Casa Prudentia ~Mogontiacum~

  • Callista hatte gedacht, dass ihre Abreise in Rom schon mit viel Hektik verbunden gewesen war, doch sie hatte nicht mehr der Welle germanischer Ausgelassenheit gerechnet, die ihre Ankunft hier auslöste. Bereits gestern war jemand vorausgeritten, um auszurichten, dass sie nun schon vor der Stadt war und bald kommen würde, das gab den hauseigenen Sklaven genug Zeit die Räume vorzubereiten und das Haus auf Hochglanz zu putzen. Was sie auch getan hatte, wie Callista wohlwollend sah. Sie würde aber so oder so nicht allzu lange hier wohnen, denn wenn sie erstmal verheiratet war, würde sie mit Marsus leben. Davon ging sie aus und ihr kam die Idee gar nicht, dass es vielleicht anders sein könnte.


    Während man also ihr Hab und Gut auslud, spazierte sie durchs Haus und begrüßte jeden einzelnen Sklaven, tapfer begleitet von der müden Vodafonis. Danach ließ sie sich im triclinum nieder und wartete, bis man ihr das mitgebrachte Schreibzeug brachte. Mit langsamer Hand schrieb sie in ihrer schönsten Schrift drei wertvolle Nachrichten.


    Salve Centurio Iulius Drusus,
    mein Name ist Prudentia Callista und ich kontaktiere dich im Auftrage von Lucius Quintilius Valerian, der mich bat dir etwas von ihm auszuhändigen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du in nächster Zeit hier bei mir in der Casa Prudentia erscheinst, damit ich dich persönlich mit seinen Grüßen und dem Paket bedenken kann.
    Vale,
    Prudentia Callista


    Ja, das klang gar nicht mal schlecht. Sie erwähnte absichtlich nichts von einem Geldbeutel, da sie keine Ahnung hatte wann und wie dieser Brief den Centurio erreichen würde. Selbstverständlich würde sie diesen nun, versiegelt, einem Sklaven übergeben, der sich dann auf den Weg machte, aber man konnte nicht vorsichtig genug sein. Nicht bei dieser Summe! Callista nickte und begann einen neuen Brief.


    Heilsa Duccius Verus,
    mit Freude kann ich dir mitteilen, dass ich am heutigen Tage in Mogontiacum angekommen bin. Ich schreibe dir diese wenigen Zeilen um dir vorzuschlagen, dass wir uns in den kommenden Tagen persönlich kennenlernen. Du wirst mich in der Casa Prudentia hier in der Stadt antreffen können. Wenn es dir lieber ist, kann ich natürlich auch zur Curia oder in den Tempelbezirk kommen. Lass mich wissen, was besser für dich ist.
    Vale,
    Prudentia Callista


    Auch dieser Brief war abgesegnet, sie las ihn noch einmal durch und nickte. Das Pergament wurde gerollt, versiegelt und außen mit Verus vollem Namen versehen. Der Sklave kannte die duccische Villa und würde kein Problem haben, diesen Brief zu überstellen. Probleme hatte allerdings Callista bei dem nächsten Brief, an Marsus, ihren Verlobten... Was sollte sie nur schreiben? Wie anfangen? Für einen Moment ließ sie ihre Hand sinken und starrte auf die helle Unterlage... Ein letzter Seufzer, dann begann sie.


    Heilsa Marsus,
    meine Reise ist am heutigen Tage beendet und ich schreibe diese Zeilen, während man das Haus für mich herrichtet. Bisher hat sich das frühlingshafte Mogontiacum von einer liebreizenden Seite gezeigt, das satte Grün und die bunten Blumen sind wie von deinem Bruder, Duccius Eburnus, beschrieben. Ich denke es wäre angemessen, dass wir uns in den kommenden Tagen treffen. Vielleicht kann ich dich zu einem Spaziergang durch die Stadt überreden? So sehe ich direkt einen Teil der Stadt, die nun mein neues zu Hause wird. Selbstverständlich kannst du mich hier in der Casa Prudentia aufsuchen oder ich suche dich in der Casa Duccier auf. Bitte lass mich wissen, was dir lieber ist.
    Vale,
    Callista


    Ihre rehbraunen Augen hafteten noch eine ganze Weile auf dem Geschriebenen, lasen und lasen es immer wieder, doch sie konnte sich nicht dagegen entscheiden. Es war vielleicht keine Meisterleistung, aber es erfüllte seinen Zweck. Sie hoffte nur, er konnte etwas mit Spaziergängen anfangen, sonst hätte sie einen komplett falschen Anfang gewählt. Aber das würde sie erst herausfinden, wenn sie das Pergament abgegeben hätte, was sie dann auch tat. natürlich versiegelt und beschriftet! Der Sklave machte sich sofort aus dem Haus und Vodafonis und Callista beaufsichtigten, wie alles ausgeladen und ausgepackt und wieder eingeräumt und eingepackt wurde...

