[Triclinum] Das Speisezimmer

  • Miriam stützte sich mit ihren Händen an dem Tisch ab und hatte das Gefühl jeden Moment das Gleichgewicht zu verlieren. Sie konnte nicht mehr und wusste einfach nicht mehr was sie noch machen sollte und sagen erst recht nicht. Und schon wieder hatte sie sich hier daneben benommen, sie konnte nichts richtig machen, einfach gar nicht.
    "Keiner kann helfen" sagte sie mit tränenerstickter Stimme und sah auf die neuen Scherben am Boden. Es wunderte sie, dass er das so hinahm, aber das war dann ja nicht mehr ihr Problem. "Ich möchte einfach nicht mehr" flüsterte sie erneut und büggte sich nach einer der Scherben auf dem Boden. Sie erinnerte sich an das Zimmer wo sie ihn abgehalten hatte und nun konnte sie ihn verstehen warum er es hatte tun wollen.

  • Als Miriam zu Boden sah ließ auch Livianus seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Es sah hier fast wie auf einem Schlachtfeld aus, aber Livianus störte das nicht weiter. Wenn man ein Vermögen sein Eigen nannte, das über das Sechzehnfache eines Legatengehaltes hinaus ging und dazu noch laufend ein solches Gehalt bezog, waren einem einige Scherben egal. Diese Dinge waren leicht ersetzbar – Menschenleben jedoch nicht. Und darum ließ Livianus die kleine Sklavin nicht mehr aus den Augen, als sie eine Scherbe aufhob. Zuerst dachte er, sie wolle beginnen die Scherben aufzusammeln, doch als es dann lediglich bei einer einzigen blieb, wurde er skeptischer. Er ging einen Schritt näher an sie heran und machte sich bereit, im Notfall einzugreifen. Nach Außen hin ließ er sich jedoch nichts anmerken, blieb ruhig und sprach mit sanfter Stimme weiter.


    „Komm. Wir können über alles reden und ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden werden. Wenn du wirklich nicht mehr hier bleiben willst, dann werden wir auch hierfür eine Lösung finden.“


    Dann viel ihm ein, dass sie vorhin auch den Namen des Sklaven von Tribun Vitamalacus angesprochen hatte. Livianus hatte ja die Geschichte der beiden gehört und versuchte sie nun auf diese Weise wieder zur Vernunft zu bringen.


    „Ich nehme an du hast es schon gehört, aber Cato ist hier im Castellum. Wenn du möchtest, dann erlaube ich dir ihn zu sehen. Sein Herr ist zurzeit in Roma und kann es nicht verbieten.“

  • Es war doch alles auswegslos, egal was sie machen würde, das alles war nicht mehr ungeschehen zu machen. Für immer würde sie das alles verfolgen. SIe würde Menschen verletzten, denn sie hatte sie hintergangen und sie begann sich immer mehr zu hassen und sah nur das Schlechte in sich. Die Scherbe , so kühl in ihrer Hand, gab ihr wieder ein kleines Gefühl der Macht und der Kontrolle über diese ganze Sache. Ihre Finger der freien Hand strichen abwesend über die Tischplatte während die andere ihren griff um das Stück Ton nicht lockerte, vielleicht eher noch etwas fester zugriff.


    Den Namen Cato zu hören schmerzte über alle Maßen, denn wie sollte sie ihm jemals wieder in die Augen sehen können? Sie hatte den Menschen der sie am meißten liebte und soviel für sie getan hatte hintergangen. Sie hatte sich auf etwas eingelassen was ihr Herz zerstörte und das spürte sie mit jedem Schlag welches es noch machte.


    Sie wollte ihn sehen, sie wollte ihn zu gerne sehen, aber sie würde ihm nicht mehr in die Augen schauen können und wenn er wüsste was sie getan hatte würde er sie hassen. Was war also besser ein weiteres Herz zu brechen oder eines zum Stillstand zu bringen?


    "Ich hab den einzigen Menschen der mich liebt hintergangen und das kann man nicht rückgängig machen. Ich kann nichts richtig machen niemals daran wird sie nie etwas ändernd" flüsterte sie tonlos und schien nicht mehr sie selber zu sein, viel mehr sah sie so völlig abwesend aus. In einer schnellen und raschen Bewegung hatte sie die Hand gehoben und wollte sich die Scherbe in den Bauch stoßen um endlich alles hinter sich zu lassen. "Es tut mir leid Cato" flüsterte sie noch-.

