[Officium] Praefectus Castrorum

  • Sophus nickte zufrieden, konnte er doch nunmehr mit einer noch tatkräftigeren Unterstützung der Flotte rechnen.


    "Das verstehe ich, ja."


    Er machte eine kleine Pause, um zu prüfen, ob es denn noch wichtige Punkte gäbe, welche unbedingt noch besprochen werden müssten, fand aber keine, denn er war überzeugt, dass die Schiffsleute ihr Handwerk verstanden.


    "Fein, dann bleibt mir eigentlich nur noch, dir eine sichere Reise nach Misenum zu wünschen."

  • Zitat

    Original von Flavius Aurelius Sophus
    "Ja, kannst rein.", meinte der, deutete mit dem Daumen auf die Porta und wandte sich wieder einer Wachstafel zu.


    Im Moment der Auskunft machte sich bei dem Centurio eine Schwäche des Kreislaufes bemerkbar, was für ihn eine völlig neue Erfahrung darstellte. Er hielt kurz inne, bis das Sichtfeld wieder klar wurde. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf und hoffte mal, dass es nicht auf eine Krankheit hinauslaufen würde. Vermutlich hatte er sich mit dem straffen Ritt und dem Abklappern sämtlicher relevanter Stellen im Kastell bereits am ersten Tag einfach zu viel zugemutet. Zumindest wollte er daran glauben.


    Mit dem Helm unter dem Arm betrat er das Officium, grüßte kurz, wenn auch nicht in der gewohnten Art, und versuchte sich zu sammeln.


    "Salve, Praefectus. Ich wollte den Dienstplan einsehen und eventuelle Besonderheiten erfragen."

  • Der Praefectus, gerade von den Thermen zurückgekehrt, saß gerade - trotz der angebrochenen Mittagszeit - beim etwas aufgeschobenen Frühstück. Es störte ihn nicht, kurz dabei unterbrochen zu werden, weshalb er den Schreiber im Vorzimmer auch nicht darüber informiert hatte. Aurelius spülte einen Bissen Käse, der für seinen Geschmack entschieden zu trocken war, mit einem kräftigen Schluck Posca hinunter.


    "Potzblitz! Wenn das mal nicht unser Quaestor ist. Ave, Claudius!", sagte der Stabsoffizier lachend und bot dem Centurio einen Platz an.


    Er schob den Teller Puls zur Seite, um Platz für einen ganzen Stapel von Wachstafeln zu schaffen. Während er nach Vesuvianus' Einheit suchte, musterte er den gewesenen Träger des Ehrenamtes.


    "Siehst nicht gut aus. Ganz blass. Hat Roma diesen ungesunden Teint verschuldet? Warum gehst du nicht in die Thermen? Ein Besuch im Schwitzbad kann bisweilen wahre Wunder bewirken."

  • Eigentlich war dem Centurio zum augenblicklichen Zeitpunkt überhaupt nicht zum Lachen zumute, aber der Kommentar des Präfekten war geeignet, den Ernst aus Vesuvianus’ Gemüt zur Seite zu schieben.


    "Ich habe mehr als die Hälfte der Amtszeit in einer Therme verbracht", antwortete er daher grinsend, zog sich den Stuhl zurecht und ließ sich darauf fallen.


    "Inzwischen kenne ich jedes Beinhaar des Proconsul." Claudius rollte die Augen. "Mein Amt hatte mich nach Hispania geführt", fügte er erklärend hinzu.

  • Aurelius war höchst amüsiert über Claudius' offensichtlich strapaziöse Odysee durch die römischen Westprovinzen.


    "Hispania? Dann war es wohl der saure Vinum, welcher zur nachhaltigen Erblassung deines Antlitzes führte? Wobei - liebreizendere Anblicke als die Beinhaare des Prokonsuls kann ich mir durchaus vorstellen."


