[Capitolium] Templum Iovis Capitolini

  • Bewundernd und interessiert betrachtete Medeia die Ausstattung, nachdem sie nicht sofort einen der Priester gesichtigt hatte. Dabei zog sie sich ihre Palla etwas fester um die Schultern. Fröstelte sie in letzter Zeit wieder häufiger, seitdem das Wetter nicht mehr ganz so stickig und heiß in Roma war. Neugierig beugte sie sich zu der Inschrift am Fuße der Iupiterstatue runter und betrachtete die Eingravierung ehe sie sich wieder aufrichtete. Erneut sah sie sich nach einem Priester um und wurde prompt belohnt. Als Gracchus aus sie zutrat und sie ansprach, wirkte Medeia einen Moment nachdenklich, ehe sich ihre Miene mit Erkennen aufhellte.


    "Salve, Sacerdos Flavius! In der Tat sind wir heute für ein Opfer im Tempel. Aber wir hätten auch noch ein anderes Anliegen. Es betrifft die Venalia Rustica und die Opferung zu Ehren des Iupiter Liber." Medeia pausierte kurz, ehe sie ihr Anliegen erklärend fortführte. "Die Gens Artoria ist im Besitze eines Weinberges und die erste Lese hat begonnen. Aus dem Grund wollen wir Iupiter danken und ihm an diesem Tag ein besonderes Opfer darbieten!"

  • Es verwirrte Gracchus einen Moment, als ihn die Frau direkt beim Namen nannte, doch schließlich dämmerte es ihm, vor wem er stand. Er hatte die Quaestrix in einem Cursus der Schola Atheniensis kennen gelernt, wenn auch nur flüchtig, so musste sie sich dennoch seinen Namen gemerkt haben.
    "Ich verstehe, an was habt ihr dabei gedacht? Die Vinalia rustica werden natürlich auch offiziell gefeiert werden, ich selbst werde für das Opfer verantwortlich zeichnen, auch wenn es ein wenig geringer ausfallen wird, als jenes, mit welchem der Flamen Dialis vor wenigen Tage die Weinlese eröffnete. Die Tradition verbietet es zwar, den neuen Wein vor den Vinalia prioria im nächsten Jahr zum profanen Gebrauch frei zu geben, doch es wäre womöglich eine gute Idee, die ersten Trauben oder auch den ersten Wein des Weinberges dem Iuppiter darzubringen. Doch ich vermute, ihr meint mit einem besonderen Opfer auch das Opfer eines Tieres? Für diesen Fall schlage ich einen Schafsbock vor, weiße Böcke sind einfacher zu finden, als helle Eber. Oder schwebt euch gar noch größeres vor Augen?"

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  • Aufmerksam hörte Medeia dem Flavier zu und nickte nachdenklich bei dem Vorschlag mit dem Weintrauben. Das schien ihr in der Tat gut zu gefallen. Eine Windböe wehte durch die offenen Tempeltüren und ließen die Stola von Medeia etwas flattern. Ein leises Donnergrollen war in der Ferne zu hören. Kurz warf Medeia dem Wetter draußen einen flüchtigen Blick zu. "Ein Schafsbock ist eine sehr guter Vorschlag und auch die Weintrauben scheinen mir ein passendes Opfer zu sein. Ich danke Dir, Sacerdos Flavius." Medeia lächelte höflich und neigte kurz den Kopf. "Nun, wir fragten uns auch, ob es vielleicht auch möglich wäre, einen Priester für diese Zeremonie zu gewinnen?"


    Als draußen die ersten Regentropfen auf das Pflaster und die staubigen Straßen fielen, sah Medeia erneut nach draußen und wurde von ihrem Anliegen etwas abgelenkt. Doch eigentlich nur für einen Herzschlag. So versuchte sie mit einer Erklärung, ihrem Anliegen etwas mehr Gewicht zu verleihen. "Ich bin mir sicher, daß wir ein einfaches unblutiges Opfer in der Familie und der Feier durchaus zu meistern wissen. Aber bei einem derartigen Opfer fühle ich mich doch selber noch etwas überfordert. Ich hoffe jedoch, dass Du oder der Cultus Deorum uns vielleicht behilfich sein kann!" Medeia lächelte ihn weiter höflich und freundlich bei den Worten an.

