Triclinium | Tiberier

"Und noch etwas anderes. Die Sklavin die du hinter mir siehst, ist Cleolia. Sie gehörte ursprünglich Catus. Nach einem Gespräch mit ihm hat er mir die Besitzrechte übertragen. Ich würde sie gerne freilassen, wo kann ich das erledigen?"

Ich sprach diese Worte sehr selbstbewust.

"Angestellt? Loswerden wollen?"

Das verstand ich nun gar nicht.

"Wenn sie irgendetwas abgestellt hätte, dann würde ich sie garantiert nicht freilassen. Ich würde ihr dann schon gutes Benehmen beibringen, darauf kannst du dich verlassen!
Nein, Cloelia hat immer gut gearbeitet und sich auch dadurch die Freiheit verdient. Sie kann bei uns bleiben, wenn sie will, muss sich aber an gewisse Regeln halten. Oder sie kann gehen, das steht ihr völlig offen.
Ich bin fast immer allein in der Villa in Tarraco und da habe ich auch noch Circe. Sie braucht noch etwas Erziehung wir mir scheint, also lasse ich eben Cloelia frei."

Was ich hier hörte machte mich todunglücklich. Sicher, Quiri und ich konnten nicht heiraten, aber muss er gleich an diese Calpurnia denken? Dieses arrogante kleine Biest! Vielleicht sollte ich doch hier bleiben, Sklavin bleiben und weit weg von diesem Mann der wohl doch immer schon an dieser Calpurnia interssiert war. Das wäre Rache pur, denn sein Kind würde als Sklave aufwachsen!

"Darf ich sprechen?" sagte ich leise und mit trockenem Hals.

Ich hatte keine Ahnung, was Cloelia wollte, aber ich hatte das Gefühl, es besser wäre, dass sie jetzt schwieg.

"Muss das unbedingt jetzt sein, Cloelia?"

Ich wurde leicht nervös. Sie wird doch wohl nicht etwas falsches sagen wollen...

Er hatte wohl Angst, Angst das ich was unüberlegtes sagen würde. Ich schlug die Augen nieder und sagte schlicht:

"Ja, Herr."

"Dann sprich."

Ich hatte Angst, aber ich wusste nicht, wovor...

"Herr, wenn Du mich nicht mehr liebst und an daran denkst Flavia Calpurnia zu heiraten, dann ist es besser Du läßt mich hier."

Weh tun sollte es, ja weh tun! Merkwürdigerweise war mir nicht nach heulen zu mute. Der Drang mich an ihm für das Gesagte und das Nichtwidersprochene zu rächen war größer.

Ich prustete den Wein wieder heraus.

"WAS???", brüllte ich.

"DU HAST JA WOHL NICHT WIRKLICH GEGLAUBT, DASS ICH DICH JEMALS GELIEBT HABE? EIN BISSCHEN SPAß, DAS BRAUCHT JEDER MAL."

Langsam wurde ich wieder ruhiger...

"Eine Sklavin lieben? Pah... Ich bin ein Patrizier! Ich werde mich doch nicht mit Abschaum abgeben. Allein die Vorstellung ist schon grausig genug.
Felix, hast du das gehört? Behalte sie hier, bestrafe sie angemessen. Ich brauche sie nicht und die Freilassung kann sie sich NATÜRLICH auch abschminken."

Natürlich log ich, natürlich liebte ich sie. Aber nun ist es aus. Noch nie ist mir so eine Enttäuschung widerfahren. Es kam Hass in mir auf, Hass auf Cloelia.
Ich hatte mich wohl vergessen, denn von der einen auf die nächste Sekunde stand ich auf, holte mit meiner rechten Hand weit aus und ohrfeigte sie.

Mit der rechten Hand fuhr ich über meine schmerzende Wange. Das steckte also in ihm! Und ihn hab ich geliebt? Ich weis es nicht mehr. Vermutlich hat Calpurnia ihn verhext, sowie sie Obscuro verhext hat. Sie verhext alle Männer die ich gern hatte!
Mehr aus Wut, denn aus Schmerz, begann ich zu heulen. Es ihm mit einer Ohrfeige heimzuzahlen, würde meine Lage verschlimmern!

"Gerne bleibe ich hier! Oder glaubst Du ein Wort von dem was ich Dir in deinem Bett gesagt habe?", verhöhnte ich ihn. Egal, wer mir jetzt zuhörte. Ich war fertig mit ihm und Tarraco.

"Und? Was bist du schon? Eine kleine, billige Sklavin, zu nichts zu gebrauchen... Nur zum Spaß haben..."

Ich war bis auf tiefste verletzt. Das war also die Frau die ich liebte, für die ich alles getan hätte, so war sie wirklich. Warum bin ich nur auf eine Sklavin reingefallen, die wahrscheinlich selbst nur ihren Spaß haben wollte? Hatte ich nun wirklich kein Glück bei den Frauen? Und waren sie alle nur böse?

"Hast du denn kein Fünkchen Anstand? Ich hatte gedacht, du hattest gelernt!"

Nah stand ich vor ihr und tief schaute ich ihr in die Augen. Enttäuschung und Trauer, große Trauer konnte sie darin lesen.

Livia verschluckt sich beinahe an ihrem Wein, als es plötzlich zu diesem Ausbruch kommt. Entgeistert blickt sie ihren Bruder an, als dieser die Sklavin anbrüllt. Die Zähne beißt sie fest zusammen, um den Vorfall vorerst nicht zu kommentieren. Livia legt nur die Hand an ihre Schläfe, massiert diese leicht und schließt die Augen für einen kurzen Moment. Dann tauscht sie einen Blick mit Felix aus und seufzt innerlich.

Sie wendet sich mit größtmöglicher Konzentration nun ihrer Nachspeise zu und hofft, dass diese peinliche Szene bald vorbei sein möge.

Es vergingen einige Sekunden, bis ich merkte, dass Cloelia und ich nicht alleine waren.

Ich liess mich auf meine Liege nieder und sagte halbwegs beruhigt:

"Entschuldigung, es tut mir leid. Wo waren wir stehengeblieben?"

Ich schaute Livia und Felix an.

"Ich danke dir für dein Angebot, doch ich muss es leider ablehnen.
Du bekommst die Sklavin geschenkt. Behalte sie und mach mit ihr was sie will. Vielleicht wird sie dann ihre Manieren wiedererlangen, die sie einst hatte."

Vielleicht hatte ich mich daneben benommen, vielleicht hatte ich ihn tödlich beleidigt. Doch was soll ich noch in seinem Haus, wenn er Calpurnia heiraten will? Dann lieber einen Neuanfang, auch wenn es mir hier sicher nicht so gut gehen würde, wie in der Villa Flavia Catus.

"... und jetzt keine Tränen, Liebes! Du wirst deinen Weg machen!", dachte ich, "Soll er mich verschenken. Ich würde sterben, wenn ich ihn mit Calpurnia sehen würde oder mit einer anderen Frau!"

Hinter mir wurde es ruhig, Cloelia hatte aufgehört zu weinen. Vielleicht wird sie eines Tages ihr schlechtes Gewissen spüren.
Sie hat sich nun wahrscheinlich eine Chance für ein besseres Leben verpasst.

"Wenn uns dadurch die Unabhängigkeit nicht abhanden kommt!

Und noch was anderes: Ich werde dein Angebot für die Suche nach einer standesgemäßen Frau doch annehmen, vielleicht kannst du mir ja jemanden vorstellen."