  • Da stand er nun an der Porta der Casa Prudentia. Witjon trug eine grüne Leinentunika, die er mit einem schlichten Lederband gegürtet hatte und dazu seine typisch germanischen Bundschuhe. Die Sonne schien verhalten vom leicht bewölkten Himmel herunter und eine frische Brise erinnerte daran, dass der Frühling noch nicht ganz den Kampf gegen die vorangegangene Jahreszeit gewonnen hatte. Witjon trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Noch vor einigen Stunden hatte er fieberhaft nach der richtigen Kleidung gesucht und sich überlegt, was für einen Eindruck er auf Callista machen wollte. Erst hatte er eine Toga anziehen wollen, doch die wäre beim Spaziergang nur hinderlich gewesen. Dann konnte er sich nicht zwischen germanischem und römischem Outfit entscheiden und schloss schließlich den Kompromiss, indem er Bundschuhe mit Tunika kombinierte und diese mit dem typisch germanischen Gürtel band, der für gewöhnlich den Reichtum eines Germanen offenbarte. Außerdem hatte Witjon auch mit sich gehadert, ob er denn auf seiner guten Stute Skaga herkommen sollte, oder lieber zu Fuß. Letztendlich war ihm das prachtvolle Zuchtpferd der Hros Duccia allerdings zu angeberisch erschienen. Bescheidenheit war eine von Witjons Stärken und so wollte er nun auch auftreten. Natürlich war dem allen eine gründliche Wäsche und eine ordentliche Rasur vorangegangen.
    Die Schmetterlinge in Witjons Bauch spielten derweil Gladiatorenspiele und hatten vor wenigen Augenblicken die Löwen freigelassen. Phelan hatte dem jungen Duccier zwar noch gut zugeredet und versichert, dass alles gut gehen würde und Lando meinte ebenfalls verhalten, dass er schon einen guten Eindruck machen würde, aber was wenn nun doch alles schief gehen würde? Was, wenn Callista ein hässliches, dickes Weib war? Was, wenn sie bildhübsch war, ihn aber hassen würde? Was, wenn dies, was wenn das...Witjons Gedanken überschlugen sich, während sich seine Hand wie von Dämonen bewegt zur Tür hob und anklopfte. Witjon schluckte einen riesigen Frosch herunter und atmete noch einmal tief durch, während er hinter der Tür bereits Geräusche vernahm.

  • Callista glaubte felsenfest, dass es in ganz Mogontiacum keine nervösere Römerin geben würde, als sie heute. Marsus hatte sich mit einem kurzen Brief angekündigt und sie hatte die Nachricht immer und immer wieder gelesen. Vor allem seine Handschrift wurde eingehend von ihr studiert, irgendwer hatte ihr mal gesagt, dass man dadurch Rückschlüsse auf den Charakter des Schreibers ziehen konnte. Aber leider fiel es ihr sehr schwer und daher konzentrierte sie sich auf den Inhalt, er würde sie besuchen und er freute sich - anscheinend - darauf. Nichts deutete darauf hin, wie nervös er war und ob er es überhaupt war. Doch Callista hatte den ganzen Tag schon ein mulmiges Gefühl gehabt und nur durch Vodafonis nicht die Fassung verloren. Die ältere, ägyptische Sklavin hatte getan, was sie immer tat; ruhig und still ihre Arbeit.


    Die heute daraus bestanden hatte die junge Prudentia einer allumfassenden und Stunden andauernden Schönheitskur zu unterziehen, angefangen vom Entfernen störender Haare, einem ausgiebigen Bad, Hautpflege, Nägel schneiden und pfeilen, Haare waschen und dann zu einer kunstvollen, aber klassischen Hochsteckfrisur zu frisieren. Abgeschlossen wurde dann alles dadurch die richtige Kleidung für Callista herauszusuchen, wobei es sich die Rothaarige nicht hatte nehmen lassen ein neues Kleid zu nehmen, welches sie mit Crista auf der Reise hierhin gefertigt hatte. Es hatte einen braunen Grundton und war mit gestickten Verzierungen in goldgelb verziert. Natürlich hatte sie dazu die Kette angezogen, die Marsus ihr geschickt hatte. Auf weiteren Schmuck verzichtete Callista, gegen das Drängen der weiblichen Sklaven, da sie das Geschenk ihres Verlobten hervorheben wollte. Wenigstens in dem Punkt konnte sie sich durchsetzen, wobei der Rest eher über sie hereinbrach und sie es mit sich machen ließ, weil sie es nicht besser wußte. Ihre Gedanken drehten sich eher darum, was sie sagen sollte, ob sie etwas sagen sollte, was er sagen könnte, was er sie fragen würde, was sie machen würden. Wie er aussah, wie er redete, ob er nett war oder ein dünner Hering... Es gab soviel was sie wissen und fragen wollte, obwohl sie ganz genau wußte, dass sie dazu den Mut niemals aufbringen würde.