    Beim Versuch, sich jene Szenerie im Geiste auszumalen, musste Sophus jede Anstrengung aufbringen, um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Er fühlte durchaus mit dem Mann, war doch seine eigene Amtszeit als Quaestor nicht viel erquicklicher gewesen. Schließlich winkte er ab, um einen ernsthafteren Gesichtsausdruck bemüht.


    "Wie dem auch sei - ein paar Tage Lagerluft und du bist wieder auf dem Damm, hat bei mir immer geholfen."


    Der Praefectus murmelte ein leises "Ah ja!", zog eines der Wachstäfelchen aus dem Stapel und überflog kurz den Inhalt.


    "Bist du von Optio Priscus bereits über den Stand der Arbeiten deiner Centurie in Kenntnis versetzt worden?"

  • "Schieben wir es auf den Vinum", schlug Claudius vor, obwohl er sich sowohl dieses Vorschubs als auch der Tatsache bewusst war, dass die Lagerluft keineswegs zur Besserung beitragen konnte, hatte er doch das Ende seiner Amtszeit förmlich herbeigesehnt, ihn aber gleichzeitig seine Angeschlagenheit unvermittelt getroffen.


    Claudius schüttelte den Kopf, als die Frage nach einer bereits erfolgten Unterredung mit seinem Optio kam.


    "Ich wollte mir zunächst einen Einblick in den Dienstplan verschaffen, um darauf basierend, sogleich Anweisungen erteilen zu können."

  • [quote]Original von Flavius Aurelius Sophus
    Sophus nickte zufrieden, konnte er doch nunmehr mit einer noch tatkräftigeren Unterstützung der Flotte rechnen.


    "Das verstehe ich, ja."


    Er machte eine kleine Pause, um zu prüfen, ob es denn noch wichtige Punkte gäbe, welche unbedingt noch besprochen werden müssten, fand aber keine, denn er war überzeugt, dass die Schiffsleute ihr Handwerk verstanden.


    "Fein, dann bleibt mir eigentlich nur noch, dir eine sichere Reise nach Misenum zu wünschen."[/quote


    Helios nickte.


    "Ich danke dir, Praefectus Castrorum. Und ich wünsche dir viel Erfolg mit dem Bauvorhaben, mögen euch keine Zwischenfälle behindern."


    Und er wandte sich zum Gehen und salutierte nochmals.


    "Vale."


    Und ging ab.

  • Zitat

    Original von Herius Claudius Vesuvianus
    "Schieben wir es auf den Vinum", schlug Claudius vor, obwohl er sich sowohl dieses Vorschubs als auch der Tatsache bewusst war, dass die Lagerluft keineswegs zur Besserung beitragen konnte, hatte er doch das Ende seiner Amtszeit förmlich herbeigesehnt, ihn aber gleichzeitig seine Angeschlagenheit unvermittelt getroffen.


    Claudius schüttelte den Kopf, als die Frage nach einer bereits erfolgten Unterredung mit seinem Optio kam.


    "Ich wollte mir zunächst einen Einblick in den Dienstplan verschaffen, um darauf basierend, sogleich Anweisungen erteilen zu können."



    "Der Dienstplan ist da eindeutig. Deine Centuria ist nach wie vor natürlich fester Bestandteil des Bautrupps am Amphitheater."


    Daran würde sich so schnell auch nichts ändern, denn der Praefectus hatte die Erfahrung gemacht, wie effizient eingearbeitete Bautrupps mit einer gewissen Erfahrung im Vergleich zu regelrechten Frischlingen arbeiteten. Der Einsatz altgedienter Mannschaften sparte Zeit, Nerven und aufgrund der wesentlich geringeren Pfuschquote letztlich auch Material und damit bares Geld.