  • Livianus war nicht mehr der junge durchtrainierte Centurio, der er früher einmal war, aber seine Soldatenreflexe reichten durchaus noch aus, um in dieser Situation geistesgegenwärtig und rasch zu handeln. Es war jedoch gut, dass er sich schon im Vorhinein dazu bereit gemacht hatte und einen schritt näher gekommen war. Mit einer schnellen Bewegung packte er Miriam an ihrem ausgestreckten Arm, in dessen Hand sie die Tonscherbe hielt und legte die andere Hand auf ihre Hüfte um sie herum zu drehen und gleichzeitig zurück auf den Tisch zu drängen.


    „Was tust du da bei allen Göttern!“


    Seine Finger hatte ihr Handgelenk fest umschlossen und seine andere Hand drückte sie gegen den Tisch. Mit einem entsetzten Blick sah er sie an.

  • Der Weg bis sie es geschäfft hätte war nicht mehr weit gewesen, aber auch das schaffte sie nicht, denn er war schneller und sie spürte seine Hand um ihr Handgelenk und gleich darauf wie sie gegen den Tisch gedrängt wurde. Die Scherbe begann in ihre Hand einzuscheiden, denn sie ließ sie nicht los, konnte es einfach nicht, aber nun musste sie ihn ansehen, denn etwas anderes ließ diese Position nicht zu. Sie atmete schwer als hätte sie einen Lauf hinter sich und legte ihren Kopf in den Nacken. Ihre Augen schienen jeglichen Göanz verloren zu haben. "Das richtige tu ich" flüsterte sie ihm entgegen und spürte wie ihre Finger nun doch lockerer ließen wegen dem Druck der auf ihr Handgelenkt ausgeübt wurde, aber sie versuchte dagegen anzukämpfen und ihre Finger zuckten ein wenig. Ihre andere Hand hatte sie um die Kante der Tischplatte geschlossen um nicht gänzlich rüclinks auf den Tisch zu sinken.

  • Livianus hatte die Situation nun gut unter Kontrolle und atmete innerlich erleichtert auf. Nun waren sie wohl Quitt - sie hatte sein Leben gerettet und er nun ihres. Seine Augen musterten die kleine Sklavin, blieben kurz bei ihrer Hand in der sie die Scherbe hielt stehen, lösten sich jedoch wieder und suchten den Blickkontakt mit ihr.


    “Miriam! Ich habe den Menschen verloren den ich liebe und es war deiner Meinung nach kein Grund ihm zu folgen. Du hast einen Menschen nur verletzt, von dem er nicht einmal weiß und es nie erfahren muss und glaubst nun, dass es Grund genug wäre, um dir das Leben zu nehmen.“

  • Miriam musste nun ihren Arm auf dem Tisch abstützen und erwiederte seinen Blickkontakt oder versuchte es zumindest. Sie hatte das Gefühl, das etwas in ihr zerriss. "Bei dir war es was anderes gewesen. Du bist ein ganz anderer Mensch als ich. Ich habe es wohl nicht anders verdient, aber das tut nichts zur Sache. Ich kann mt diesen Wissen nicht Leben, es zerreisst alles in mir." Miriam versuchte sich zusammenzureißen um nicht zu weinen, aber alles in ihr schrie danach und langsam gab sie jegliche Gegenwehr auf und auch die Scherbe rutschte aus ihren Fingern und fiel klirrend auf den Tisch. Wieder einmal hatte sie versagt.....

  • Als die Scherbe zu Boden fiel, lockerte Livianus den Griff etwas, ließ sie jedoch nicht zur Gänze los.


    „So wie ich damit lernen muss mit meinem Verlust zu leben, so wirst du lernen mit diesem Wissen und den Erinnerungen an das Geschehene zu leben. Wir sind unterschiedliche Menschen – da hast du wohl Recht, aber ich habe durch dich verstanden, dass dieser Ausweg den du gerade angestrebt hast, keine Lösung für unsere Probleme ist. Weder für meines, noch für deines.“