    Und während man den letzten Schliff an Callista anlegte, klopfte es an der Tür, was die Schar der Frauen nur zu noch mehr Hektik antrieb. Derweil ging eine gewisse ältere Sklavin, die Marsus schon kannte und er sie auch ( ;) ), an die Tür und man konnte ganz leise bis zum Cubiculum der noch Unverheirateten hören, wie sie Witjon begrüßte.


    "Salve Herr, du wirst erwartet, tritt doch ein." Mit einem Lächeln öffnete sie die Türe und führte ihn ein Stück herein, obwohl er die Räume ja schon kannte. "Die junge Herrin wird gleich soweit sein."

  • Die Tür wurde geöffnet und die Sklavin, die Witjon von vorherigen Besuchen bereits bekannt war, stand im Türrahmen und bat ihn freundlich herein. Ohne viele Worte zu verlieren trat Witjon ein und ließ sich ins Triclinium führen, wo er seine Zukünftige Braut erwartete. Ihm wurde etwas zu trinken angeboten, was er jedoch dankend ablehnte, zu nervös war er. Die alte Sklavin ließ ihn nun allein im Triclinium stehen und wandte sich anderen Aufgaben zu und der junge Duccier verspürte den Drang einfach zu verschwinden und der ganzen Misere zu entgehen. Noch hatte er die Chance, noch konnte er zurück zur Türe rennen, hinausstürzen und ein Leben in der Freiheit wählen...sofern er Landos Zorn überlebte.
    So stand er also herum und hibbelte vor sich hin, während seine Gedanken sich überschlugen. Vielleicht hätte er sich einfach von der Rhenusbrücke stürzen sollen, das hätte ihm zumindest dieses vermaledeite Schwindelgefühl und die Magenschmerzen erspart. Wo Callista nur blieb? Ob sie ihn wohl absichtlich so lange warten ließ? Vermutlich hatte sie ihn schon aus einem der oberen Fenster heraus beobachtet und ihn für häßlich befunden und ließ sich nun besonders lange Zeit. Langsam wurden Witjons Knie weich und er fragte sich, wer überhaupt diese durchgeknallte Idee gehabt hatte ihn zu verheiraten...

  • In völliger Hetze kam ein zwölf Sommer junger Knabe an der Casa Prudentia an und wischte sich erstmal den Schweiß von der Stirn.
    Der kleine Germane namens Trudbert war so schnell gelaufen wie er nur konnte.


    Er klopfte an der Tür und nachdem ihm geöffnet wurde drückte er dem Typen den kleinen Brief in die Hand "Für Prudentia Callista von Duccius Verus!" und zwischte danach sofort wieder ab und verschwand in einer Seitenstraße.




    Geehrte Callista,


    es tut mir Leid dir sagen zu müssen, dass ich es nicht schaffen werde zur hora quinta an der Casa Prudentia zu sein. Etwas wichtiges hat mich aufgehalten und ich habe noch etwas zu erledigen. Dennoch möchte ich auf unser Treffen am heutigen Tage nicht verzichten und lege dir die Möglichkeit nahe mich zwischen der fünften und sechsten Stunde auf dem Tempelvorplatz aufzusuchen.
    Ich hoffe mein Anliegen ist nicht zu kurzfristig.


    Vale Duccius Verus

  • Auch eine andere Person in diesem Haus hatte über weiche Knie zu klagen, Callista. Seit klar war, wer der Besucher war hatte sie einen Kloß im Hals, der sich zu der vorangegangenen Nervösität paarte. Ihr war mulmig zumute, wobei sie nicht sicher war, ob eher im postiven oder im negativen Sinne - eigentlich sollte sie ja glücklich sein. Andererseits konnte soviel schief gehen, was, wenn sie etwas dummes sagte oder tat? Oder vor lauter Angst erst gar kein Wort rausbekam? Was sollte Marsus denn dann von ihr denken, nein, so einen Schnitzer konnte sie sich gar nicht erlauben... Dann wäre Balbus sicherlich enttäuscht von ihr!


