[Forum Nervae] Templum Minervae

  • Gerade waren alle Aufgaben des Tages verteilt, zufrieden mit sich und vor allem damit, dass endlich alle arbeiteten schritt der Priester gemächlich durch den Tempel, als ein junger Mann an diesem schönen sonnigen Tag den Tempel betrat. Nun beschleunigte der ältere Mann seinen Schritt und ging dem Mann entgegen.
    „Salve. Wie kann ich dir helfen?“

  • Noch immer hatte mich umgesehen und schließlich hatte ich tatsächlich jemanden erblickt, der sich hier verantwortlich zeigte. Zumindest dachte ich das, als dieser Jemand auf mich zu kam und fragte, wie er mir denn behilflich sein könnte. Muckel hielt sich noch immer an meiner Seite. “Salve…!“, grüßte ich frohen Mutes zurück. “Mein Name lautet Cnaeus Decimus Casca und ich bin heute hier im Tempel erschienen, weil...“ Meine straffe Stimme verlor sich nun ein wenig unter der Tatsache, dass ich mir die Worte im Vorhinein nicht zurecht gelegt hatte und ich nun keine Ahnung mehr besaß, was ich eigentlich sagen wollte.
    “Klient der Kaiserin!“, zischte Muckel unauffällig in mein Ohr.
    “Oh ja, natürlich… Ich bin ein Klient und unserer geliebten Kaiserin und ich bin hier erschienen, da ich von dem drängenden Wunsch beseelt bin unserer verehrungswürdigen Minerva meine Dienste in Zukunft zur Verfügung zu stellen,“ erklärte ich nun fest und unverblümt. Mir war bewusst, dass ich ohne Umschweife mit der Tür ins Haus gestürzt war, doch war auch nicht in der Stimmung, um hierbei noch weitere große Umwege zu machen. Mein Gesicht strahlte und ich breitete pathetisch die Arme aus. “Und deshalb bin ich hier erschienen und hoffe in dir die Person angetroffen zu haben, die mir bei meinem Vorhaben behilflich sein kann.“
    “Sodalis!“ zischte Muckel wieder.
    “Was?“ flüsterte ich zurück.
    “Sag ihm auch, dass du ein Sodalis der Societas Claudi...“
    “Ach so, ja...“, winkte ich ab und fixierte den Aedituus wieder mit meinen Blicken. “Ich bin auch ein Sodalis der Societas Claudiana et Iuliana… und wie gesagt, sehr bestrebt den Göttern die Dienste zu erweisen, die den Frieden mit ihnen zu erhalten. Dabei geht es ja auch um Wohlstand und die Zukunft unseres kostbaren Imperiums,“ philsophierte ich weiter. “Gerade die erhabene Minerva hat ja so vieles dazu beigetragen, dass...“
    Muckel knuffte mich in die Seite und ich beendete meinen Satz mit einem “Äh ja...“. Hatte ich zu viel gesagt? Ich verstummte nun endgültig, um mein Gegenüber zu Wort kommen zu lassen.

  • Interessiert hörte der alte Priester zu. Aufhorchen ließ ihn natürlich, dass der junge Mann ein Klient der Kaiserin war. Moment ein Klient der Kaiserin und er wollte hier im Tempel dienen?
    Das Gesicht des Mannes hellte sich auf. Das hieße doch, dass die Augen der Kaiserin quasi auf diesem Tempel lagen. Na wenn das kein glücklicher, erfreulicher Tag war.
    „Werter Decimus, du hast in mir genau die richtige Person für dein Anliegen gefunden. Ich bin Spurius Cuspius Esquilinus, Priester dieses Tempels. Ich freue mich, dass du dich für den Tempel der Minerva entschieden hast um den Göttern zu dienen. Hast du schon irgendwelche Erfahrungen?“ Man musste ja schließlich fragen, ob der Mann als Schüler einsteigen würde oder ob er schon mal vorgesorgt hatte und er gleich als Tempeldiener eingesetzt werden konnte. So lag nun also ein fragender aber auch wohlwollender Blick auf dem jungen Klienten der Kaiserin. Ja auch ein breites Grinsen auf dem Gesicht des Priesters konnte man wohl nicht übersehen.