    "Soweit mir bekannt ist, wurden die Säulen- und Bögenarbeiten in deinem Arbeitsbereich abgeschlossen und ich gehe davon aus, dass andere Centuriae nicht wesentlich langsamer gearbeitet haben, wenngleich der Einsturz eines Gerüstabschnittes das Vorankommen stellenweise behindert haben dürfte. Das hat dich als Architekt, nicht aber als Centurio zu kümmern. Ich rechne mit einem Gleichziehen aller Bauabschnitte im Laufe der noch verbleibenden Woche und schlage vor, dass du die Leitung der Quarta de facto zunächst deinem Optio überlässt, denn momentan sind deine Fähigkeiten als Architekt und Konstrukteur dieser Anlage von erheblich größerem Nutzen. So rasch als irgend möglich sollten wir gemeinsam mit Tribunus Lepidus die Baustelle inspizieren, denn ich möchte darüber informiert werden, welche Bauphasen mittelfristig anstehen, um entsprechende Vorbereitungen im organisatorischen Bereich treffen zu können. Meinetwegen können wir gleich heute damit beginnen."

  • Claudius nickte. Zwar hatte er zunächst mit Priscus sprechen wollen, aber eine Besichtigung vor Ort würde ebenso einen Teil seiner Fragen beantworten. Außerdem sparte es Wege, wenn der bauleitende Tribun und der Praefectus zugegen waren und alles Notwendige unmittelbar erfasst und in die Wege geleitet werden konnte.


    "Ich stehe sofort zur Verfügung, möchte nur zuvor meine Räumlichkeiten aufsuchen, um das Reisegepäck zu verstauen und mich in eine neue Tunika zu kleiden."


    Dass er einen Moment der Besinnung und der Ruhe suchte, verschwieg der Centurio. Er gestatte weder sich noch anderen irgendwelche Schwächen.

  • Der Praefectus nickte mit dem Kopf. Er wollte ja ohnehin noch das Frühstück beenden.


    "Selbstverständlich. Nur keine Eile."


    So nahm er den Löffel wieder in die Hand und leerte den zweiten Teller Puls. Die Lippen tupfte er mit einem Tuch ab und wandte sich an den Scriba, welcher im Hintergrund wartete.


    "Schreiber, unterrichte die Wachen, dass sie den Tribun von unserer Inspektion in Kenntnis versetzen mögen. Und es sollen drei Pferde zur Verfügung gestellt werden."


    Angesprochener verließ mit einem knappen "Jawohl!" das Officium, während Sophus nochmals in seine Wohnung ging und einen leichten Mantel hervorkramte.

  • Claudius nahm die Fortsetzung des Frühstücks als Aufforderung zu gehen. Er erhob sich, nickte dem Praefectus zu und verließ das Officium. Dabei fiel ihm ein Anschlag ins Auge, der auf einen Kurs hinwies. Die Academia Militaris bot einen für Claudius passenden Aufbaukurs an.
    "Ungünstig", murmelte er und strebte schließlich seinen Räumlichkeiten zu.


    Nachdem er seine durch die Reise in Mitleidenschaft gezogene Tunika gewechselt und einen kurzen Blick auf seinen recht vollen Schreibtisch geworfen hatte, kehrte er zum Officium des Praefectus Castrorum zurück. Unterwegs traf er den einen oder anderen Legionär seiner Einheit, sein Optio allerdings war ihm nicht über den Weg gelaufen.
    Nun jedoch war der Centurio erst einmal gespannt, welche Fortschritte der Bau während seiner Abwesenheit gemacht hatte. Die Rösser standen schon bereit, nun fehlten nur noch die Stabsoffiziere …

  • Nach seinem Inspektionsbesuch auf der Baustelle kehrte Sophus in das Arbeitszimmer in der Principia zurück, wo er einige Berichte der Legionsreiterei in Empfang nahm, welche auf den Wegabschnitten zwischen den regelrecht aufgesplitterten Truppenkörpern der Legion in Cremona, Aquilea, Verona, Carrara und Mantua den wichtigen Meldedienst übernahmen. Auf diese Weise erfuhr der Präfekt vom Zustand einiger wichtiger Transportwege, welche er als Organisator eines möglichst reibungslosen Verkehrswesens selbstverständlich ebenso zu überwachen hatte wie die Vollständigkeit der Magazine und die Produktivität der Werkstätten. Offenbar hatte der Winter einige Spuren in Form der üblichen Frostschäden hinterlassen und ein Straßenabschnitt einige Meilen von Cremona entfernt war aufgrund eines heftigen Unwetters per Erdrutsch teilweise begraben worden. Nicht, dass solche Unpässlichkeiten nicht in der ursprünglichen Kalkulation des Präfekten aufgetaucht wären, doch die Schäden mussten eben behoben werden. Er entschied, dass es vollkommen ausreichte, diese Routinearbeiten im Frühjahr mit einer Handvoll Männer abwickeln zu können und erstellte einen entsprechenden Marschbefehl für einige Contubernia aus den Steinbrüchen von Cremona selbst, welcher sogleich von einem Meldereiter in Empfang genommen und auf schnellstem Wege zur betreffenden Einheit gebracht wurde.