    Nachdem auch der letzte Rockzipfel dezent richtig gezupft war und die letzte Strähne an ihrem Platz, machte sich die junge Prudentia mit wackeligen Beinen auf den Weg, wobei Vodafonis nicht verhindern konnte, dass Callista sich auf die Lippe biss. Sie war nervös und dann tat sie das immer. Außerdem hatte sie Ägypterin schon längst begriffen, dass ihre Lippen dadurch noch noch roter und voller aussehen würden, etwas, dass dem Germanen vielleicht gefallen konnte. Und so kam das Zweiergespann dann im Triclinum an und Callista lächelte nervös, während sie ihren Blick kurz über den Mann da vor sich schweifen ließ. Ihren Bald-Ehemann, wenn man so wollte. Zu allererst fiel ihr natürlich die Zusammenstellung der Kleidung auf, wobei sie das als gutes Exempel ansah, wahrscheinlich war er in seinem Inneren genauso zweigeteilt wie seine Mode. Eigentlich Germane, aber doch Römer. Genau wie seine Familie. Er hatte auch keine blonden Haare, wie sie feststellte, das hatte er als mit seinem Bruder gemeinsam. Allerdings hatte Eburnus recht, er war nicht so soldatisch, er war ja schließlich auch in der Verwaltung. Allerdings war er keinesfalls dicklich und das gefiel Callista, das zeugte von gutem Charakter wie sie fand. Außerdem war er sehr gepflegt, frisch rasiert und seine Haare waren nach römischer Tradition sehr kurz. Alles in allem machte er einen sympathischen Eindruck, auch wenn Callista sich noch nicht recht traute, ihm in die Augen zu sehen, sondern eher seine Erscheinung musterte.


    Plötzlich wurde sie nervös, weil sie merkte, dass sie ihn vielleicht eine Sekunde zu lange angeguckt hatte... hoffentlich war ihm das nicht unangenehm. Es reicht ja völlig, wenn sie jetzt rot anlief - was sie auch tat. Sie biss sich wieder auf die Lippe, doch ein strenger Blick von Vodafonis reichte aus, dass sie damit aufhörte.


    "Heilsa Marsus." sagte sie schließlich und blickte ihm kurz ins Gesicht, bevor sie dann doch wieder weg sah. Zu doof aber auch... Sollte sie ihm etwas zu trinken anbieten? Vielleicht wollte er sich ja setzen? Wenn sie doch nur etwas zu tun gehabt hätte, dann wär es nicht so schlimm gewesen.

  • Nun stand Drusus also vor der Casa Prudentia. Noch bevor er anklopfte, um diese Prudentia Callista zu sprechen musterte er das Gebäude ein wenig. Ganz nett eigentlich, so eine Casa, aber sein zukünftiger Domus im Castellum war auch nicht zu verachten, ganz im Gegenteil. Der Iulier tat die letzten Schritte zur Porta der Prudentier in Mogontiacum und klopfte an selbiger dreimal kräftig an... Ein bisschen nervös war Drusus schon, immerhin wusste er ganz und gar nicht worum es ging...

  • Die Sklaven, in Abwesenheit von Prudentia Aquilia, völlig ohne Aufsicht und sich selbst überlassen hatten sich schon an das gemütliche Leben gewöhnt und wurden jetzt wieder mehr gefordert. Denn durch Callistas Anwesenheit häuften sich auch und nicht nur die Besucherzahlen und so hatte die ältere Sklavin den Türendienst übernommen. Demnach wurde Iulius Drusus von einer sichtlich alten und im Gesicht doch recht runzligen Frau empfangen, die man seit sie in prudentischem Besitz war Carcia nannte.


    [Blockierte Grafik: http://img27.imageshack.us/img27/456/carcia.jpg"Salve Herr, was kann ich für dich tun?"

  • "Salve", grüßte Drusus zrück und trug dann sein Anliegen vor. "Ich möchte zu Prudentia Callista, wenn sie da ist." Zur Untermauerung seines Wunsches hielt der Iulier der alten Sklavin auch noch den Brief, den er bekommen hatte unter die Nase:


    Salve Centurio Iulius Drusus,
    mein Name ist Prudentia Callista und ich kontaktiere dich im Auftrage von Lucius Quintilius Valerian, der mich bat dir etwas von ihm auszuhändigen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du in nächster Zeit hier bei mir in der Casa Prudentia erscheinst, damit ich dich persönlich mit seinen Grüßen und dem Paket bedenken kann.
    Vale,
    Prudentia Callista

    [/quote]

  • Mit einer skeptischen Miene las die Carcia den Brief, prüfte das Siegel und nickte dann. Die kurze Nachricht stammte aus der Feder ihrer neuen Herrin und so bat sie den Mann ins Triclinium. "Warte einen Augenblick, Herr, Prudentia Callista wird dich sogleich empfangen." sagte sie und verschwand, während ein anderer Sklave unaufgefordert ein Tablett mit Getränke vor dem Centurio abstellte. Wenn er denn durstig war, standen nun verdünnter Wein, Apfelsaft oder auch nur schlichtes Wasser bereit.