  • Ob meiner Worte wohl, begann das Gesicht des Aedituus zu erstrahlen. Einen Moment lang hatte ich wirklich befürchtet, ich hätte zu dick aufgetragen. Aber bei derlei Dingen war es wohl mit einer guten Wurst. Man konnte niemals zu dick abschneiden, sodass sich nun die Frage in meinem Gegenüber stellte, welche Erfahrungen ich denn mitbrachte. Nun war es an mir wieder überreichlich zu lächeln. “Aber ja! Ich verfüge über Erfahrungen. Ich habe beim Pontifex pro Magistro, dem ehrenwerten Manius Flavius Gracchus, eine Art Tirocinium im Cultus Deorum absolviert. Ich habe ihm dabei geholfen, den Tempel des Mercurius, der gegenüber des Circus Maximus, von der Unbill des Einflusses keltischer Fremdkultur zu bewahren und ich war höchst selbst anwesend, als ein neuer Tempel für den Aesculapius geplant wurde….“ Ich nickte bestimmt und überlegte noch einmal kurz. “Auch habe ich beim Processus Consularis dem Flavius Gracchus als Opferhelfer gedient.“ So weit zu meinen Erfahrungen. Ob diese ausreichen würden, würde sich zeigen, doch ich war wild entschlossen, hier und jetzt einen weiteren Schritt in meine Zukunft zu tun.

  • Der Priester horchte auf. Der Mann wollte also nicht nur der Minerva dienen nein er war auch schon ausgebildet vom Flavier höchst selbst. Glück muss man haben. So blieb ihm viel Arbeit erspart und er konnte noch mehr seiner Arbeit auf andere verteilen. Das Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Nun das freut mich zu hören. Ich denke du kannst dann gleich als Aedituus hier im Tempel anfangen und wenn du gute Arbeit leistest steh einem Aufstieg in die Priesterschaft nichts im Wege. Bei der Fürsprache...“ damit spielte er eindeutig auf seine Patronin an. „...sollte das wohl recht schnell gehen. Also wann kannst du anfangen?“

  • Innerlich frohlockte ich auch gleich nach den Worten des Tempeldieners. Ich als Aedituus! Nun hatte mein Lächeln wirklich keinen Grund mehr zum Ersterben. Fröhlich schenkte ich meinem Muckel, der ebenfalls grinste und hoch beglückt erschien, einen Seitenblick. “Nun,“ begann ich und wippte einmal hoch motiviert auf meinen Fußballen auf und ab. “Ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell hier Aufnahme finde, doch ich bin sehr erfreut und auch überaus daran interessiert, der Minerva meine Dienste so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen.“ Ich schaute dem Aedituus nun fest entgegen, straffte meine Haltung und sprach es aus: “Sofort!?“

  • [...] ein wenig langsam war ich schon unterwegs gewesen, doch als Ausgleich hatte ich frühlich plappernd meinem Bruder den neuesten Trasch der Stadt zum Besten gegeben. Diese kannte ich von meinem Sklaven Quix, welcher in der Tonstrina stets die Ohren spitze. Dann waren wir auch schon beim Tempel angekommen und ich blieb einen Moment ehrfürchtig auf dem Vorplatz stehen. Bisher hatte ich Minerva noch nicht ein derartiges Opfer dargebracht, weshalb ich der Meinung war, dass sie sich nun umso mehr freuen würde. Muckel war einige Schritte hinter uns, denn das Kalb war es nicht gewohnt, an einem Strick zu folgen und hatte sich dann und wann recht bockig angestellt. Stolz schwenkte ich nun meinen Blick zu meienm Bruder. “Was sagst du?“, wollte ich wissen. “Hier ist meine Wirkungsstätte!“ Präsentierend breitete ich die Arme aus und genoss noch einen Augenblick den Moment. Dann setzte ich mich wieder in Bewegung, um an anderen Opferwilligen vorbei zu drängen.

