[Officium] Praefectus Castrorum

  • Publius hatte es sich nicht nehmen lassen ein wenig schneller zu gehen als sonst. Damit sich der Tiberier mal darauf einstellen konnte wie es ist wenn man sich bewegen musst.


    Vor dem Officium hielt er an und klopfte an die Türe. Vom Vorzimmerknaben fehlte gerade jede Spur


    POCH POCH

  • Verus war von der Wache, neugierigen und wachen Schrittes zu diesem Punkt gelangt. Sein Herz raste, seine Hände schwitzten und sein Geist suchte einen festen Punkt im Raum zu finden. Nun war es an ihm. Nur an ihm. Er wartete.

  • Wo auch immer der Schreiberling war, abgemeldet hatte er sich jedenfalls nicht. Ergo rechnete er auch nicht damit, dass es jemand anderes war und so rief er der Tür entgegen:
    "Wenn du schon rein kommst, bring die Anfragen bzgl der Straßenausbesserungen im Frühjahr gleich mit, ich hab grad Zeit und Nerven dafür!"


    Tatsächlich klang die Stimme des Präfekten - von der nötigen Lautstärke um durch die Tür zu dringen abgesehen - recht entspannt, beinahe schon amüsiert.

  • Publius öffnete die Türe und entgegnete recht geistesabwesesend, er hatte bereits die Begrüssung für den Praefecten im Kopf, Tut mir leid, Praefect aber die Anfragen hab ich auf die Schnelle nicht gefunden was ihm aber in der selben Sekunde aber einschoß dss es nicht der richtige Satz war der angebracht gewesen wäre.
    Ähh Legionarius Matinius Avianus meldet einen persönlichen Besucher für den Praefectus Castrorum. stammelte er und versteifte sich dass es schon fast weh tat.

  • "Nicht ge..." braußte Licinus auf, der größten Wert auf Ordnung in seinem Vorzimmer herrschte. Dann unterbrach er sich selbst, als er merkte, dass gar nicht der erwartete vor ihm stand.
    "Slave Matinius! Persönlicher Besuch? Wer?" Im nächsten Moment korrigierte er sich
    "Egal, kann er mir auch selbst erklären. Ich nehme an, du hast Torwache? Dann kannst du deinen Dienst wieder aufnehmen. Wir wollen ja nicht, dass du die Ablösung verpasst, nicht wahr? Wegtreten!"
    Ja, der alte Soldat schien tatsächlich gut gelaunt, dass er beinahe schon scherzhaft mit den Soldaten sprach. Dann widmete er sich wieder dem Besucher und fragte sachlich nach:
    "Nun, was kann ich für dich tun?"

  • Verus Herz rutschte ihm fast in die Sandalen als die Tür aufging und von dem jungen Legionär angemeldet wurde. Seine Chance begann. Er würde nichts vorgeben, da der Römer dessen überdrüssig war. Verus würde schlicht das darstellen, was er war. Gut, vielleicht würde er sich auch ein wenig verkaufen müssen aber lügen würde er nicht; ja, das hatte er sich vorgenommen. Noch einen inneren Blick zurück in die alte Zeit mit Calena, sein altes Landgut und das Feuer, welches ihm alles genommen hatte. Schließlich bat der ehrenhafte Präfekt den leicht emotionalen Verus recht unverblümt hinein, ohne großes Gezeter oder Standesgefloskel. Diese Art imponierte Verus. Der Präfekt Iulius war ein Macher, eine Person, die Verus gerne sein würde. "Ehm...," entfloch dem Überraschten, während er metaphorisch gesprochen, in den Raum geschoben wurde und zwar von unsichtbaren Händen. "Salve," öffnete sich Verus, trat mit seinem Reisesack zwei Schritte ein und stellte diesen in ähnlicher Macher-Art vor sich ab. "Ich bin Tiberius Verus," folgte dann. Eine Vorstellung sollte dem Wunsch wenigstens vorweg gehen. "Ich bin hier, um in die Legion einzutreten. Mir wurde gesagt, dass ich bereits von dir erwartet werde. Zumindest solltest du über mich informiert sein," erläuterte der Tiberius dann vorsichtig mit einem sanften aber dennoch gelenkten, gut verständlichen, Tonfall. Er bemühte sich um einen guten Auftritt, so denn er auch einen aufrechten Stand suchte, wie man es ihm in der Militärakademie beigebracht hatte. Dort hatte er nach Dienstschluss mit einem alten Veteranen einfache Verhaltensweisen geübt sowie einfache Gladius- und Scutum-Techniken. Verus suchte seinen eigenen Habitus an den Habitus der Soldaten anzupassen, was mitunter gelang aber hier und da sicherlich noch deutliche Fehler aufweisen würde.