    Nur wenige Minuten später stand dann auch schon Callista im Raum, mit einem freundlichen und neugierigen Lächeln auf den Lippen. Sie musterte den Römer vor sich und rief sich in Erinnerung, was Valerian über ihn gesagt hatte. Den Beutel mit den 200 Sesterzen trug Carcia hinter ihr her.


    "Salve Iulius Drusus, es freut mich sehr, deine Bekanntschaft zu machen. Bitte, nimm doch Platz."


    In der Rolle der Hausherrin gefiel sich Callista eigentlich nicht, in Rom war sie froh gewesen, dass Balbus solche Aufgaben übernommen hatte. Aber hier ging es nicht anders und so lernte sie diese Rolle kennen und schlug sich sogar ganz gut, wie sie selber fand.

  • Witjon erkannte Callista sofort. Und war baff. Landos Sticheleien hatten sich allesamt als unwahr erwiesen. Callista war von zierlicher Gestalt, schlank, aber nicht dünn. Ihre Haare waren rotbraun und hochgesteckt und zum verzierten Kleid trug sie an ihrem Hals die Kette, die aus Witjons Goldschmiede stammte. Sein Blick blieb an Callistas hinreißenden Gesichtszügen hängen, von denen besonders die Augen eine faszinierende Wirkung auf den jungen Duccier hatten. Den Göttern sei gedankt, seine zukünftige Ehefrau war bildhübsch! Mit einem schüchternen Lächeln nickte er ihr zu und erwiderte ihre begrüßung mit freundlichem Ton. "Heilsa Callista." Ihre Anrede war zum Glück nicht besonders förmlich gewesen und sie benutzte auch noch den germanischen Gruß, was Witjon zum einen überraschte und zum anderen fröhlich stimmte. Sie war seiner Kultur offenbar aufgeschlossen und hatte sich schon im vorhinein informiert. "Ich freue mich, dich in Germania begrüßen zu dürfen," war das erstbeste was Witjon nun einfiel und das er auch etwas unbeholfen von sich gab. Sein Magen krampfte sich urplötzlich zusammen und der verfluchte Kloß wollte in seinen Hals zurückkehren. Völlig in den Bann dieser Frau geschlagen stellte Witjon fest, dass ihre Wangen sich röteten, was ihn nur noch begeisterter werden ließ.

  • Tja, da standen sie nun. Callista sah beschämt zwischen dem Boden zu ihren Füßen und Marsus hin und her und wagte es nicht sich zu bewegen, was erwartete man denn jetzt von ihr? Am liebsten wollte sie einen hilfesuchenden Blick zu Vodafonis werfen, aber die hielt sich natürlich im Hintergrund. Sie lauschte seiner Stimme und empfand sie als recht warm und freundlich, außerdem fehlte ihr der neckische Ton, den sein Bruder angeschlagen hatte. Eburnus war auch selbstsicherer gewesen, wenn sie recht darüber nachdachte, was entweder an seinem Soldatenleben lag oder daran, dass er sie nicht heiraten brauchte. Ob Marsus deswegen genauso nervös war wie sie? Eigentlich eine lustige Vorstellung, denn Callista hatte sich selbst immer als den schüchternsten Menschen überhaupt gedacht. Wenigstens war er in ihrem Alter! So stand sie eine Weile da und brachte kein Wort hervor, als plötzlich Carcia in ihrem Blickfeld auftauchte. Mit einem Tablett in ihrer Hand. Dieses stellte sie mit einem wissenden Lachen auf den Tisch, der zwischen den Clinen stand und schaute dann zwischen den Herrschaften hin und her. "Nun setzt euch erstmal, Kinderchen, und trinkt etwas." Vodafonis würde ihr später einen Rüffel geben, die Domina so angesprochen zu haben, da war sich Callista völlig sicher.


    Dennoch lockerte Carcia sie etwas auf und sie tat, wie vorgeschlagen und setzte sich. So wie man es eigentlich tat, sich auf eine Cline zu legen, darauf verzichtete sie erstmal. Wahrscheinlich hatte Marsus keine bei sich daheim und sie wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen. Verlegen waren sie ja beide sowieso. Mit einer hastigen Bewegung griff sie einen der zwei Becher, in dem roter, römischer Wein zu finden war und sogar unverdünnt, wie Callista feststellte, nachdem sie einmal genippt hatte. Sie musste aufpassen, nicht zuviel zu trinken! Aber sie hoffte, dass der Wein ihr etwas von der Aufregung nahm und war Carcia im Grunde dankbar.