  • " Sehr beeindruckend Casca." Ich blieb stehen und sah mir den Tempel genauer an. Ein imposantes Bauwerk. Da hatte er sich eine ausgezeichnete Wirkungsstätte ausgesucht. Ein wunderschöner Tempel für Minerva. " Im übrigen hat das Kalb uns 90 Sesterzen gekostet, aber das spielt keine Rolle. Es war das schönste im Gatter. Ich hätte es auch für mehr genommen." Mein zufriedener Blick glitt über das Kälbchen. Es wurde mit Bändern geschmückt und musste vorerst hier draußen warten. " Gehst du vor?" fragte ich Casca.

  • Ich fand es auch sehr beeindruckend, was ich sah. Jeden Tag auf‘s Neue, doch nun war ich besonders stolz, meinem großen Bruder meine Wirkungsstätte zu zeigen. Noch immer war ich grinsend auf dem Weg an den anderen Menschen vorbei und staunte über Massas Worte, während ich dem Kalb noch einem Blick entgegen warf. Neunzig Seserzen waren nicht wenig, wie ich fand und doch war es wunderschön anzusehen, sodass ich es eigentlich noch ein wenig teurer eingeschätzt hätte. “Du hast gut mit dem Verkäufer gehandelt,“ sagte ich dann. “Es gefällt Minerva schon jetzt!“ Ich deutete auf den Tempel, der durch die Sonnenstrahlen in ein wunderbares Licht getaucht wurde. Irgendwie wirkte es golden und überaus freundlich. So als würde die gesamte Tempelanlage uns nun begrüßen. Natürlich ging ich vor und hielt auf den Eingang des Tempels zu, wobei ich bemerkte, dass bereits einige Gehilfen auf dem Weg zu uns waren. Muckel drückte dem leicht untersetzten Victimarius den Strick des Kälbchens in die Hand, damit er es hinreichend auf seine Eignung untersuchen konnte. Doch was sollte bei einem derartig bildschönen Tier schon schief gehen? Zwei Ministri waren ebenfalls anwesend. Sie waren noch sehr jung, wenn auch hoch gewachsen. Aus einer Tasche, welche mein Sklave mitführte, übergab er ihnen ein wenig Weihrauch, duftendes Gebäck und ein ganzes Bündel Weintrauben, mit welchen ich die Göttin noch über das Tieropfer hinaus beeindrucken wollte. Dann entschlüfte ich meinen Schuhen, um mich an der Wasserstelle vor dem Tempel ausgiebig zu waschen. “Du wirst sehen, das wird ein wunderbares Opfer,“ sprach ich zu Massa und lächelte über das ganze Gesicht.“[/color] Dann schloss ich meine Waschung ab und ging voran in den Tempel. Auch von innen wirkte er an diesem Tag einladens, auch wenn uns auch schon eine leicht weihrauchgeschwängerte Luft entgegen schlug. Uns gegenüber konnten wir sie auch schon sehen, die Göttin Minerva, wie sie da stand und uns schon steingesichtig entgegen blickte. “Manchmal bilde ich mir ein, dass sie blinzelt,“ flüsterte ich meinem Bruder entgegen, doch hielt nicht an. Vor dem kleinen Altar, neben dem zwei Feuerschalen ein warmes Licht verströmten, hielt ich an. “Willst du, oder soll ich?“, fragte ich verhalten und gerade so laut, dass Massa meine Worte erreichten. Ich wollte nicht, dass Minerva eventuelle Unsicherheiten mitbekam.