  • Sie sah ihn verzweifelt an und konnte sich gar nicht vorstellen, dass sie einmal diese Worte zu ihm gesagt hatte, aber schließlich erinnerte sie sich daran, denn es schien ihr gestern gewesen zu sein wo sie sich um ihn gekümmert hatte und die Nacht sogar bei ihm gewesen war. Aber es war immer leichter einem anderen den Mut zuzusprechen, ihm beizustehen und ihm Liebe zu geben als dies alles selber anzunehmen und ihr fiel das unendlich schwer.
    Ganz leicht bewegte sie ihre Finger und spürte wie ihr Stumm eine Träne über ihr Gesicht lief.
    "Irgendwann kann man aber nicht mehr mit seinen Erinnerungen leben und vielleicht waren meine Worte die ich damals zu dir sagte falsch und ich wusste es nur nicht. Vielleicht ist es doch eine Lösung dies zu tun, denn dann hören auch alle anderen Gedanken auf zu existieren."

  • Nun ließ Livianus sie los und trat einen Schritt zurück. Sein Blick wirkte entschlossen und fixierte ihre Augen.


    „Wenn dem so ist, dann habe ich mich damals wohl falsch entschieden.“


    Livianus Hand umfasste fest den Griff seines Schwertes und er zog es langsam aus der Scheide. Seine Stimme war dennoch ruhig und seine Worte klangen überlegt.


    „Wenn du Recht hast Miriam, dann sollte ich zu Ende bringen, was ich damals in meinem Zimmer begonnen habe. Du kannst dir ja dann mein Schwert nehmen und das deine tun.“


    Mit gezogenen Schwert stand er vor ihr und sah sie mit überzeugtem Blick an.

  • Als er sie los ließ sank ihre andere Hand ebenfalls an die Kante des Tisches um sich abzustützen und sie lehnte weiter an diesem, als brauchte sie es sonst würde sie fallen. Mit großen Augen sah sie ihn an, sah zu wie er sein Schwert zog und verstand erst als er begann zu sprechen. Nein so hatte sie das nicht gemeint, das war alles nicht fair was er da machte.
    Ihr Blick glitt über das schimmernde Schwert und eine Sehnsucht machte sich in ihr breit. Es war eine Sehnsucht nach etwas, das man nicht in Worte fassen konnte, aber schon lange in ihr geschlummert hatte. Nur langsam wandte sie ihren Blick wieder an Livianus der nur einen einzigen Schritt von ihr entfernt stand und sah ihm in die Augen.
    "Nein deine Entscheidung war richtig, denn sicher hast du sehr viele die dich lieben und denen du damit weh getan hättest. Ich kenne meine Worte und dir gegenüber waren sie ehrlich aber nicht mir gegenüber. Für mich gelten sie nicht, aber ich würde nicht zulassen, dass du es noch einmal versuchen würdest, und das weißt du auch" sagte sie bestimmend.
    So nah und doch so fern schien die Erlösung zu sein.
    Seit diesem Abend damals hatte sie das gefühl, dass sie beide etwas miteinander verband, aber sie hatte keine Ahnung was es war, vielleicht waren es alleine die Gedanken die sie sich teilten oder geteilt hatten.

  • Livianus ließ das Schwert wieder sinken und atmete tief durch. Er wirkte erschöpft und nachdenklich.


    “Du hast auch Menschen die dich lieben und die dich vermissen würden.“


    Livianus sah ihr in die Augen und erinnerte sich daran, dass er dieser Sklavin sein Leben zu verdanken hatte und wie sehr sie ihm mittlerweile bedeutete.


    “Ich würde dich vermissen.“

  • Voller Verwunderung nahm sie seine Worte zur Kenntniss und sah dem Schwert hinter her wie er es sinken ließ. Als sie wieder ihren Blick hob und ihn ansah wusste sie wirklich nicht mehr was sie sagen sollte, denn mit solch Worten hatte sie nicht gerechnet.
    "Warum würdest du das? Ich bin nichts weiter als eine Sklavin, etwas was man ersetzen kann."
    Ihre Finger griffen immer fester um die Kante des Tisches und sie sah ihn verzweifelt an. Hier war alles so anders, so unendlich ander, dass sie das alles überforderte.

  • Livianus erinnerte sich zurück an diese schreckliche Nacht und wie Miriam für ihn da war.


    "Eine Sklavin die mir mein Leben gerettet hat. Eine Sklavin die mir den Kopf zurecht gerückt hat. Eine Sklavin die für mich da war, als ich sie gebraucht habe. Du bist für mich keine gewöhnliche Sklavin mehr Miriam. Ich habe dir sehr viel zu verdanken und solange du hier bei mir bist, soll dir nichts böses wiederfahren."