  • Die folgenden Tage verbrachte der Präfekt wieder verstärkt in seinem Arbeitszimmer. Vor der Arbeit öffnete er stets das kleine Glasfenster, welches einen schönen Überblick über die Mannschaftsbarracken bis zur Lagerumwehrung gestattete, zudem konnte etwas frische Luft bei den anstehenden Rechenarbeiten nicht schaden. Zwei geschlagene Tage lang benötigte er, um die üppige Bedarfsliste des Septimus abzuarbeiten, mit dem Abakus prüfte er Kostenvorteile zwischen diversen Zulieferern, wägte ab, welche Einheiten er für primitivere Arbeiten einsetzen konnte, um die ohnehin überforderten Immunes zu entlasten. Jede Ausgabe vermerkte er dabei akribisch in den Akten der Finanzbuchhaltung oder besser, wenn die eigenen Finger bereits Schwielen bekamen, der permanent anwesende Schreiber, welcher auch dann und wann den Stabsoffizier an weitere Programmpunkte erinnerte, etwa einfache Beförderungen, Einteilung der Reinigungsdienste und der Wachmannschaften. Auch lag es in seinem mannigfaltigen Aufgabenbereich, differenzierte Produktionsrichtlinien an lagereigene (Rohstoff-)hersteller auszugeben, wozu ebenso Anweisungen an Tongruben in Cremona, Steinbrüche in Carrara wie Zweigstellen der Holzproduzenten in Mantua. Dies führte zu einer beinahe monatlichen Verschiebung der einzelnen Truppenstärken in diesen Bereichen; wo die Produktionsanforderungen erhöht wurden, stärkte Aurelius die Personaldecke - Einteilungen dieser Art mündeten wiederum zwangsläufig in fast wöchentlich aktualisierte Dienstpläne.
    So flossen Stunden und Tage dahin. Als die Arbeit bezüglich der Fabrica-Liste zu einem vorläufigen Abschluss gebracht worden war, plante der Lagerkommandant für die kommenden Wochen eine Überprüfung der Magazine, der Nahrungslieferungen- und Vorräte, sowie der Tierbestände im Lager. Alles Faktoren, von denen er sich mit Unterstützung zahlreicher Unteroffiziere und Centurionen besser selbst ein Bild machte. So fasste er beispielsweise den Befehl an Decurionen, eventuelle Bedarfsmeldungen an Pferden, Futter und sonstigen Materialien geschlossen in der Principia einzureichen. Ferner sollten die Maultier- und Ochsenbestände überprüft werden, wobei auch auf Nutztiere wie Schafe, Ziegen, Schweine und Rinder geachtet wurde, denn sie würden auch weiterhin einen festen Bestandteil der Nahrungsversorgung in der Legion sichern.