    "Danke, Marsus. Die Reise war lang und aufregend, ich bin froh hier zu sein. Mogontiacum ist ungefähr so schön, wie dein Bruder es mir beschrieben hat."

  • Verfluchte Hacke! Jetzt standen sie da und schweigten sich an. Wie peinlich! Witjon suchte nach den richtigen Worten, um das Gespräch nicht mit Hüsteln und Räuspern fortführen zu müssen, doch zu seinem großem Glück kam dann auch schon die alte Sklavin mit Wein herein und forderte die einander Versprochenen auf sich zu setzen. Callistas Annahme, dass Witjon keine Klinen zuhause habe, war falsch. Für den Fall, dass römischer Besuch daheim war, hatten die Duccier einige Klinen in einem Nebenraum des Kaminzimmers vorrätig, die zu entsprechenden Gelegenheiten hervorgeholt wurden. Ohnehin war Witjon die Nutzung von Klinen durch seine Arbeit in der Verwaltung gewöhnt, gab es doch ständig Klinken von einflussreichen Bürgern zu putzen oder politische Gespräche beim gemütlichen Abendessen zuhause zu führen. Der servierte Wein war unverdünnt und Witjon nahm einen ordentlichen Schluck, der ihm hoffentlich etwas Nervosität nehmen würde.
    "Du hast mit meinem Bruder gesprochen?" Verblüfft schaute Witjon sein Gegenüber an. "Was hat er dir denn alles von unserer schönen Heimat berichtet?" Ein leichtes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. So wie er seinen Bruder kannte, hatte er Callista mit so vielen Informationen überhäuft, dass dieser ganz schwindlig geworden sein musste.

  • Auch ihr Verlobter setzte sich und nahm einen Becher mit Wein, wie Callista dankbar wahrnahm. So hatte er etwas zu tun und sie eine Möglichkeit ihre Aufregung zu überspielen. Als er sie allerdings so verblüfft ansah, musste sie lächeln. Sie hätte wahrscheinlich genauso geguckt, anscheinend hatte ihm Eburnus nichts davon erzählt und sie hatte ihm das schließlich auch nicht geschrieben.


    "Ja, ich habe ihn getroffen. Mein Onkel, der ja der Patron von Eburnus ist, hatte ihn eingeladen damit er mir von Germanien erzählt. Aber damals wußte ich noch nicht, dass ich direkt hierbleibe um ... ähm ... dich zu heiraten." Da war es raus, sie hatte es angesprochen. Obwohl sie ja selbst eingewilligt hatte, dass man ihre Verlobung bekanntgab und sie ins Eheregister eintrug, war es nun etwas anderes. Jetzt hatte sie ihren Bald-Ehemann vor sich und es laut ausgesprochen, irgendwie wurde es dadurch noch einmal viel realer. Aber sie wollte gar nicht, dass Marsus darüber jetzt allzu viel nachdachte sondern redete lieber noch ein wenig weiter. "Er hat etwas über die Sitten und Bräuche erzählt, die mich hier erwarten, er hat von der Stadt berichtet und was man hier alles erleben kann, welche Gebäude es gibt und auch etwas über den Winter. Daher bin ich froh, dass ich im Frühling hier angekommen bin." Sie schmunzelte und wunderte sich über sich selbst, denn es fiel ihr erstaunlich schnell die Aufregung zu verdrängen. Normalerweise brauchte sie viel länger, um sich in der Gegenwart einer anderen Person so wohl zu fühlen, dass sie kleine Scherze machte.

  • Witjon musste schmunzeln, als Callista etwas verlegen aussprach, weshalb sie beide hier überhaupt zusammen saßen. Sie würden heiraten, und zwar ziemlich bald. Leider blieb ihm nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn seine Verlobte sprach zügig weiter. Während sie so berichtete, was Eburnus - der für Witjon immer noch der große Bruder Arbjon war, denn mit dessen römischen Namen sprach er ihn für gewöhnlich nicht an - Callista für Eindrücke des Nordens vermittelt hatte, fragte Witjon sich insgeheim, ob und was sein Bruder womöglich auch über ihn erzählt hatte. Aber vermutlich war das nicht viel gewesen, denn sie hatte gerade erst gesagt, dass sie zu dem Zeitpunkt noch nichts von ihrer Heirat gewusst hatte. Der junge Duccier trank einen weitere Schluck Wein und musste dann über Callistas Jux lächeln. "Nun, die Winter hier können wahrhaft hart sein, doch ist es auch eine schöne Jahreszeit. Aber du hast vermutlich recht, es war nicht gerade unklug erst jetzt herzukommen, ist die Reise doch im Winter um einiges schwieriger und risikoreicher, als sie es ohnehin schon wäre." Und mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: "Aber du bist wohlbehalten hier angekommen und dafür danke ich den Göttern."
    Langsam begann Witjons Aufregung sich etwas zu verflüchtigen, denn das Gespräch lief gut und er fühlte sich sichtlich wohler. "Und wie ist dein erster Eindruck von meiner Heimat? Haben sich deine Erwartungen bisher bestätigt oder hat mein Bruder Dinge erzählt, die du so noch nicht bejahen kannst?" Immer schon die Unterhaltung am Laufen halten, Witjon. Keine unangenehmen Pausen! (:D)