  • Instinktiv blickte sich Gracchus nach seinem Sklaven Sciurus um, seiner mentalen Stütze und seinem Terminkalender. Doch natürlich befand sich der Sklave nicht im Tempel, weilte er doch zu jenen Stunden in der heimischen Villa und kümmerte sich um allerlei anderweitige Angelegenheiten. So musste sich der Sacerdos selbst bemühen und darüber nachdenken, wie der Ablauf während des Feiertages sein würde. Das öffentliche Opfer würde am Morgen beginnen, samt der Prozession und der Schlachtung des Tieres würde man bis kurz vor dem Mittag die Litatio hoffentlich abschließen - wenn nicht, so würde auch die Artoria nicht viel zu feiern haben. Die Zubereitung und anschließende Verbrennung der Anteile für Iuppiter und die Ausgabe des restlichen Fleisches an das Volk würde sich bis zum frühen Nachmittag ziehen, doch wenn Gracchus sich gleich anschließend auf den Weg machte, so könnte er dem privaten Opfer beiwohnen. Die Tatsache, dass sich immer weniger Römer ein korrektes Opfer zutrauten, war ihm bereits während seines Dienstes im Cultus Deorum aufgefallen. Womöglich sollte sich die Priesterschaft nicht nur um ihren Nachwuchs kümmern, sondern ihr Wissen auch und gerade an die Bevölkerung weitergeben um deren Selbstvertrauen in kultischen Belangen zu stärken.
    "Für wann genau ist diese Feier angesetzt? Die öffentliche Opferung wird mich bis nach Mittag beanspruchen, doch wenn es anschließend nicht zu spät ist, kann ich gerne versuchen, euch behilflich zu sein."
    Natürlich würde dies nicht gänzlich uneigennützig geschehen, denn in jener Gesellschaft um die Quaestrix würde sich sicherlich Gelegenheit bieten, den ein oder anderen Wähler auf sich aufmerksam zu machen. Gracchus Blick schweifte nach draußen, wo dicke Regentropfen auf den Opferaltar vor dem Tempel klatschten. Mit einem feinen Lächeln wandte er sich schließlich den Artoriern wieder zu.
    "Iupiter Pluvius scheint uns bereits gewogen. Und die Neptunalia scheinen ihre Zwecke auch erfüllt zu haben, der Tiber wird dieser Tage sicherlich nicht mehr austrocknen."

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  • Nach einigen Monaten Anwesenheit besucht Iuppiter erneut sein Heiligtum in Roma. Sein wohlwollender Blick registriert dort ein reges Treiben. Ihm scheint es sogar so zu sein, dass man ihm zu ehren etwas vorbereitet. Er wird in nächster Zeit die Stadt erneut für sich erkunden, die er solange nicht mit seiner vollen Aufmerksamkeit beschenkte.


    Zumindest nimmt er sich dies fest vor. Sein flatterhafter Charakter ist ihm bewusst, aber wer dürfte sich einen solchen sonst leisten, wenn nicht er. Vielleicht böte sich dann auch die eine oder andere Gelegenheit körperliche Gestalt anzunehmen .... für die eine oder andere ... Tätigkeit.


    Man würde sehen .........