  • Spät am Abend erst - der Schreiber war bereits aus seinen Tagesdiensten entlassen - erinnerte er sich an die Einladung aus Rom. Noch einmal tigerte er im Arbeitszimmer auf und ab, mit einer Hand das Schreiben, mit der anderen eine Öllampe haltend, und las erneut die Zeilen sorgfältig durch. Beide Gegenstände legte er anschließend auf den Schreibtisch und strich sich nachdenklich über das Kinn. Den Legaten hatte er bereits über den kurzen Abstecher informiert und er war sicher, dass ihm sein Geburtsort, die römische Großstadt, etwas Abwechslung bieten könne. Während er die Militärtunika auszog und auf sein Bettlager nebenan zustapfte, malte er sich im Geiste bereits eine große Oratio aus, wog jedoch, sich an diverse Grundsätze aus seiner Rhetorikausbildung erinnernd, das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung sorgfältig ab, kam letztlich zum Schluss, dass es sinvoller sein würde, nur eine kurze und knappa Ansprache zu halten, welche einerseits die Zuhörer nicht ermüdete und andererseits in verdichteter Form einer bedarfsgerechten Anforderung entsprach. Bevor er die Augen schloss, richtete er wie jeden Abend ein kurzes Gebet an die Laren. In seinem Kopf floss das Erlebte der letzten Wochen zusammen: Die offene Lüsternheit der Ludi Florales, der Lärm der Baustelle, das Gedränge der Legionäre auf den Straßen, ein Griffel, wie er Buchstaben in eine Wachstafel ritzt, das charakteristische Knacken des Rechenschiebers, der Besuch in Roma, Werte, Zahlen, Rechnungen, Bestellungen der Offiziere - alles verband sich zu einem wirren Gedankenstrudel, welcher bald ins Reich der Träume mündete.

  • Am nächsten Tage reiste er zu früher Stunde ab, jedoch nicht ohne einen letzten Blick auf die anstehenden Aufgaben zu werfen, sich wohl darüber im Klaren, dass jede Unterbrechung der zeitaufwendigen Arbeit gezwungenermaßen nach verdoppelter nachträglicher und beschwerlicher Aufarbeitung verlangte. So trug ihn der Gaul zum Landhaus, wo ihn Sklaven einkleideten, er ferner etwas Geld und Wegzehrung einsteckte. Die Festtagskleidung würde er erst in der Stadtvilla zu Rom anlegen und mit der Sänfte zur octavischen Casa anreisen. Mit einem Stirnrunzeln gedachte er der bevorstehenden holprigen Fahrt mit dem Reisekarren...

  • Einige Centuriae hatten ihren Sold bereits im Laufe der vergangenen Woche erhalten, womit auch die erste Handlung des Präfekten nach dessen Rückkehr darin bestand, die erforderlichen Geldsummen hochzurechnen.


    "Heute die Secunda, morgen die Tertia.", murmelte er vor sich hin, überflog die Stärkemeldungen der betreffenden Einheiten und rechnete aus, was die teilweise stark unterschiedlich besoldeten Dienstgrade an Münzen beanspruchen durften.
    Für jede Centuria der jeweiligen Cohors hielt er demnach schriftlich einen bestimmten Betrag fest und reichte die fertige Liste seinem Privatschreiber, welcher damit zum Sacellum eilte und der gut bewachten Truppenkasse mit einigen kräftigen Helfern den wichtigen und gewichtigen Inhalt entnahm, sofern es den kleineren Kassen der Centurien an Geldmaterial ermangelte. Eben diese würden später kurioserweise besser angefüllt sein als die bald wieder leeren Geldsäckel der Legionäre, denn mancher Soldat handelte umsichtig und legte sein hart verdientes Geld in die Hände des Truppenkassenaufsehers; einige, wenn sie geschickte Spekulanten und rechnerisch begabte Geschäftsleute waren, verliehen ihren Sold an Kameraden oder Zivilisten außerhalb des Lagers zu einem nicht geringen Zinssatz - schon mancher Legionär hatte auf diese Weise bis zum Rentenalter ein hübsches Sümmchen angehäuft, welches einen durchaus gesicherten Lebensabend versprechen konnte. Die breite Masse der jungen Legionäre konnte der Versuchung dennoch nicht widerstehen und investierte entgegen einiger Vorsätze das Gehalt in fragwürdige Vergnügungen.