  • Zitat

    Original von Prudentia Callista
    ....


    Drusus folgte der Sklavin ins Triclinium, wo ihm auch schon von einem Sklaven ein Tablett mit mehreren Getränken gebracht wurde. Selbstverständlich griff er zu dem verdünnten Wein und trank gleich einen kleinen Schluck. Guter Service hier, und der Wein war auch nicht zu verachten. Dann wartete der Iulier gespannt auf die Hausherrin, und noch gespannter auf dieses ominöse Paket, das von seinem Freund Valerian, mit dem er früher bei der Zweiten gedient hatte.


    Da war sie dann auch, die Gastgeberin, und hinter trottete die Sklavin, die Drusus zuvor eingelassen hatte hinterher. "Salve Prudentia Callista!", grüßte er freundlich. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite." Anschließend folgte er der Aufforderung der jungen Prudentierin und nahm auf einer der Klinen Platz. "Verzeich, wenn ich so unverschämt frage", sagte der Iulier, neugierig wie er war, "aber, was hat es denn nun mit diesem Paket von Valerian auf sich?" Natürlich fragte er sich auch, woher Valerian die junge Dame kannte, aber alles zu seiner Zeit.

  • Der Centurio vor ihr war etwas ungeduldig oder auch nur neugierig und Callista beantwortete gerne seine Fragen. Sie winkte Carcia, die den Beutel öffnete und ihm dann Drusus in die Hände legte, so dass er gleich sah, was in dem Beutel war. 200 Sesterzen, was er ja gerne noch nachzählen konnte, wenn er wollte. Aber erstmal musste Callista erklären warum und woher sie das Geld hatte.


    "Valerian bat mich, dir diese Münzen zu überreichen, da er wußte, ich reise nach Mogontiacum. Er vertraute mir das Geld in seinem Namen an und ich habe ihm zugesichert, es dir persönlich zu überbringen. Bitte entschuldige die Geheimniskrämerei in meiner Nachricht an dich, allerdings wollte ich riskieren, dass falsche Augen lesen, worum es geht."

  • "Balbus hätte mich niemals im Winter reisen lassen! Und ich bin ihm dankbar, außerdem konnte man dadurch das eine mit dem anderen verbinden, denn ich soll ja schließlich von deinem Vetter zur Priesterin ausgebildet werden. In Rom hätte es keine Lehrer für mich gegeben, deswegen wurde meine Reise nach Germania geplant." Insgeheim hatte Callista den Verdacht, dass Balbus erst dadurch auf die Idee gekommen war, seine Bande mit den Ducciern zu verstärken und dazu seine Nichte zu verwenden. Aber wenn sie sich Marsus so anschaute, konnte sie ihrem Onkel kaum böse sein. Er sah gut aus und benahm sich höflich, das war ja schon mal was wert. Ihre Mutter hatte mal gesagt; "Was nützt einem das schönste Brot, wenn der Teig versalzen ist?" Und dabei das Thema Männer im Sinn gehabt, obwohl Callista nie verstanden hatte, ob sie damit ihren Vater gemeint hatte. Es galt also nun herauszufinden, welche Art Teig Marsus war. Callista musste über ihre Gedanken schmunzeln. Sie verglich ihren Verlobten doch nicht allen ernstes mit Teig!?


