Landsitz Gens Tiberia

  • Sie hatten während des Weges von Rom hier hinaus nicht viel gesprochen. Aber bei der Kutschfahrt gab es auch nicht viel zu erzählen, denn sie war nicht lang. Während dieser hatte Minervina sich viel mehr darauf konzentrieren müssen, bei dem Geholper nicht laut aufzustöhnen. Als ihr endlich aus der Kutsche geholfen wurde, strahlte sie den Sklaven beinahe an. Es waren schon etliche Tage vergangen, an denen es nach Rom und wieder zurück ging - und seitdem hatte sie sich nicht daran gewöhnen können. "Nun, da sind wir." wandte sie sich an Sthenelos, wobei sie auf das recht prächtige Gebäude deutete. Die Tiberia war schon immer reich gewesen und entsprechend gepflegt waren Villa Rustica und Umgebung.

  • Er stieg von der Kutsche und betrachtete die Umgebung. Sofort schossen ihm die Erzählungen und Bilder der Villae, Insulae und Basilicae in den Kopf, von denen er im Architekturunterricht gehört hatte. Zwar hatten die Römer viele Elemente der Architektur von den Griechen übernommen, doch die römische Architektur bat dem Volk jedoch ganz andere Möglichkeiten. Eine gepflegte und aufblühende große Villa sah er nun vor sich und war beeindruckt, obwohl er ähnliche Bauten aus Griechenland kannte, durch die Romanisierung innerhalb des Landes.


    "Ein prächtiger Anblick vermag sich mir zu geben.

  • Sie lächelte bei seinen Worten und betrachtete das große Gebäude ebenfalls. Sie wandte sich an eine Sklavin: "Bring doch bitte meine Palla in mein Zimmer. Ich schätze, ich werde sie hier nicht brauchen." Jene reagierte augenblicklich und nahm das Kleidungsstück von Minervinas Schultern. Seltsam, dachte sich die junge Herrin, dass sie nicht einmal den Namen der Sklavin kannte. Aber sie war noch nicht lang hier, was dies rechtfertigen mochte. Dann wandte sie sich wieder zu Sthenelos.


    "Du bist auch seit kurzem in Rom, stimmts? Aber wie unhöflich von mir. Ich nehme an, du möchtest vor unserem Spaziergang noch etwas trinken, oder?" fiel sie sogleich in das Muster einer guten Gastgeberin.

  • Sie wandte sich um und machte einen Win mit der Hand, dass er ihr doch ruhig folgen sollte. Es waren nicht viele Schritte, denn als sie an der porta der Villa angekommen waren, bog sie rechts ab und auf eine kleine Terasse, von der aus man einen schönen Ausblick auf den seichten Hang hatte, an welchem Haine standen. Hier standen einige Korbsessel um einen runden Tisch. Dise kleine Sitzgruppe steuerte Minervina an und setzte sich sogleich. "Ich nehme an, du möchtest Wein? Oder ist dir frischer Saft lieber? Wasser?"

  • Sie nickte der Sklavin zu, die ihnen wie selbstverständlich vom Eingang her gefolgt war. "Also eine Karaffe mit Wein und eine mit Wasser!" erklärte sie dieser. Dass zwei Becher mitgeliefert würden, war wohl selbstverständlich auch für die Sklavin offensichtlich. Sie blickte wieder zu ihrem Gast und folgte dann seinem Blick. "Es ist herrlich hier, nicht wahr?" fragte sie, um das Schweigen zu durchbrechen. Minervina selbst saß gern hier, beobachtete die Landarbeiter und ohnehin gern die Umgebung, die niemals völlig still stand.

  • Die Sklavin verschwand. Als das Schweigen von Minervina unterbrochen wurde, starrte er weiter in Richtung Landschaft. Er schien förmlich in Hypnose und fixierte einen geiwssen Punkt in der Ferne, ohne ihn in voller Schärfe zu sehen. Er war in Gedanken, die er plötzlich laut äußerte.


    "Es ist wahrhaft bezaubernd. Und die Berge erinnern mich an jene in meiner Heimat."


    Er sprach mit leichten Pausen zwischen den Sätzen. Im Hintergrund flogen Vögel und man vernahm ihr fröhliches Singen.


    "Mehrere Monate habe ich gebraucht um von dort wo ich her komme hier her zu gelangen. Und jetzt war ich hier und meine Heimat meilenweit entfernt."


    Er ließ den Scheinpunkt in der Ferne nicht los. Seine Gedanken waren weit gen Osten gerichtet, nach Kreta.

  • Minervina lächelte. Sie hatte mit dem Schiff nur eine Woche, vielleicht auch etwas länger bis nach Ostia gebraucht. Von dort aus war es nicht einmal ein Tag gewesen, den sie bis hierher gebraucht hatte. Kurz schwanden auch ihre Gedanken wieder zurück in die Heimat. Nun, da sie ihre Mutter nicht mehr jeden Tag sah, begann sie diese zu vermissen. Damals hatte sie es kaum erwarten können, sie zu verlassen. Und nun würde sie so vieles geben, sie endlich wiedersehen zu dürfen. Sie machte sich Sorgen und ihr war klar, dass diese Sorgen durchaus berechtigt waren. Helena hatte keinen starken Charakter, was auch immer die Tatsache gewesen war, die sie an der Mutter nicht leiden konnte.