  • Auch Miriam erinnerte sich, sah ihn vor sich als wäre es noch heute gewesen. Seine Schmerzen in den Augen und alles an ihm würde sie niemals vergessen. Schon in der Eingangshalle als sie ihn stützte, im Bad als sie ihn wusch und dann als sie ihn sehen musste wie er sich umbringen wollte und sie die Hand an die Klinge gelegt hatte und sich dabei selber schnitt. Sie hatte heute noch die Narbe auf der Handinnenfläche. Einen Moment schien sie das Atmen zu vergessen und sah an ihm vorbei. Ihre Hände suchten den Weg zu ihren Armen und es sah fast aus als würde sie versuchen sich selbst zu umarmen. Miriam schloss ihre Augen und legte von der einen Hand die Finger auf ihre Stirn. "Ich werde aber dennoch immer das bleiben was ich bin." Sie hatte ja immer noch keine Ahnung was an diesem Tag geschehen war. Sie hatte einfach gespürt, dass sie ihm helfen musste, es war ein seltsames GEfühl gewesen, eines was sie immer noch hatte und sicher immer haben würde.
    "Ich weiß nicht was ich sagen soll, aber ich weiß, dass ich das immer wieder tun würde. Es war das richtige denn du bist ein guter Mensch." Ja das war er in ihren Augen denn jeder andere hätte sie wieder ausgepeitscht und noch andere Dinge mit ihr angestellt, Zeugnis war ihr Körper.

  • Langsam schon Livianus das Schwert zurück in die Scheide und ging dann wieder einen Schritt auf Miriam zu.


    „So wie du Miriam. Ein jeder begeht ab und zu einen Fehler. Du solltest nicht zu hart mit dir ins Gericht gehen. Du hast bestimmt niemand mit Absicht wehgetan und die andern wollten es bestimmt auch nicht. Also denke in Ruhe darüber nach und finde deinen Weg. Wenn dieser zu Cato führen soll, dann hast du meine Erlaubnis.“

  • Ihre Hände griffen immer fester um sich und sie konnte spüren wie ihr Herz begann immer schneller zu schlagen. Nein sie hatte niemanden mit Absicht verletzt, aber sie hatte es getan und es waren Menschen die sie mochte, allen vorran Cato, auch wenn er es nicht wusste. Sie brauchte bis seine Worte sie wirklich erreichten und sie ihn wieder ansah. Ihre Augen schimmerten immer noch und sie spürte ihr Herz immer schlimmer. "Ich wünsche mir nichts mehr, als ihn wieder zu sehen. Ihn endlich wiedre umarmen zu können." Ja das wollte sie denn sie vermisste ihn sehr. Wieder lief eine Träne ihre Wange hinunter.

  • Livianus nickte lächelnd.


    "Dann geh zu ihm. Er wohnt im dritten Tribunenhaus, von hier aus gesehen, an der Lagerhauptstraße. Frag einfach nach dem Haus von Tribunus Vitamalacus wenn du es nicht findest. Und keine Angst - sein Herr ist in Rom."

  • Nun blieb ihr Herz wirklich fast stehen und es schien als würde sie ihn anstarren, denn das konnte sie nicht glauben, das musste ein Traum sein und gleich würde sie einfach aufwachen und feststellen, dass alles so war wie die ganze Zeit. "Und die Wachen? Sie lassen mich doch nicht gehen" meinte sie völlig neben der Kappe. Dann ohne Vorwarnung fiel sie ihrem Herrn einfach in die Arme. Es war das schönste was ihr grade passieren konnte, dass er ihr erlaubte Cato wieder zu sehen. "Ich weiß nicht wie ich dir danken kann" flüsterte sie in der Umarmung.

  • Livianus war ziemlich überrascht, als ihm die kleine Sklavin um den Hals viel und legte nur sehr zögerlich seine Arme um sie.


    "Schon gut."


    Als die beiden wieder voneinander abließen, zog sich Livianus seinen Senatorenring vom Finger, nahm Miriams Hand, legte ihn hinein und schloss sie vorsichtig wieder.


    "Wenn dich die Wachen aufhalten sollten, dann zeige ihnen diesen Ring. Sie werden dich dann passieren lassen."

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