    "Dein Bruder hat..." Nein, das konnte sie eigentlich gar nicht erzählen, was er mit seiner Rüstung und der Toga angestellt hatte. Sie konnte Eburnus doch nicht vor Marsus anschwärzen! Nur, weil sie sich etwas erschrocken hatte, damals, konnte sie das doch nicht rumerzählen! Nachher dachte er noch sie wäre ein Klatschmaul. "... soviel erzähl, vor allem über die Germanen aus germanischer Sicht, dass ich wahrscheinlich schon die Hälfte wieder vergessen hab. Es waren sehr viele Informationen." Gab sie etwas kleinlaut zu. "Aber ein paar Sachen habe ich behalten, zum Beispiel, dass es unhöflich ist, wenn ich mir angebotenen Met nicht wenigstens probiere. Bis jetzt habe ich noch nie Met getrunken und dein Bruder meinte, er kann süß oder auch herb schmecken." Sie dachte noch etwas an das weit zurückliegende Gespräch zurück und versuchte sich die Kleinigkeiten ins Gedächtnis zu rufen, die sie damals als besonders wichtig empfunden hatte. "Er meinte auch, ich soll keinen Germanen beleidigen, aber ich könnte meine Meinung kundtun, wenn ich will. Ich soll Germanen nicht für barbarisch halten und ihnen mit respekt entgegentreten, ja, so hat er das ausgedrückt."


    Sie nippte an ihrem Wein und lächelte Marsus an, ob ihn das wirklich interessierte, was sie hier sagte? Wahrscheinlich wollte er eher nicht wissen, was Eburnus ihr alles erklärt hatte, sondern viel mehr, ob es ihr hier gefiel.


    "Ich selbst habe von Mogontiacum noch nicht viel gesehen, wir sind ja erst vorgestern angereist und waren gestern noch damit beschäftigt alles einzuräumen und die Casa zu erkunden. Ich wollte auch erstmal jeden Menschen, der hier zur Casa gehört, kennenlernen und mir dann erst die Stadt ansehen."

  • Drusus nahm den Beutel entgegen und betrachtete mehr als überrascht die vielen Münzen, die der Beutel enthielt. Geld? Damit hatte er nicht gerechnet, und anfangs hatte er auch überhaupt keine Ahnung was das bedeuten sollte. Dann allerdings dämmerte ihm langsam, dass das wohl die zweihundert Sesterzen sein sollten, die Drusus vor langer Zeit Valerians Schwester, Valentina geliehen hatte. "Ich danke dir, Prudentia Callista", sagte er, lächelte freundlich und verstaute den Geldbeutel an seinem Gürtel. Eigentlich kränkte es den Centurio sogar ein wenig, dass sein Freund ihm diese Summe zurückbringen ließ. Immerhin verdiente er doppelt so viel in einer Woche, nötig hatte er es also auf keinen Fall. Da hätte er sich über ein kleines Geschenk, wenn es auch viel weniger Wert sein mochte mehr gefreut. Aber das zeigte er natürlich nicht, und natürlich würde er sich per Brief bei Valerian bedanken.


    "Ich hoffe doch, dass es Valerian gut geht?", fragte der Iulier, nachdem er einen Schluck Wein getrunken hatte neugierig. Dann nickte er verstehend. Logisch, dass Callista kein unnötiges Risiko eingehen wollte. Sie hatte ihn ja nicht gekannt, da hätte sich ja jeder bei ihr melden können und zweihundert Sesterzen abstauben können... "Darf man fragen was dich nach Mogontiacum führt?" Immerhin war das eine weite Reise, und gefährlich oben drein.

  • Witjon erschien es merkwürdig, dass es in Rom, dem angeblichen Mittelpunkt der Erde, keinen Lehrer für seine Verlobte gegeben hätte. Doch er fragte nicht weiter danach, war ihm doch herzlich egal. Callista war hier und das zählte für ihn. Ein Glück, dass er keine Gedanken lesen konnte, denn mit Teig verglichen zu werden hätte ihm sicherlich einen ziemlich schwachsinnigen Gesichtsausdruck entlockt...oder einen Lachanfall. (:D)


    Ein vorsichtiges Grinsen zeigte sich dann auf Witjons Zügen, als Callista fortfuhr. "Nun, Arbjon...ähm Eburnus hat dir offensichtlich das wichtigste für einen gelungenen Start unter Germanen beigebracht. Aber es wundert mich, dass du noch keinen Met getrunken hast, wo du doch jetzt schon ganze zwei Tage in Mogontiacum weilst." Ein gewisser ironischer Unterton hatte sich in seine Stimme eingeschlichen und Witjon trank noch einen Schluck Wein, um ein dickes Grinsen zu verbergen. Mit etwas ernsterer Miene und viel Überzeugung fügte er hinzu: "Da du mich ja ohnehin zu einem Spaziergang durch die Stadt überreden wolltest, können wir die Gelegenheit direkt nutzen, um dir Met und einige andere kulinarische Vorzüge meines Landes näher zu bringen." Doch die ernste Maske hielt nicht lange und wich ziemlich schnell wieder einem fröhlichen Strahlen, während Witjon seine Verlobte betrachtete und sie so hübsch lächelte.

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