  • Im Palast hatte sich Medeia es angewöhnt, stets die Planungen im Kopf zu behalten. Wie oft hatte sie schließlich ihre tabula irgendwo dann liegen gelassen? So dachte sie über die Frage von Gracchus nach und antwortete, nachdem sie die passende Zeit für das Opfer überlegt hatte: "Das Fest wird am späten Nachmittag beginnen. Somit würde ich das Opfer am frühen Abend, wenn alle Gäste eingetroffen sind, ansiedeln. Natürlich werden viele an jenem Tag an den öffentlichen Opfern teilnehmen wollen. Wir schließlich auch. Ich hoffe, es würde Dir genügend Zeit geben!" Medeia lächelte freundlich und nickte. "Die Gens Artoria würde sich sehr geehrt fühlen, solltest Du das Opfer an jenem Abend bei der Feier anleiten."


    Als der Regen stärker wurde, sah auch Medeia lächelnd nach draußen. Es würde den Dreck und den Staub des Sommers von den Straßen schwemmen und Rom wieder in helleren Farben und saftigen Grün erstrahlen lassen. Außerdem mochte Medeia den Regen sehr gerne. Wie auch Gewitter, die in ihren Augen nur beeindruckende Zeugnisse dieses Gottes waren. "Rom kann froh sein, dass der Regenspender uns gewogen ist. Die Neptunalia? Ja, ich hörte, dass Du die Opferung dort geleitet hast. Leider konnte ich in letzter Zeit viel zu selten den religiösen und den heiligen Pflichten eines Römers folgen. Eigentlich schändlich, wenn man bedenkt, dass man gerade als Amtsträger ein Vorbild sein sollte. Aber vielleicht rütteln die Ereignisse der letzten Wochen nicht nur mich aus meiner 'Lethargie' heraus."

  • "Am frühen Abend."wiederholte Gracchus nachdenklich nickend.
    "Dies sollte mir genügend Spielraum geben. Werdet ihr das Opfertier selbst auswählen oder möchtet ihr es über den Cultus Deorum ordern? Wenn ihr es wünscht, so könnte ich dafür Sorge tragen, dass ein besonders prächtiges und vor allem makelloses Tier erworben wird. Der Cultus Deorum wird nur von den besten Züchtern Italias beliefert. Der Bock könnte somit auch bereits zur Opferung vorbereitet werden."
    Das Prasseln des Regens vor der Tür des Tempels vermischte sich mit dem Prasseln des Feuers in den Schalen neben der Tür im Tempelinneren und durch den zugezogenen, dunklen Himmel begünstigt tauchten die Feuer im Tempel - nicht nur jene in den Feuerschalen, auch jene der Kerzen und Öllampen - die Cella in ein warmes Licht. Wind zog in den Raum und brachte die Flammen zum Tanzen, so dass auch die Schatten auf dem Gesicht des Iuppiters tanzten. Gracchus hatte das Gefühl, dass der Bart des Gottes in Bewegung war, doch als er seinen Blick darauf fokussierte stellte es sich nur als Illusion heraus. Ein Bediensteter des Tempels eilte aus dem Nass die Stufen zum Tempel hinauf, mühte sich mit der gewaltigen Pforte ab und schloss diese mit einem dumpfen Laut. Offen blieb nur die kleine Tür, welche im Tor eingefasst war, in welcher der Tempeldiener kurz verharrte, Gracchus zunickte und dann wieder hinaus in den Regen und zurück in eines der Nebengebäude verschwand. Die flackernden Flammen beruhigten sich allmählich und verbreiteten eine beinahe heimelige Stimmung. Dies führte dazu, dass Gracchus bewogen war die Quaestrix nicht ob ihrer Versäumnisse zu kritisieren.
    "Ein wenig scheint es mir, ist gerade jenen, die unseren Staat führen, das Bewusstsein um ihr religiöses Erbe verloren gegangen. Die Politik allein rühmen sie, doch dass das eine nicht ohne das andere funktionnieren kann, dies wird oftmals vergessen. Zu selten beziehen sie den Willen der Götter in ihre Entscheidungen ein. Doch dass gerade jenes Ereignis am Tempel der Iuno bis in den Senat gelangt, dies zeigt meines Erachtens zu deutlich, wie verzweifelt die Bürger ob jenes Verhaltens sind. Ein totes Schaf, bei den Göttern, all unsere Vorfahren, welche je ein Prodigium erlebten, können uns nur belächeln."

