Er fühlte sich grauselig, hatte einen ekligen Geschmack im Mund, einen Kopf, als wenn Thor persönlich mit den Hammer drauf einschlagen würde und ein Gefühl im Magen, als wenn er sich gleich wieder übergeben müsste, ausserdem brannte sein Hals fürchterlich. Leicht verwirrt starrte er Venusia an.
"Wieso bin ich in meinem Bett und was machst Du hier?"
Er lallte nicht mehr, sprach aber leicht heiser.
Valentins Zimmer
- Valentin Duccius Germanicus
- Geschlossen
-
-
Hergen und ich, wir brachten dich hier herauf, weil du unten im Arbeitszimmer eingeschlafen warst. Ich habe hier auf dich aufgepasst.
Venusia lächelte freundlich und ließ den Rest aus. Zumindest fürs erste, denn sie musste irgendwann mit ihm darüber reden.
-
Sein Blick verdüsterte sich zusehends. "Warum habt ihr mich nicht, wie gesagt, alleine da gelassen?"
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Ich kam früher aus der Curia weil ich eine Schrift benötigte. Ich musste ins Arbeitszimmer, ich wollte ja schnell wieder zurück. Doch als ich dich so sah und du anfingst wirr zu reden, mehr oder weniger wirr, konnte ich dich nicht allein lassen. Irgendwann hattest du dich so vollgeschüttet, dass du eingeschlafen bist.
Sie sagte das wieder freundlich.
-
Er brummelte nicht gerade freundlich was vor sich hin, sagte dann aber relativ neutral: "Danke für Eure Fürsorge, aber ich wäre Dir dankbar, wenn Du mich jetzt alleine lassen würdest."
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Und was dann? Bestellst du dir bei Hergen neuen Met? Trinkst du wieder bis zur Besinnungslosigkeit?
Venusia wurde nun etwas lauter und bestimmter.
Meinst du, dass das dein Weg aus den Problemen ist? Ziemlich einfach und dennoch ohne Wirkung. Denn du hast davpn geträumt. Und was immer mit Alrun war oder ist, du hast keine Schuld daran.
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Bei ihren Worten wurde er so blass, dass er in der Nacht hätte leuchten können. Seine Augen jedoch wurden richtig denkel nach einer Weile. Erst war es Trauer und dann Wut und Zorn.
Warst Du dabei? Kannst Du es beurteilen? Nein! Also maße Dir nicht an zu behaupten, ich hätte keine Schuld! Du weisst doch überhaupt nicht, was passiert ist, also hör auf hier so etwas zu sagen! -
Nun wurde auch sie laut. Er war schließlich nicht der einzige,der mit Problemen leben musste.
Ich weiß nicht was passiert ist. Doch komme du aus deinem verdammten Selbstmitleid heraus. Du bist nicht er einzige hier, der etwas schlimmes nicht abwenden konnte und sich immer wieder fragt warum das passieren musste. Du bist nicht der einzige, der sich an etwas Schuld gibt, für das er vermutlich noch nicht ein mal kann. Und wenn ich mir eine richtige Meinung bilden soll, dann sage mir endlich was los ist und denke nicht immer, dass du allein durch musst. Du hast ne Familie und die will zu dir halten, dir Trost spenden, dir helfen und das kann sie nur, wenn sie weiß was passiert ist. Leif und Alrun sind nicht nur deine Familie.
-
Er starrte sie an und sein Kopf schien platzen zu wollen, aber die Wut hielt ihn aufrecht, schaffte es sogar, dass er auf die Beine kam. Schwankend blieb er vor ihr stehen.
Ich habe niemanden darum gebeten mir zu helfen oder sich in meiner Nähe aufzuhalten. Kapiert endlich, dass ich damit alleine fertig werden will und muss. Ihr könnt mir nicht helfen und sollt es auch nicht!
Und verdammt noch mal, hätte ich nachgedacht, hätte ich so verdammt vieles verhindern können und einiges wäre heute anders. Und nun lass mich endlich in Frieden!
Er wollte noch mehr sagen, aber plötzlich wurde er noch etwas bleicher, so das überhaupt ging und sackte in die Knie. Ein leises Urgs kam noch über seine Lippen und kalter Schweiss brach ihm aus allen Poren. Wellen der Übelkeit überrollten ihn und alles drehte sich. Schneller, keuchender Atem drang über seine Lippen, als er endlich still auf der Seite liegen blieb und nicht mehr würgte. Dafür zitterte er nun am ganzen Leib und hielt die Augen geschlossen. -
Warum müssen alle in dieser Familie solch germanische Dickschädel sein,
murmelte sie leise fragend vor sich hin.Sie hievte Valentin auf die Füße und bekam ihn dann irgendwie ins Bett. Während sie das Zimmer in Ordnung brachte, schimpfte sie weiter vor sich hin.
Nein gebeten hast du niemanden, aber überlege mal was Familie bedeutet? Man steht für einander en und hilft dem anderen wenn er Probleme hat oder in Not ist. Gerade du als Germane solltest das wissen. Wir können dir helfen und wollen es auch. Nimm doch endlich Vernunft und Hilfe an. Was konntest du verhindern oder meintest es zu können? War es ehe du die Verletzungen abbekommen hattest oder nicht? Du hast getan was du konntest. Denn was anderes vermute ich bei dir nicht. Damals wie jetzt. Da du es nicht verhindern konntest, so hatte das Schicksal und die Götter es anders gedacht und den weg dementsprechend gelegt? Denke nur nicht, dass nur du Probleme hast und nur du dich so gehen lassen darfst. Andere haben hier ganz andere durch und lassen sich nicht so gehen.
