Barbier und Tunika gesucht

  • Ich bemerkte die Wandlung im Gesicht meines Sklaven. Es dauerte nur einen Lidschlag bis ich wusste, welche Ursache sie hatte. Ich konnte nicht umhin, ich musste schmunzeln.
    Als er jedoch neben dem Muskelspiel auch noch seine Haare zu einer wilden Mähne umfunktionierte, musste ich erneut die Hand vor den Mund schlagen. Ein lautloser Lachanfall schüttelte mich. Er trieb mir die Tränen in die Augen.


    Eigentlich war Assindius nicht mit Geld zu bezahlen. Er war mehr als ein Haussklave, er war Unterhalter und Leibwächter zugleich.


    Nachdem ich mich annähernd beruhigt hatte, gab ich wortlos das Zeichen zum Durchbruch. :D

  • Das Zeichen. Darauf hab ich gewartet. Ich fackelte nicht lang und drückte mich durch. Hätte ich nicht auf irgendwelche Sitten achten müssen hätte ich noch die Zunge ausgestreckt und wilde Laute von mir gegeben oder einfach nur gefaucht. Statt dessen rief ich einfach nur:


    „Aus dem Weg!“


    Natürlich hörte mich bei dem Lärm nicht jeder und so kam es auch vor, dass der ein oder andere meine Hände im Gesicht oder im Rücken spürte. Auf die Herrin achtend sah ich das ihr einige noch verdächtig nahe kamen. Da half nichts, ich musste stoppen, diejenigen abdrängen und auf die andere Seite nicht aus den Augen verlieren. Ja das war was für mich, da gab es Schrammen und blaue Flecke. Dann kamen wir zu dem Stand und ich sagte schlicht:


    „Herrin, da wären wir!“

  • Assindius bahnte sich gleich einem Stier einen Weg durch die Menge und ich folgte in seinem Fahrwasser. Zumeist waren die Besucher des Marktes derart von dem barbarischen Verhalten und Aussehen des großen Mannes geschockt, dass sie ihm wortlos hinterher starrten, ohne ihren Weg unverzüglich fortzusetzen. Das Ermöglichte mir eine überwiegend ungestörte Durchquerung.


    Nur in zwei Fällen kam ich in Bedrängnis, was Assindius aber schnell regelte. Einige Marktbesucher sahen uns wenig glücklich hinterher. Sie trugen einige Blessuren davon.


    Auf der anderen Seite angelangt, pustete ich mir eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht. Das war ein Erlebnis.
    „Allein hätte ich das nicht geschafft. Ein Grund, weswegen ich nicht gern einkaufen gehe. Das Gedränge ist mir zuwider. Nun haben wir es ja geschafft und können uns nach einer Tunika und Sandalen für dich umsehen.“


    Ich steuerte auf den Marktstand zu und sprach einfach drauflos. Warten, bis die Bürgerfrau vor mir mit ihrer Angelegenheit fertig war, kam mir nicht in den Sinn.
    „Ich benötige für diesen besonders groß ausgefallenen Sklaven eine passende Tunika und will doch hoffen, dass du derartiges anzubieten hast.“ Erwartungsvoll sah ich den Händler an.

  • Die Frau die bereits am Marktstand war, fing an sich zu beklagen als die Herrin sich vordrängte. Doch bevor sie ihren Satz beenden konnte fasste ich ihr auf die Schulter, machte mein böses Gesicht als sie mich daraufhin ansah und schnaufte tief durch die Nase. Das schien sie zu beeindrucken, sie sagte keinen Ton mehr und sah sich weiter um.


    Die Herrin kümmerte sich um die Kleidung und ich fummelte mir die Haare aus dem Gesicht, immer die Augen auf die Umgebung gerichtet. Viele der Leute sahen herüber, aber niemand kam mehr an den Stand.

  • Ich würdigte die Frau neben mir keines Blickes. Für das Gezeter hatte ich kein Verständnis. Überraschender Weise verstummte sie auch recht bald, als sich Assindius mit ihr beschäftigte.
    Die Wirkung meines Sklaven war eine erstaunliche. Langsam bedauerte ich mein Vorhaben, sein wildes Aussehen in ein zivilisierteres umwandeln zu wollen. Ich beschloss, einen Mittelweg zu suchen. Er sollte seine Ausstrahlung behalten dürfen, sogar die langen Haare, nur der Bart musste in jedem Fall gekürzt und das gesamte Äußere einem Patrizierhaushalt wenigstens etwas angemessener gestaltet werden.
    Mit langen Haaren konnte ich mich genauso anfreunden wie mit ganz kurz gehaltenen oder solchen in normaler Länge. Auf Bärte allerdings stand ich keineswegs. Ich verabscheute sie sogar.