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  • Medeia lächelte sehr erfreut als sie die Zusage von Gracchus hörte. Einen Moment dachte sie über seine Frage nach und nickte dann. „Es wäre uns eine große Ehre, wenn Du das Opfertier auswählen würdest und wir wären natürlich sehr dankbar, wenn Du und der Cultus uns in dieser Hinsicht behilflich sein würdet.“ Medeias Betonung auf dankbar wirkte nicht sehr aufdringlich, aber ein aufmerksamer Zuhörer und Beobachter würde erkennen können, dass sie damit auch eine mehr materielle Zuwendung im Sinn hatte als nur die Dankesfloskeln. Medeia beobachtete die Verdunklung des Tempels durch die Regenwolken und ihr Blick wanderte ebenso zu der Statue des Gottes. Ein wenig Ehrfurcht lag auf ihrem Gesicht als dieser wie lebendig wurde und der Tempel noch feierlicher wirkte.


    So schwieg Medeia als die Türen geschlossen und das Prasseln des Regens somit etwas leiser wurde. Medeia nickte auf Gracchus Worte hin. Zustimmend, aber wer würde auch einem Iupiterpriester in dessen eigenem Tempel widersprechen wollen? Doch war Medeia durchaus etwas beunruhigter. Als Actaautorin war sie doch auch gut informiert über die Provinznachrichten. „Dann wollen wir doch hoffen, dass die Menschen sich mehr an ihre Pflichten erinnern. Do ut des, das dürfen wir nicht vergessen. Auch ich werde mir das öfter vor Augen halten.“ Medeia wirkte in dem Moment feierlich, da es auch wie ein feierliches Versprechen war. Doch gleich drauf lächelte sie wieder andeutungsweise. „Gut, gibt es einige besondere Dinge, die das Opfer benötigt, an welche ich denken sollte?“

  • Die feine Betonung entging Gracchus nicht, seine Sinne waren auf solcherlei geradezu trainiert. Er nickte nachdenklich und überschlug in Gedanken bereits die Vorbereitungen, welche getan werden müssten.
    "Das notwendige Opferzubehör sollte vorhanden sein. Einen Cultrarius werde ich mitbringen. Ein Minister sollte für ein Opfer dieser Größe ausreichen, soll diese Aufgabe von einem Mitglied eures Haushaltes übernommen werden? Andernfalls würde ich auch eine Opferhelfer mitbringen."
    In vielen Häusern war es üblich, dass den Kindern diese Aufgaben angetragen und sie somit an die Kulte herangeführt wurden. Doch Gracchus war über die Situation im Hause Artoria nicht informiert genug um zu wissen, wer dort lebte.
    "Weiters gibt es nichts zu beachten, was außergewöhnlich wäre."

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  • Über die Frage des Opferhelfers musste Medeia gar nicht lange nachdenken. "Ein Verwandter von mir ist in der Ausbildung als Priester Neptuns. Ich denke, da er, so viel ich weiß, noch nicht viel Opfererfahrungen in der Öffentlichkeit durchführte, täte es ihm sehr gut, Dein Opferhelfer zu sein. Ansonsten wird es mein Schwager tun! Schließlich gehört ihm der besagte Weinberg!" Medeia sah sich nach ihrem Schwager Corvinus um, wandte sich jedoch wieder an den Priester. Der Regen ließ die Luft um sie herum kühler erscheinen und so fröstelte sie ein wenig. "Natürlich werde ich auch Deiner Gens hier in Roma eine Einladung zuschicken für das Fest. Ich würde mich sehr freuen, weitere Mitglieder an jenem Abend in meiner Casa zu begrüßen. Ansonsten danke ich Dir sehr, für Deine Hilfe! Den Weg in die Casa Artoria ist Dir bekannt?"