  • "Tiberius Verus?", fragte Licinus im ersten Moment nach, aber dann fiel es ihm ein. "Ach ja, der Patrizier, der zur legio möchte. Setz dich."
    Bevor er allerdings zur Sache kam, hatte er da noch eine Frage, die ihn persönlich interessierte. "Irgendwie verwandt mit dem gewesenen legatus Tiberius Vitamalacus? Oder Aurelius Ursus?" dessen Frau war doch ebenfalls eine Tiberia. Vielleicht kam er auf diesem Weg an Informationen wie es seinem patronus oder der familia dessen Vorgängers ging.

  • "In der Tat," antwortete Verus und setzte sich eiligst. "Ich bin nur weit entfernt mit Tiberius Vitamalacus verwandt aber sein Name war mein Ansporn, in die Legionen einzutreten. Sein Ruf und seine Ehre motivieren mich, in seine Fußstapfen zu treten." Eine weitläufige Erklärung, die zumindest an die römische Ehre appellierte, die sein Haus wohl durch Vitamalacus erworben hatte. "Aurelius Ursus kenne ich nur den Namen." Er nickte und versuchte seinem Gegenüber höflich in die Augen zu blicken. Dann wählte er wahre Worte, um Licinus über einen traurigen Fakt aufzuklären: "Leider ist Tiberius Vitamalacus verstorben."

  • "Das ist mir durchaus bekannt", stellte Licinus klar, als der Tiberier ihn mit ruhiger Stimme über das Verscheiden seines ehemaligen patronus in Kenntnis setzte. Er erinnerte sich noch daran, als er überführt wurde, aber das war eine andere Geschichte.
    "In seine Fußstapfen treten, mmh?" fragte er und fuhr trocken fort "Ich bin mir sicher, dass du diese Worte noch verfluchen wirst. Du weißt vielleicht, dass sich der legatus ex caligae hochgedient hat. Er hat als ganz unten als tiro angefangen. Außerdem hat er einen tribunus laticlavius der kompletten Grundausbildung unterziehen lassen.
    Du aber möchtest, wenn ich recht verstanden habe, direkt in höherem Rang einsteigen. Ich frage mich, was mein patronus dazu wohl gesagt hätte."

    Licinus wusste noch nicht, wie er entscheiden würde. Gut für den Tiberier war in jedem Fall, dass er sich nicht daran erinnerte, dass Vitamalacus mal vor der gleichen Frage stand. Und dem betreffenden Verwandten den schlimmsten Schinder von Ausbilder zugeteilt hatte, den er finden konnte.
    "Da er aber nun mal nicht mehr unter uns weilt, werden wir das nie erfahren, nicht wahr? Also, du sollst eine Chance bekommen, mich zu überzeugen. Aber erstmal gibt es noch ein paar Fragen zu klären: Ich gehe von einem bisher untadeligen Lebenslauf aus, dass du weder krank, noch gebrechlich bist, dass du nicht verheiratet bist?"


    "Ich gehe weiter davon aus, dass du lesen und schreiben kannst, aber keinen Beruf erlernt hast, korrekt?"


    Nachdem somit die preliminarien geklärt waren, und der Beweber zumindest zu legionär geeignet war, kamen sie nun zu den kritischen Fragen:
    "Und was qualifiziert dich darüber hinaus zu einem höheren Rang? Warum sollte ich dir meine Männer anvertrauen? Überzeuge mich!"

  • Verdammt. Verus atmete tief aus. Mit dieser Aussage hatte er ein wenig daneben gegriffen. Warum musste er den Tod von Vitamalacus erwähnen? Aber gut, gesagt, war gesagt. Nun hieß es, fokussiert zu bleiben, immer auf das Ziel blicken und nicht nervös werden, obwohl sein Geist innerlich bereits unruhig war. Erste körperliche Symptome zeigten sich: seine Hände schwitzten ein wenig.