  • Was man in Alexandria alles so lernt. Vor allem das Feilschen auf dem Markt. Aber das war Nebensache hier am Tempel. Ich zog ebenfalls meine Schuhe aus und wusch mich. Für alles andere hatte er gesorgt. „ Ich hoffe es. Minerva bedeutet mir sehr viel.“ flüsterte ich zurück. Ihren Schutz wollte ich auf meinen zukünftigen Wegen nicht missen.
    Als wir den Tempel betraten, fühlte ich mich klein im Angesicht der Götterstatuen, die so lebensecht aussahen. Casca hatte nicht ganz unrecht mit seiner Einbildung. „ Ich überlasse es ganz dir Casca.“ antwortete ich. Die Opferhandlung lag ganz in seinen Händen.
    Ich bedeckte mein Haupt. Einzig etwas Weihrauch legte ich in die Schale und trag zurück, um dann ganz im Stillen meine Bitte an Minerva zu formulieren. „Minerva, meine Weise Beschützerin. Du hast mich auf meinen bisherigen Wegen begleitet. Du hast mich im Kampf geleitet. Mit diesem Opfer bitte ich um deinen Schutz in Germanien. Geleite und beschütze mich dort ebenso wie du es schon in Alexandria getan hast. Bitte habe auch ein Auge auf meinen Bruder Casca. “ Leise flüsterte ich meine Bitte an Minerva. Casca sollte nicht durch mich bei den Opferhandlungen gestört werden.

  • Das Körbchen trug Primus in der anderen Hand. Corona gab es ihm, ihr war das Gedränge zu groß und sie fürchtete den Inhalt an Diebe zu verlieren. Primus hatte sie durch das Gewühl gelotst. Am Tempel standen sie mit unter den Schaulustigen und warteten. Die Musik wurde lauter, die Flötenspieler kamen. In die verschiedensten langen Gewänder gehüllt und die Gesichter hinter Masken versteckt langten sie am Minerva-Tempel an. „ Sieh nur wie viele das sind.“ Primus war beeindruckt. Sie tanzten, spielten Flöte und tranken aus den mitgeführten Krügen, die sie herum reichten. Die Musik steckte die umstehenden an. Einige begannen mit zu tanzen. Eine ausgelassen Prozession, die nach ihrem Marsch durch die Straßen Rom‘s hier am Tempel der Minerva endete. Nach einer Weile trat ein Mann vor und rief laut zum Mahl auf den Stufen des Iuppiter-Tempels auf dem Capitol. Die Flötenspieler jubelten und zogen gemeinsam davon. Der normale Menschenauflauf blieb zurück. Primus wollte wieder gehen.

  • Es war noch früh am Morgen als unser Zug den Vorhof zum Tempel der Göttin Minerva näherte. Der Zug bestand aus vier Sklaven die Fackeln trugen. Fünf weiteren die eine Amphore besten Weines und einem großen Korb, in dem sich ein Kuchen befand, einen Korb voller Blumen, eine Schale mit Weihrauch gefüllt und schließlich ein Lamm. Einem Leibwächter und meine Wenigkeit. Ich selber war in einer schlichten Toga gekleidet und meine Sklaven trugen, extra für diesen Anlass genähte, grüne Tuniken, mit einem roten Streifen an Hals und Saum versehen.

    Ehrfürchtig näherte ich mich der marmorne Halle und betrachtete die wunderschönen Statue von Minerva und ihren Eulen. Ich ging weiter bis zu dem kleinen Altar, hieß die Sklaven die mit gebrachten
    Opfergaben niederstellten. Ich selber nahm von dem Weihrauch und warf ihn in das Kohlebecken. Kniete nieder und versank in einem stummen Gebet.


    Ehrenwerte Minerva, Göttin der Weisheit, Arzneien, der schönen Künste, Musik,

    Wissenschaft, des Handwerks und des Krieges, Schutzgöttin der Heilberufe,
    an diesem Tag erbitte ich deine Weisheit und Gnade.

    Ich bin nur ein einfacher Mann und erbitte von dir jene Weisheit, die ich benötige,
    um mich zum Wohle Roms seiner Menschen zu betätige.