  • Einen Augenblick sann Gracchus darüber nach, ob ihm jener Artorier in den Reihen des Cultus Deorum bekannt war, doch recht bald musste er feststellen, dass es der Priester in Rom einfach zu viele waren, als dass er jeden davon mit Gesicht oder gar Namen kennen konnte.
    "Wunderbar, dann ist dafür gesorgt."
    Womöglich würde er dennoch einen weiteren Sklaven mitbringen. Man konnte nie wissen, wieviel Wein schon im Vorfeld des Opfers floss und bei kultischen Handlungen war es immer besser, auf der sicheren Seite zu stehen.
    "Der ein oder andere Flavier wird dieser Einladung sicherlich gerne folgen. Da in diesem Jahr wie es scheint wohl einige bedeutende Familien zur Vinalia laden, wird in unserem Hause selbst kein Fest stattfinden, so dass wir alle außer Haus feiern. Ich bin sicher, das Haus Artoria wird dabei mit in der engsten Wahl meiner Vettern liegen. Den Weg werde ich finden, darum braucht ihr euch nicht zu sorgen."
    Natürlich kannte Gracchus nur die wenigsten Wege in Rom, doch Sciurus würde sich darum kümmern, dass die Sänftenträger ihren Weg ohne Umwege würden finden.

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  • Froh über diesen glücklichen Ausgang für das Anliegen der Artorier lächelte Medeia erleichtert und glücklich. So würde das Fest vielleicht doch ein Erfolg werden können. Der Regen prasselte immer stärker draußen. Medeia neigte leicht den Kopf. „Dann danke ich Dir sehr, dass Du uns bei dem Opfer an jenem Festtag behilflich sein wirst. Ich möchte Dich dann nicht weiter belästigen.“ Medeia lächelte freundlich. „Dann sehen wir uns auf dem Fest. Vale, werter Sacerdos!“ Medeia nickte ihm zum Abschied höflich und respektvoll zu und wandte sich schließlich um. Sie sah kurz fragend zu ihrem Verwandten, dann strebte sie in Richtung Ausgang. Vor der Tür zog sie ihre Palla wieder ganz über ihr Haupt und auch ein wenig darüber hinaus. Erst dann wagte sie sich unter freien Himmel und dem starken Regen.

  • "Valete, bis zu den Vinalia!"
    Nachdem die beiden Artorier den Tempel verlassen hatten, drehte sich Gracchus der Iuppiter-Statue zu und sah sie sinnierend an. Er hob eine Hand und knetete an seiner Unterlippe, doch es wollte ihm nicht mehr einfallen, was er sich vorgenommen hatte, bevor die beiden zum Tempel gekommen waren. So ließ er die Hand wieder sinken und wandte sich um, strebte dem Ausgang des Tempels entgegen. Er verließ die Cella und blickte erstaunt in den düsteren Himmel Roms, als würde ihm eben erst wieder gewahr, dass es regnete.
    "Es ist anscheinend noch zu früh, den Heimweg anzutreten."
    Pyrgos, einer der Tempelsklaven, saß auf einer der obersten Treppenstufen vor der Cella der Minerva und blickte nun zu Gracchus hinüber.
    "Richtig! Rasch, Pyrgos, eile dich und hole einen trockenen Lappen."
    Ohne darauf zu achten, wie der Sklave missmutig in den Regen hinauseilte, kehrte Gracchus zu Iuppiter zurück und sah nun auch die Kanne mit Öl in einer Wandnische herumstehen. Denn die Statuen ölen, dies war es, was er zu tun gedachte.