    Gerade kam der Händler mit einigen Kleidungsstücken im Arm zurück und breitete sie vor mir aus. Dieses mal schien die Größe angemessen. Es gab sogar mehrere für die Farbauswahl.


    „Assindius, ich gestatte dir, zwei dieser Tuniken selbst auszusuchen. Du hast dir das durch deinen Einsatz hier auf dem Markt redlich verdient.“

  • Verdient, man war ich stolz, solche Worte gefielen mir. Ich sah mir jede Tunika an die der Händler brachte, prüfte die Größe und hatte einige gefunden. Die Kleidung die ich anhatte zog ich an Ort und Stelle aus und probierte die ausgewählten an. Als ich die letzte ausgezogen hatte sagte ich zur Herrin:


    „Ich nehme diese Blaue und diese Weiße, wenn Ihr gestattet Herrin.“


    Dann zog ich mir die alte wieder an.

  • Eines war klar: Ich durfte Assindius mal niiieee auf einen öffentlichen Empfang mitnehmen. Er würde mich vermutlich mit seiner unberechenbaren Art bis auf die Knochen blamieren. Hier auf dem Markt war mir das egal. Durch sein Auftreten herrschte großflächig ein freies Feld, allerdings auch ein freies Blickfeld. :D


    Wieder hielt ich mir die Hand vor den Mund, um mein großes Grinsen zu verbergen, als er anfing sich auszuziehen.
    „Bei den Göttern“, murmelte ich, als er jede einzelne Tunika anprobierte und bedeckte die Stirn mit meiner Hand. Mit angehaltenem Atem und einem nicht weichen wollendem Grinsen blickte ich wieder auf. Doch wohin? Wo sollte ich hinsehen? Hilflos irrten meine Augen umher. Bloß nicht zu ihm. Am Ende würde sich meine Gesichtsfarbe noch verändern.


    Eilfertig nickte ich, als ich seine Entscheidung vernahm. Ohne auch nur zu kontrollieren, ob die Sachen auch wirklich passten, schob ich gekonnt dem Händler das Geld hin. Mein Blick war abgewendet.
    Erleichtert atmete ich bei dem Gedanken auf, dass wir nun nur noch Sandalen suchten, deren Anprobe mich nicht vor Probleme stellen sollten ... Hoffte ich.


    „Siehst du einen Händler, der Sandalen anbietet?“, fragte ich noch immer mit abgewendetem Gesicht.

  • Hätte ich doch einen andere Farbe nehmen sollen? Nicht das der Herrin das Blau nicht gefällt. Sie wollte mich belohnen und jetzt sieht sie weg. Äh, das bildest du dir nur ein.


    „Vorhin hab ich einen gesehen, Herrin. Da drüben war er!“


    Ich zeigte einen Gang weiter und nahm die Tuniken entgegen die mir der Händler überreichte. Ich hoffte schon das jener Gang genauso voll war wie dieser hier und machte schon wieder Fingergymnastik. Bei genauerer Betrachtung sah er aber von hier nicht sehr voll aus.


    „Ich bin so weit, Herrin!“

  • So sehr ich mich reckte, ich sah keinen Sandalenhändler. Die meisten Menschen waren größer als ich.


    „Dann führe mich zu ihm. Ich kann von hier aus keinen sehen.“


    So schnell würde mich keine zehn Pferde mehr auf diesen Marktplatz kriegen. Vermutlich würde ich am Abend vollkommen erschöpft auf eine Liege sinken und mich nicht mehr erheben.