-
Er bekam nur die Hälfte mit von all dem, was sie sagte. Er zitterte fürchterlich und fror erbärmlich, aber das war ihm egal. Seine Gedanken waren wieder im Sommer in dem Dorf. Er sah seine Schwester, die nun eigentlich doch nicht seine Schwester war. Und er sah die Blicke die sie ihr zuwarfen. Er hörte die Worte des Kriegers, mit denen dieser ihn immer und immer wieder reizte und sah seine Augen, wie sie brachen. Und er erinnerte sich wieder an die Nacht, als sie in die Hütte gebracht wurde, geschändet und verstört und er erfuhr, was geschehen war. Sie hatten gedacht, er würde schlafen, aber er war wach, wach durch die Schmerzen und den Schüttelfrost des Fiebers, welches er im Laufe des Abends bekommen hatte. Und dann der Ritt und die Umstände und dann war da Leif gewesen und irgendwann....
Er schloss die Augen, wollte nicht mehr denken. Er hatte seinem Bruder nicht in die Augen sehen können. Er hatte ihm nicht Bescheid gegeben und war selbst losgezogen und dann hatte er alles verbockt. Und dann... dann waren sie gegangen.
"Ich habe nach den alten Traditionen gekämpft," flüsterte er so leise, dass er nicht sicher sein konnte, dass sie es hörte, es eigentlich auch gar nicht wollte, dass sie es hörte. "Ich hab sie dadurch frei bekommen und sie ihm ausgeliefert. Ich habe seinen Freund getötet und er wollte Ersatz. Den hat er sich genommen, ohne Gnade."
Seine Zähne klapperten jetzt in einer Lautstärke, dass man Angst haben musste, dass sie dabei abbrachen. Seine Worte wurden davon fast völlig übertönt. -
Venusia hielt inne als sie ihn leise murmeln hörte und versuchte zu verstehen was er sagte. Sie ließ das aufräumen sein und seltzte sich wieder zu ihm, nahm seine Hand und drückte sie fest.
Es wird alles gut werden. Du konntest doch nicht ahnen was alles passieren konnte. Valentin gib dir nicht die Schuld an allem.
Sie wusste nicht was sie mit ihm machen sollte. In einem Moment ruhig und fast vernünftig im nächsten Moment aufbrausend, laut wütend und furchteinflößend. Was war nur aus ihm geworden. Weiter fuhr sie ihm beruhigend über die Hand, hoffte, dass er wieder ruhiger wurde.
-
Er fror, innerlich und äusserlich und zitterte erbärmlich. "Kalt," kam es zähneklappernd über seine Lippen und er rollte sich so eng zusammen, wie es nur ging. "Tut... leid... brauch Zeit.."
Er schloss die Augen und versuchte nicht an die Kälte und die Erinnerungen zu denken und irgendwann gelang es ihm wieder einzuschlafen. Ein unruhiger, aber notwendiger Schlaf.
Als es schon Mitternacht war, betrat Hergen leise das Zimmer.
Es ist spät, Mädel, geh schlafen! Ich pass auf ihn schon auf."
Er sprach sanft und freundlich.
Wie geht es ihm? -
Zumindest schläft er jetzt, aber gut geht es ihm nicht.
Venusia stand auf und sah ihn mit sorgenvollem Gesicht an.
Dann werde ich jetzt versuchen zu schlafen. Danke Hergen.
Sie lächelte ihn an und verließ dann erschöpft das Zimmer. Noch immer machte sie sich Sorgen, fragte sich ob ihre wenigen Teile, die sie zusammen hatte, wirklich das Gesamtbild ergaben, dass sich immer mehr in ihr Bewusstsein drängte.
-
Hergen wünschte ihr eine gute Nacht und blieb dann die Nacht über bei ihm. Mehrmals wachte Valentin gehetzt auf und schlief wieder ein. Erholsam war sein Schlaf nicht wirklich, dennoch ging es ihm am nächsten Morgen etwas besser und er konnte wieder seinen Alltagsgeschäften nachgehen.
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"Macht kein zu großes Aufheben," brummelte er. "Nuntius hat es bedeutend schlimmer erwischt."
Er verdrehte leicht genervt die Augen, als Marga ihn zu betüddeln begann. "ISt schon gut." -
Valentin lasse diese Wunde anständig versorgen sonst wird sie doch noch gefährlich.
Venusia sagte das in einem ernsten Ton. Warum mussten die Leute sich immer so zieren wenn man ihnen helfen wollte?
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Brummelnd liess er es geschehen, zwinkerte ihr dann aber doch zu. "Also gut..."
Nach einer Weile sah er sie bittend an. "Kannst Du jemanden zu Nuntius Familie schicken? Und auch sagen, dass ich so bald es mir von meinen Folterknechten gestattet ist, selber komme?"
Das Folterknechte kam in einem leicht amüsierten Ton rüber. -
Du wirst dich brav an Margas Anweisungen halten. Höre ich, dass du das nicht tust, wirst du dir wünschen, dass du es getan hättest.
Sie sagte das auch mit einem leichten Grinsen, doch dann schauste sie ernst.
Vielleicht sollte ich selbst dort vorbeischauen?
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"Wenn es Dir möglich wäre, wäre ich da sehr dankbar drum."
Er zuckte kurz zusammen, als Marga die Wunde auswusch und sah Venusia bittend an.
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