht hatte beantwortete er nicht, immerhin wurde sie befragt nicht er.

  • Angst. Es ging also um Angst. Nicht dass das wirklich überraschend gewesen wäre, im Gegenteil, es klang nur umso logischer – aber für Augenblicke verschlug es Seiana dann doch die Sprache, als sie das hörte. Es ging nicht einmal darum, halbwegs konkrete Anschuldigungen zu äußern, sondern nur... Namen zu nennen. Namen, die wichtig genug waren. Um Angst verbreiten zu können.


    Der Praefectus war allerdings noch nicht fertig mit ihr, und was er jetzt sagte, ließ sie für einen Moment beinahe zu Stein erstarren. Von einem Augenblick zum anderen baute sich eine Anspannung in ihrem Körper auf, die jede Bewegung verhinderte, selbst das noch so kleinste Drehen ihres Kopfes. Seiana starrte den Terentius an, und zunächst war das einzige, was in ihrem Kopf Platz fand, der Gedanke, dass sie sich verhört hatte. Verhört haben musste. Was passierte da gerade? Hatte sie ihn tatsächlich so falsch verstanden? Aber selbst wenn es so wäre: es gab diese Berichte. Er würde sie finden. Und wenn er das als Grundlage nutzen wollte, um sie zu verhaften, dann war es auch schon egal, ob das nun jetzt geschah oder erst in ein paar Tagen. Und dennoch war sie nicht gewillt, jetzt einfach so aufzugeben, schon gar nicht in Anbetracht dessen, was er gerade eben noch von sich gegeben hatte. „Moment.“ Sie hob eine Hand in Richtung der Soldaten, wie um ihnen zu signalisieren, dass sie noch stehen bleiben sollten – was freilich nichts brachte und ihr auch bewusst war, aber die Geste hatte sie nicht zurückhalten können. Ihre Gedanken rasten indes, suchten nach einer Möglichkeit, irgendetwas, wie sie sich da rauswinden, wie sie sich wenigstens etwas Zeit kaufen könnte. „Ich würde vorschlagen, du liest diese Pamphlete, wie du sie nennst, erst, bevor du handelst. Ich glaube kaum dass es unter Hochverrat fällt, wenn das Volk sich nach seinem Kaiser sehnt. Es sind Beobachtungen, und vor allem: es sind Beobachtungen, mit denen ich nichts angefangen habe. Ich hätte sie veröffentlichen können, aber das habe ich nicht. Und du hast selbst gesagt: es geht hier nicht um Schuld oder Unschuld, oder um Gerechtigkeit. Es geht um etwas anderes.“ Sie sah kurz zu den beiden Soldaten, dann wieder zu dem Terentius. „Können wir vielleicht noch einen Moment allein reden? Bitte?“

  • "Du hast mich schon wieder falsch verstanden. Es geht um Schuld solange es mir nützt, daß gewisse Personen schuldig sind. Exempel statuierten sich nicht von selbst. Und es spielt keine Rolle ob du denkst, daß diese Schreiben mit dir nichts zu tun haben, oder ob du sie veröffentlicht hast. Du hast sie und damit machst du dich mitschuldig. Und ich bin mir ziemlich sicher daß wir aus dem Geschreibsel eine Anklage formulieren können." Oder sie einfach so verschwinden lassen, wer brauchte schon Gerichte:"Aber dein letzter Wunsch sie dir gegeben."er schickte die Soldaten wieder weg:"Also sprich."

  • Immerhin, er war gewillt ihr weiter zuzuhören. Auch wenn die Formulierung letzter Wunsch, die nicht danach klang, als könnte sie noch etwas ausrichten, ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Seiana wartete, bis die Soldaten sich zurückgezogen hatten. Und überlegte. Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte, keine Ahnung, was ihn dazu bringen könnte, von einer Verhaftung abzusehen. „Wenn du Exempel statuieren willst, wirst du bessere finden als mich. Ich mag zwar die Auctrix sein, aber ich bin nur eine Frau, mehr nicht. Und meine Familie stellt derzeit keinen aktiven Senator, und mit Livianus in Spanien herrscht Ruhe. Welchen Sinn hat ein Exempel, wenn man es an einem Rudel ausführt, das augenscheinlich seine Zähne verloren hat?“ Es tat ihr weh, so über ihre eigene Familie zu reden, aber es half nichts. „Zumindest wird es die Öffentlichkeit so sehen. Und dass du diese Exempel an einer Frau statuieren willst, wird ebenso Fragen aufwerfen. Ob man mich nicht auf andere Art zur Räson bringen konnte. Ob man sich nicht traut, sich an gleichwertigen Gegnern zu versuchen. Wenn du mich mitnimmst, kann diese Aktion sehr leicht mehr Schaden verursachen als Nutzen.“ Und sie war sich sicher, dass ihre Leute bei der Acta – so lange sie das dann noch konnten, hieß das – entsprechend berichten würden darüber. „Was ich damit sagen will: ich kann dir als Verbündete mehr nützen als im Kerker und später auf der Anklagebank. Ich kann dir behilflich sein, die festzunageln, bei denen sich ein Exempel wirklich lohnt. Ich...“ Seiana brach ab, sah von dem Praefecten weg und lehnte sich zurück, rieb sich mit den Fingern ihrer Rechten über Kinn und Lippen. Als sie ihm ihren Blick wieder zuwandte, spiegelte sich ein Funken Verzweiflung darin. Es war so, wie sie gesagt hatte, davon war sie überzeugt – wenn er sich an ihr vergriff, würde das mehr Schaden anrichten als Nutzen. Und sie hatte noch nicht einmal erwähnt, dass dann die Gefahr bestand, dass ihre Verwandten aus Spanien zurückkommen würden. Livianus wieder in Rom, vielleicht sogar Meridius, der Triumphator... der Vescularius konnte das nicht wollen. Nur was war, wenn dem Terentius das egal war? „Ich würde tief in deiner Schuld stehen, wenn du mir jetzt hilfst. Bitte...“ Seiana presste kurz die Lippen zusammen, während sie Stück für Stück ihren Stolz demontierte. Aber es half nichts. Sie wusste, was ihr drohte, wenn sie es nicht schaffte den Terentius auf ihre Seite zu ziehen. Und es ging auch nicht nur um sie. Es ging auch um ihre Familie. Eine Anklage wegen Hochverrats gegen eine Decima, selbst wenn es nur eine Frau war... Die Karriere ihrer männlichen Verwandten, die Heiratsaussichten ihrer weiblichen wären vorerst zerstört. „Bitte denk wenigstens ein paar Tage darüber nach, bevor du eine Entscheidung triffst. Ich werd dir kaum davon laufen.“ Wie auch. Sollte er darauf eingehen und wenigstens darüber nachdenken, Seiana zweifelte nicht daran, dass sie für diesen Zeitraum dann unter massiver Beobachtung stehen würde.

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