    "Ich kenne Achaia nicht sonderlich gut, aber von wo genau kommst du denn?" fragte sie, um ihm ein wenig entgegen zu kommen. Er vermisste seine Heimat gewiss und vielleicht würde es ihm helfen, wenn er seine Erinnerungen teilen konnte.

  • Er war froh nicht mehr alleine zu sein. Die Reise bis nach Rom war anstrengend genug und einerseits war er froh nun hier und bereits in Gesellschaft zu sein.


    "Sagt dir die Insel Kreta etwas, im Süden von Achaia?"


    Er wartete bis er ein kleines Nicken wahrnahm.


    "Im zentralen Süden der Insel, in der Stadt Phaistos wurde ich geboren. Mein Vater wohnt immer noch dort und wartet, dass ich ihm als bald eine Nachricht schreibe."


    Er guckte sie an und wartete ihre Reaktion ab.

  • "Ja, Kreta kenne ich, namentlich." bestätigte sie mit einem leichten, zusätzlichen Nicken und sah kurz die Sklavin an, die gewünschtes auf den Tisch stellte. Dann blickte sie wieder zu Sthenelos. Sie musterte ihn das erste Mal ein wenig eingehender, musste sich alsbald aber wieder auf seine Worte konzentrieren. "Phaistos kenne ich allerdings gar nicht." meinte sie mit leichtem Bedauern in der Stimme, während sie den Blick wieder auf die Landschaft zu ihrer Linken richtete. Es brauchte eine kurze Weile, bis sie antwortete.


    "Wenn du möchtest, kann ich dir Geld für deine Post zur Verfügung stellen. Der Cursus Publicus ist sehr zuverlässig. Oder du gibst sie einem Händler mit, der ohnehin dieses Ziel verfolgt. Was wirst du deinem Vater schreiben?" Noch immmer sah sie nicht zu ihm. Ihre Gedanken waren zur anderen Hälfte bei ihrem eigenen Vater, der sein Leben in Germanien lassen musste. Was würde sie ihm schreiben? Vermutlich, dass sie ihn schrecklich vermisste...

  • Er nahm den Becher mit Wein gefüllt und trank einen Schluck.
    Dann wandte er sich Minerva zu und antwortete ihr:


    "Einiges. Er sollte zumal wissen, dass ich heil in Rom angekommen bin und bereits erste Bekanntschaften machte."


    Er sah sie lächelnd an.


    "Ich würde ihm von meinen Überfahrten berichtet, dass Poseidon und Neptun selbst diese gesegnet hatten. Er meinte damals zu mir, dass er die Tempel der Götter besuchen wird, um meine Reise von Gefahren und Unheil zu bewahren."

  • Dieses Mal trat bei seinen Worten kein Lächeln auf ihre Lippen, wie es ansonsten der Fall gewesen war. Zwar hatte sie seinen Worten aufmerksam gelauscht und sie auch aufgenommen, doch sie waren zu zwiespältig für sie, als dass sie lachen könnte. Es mochte schon fast krankhaft sein, aber ihre Stimmung schlug jedes Mal um, wenn sie an ihren eigenen Vater erinnert wurde. Der einzige Mensch, den sie jemals wirklich geliebt und auch verehrt hatte. Sie fühlte sich beinahe wie eine Witwe und wünschte sich sehr, dass ihre Mutter dies täte. Doch nein, natürlich nicht.


    Die Hand auf ihrem Bauch ballte sich zu einer Faust, wobei ihre Knochen schon weiß hervortraten. Ansonsten war ihrer Mimik nichts anzusehen, nichts deutete auf ihre Gefühle hin. "Was ist dein Vater für ein Mensch? Du liebst ihn sehr, nicht?" fragte sie mit ruhiger Stimme die ihre Anspannung grotesk erscheinen ließ.

  • Er merkte, dass sich in Minervina viele Gedanken zugleich tummelten und ihr durch den Kopf rasten. Doch ihr Gesicht spiegelte nichts von ihrem inneren GEdankengängen wieder. Nur die Körperspannung und die Tonlage in ihrer Stimme machte ihm dies klar. Irgendetwas harrte in ihrem Kopf.


    "Ja, sehr. Seit dem Tod meiner Mutter als ich 2 Jahre alt war, ist er die naheste Bezugsperson bisher gewesen. Zur Zeit ist er im Cultus Deorum tätig."

  • Ihr Herz krampfte sich zusammen. Das Thema 'Tod' war ein leidliches Thema und bisher hatte sie nicht ruhig damit umgehen können - auch wenn es zum Alltag eines jeden Menschen gehörte. Schon zwei Menschen ihrer nächsten Verwandtschaft waren gestorben. Ihr Vater, Publius Tiberius Maximus und ihr Bruder, der den gleichen Namen getragen hätte, wäre er nicht in die Matinia adoptiert worden. Nun senkte sie ihren Blick auf ihre Hand, die unter dem enormen Druck schon zitterte. Doch sie fühlte den Schmerz kaum, es war als gehörte die Hand nicht zu ihrem Körper.