  • „Ja Herrin.“


    Ich ging vor und schaute mich um, kein Gedränge mehr. Wie erwartet waren in diesem Gang nicht mehr so viele Leute. Den Stand den ich meinte hatte ich gesehen und tatsächlich hatte er einige Sandalen. Ich sprach den Händler an:


    „Hömma, hast du Sandalen die einem großen Kerl wie mir passen könnten?“


    Er wußte es nicht genau und zeigte auf seine Auswahl. Einige sah ich mir näher an. Ich zog es vor meine Stiefel nicht auszuziehen, mir war ganz schön warm und ich wollte gar nicht wissen wie meine Füsse rochen. Statt dessen hielt ich die Sandalen einfach an meine Füsse und schätze ob sie passen würden. Eines war dabei, was wohl so grade eben passen dürfte. Der Händler sage das diese Sandalen schon etwas älter wären und das sie wegen dieser Größe bislang niemand gekauft hatte. Dann sah ich die Herrin an und sagte, den Finger auf die Sandalen zeigend:


    „Diese dürften passen, Herrin!“

  • Ich hatte meinen Sklaven einfach nicht im Griff. Er verselbständigte sich viel zu oft. Jetzt führte er sogar die Kaufgespräche. Mit gerunzelter Stirn überlegte ich, wie ich das wohl ändern könnte. Sollte ich strenger sein? Vielleicht körperliche oder seelische Strafen einführen?


    Ärgerlich funkelte ich meinen Sklaven an.


    „Ich sollte dich eine Woche lang an Sophus ausleihen. Oder an meinen Vater. Vielleicht mache ich das sogar.“


    Missgelaunt fragte ich den Händler: „Wie viel?“

  • Oje das klang nicht gut. Da war ich wohl etwas zu forsch! Was soll ich denn jetzt bloß antworten?


    „Bitte verzeiht das ich so ungestüm bin, Herrin!“


    In dem Moment viel mir ein, dass mich wahrscheinlich in meinem ganzen Leben noch nie so oft entschuldigt hatte, wie in letzter Zeit, seit ich Sklave war. Irgendwas musste ich falsch machen

  • Ich mochte keine zahmen Männer und hatte auch nie vor, irgendeines dieser Wesen, deren Handlungs- und Denkweise ich wohl nie ganz verstehen würde, zu zähmen. Auf gute Manieren legte ich jedoch Wert und weil ich offenbar nicht im Stande war, diese an meinen Sklaven zu vermitteln, behielt ich mir tatsächlich vor, ihn in die Schule der Aurelia-Männer zu geben.


    Doch alles zu seiner Zeit. Zunächst bezahlte ich den Preis für die Sandalen.


    „Ich möchte nun den Heimweg antreten. Nach einem Barbier müssen wir uns ein andermal umsehen. Die vor dir gefundene Person hat nicht gewartet und ich bin von diesem ganzen Trubel gesättigt. Ich ziehe ein Bad in meiner Schwimmhalle diesem Bad in der Menge vor.“


    Den Weg zurück würde ich finden. Die Frage war: Kam ich auch an den Menschenmassen vorbei, die sich vorhin noch dort getummelt hatten. Einkaufen würde ich demnächst wohl lieber in Mantua.

  • Hätte ich jetzt wegen dem Satz mit den Bädern geschmunzelt, hätte die Herrin wahrscheinlich gedacht das ich ihre Androhung ignoriere. Da ich dies jedoch nicht tat, setzte ich eine besorgte Mine auf. Die passte auch viel besser. :verbeug:


    „Ja Herrin!“


    Es war nicht mehr ganz so voll wie zuvor, aber immer noch eng. Das mit dem Ausleihen hatte gesessen und ich war sehr vorsichtig mit dem was ich sagte und tat. Dann sagte ich zur Herrin, diesmal ohne Fingergymnastik:


    „Herrin, wollt Ihr wieder hinter mir bleiben?“

  • "Ja, ich möchte, dass du vorangehst. Bring uns möglichst schnell von diesem Markt.“


    Einkaufen war nicht mein Ding. Ich konnte mir nicht erklären, was andere daran Ergötzliches fanden. Auf dem Weg nach Hause überlegte ich, wie ich am Besten über die Erziehung meines Sklaven entscheiden würde. Ich war schweigsam.

  • „Ja Herrin!“


    Ich ging voran und es wurde wie erwartet eng. Ich drängte mich durch, schob einige Leute sanft an die Seite und war leicht Stolz, das einige aus dem Weg gingen als sie mich kommen sahen.


    Dann hatten wir endlich diesen Trubel hinter uns gelassen.

  • Da Waldemarr dienstlich in Italien war und noch ein Weilchen dort bleiben musste, beschloss er einen Barbier aufzusuchen, um sich die Haare und den Bart schneiden zu lassen.


    Die Suche dauerte einige Stunden, da Waldemarr niemals in dieser Gegend Roms gewesen war, doch letztendlich fand er einen Barbierladen und ließ sich rasieren.

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