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  • Langsam öffnete Gracchus die Pforte des Tempels des Iuppiter Capitolinus und brachte einen kühlen Windhauch mit in das Innere der Cella hinein. Öllampen und Kerzen flackerten, die durch sie geworfenen Schatten tanzten über die Wände und die Statue des Iuppiter Optimus Maximus, und es schien Gracchus, als lächle der gewaltige Gott. Gracchus erwiderte das Lächeln und trat ein. Er schloss die Pforte hinter sich und schritt durch den von Öllampen gesäumten Weg bis vor das Götterbildnis hin. Alsdann schlug er sich eine Falte seiner Toga über den Kopf und öffnete den Beutel in seiner Hand, aus welchem er einen frischen Opferkuchen zutage förderte. Er hatte ihn vor wenigen Minuten noch in einer kleinen Backstube nahe des Domus Caligulae erstanden. Doch er ließt den Kuchen zurück in den Beutel gleiten und suchte weiter darin, bis er ein kleines Säckchen in der Hand hielt. Er stellte den Beutel mit dem Kuchen ab, schon des Öfteren war ihm aufgefallen, dass hierfür kleine Tische in den Tempeln fehlten, auf welchen man noch nicht benötigte Opfergaben ablegen konnte, ohne sie bereits dem Gott zu offerieren. So blieb hierfür nur der Fußboden, was jedoch nicht weiter tragisch war, wusste Gracchus doch um die besondere Pflege, welche dem Tempelinneren täglich zukam. Er öffnete das Säckchen und schüttete daraus braune Benzoeharzkörner in seine Hand, welche er sodann auf die Räucherkohlen gab, von wo sich sogleich ein wohlriechend duftender Rauch erhob. Diesen Duft sog Gracchus tief durch die Nase und schloss halb seine Augen. Das weiche Licht der Kerzen und Öllampen ließ ihn für einen Augenblick vergessen, wo er war, dass dies nicht ein Tempel in Achaia, nicht ein Tag der Vergangenheit war. Seine eigenen Worte brachten den Sacerdos zurück in die Gegenwart, er blickte hinauf zu dem göttlichen Antlitz.
    "Iuppiter Optimus Maximus, Dir gilt mein Dank, wie mein Dienst Dir nun wieder gelten wird, wie er Dir zuvor und all die Zeit galt, wie es Dir gebührt."
    Nun ging Gracchus in die Hocke, nahm den Kuchen aus dem Beutel, richtete sich wieder auf, und brachte die Opfergabe dar.
    "Wie es Dir gebührt, Iuppiter Optimus Maximus, mein Dank für die vergangene Amtszeit, gleichsam Bitte um Dein künftiges Wohlwollen."
    Wenig später, als der Rauch des Harzes vergangen, nur der unvergleichliche Duft nach Benzoe noch in der Luft zurückgeblieben war, schlug Gracchus die Falte der Toga zurück und straffte die Schultern. Der Tempelalltag hatte ihn wieder.

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  • Immer wieder hatte ich die verschiedenen Tempelanlagen in der Hoffnung aufgesucht, meinen Ausbilder zu treffen, aber jedes Mal war es vergeblich gewesen. Dabei hatte ich mir so sehr gewünscht, von jemandem eingeführt zu werden, um von selbst gesammelten Erfahrungen anderer profitieren zu können, denn nicht alles stand in Büchern und Aufschriften. Viele Einsichten basierten auf persönlichen Erkenntnissen, Fertigkeiten erwarb man sich durch andauernde Übung, aber auch das Vorbild anderer. Heute fasste ich mir ein Herz und sprach den Sacerdos, der offensichtlich im Dienst des Gottvaters stand, an.


    "Salve, ich hoffe, ich störe nicht."

  • Immer kleiner wurde die Flamme einer der Öllampen auf dem Gabentisch vor der Statue des Iuppiter, bis sie schließlich gänzlich verlosch. Mit der Absicht, die Lampe erneut zu befüllen, nahm Gracchus eben jene auf und wandte sich soeben um, als ihn eine junge Frau ansprach. Er hatte nicht gehört, wie sie die Cella betreten hatte, was jedoch nicht weiter verwunderlich war, hing er doch noch immer seinen Gedanken nach.
    "Salve, aber nein, du störst keineswegs."
    Er wollte sich bereits zurückziehen, um sie in aller Ruhe ihr Opfer vollziehen zu lassen, als er sich rechtzeitig auf seine Pflicht besann, welche ihm nun wieder auferlegt war.
    "Mein Name ist Flavius Gracchus, ich bin Sacerdos publicus. Kann ich dir behilflich sein? Möchtest du ein Opfer darbringen."