    Um den Dienst für Rom habe ich mich beworben und nun knie ich hier und erbitte
    deine Weisheit, deinen Beistand, damit ich den Dienst antreten und
    zum Wohle aller verrichten kann.


    Lange noch kniete ich und schaute dem aufsteigenden Rauch hinterher, mit der Hoffnung, dass mein Gebet mit ihm zu der Göttin getragen würde.

  • Pacta sunt servanda, das galt erst Recht für Verträge mit den Göttern. Minerva hatte meine Bitte erfüllt, also lag es nun an mir, meine Verpflichtung zu erfüllen. Ich hatte ihr ein Kalb versprochen. Natürlich kaufte ich es nicht selbst, sondern hatte es dem Aedituus des Minerva-Tempels überlassen, dieses zu organisieren. Inzwischen war es da und alles war für das Opfer bereit. So ein großes Opfer hatte ich bisher nie gebracht, deshalb war ich ein wenig nervös. Das Kalb war bereits vor dem Tempel festgemacht und kaute ruhig auf seinem Futter. Der festliche Schmuck von weißen und roten Bändern am Kopf und einer schönen Wolldecke über den Rücken ließ es fast zu schön erscheinen, um es zu opfern.


    Ich schritt die Stufen zum Tempel empor und wusch mir am Eingang meine Hände im dafür vorgesehenen Waschbecken. Dann zog ich einen Zipfel der Toga über meinen Kopf und betrat das Gebäude. Das von mir gewünschte Speiseopfer war bereits angerichtet. Was man mit etwas Geld doch alles im Tempel organisieren konnte. Ich trat vor das Kultbild und betrachtete die Göttin für einen Moment, während ich Weihrauch entzündete.


    "Weise Minerva, ich danke dir, dass du mich die richtigen Argumente hast finden lassen, so wie ich es von dir erbeten hatte. Ich will dir auch erneut, wie so oft, für meinen scharfen Verstand danken. Ich hatte dir ein Opfer versprochen, und ich werde mein Versprechen nun erfüllen. Doch zuvor seien dir diese Süßigkeiten geschenkt. Ich hoffe, dass sie dir gefallen. Das Rezept stammt aus Athen, der anderen deiner Städte. Bitte, nimm meine Gaben an, so wie du auch meine täglichen kleinen Gaben im Lararium annimmst."


    Ich drehte mich nach rechts und nickte dem Aedituus kurz zu. Dieser schritt daraufhin voran zum Altar vor dem Tempel, auf dem das festgemachte weiße Kalb weiterhin ruhig lag. Die weiteren Gäste, die sich spontan hier eingefunden hatten, sowie ich selbst, wurden mit Wasser besprengt. Ich hatte niemanden zu dem Opfer eingeladen, weil ich hier eine persönliche Obligation erfüllte. Der Tempel sollte hinterher das Fleisch verkaufen.


    Nach den Worten "Favete linguis!" an die versammelten Gäste entfernte ich zunächst den Kopfschmuck und danach die Decke vom Kalb. Nach dem Entfernen der Decke sah es mich kurz empört an. Natürlich war es jetzt schlagartig kühler für das Tier. Die Tatsache, dass der Aedituus nun das Kalb mit Mola Salsa bestrich, machte es nicht unbedingt besser, obwohl die Empörung nun einer Art Verwirrung des Tieres wich. Immerhin blieb es weiterhin ruhig. Ein Opferhelfer reichte mir den Culter, mit dem ich vom Kopf bis zum Schwanz über das Kalb strich. Dann gab ich das Messer zurück und hob meine Hände.


    "Minerva, Klügste der Klugen, Weiseste der Weisen, siehe dieses Opfer, welches ich die in Erfüllung meines Versprechens übergebe. Du hast deinen Teil unseres Vertrages erfüllt, nun bitte ich dich, dieses Kalb als Erfüllung meines Teils des Versprechens zu akzeptieren. Sei dir gewiss, dass ich auch weiterhin dir treu opfern werde und mich für die Gabe meines Verstandes, mit der du mich so großzügig gesegnet hast, weiterhin erkenntlich zeigen werde."