    "Ich auch. Ich bin auch im Cultus Deorum tätig." erklärte sie mit einem gekünstelten Lächeln und wandte ihren Blick wieder in seine Richtung - doch nicht in seine Augen. Sie blickte ganz knapp an ihnen vorbei und fixierte einen Punkt, der irgendwo im Garten zu liegen schien. Dann sah sie auf den Tisch um ihrerseits den Becher zu ergreifen und in diesen Wein einzuschenken. Sie führte ihn an die Lippen und hatte sich damit eine weitere Brücke geschaffen, damit sie schweigen konnte. "Warum bist du nicht im Cultus Deorum?" fragte sie, doch ihre Worte klangen irgendwie hohl.

  • Viele Bilder aus seiner Kindheit kamen jetzt wieder hoch und sie erfreuten ihn eigentlich. Das Heimatsgefühl und die Nostalgie wuchsen stark in ihm auf. Gerade jetzt wo er an einem Ort ist, welchen er nur aus der Schule kannte.


    "Ich lernte in deinem Alter etwa den Philosophen Xenopaedeus kennen und lernte durch ihn die Philosophie kennen. Die Literatur sprach mich mehr an als die Verehrung der Götter."


    Er machte eine Pause. Und überlegte wie er sich gerade ausgedrückt haben mag.


    "Himmel, versteh mich nicht falsch. Auch ich verehre die Götter, nur gaben mir die Götter andere Gaben und Aufgaben, als die deinen und die meines Vaters. So gehen wir also den Aufgaben nach, die uns die Götter geschenkt haben."

  • Für gewöhnlich hätte sie bei seinen Worten gelacht, doch nun ließ sie sich lediglich zu einem schmalen Lächeln hinreißen. Allerdings wagte sie es wieder, ihn direkt anzusehen und erklärte ihm ihren Standpunkt. "Ich bin in den Dienst der Minerva getreten, weil sie die Schutzpatronin meines Vaters ist. Ich möchte ihn damit mit Stolz erfüllen. Zudem ist meine Mutter Pontifex in Hispania und meine Tante im hiesigen Collegium Pontificium, weshalb mir auch keine große Wahl geblieben wäre." An ihrer Miene allerdings erkannte man, dass sie sicherlich eine Wahl gehabt hätte und sie nur erläutern wollte, in welchen Verhältnissen sie aufgewachsen war.


    Dann sah sie wieder auf die kleinen Hügel und ließ ihren Becher hin- und herschwanken, während in ihm der Wein seine kleinen Kreise beschrieb. Die Sonne schien ihr beinahe direkt ins Gesicht und sie genoss diesen Schimmer. Sie verengte ihre Augen leicht und wandte ihren Blick in Richtung der großen hellen Scheibe. "Die Wege der Götter sind unergründlich." brach sie dann das eingetretene Schweigen und lächelte wieder etwas wärmer als zuvor.

  • Minerva, die römische Pallas Athene.. Göttin der Weisheit und des Wissens. Durch aus eine gute Wahl, wie er fand. Er begann langsam zu verstehen, was die trübe Laune seiner Gegenüber veranlasste.


    "Kennst du Daidalos, ein Philosoph aus Epidauros?"


    Sim-Off:

    Diese Figur hab ich grad erfunden. Also an alle Philosophieinteressierten die sich fragen, warum der Name in ihrem Studium noch nichts über diesen Herrn berichtet wurde und gerade bei Wikipedia rumsuchen: alles rein fiktiv :D

  • Sie blickte ihn mit leichter Verwirrung an. Der pötzliche Themenwechsel löste dies aus, was sich auch deutlich in íhrem Gesicht abzeichnete. "Nein, aber muss ich ihn kennen oder ist es nicht sträflich, dass mir sein Name nichts sagt?" Sie führte sacht wieder den Becher an ihren Mund um ein paar Schluck hiervon zu kosten. Daidalos.. Vorsichtshalber prägte sie sich wenigstens den Namen schon einmal ein, denn vielleicht konnte das folgende Wissen nützlich sein. Interessiert wartete sie auf eine Erklärung seinerseits.

  • Wie erwartet kannte sie ihn nicht. Die Römer haben sich einfach zu sehr auf ihre Autoren und Philosophen konzentriert. Mit erklärenden Gesten sagte er schließlich, worauf er hinaus wollte.


    "Dieser schrieb einst: 'Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.'"


    Er blickte ihr diesmal in die Augen, um zu schauen wie sie diese Worte wohl aufnehmen würde. Doch er wollte ihr mit den Worten nichts Böses im Gegenteil. Doch um das alles nicht noch weiter auszuweiten und die Vergangenheit der Minerva noch stärker aufzuwühlen, war nun ein Themenwechsel wohl doch sehr angebracht.


    "Wann denkst du, ist deine Tante wieder zurück?"

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