  • Jäh wurde die Rechenarbeit unterbrochen, als ein Bote das Arbeitszimmer des Präfekten betrat. Offenbar hatte ein hochrangiger Gefangener aus Barbarenlanden unfreiwilligerweise den Weg zum Castellum der Legio I gefunden. Sophus beschloss, dort einmal nach dem Rechten zu sehen und wurde vom Boten an den Ort des Geschehens geführt.

  • Ein Soldat der diensthabenden Cohorte klopft an und betritt das Büro.


    "Diese Nachricht wurde am Tor abgegeben", meldet er nachdem er salutiert hat und überreicht eine Wachstafel.



    Salve, Sophus!


    Ich habe deine Reaktionen verstanden, auch wenn es stets schwierig ist, sie nachzuvollziehen. Mögen dir die Götter ihren Schutz angedeihen lassen und dich auf all deinen Wegen begleiten.


    Von ganzem Herzen,
    Deandra.

  • Noch immer musste der Präfekt angesichts der Präsenz eines dacischen Gefangenen im Lager verwundert den Kopf schütteln. Eine adlige Geisel wurde unter Militärbewachung nach Rom gebracht - an sich nicht ungewöhnlich, stammte sie nicht aus einer Provinz, von der Aurelius angenommen hatte, sie sei längst befriedet, ihre einstige barbarische Bevölkerung im romanisierten Kulturkreis aufgegangen. Freilich - es mochten sich einige Gottheiten, Verwaltungsmechanismen, Rechtsvorstellungen und Gesittungen einst freier, aber wenig erhellter Stämme und Sippen hier und da mehr oder minder erfolgreich behaupten (sofern sie denn vorhanden gewesen waren), doch pragmatische Effizienz, und in diesem Punkte war sich der Lagerkommandant immer sicher gewesen, wie sie das römische Ordnungswesen vorlebte, musste ganz zwangsläufig alles hinfortspülen, was alt, verkrüppelt, nicht lebensfähig erschien. Wie sonst hätte man ein - zugegeben - überlegenes Kulturvolk wie das der Griechen dem neuen Herrn unterwerfen können? Wie sonst die wilden Belger, die unbeugsamen Aegypter, die stolzen Thraker und die kämpferischen Punier? Innere und äußere Erschütterungen hatten das wachsende Imperium bereits zur Lebzeit ältester Vorväter in beinahe zyklischer, ja ordnender Weise heimgesucht, immer mit einer gewissen reinigenden Kraft, wie sie manchen Sommergewittern zugesprochen wird. Was jedoch alleine Sophus während seiner Militärzeit hatte erleben müssen, konnte nicht mehr zum gesunden Wachsen und Mehren erweckender Tugenden beigezählt werden. Er nahm seine ampulla, goss etwas von der kühlen Posca, welche darin enthalten war, in einen recht schlichten Tonbecher und erfreute sich an der erfrischenden Wirkung des Getränks angesicht der äußeren Temperaturen, zunächst an die Aufstände in Hispania vor einigen Monaten denkend, ferner an die Spannungen an der nördlichen Grenze - die unzähligen Scharmützel und sinnlosen Vergeltungszüge der römischen Legionen. Während Sophus eine Fliege beobachtete, welche sich, angelockt von der vergorenen Flüssigkeit, surrend auf den Rand des dunkelroten Tonbechers setzte, fragte er sich nicht zum ersten Male, was sich die militärischen Führer des Reiches eigentlich davon versprechen mochten. Und dann war da noch Laeca, dessen Operationen so vielversprechend begonnen hatten, deren Anfangserfolg er aber nicht nutzen konnte. Noch immer verwunderte es den Präfekten, wie amateurhaft der nunmehr blutig gerichtete Legatus vorgegangen war - schon häufig hatte er die Truppenbewegungen in Süditalia im Geiste nachgestellt, es jedoch nie verstehen können, weshalb die Prima am Ende doch erfolgreich gewesen war.


    "Verlorene Siege, verlorene Siege...", murmelte er leise, während der Schreiber ein befremdliches Gesicht machte und den nun folgenden Soldberechnungen assistierte.

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