    Minerva wusste, dass ich eher nicht der Mensch vieler Worte war. Bisher hatten wir uns auch ohne viele Worte gut verstanden. Hoffentlich würde es auch so bleiben. Das Kalb muhte kurz, wobei ich mir nicht sicher war, ob das nun Zustimmung oder Ablehnung bedeutete. Ich drehte mich nach rechts und sah den Aedituus an. Dieser nickte mir kurz zu, woraufhin ich den Victimarius ansah. Dieser fragte "Agone?", woraufhin ich mit "Age!" antwortete. Daraufhin schlug er mit dem Malleus beherzt auf den Kopf des Kalbs, welches das mit einem erstaunten Blick quittierte. Nur einen kurzen Moment später stieß der Cultrarius das Messer in den Hals des Tieres, woraufhin das Blut zu sprudeln begann. Der Aedituus ließ Blut in einer Schale sammeln und beobachtete die Zuckungen des Kalbes genau.


    Als das Tier ausgeblutet war und leblos auf dem Altar lag, wurde es auf den Rücken gedreht und die Eingeweide entnommen. Der Aedituus betrachtete die Eingeweide. Hoffentlich würde die Göttin mein Opfer annehmen. Einmal abgesehen von der finanziellen Seite war es auch eine Frage, ob meine bislang gute Beziehung zu Minerva Bestand haben würde.

  • Minerva hielt sich oft in den Tempeln ihrer Städte auf, auch wenn die Menschen dies nicht bemerkten. Sie mochte sowohl Athen als auch Rom und liebte es, den kultivierten und klugen Menschen bei ihrem Tagewerk zuzuschauen. Als dieser Iunius Tacitus ihren Tempel betrat, der sich in letzter Zeit öfters an sie gewandt hatte und ihr allerlei Versprechen gemacht hatte, setzte sie sich federleicht auf den Kopf ihrer grossen Statue. Nun würde sich zeigen, ob dieser Mensch nicht bloss klug denken und reden konnte, sondern auch seine Versprechen halten würde. Ein Kalb, hatte er ihr zugesagt und in der Tat wurde gerade ein solches zum Opfer bereitet.


    Gespannt schaute Minerva zu. Es war ein schönes Tier, das ausgesucht worden war und Iunius Tacitus hatte sich heute auch schön gemacht.


    Als das Tier ausblutete und der Aedituus danach die Eingeweide betrachtete, sorgte sie dafür, dass alles in Ordnung war. Gleichzeitig hauchte sie einen kleinen Kuss in die Richtung der kleinen Menschlein unter ihr. Diesen würden sie vermutlich als unerklärlichen Luftzug oder als leichtes Kräuseln auf der Haut spüren und sich fragen, ob dies die Göttin sein könne oder ob ihnen bloss ihre Sinne einen Streich gespielt hatten.

  • Der Aedituus vermeldete "Litatio!" und sah mich erwartungsvoll an. Ich blickte kurz nach oben und bedankte mich in Gedanken, als mich ein leichter Luftzug kurz umspielte. Die Richtung, aus welcher der Luftzug kam, passte nicht zur heute vorherrschenden Windrichtung. Wie seltsam. Ob das ein Zeichen Minervas war? Ich nahm es einfach als solches an.


    "Aedituus, wie besprochen bitte ich darum, dass der Tempel das Fleisch verkauft und daraus seine Unkosten deckt. Und ich danke für deine Unterstützung."


    Der Aedituus nickte kurz und wir wechselten noch ein paar Worte. Ich kaufte auch einen Korb voll Opferfleisch und nahm in mit nach Hause, schon weil ich es als unhöflich gegenüber der Göttin empfand, darauf zu verzichten.

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