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  • Ich lächelte erfreut, weil er mir sofort seine Hilfe anbot.


    "Nein. Ich habe bereits unzählige Opfer dargebracht und weiß daher sehr genau, wie sie ablaufen müssen. Weil ich mich aber für den Dienst an den Göttern berufen fühle, bin ich kürzlich dem Cultus Deorum beigetreten. Man sagte mir einen Ausbilder zu, der mich in die Strukturen und den Hintergrund einweisen wollte, aber er ist weitgehend verhindert. Wenn du mir in dieser Beziehung hilfreich zur Seite stehen könnte, dann würde ich mit Freuden annehmen."

  • "Nun denn."
    Ohne eine Miene zu verziehen betrachtete Gracchus die kleine Öllampe in seiner Hand. Es mochte ihm nicht sonderlich gefallen, einer Frau in den Cultus Deorum zu verhelfen, doch er konnte wahrlich wenig dagegen tun. Es war schon lange usus, dass die Töchter Roms in den Götterdienst strebten, vor allem die des einfachen Volkes, die ohnehin überall hin strebten.
    "Wie ist dein Name?"

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  • "Claudia Prisca", antwortete ich mit aufrechter Haltung. "Falls ich bei dir auch nicht an der rechten Stelle bin, dann sag es frei heraus. Im Notfall werde ich mich alleine durchfinden."


    So schnell ließ ich mich nicht entmutigen, auch wenn ich mir meinen Start anders vorgestellt hatte.

  • "Man informierte mich bereits darüber, dass man mir recht bald schon einen Discipulus zuweisen würde. Doch um ehrlich zu sein, erwartete ich ihn nicht so bald. Nun denn."
    Er hob seine Hand.
    "Dieses Öllämpchen muss neu befüllt werden, du kannst mich zu den Lagerräumen begleiten, in welchen neben allerlei zum Ritus und zur Festausgestaltung notwendigen Utensilien auch solch profane Dinge wie Öl lagern. Dies ist im Grunde keine Aufgabe, welche einem Sacerdos zufällt. Mitnichten, wie in den Häusern der Menschen sind es auch in den Häusern der Götter die Sklaven, welche sich um dererlei zu kümmern haben. Doch gerade eben ist die Flamme erloschen und hinterlässt eine Leere auf dem Opfertisch des Iuppiter, wer weiß schon, wann der nächste Sklave hier vorbeikommt, sich zu seiner Arbeit bemüßigt fühlt und den Makel beseitigt."
    In einer ausladenden Geste wies Gracchus durch den Raum.
    "Dies ist einer der Hauptaspekte, welche unsere Religion kennzeichnen. Diese Cella, dieser Tempel ist nicht nur die Behausung eines Gottes, sie ist ein besonderer Ort, und auch ein Sacerdos ist dazu verpflichtet, Sorge dafür zu tragen, dass diese besondere Stimmung, der Eindruck des Sakralen erhalten bleibt. Jede Flamme in diesem Raum erfüllt ihren Sinn und Zweck, ohne Licht könnte auch hier kein Schatten existieren, und erlischt eine Flamme, so ist die besondere Symmetrie durchbrochen, die Harmonie gestört."
    Die durch den Raum weisende Bewegung endete schlussendlich in Richtung der Pforte.
    "Darum werden wir die Lampe neu befüllen und im Anschluss wieder entzünden, auf dass auch dieses kleine Licht seinen Beitrag zur Gesamtkomposition leisten kann."
    So trat Gracchus den Weg aus dem Tempel heraus an. Sein Tonfall nahm einen Klang von Beiläufigkeit an.
    "Wer ist dein Vater, Claudia?"

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