    Der junge Mann aus dem tiberischen Hause wusste um den Fakt, dass der alte Vitamalacus ein harter Hund war und seit jeher mehr Soldat als Patrizier war. So nickte der - hoffentlich - angehende Soldat eifrig auf die Ausführungen des Präfekten. In diesem Sinne beließ er die Worte zu Tiberius Vitamalacus des ebenso soldatischen Mannes mit einem verständnisvollen Blick, hier und da mit einem Nicken. Der Fakt, dass sein Gens-Mitglied einen Stabsoffizier durch die Grundausbildung scheuchte, bewunderte er aber machte seinen Wunsch als Offizier einzusteigen reichlich lächerlich. Vielleicht war der Ausspruch, in seine Abdrücke zu treten, doch ein wenig hochgegriffen. Dennoch Vitamalacus war das Vorbild für jedweden Tiberius, der Soldat werden wollte. Der Iulier kam zu den entscheidenen Fragen.


    "Ich habe kein Verbrechen begangen und einen guten Leumund," antwortete Verus sachlich. "Ich bin nicht krank und nicht gebrechlich, in bester römischer Gesundheit." Dann kam die Frage nach der Ehe. Sollte er Calena erwähnen? Gut, er hatte sich geschieden aber er liebte sie noch immer und gedachte sie so schnell, wie möglich, erneut zu ehelichen aber in diesem Moment war der Patrizier ehelos. Der Gedanke an seine Calena ließ seine Augen kurz auffunkeln. Immerhin machte er sich Sorgen um sie. Er riskierte ihre Liebe für den Dienst unter den Adlern. Doch der Präfekt erwartete eine Antwort und so musste er seine Traumbilder von Calena unterbrechen: "Ich bin nicht mehr verheiratet." Ups, da war das Wort "mehr" hineingerutscht, da sein Herz wohl irgendwie Calena in seinen Verstand prügeln wollte und so trat sie indirekt auf. Hoffentlich würde der Iulier dies überhören und ihn nicht darauf ansprechen.
    Schnell ging Verus zu den nächsten Fragen über. "Ich bin durch Hauslehrer gebildet. Ich kann lesen, schreiben sowie rechnen. Ich beherrsche sogar bodenständig Koine." Gab er an? Nein, das lag dem Römer fern aber er wollte dem Präfekten, seinem Vorgesetzten, klarmachen, dass er eine gute Investition war. "Ich habe bisher keinen wirklichen Beruf erlernt. Es sei denn, du würdest das Dasein als Patrizier als Beruf bezeichnen, Praefectus." Wieder nickte Verus. Geschafft. Diese Themen waren erledigt. So denn nun der wichtige Teil kam.


    Verus sortierte seinen Geist, ließ die Fragen auf sich wirken und holte Luft. Dann antwortete er, möglichst in einem sachlichen - fast monotonen - Tonfall:


    "Ich habe das Examen Primum an der Akademie abgeschlossen, was sicherlich nicht unbedingt ein herausragendes Element ist aber es zeugt davon, dass ich mich vorbereitet habe. Darüber hinaus habe ich mit einem Veteranen geübt und gearbeitet, um grundlegende Kampftechniken zu erlernen, wie auch Feldbefehle. Ich bin noch nicht perfekt und mir fehlt die langjährige Erfahrung eines Milites ex caligae aber ich bin lernwillig, bereit und würde mich auch einem harten Sonderdrill unterziehen lassen. Ich werde mich selbst nicht besser als meine Männer stellen." Eine kurze Gedankenpause war nötig, um eine entscheidende Sache mit sich selbst zu klären. Sollte er den Präfekten über seine Vergangenheit aufklären und warum gerade er dienen wollte? Wäre dies nicht zu direkt und würde weinerlich wirken? Nein, es könnte ihm vielleicht das nötige Gewürz verleihen, dass seine Person dem Präfekten als Centurio schmeckte. "In der Zeit des Salinators fiel mein Landgut in Achaia Plünderungen durch die seinen Handlanger zum Opfer. Sie brannten es nieder und ich musste mich sowie meinen Besitz verteidigen." Calena - seine damalige und bald wieder Frau - ließ er außen vor. "Ich tötete zwei Plünderer in Notwehr, indem ich sie die Treppe in einem wüsten Gerangel hinunterstieß. Jedoch verlor ich alles, da mein Anwesen abbrannte. Ich floh und fand mich in Rom wieder. Ich bin also insbesondere bereit für diesen Augustus und Imperator zu kämpfen, da ich durch Salinator fast alles verloren habe. Doch dieser falsche Imperator ist ja nun zum Glück tot und es brechen besseren Zeiten an. Ich denke, dass Mars mir beigestanden hat, mich kämpfen ließ, um hier zu sein."


    Es war geschafft. Würde es reichen? Verus hoffte es inständig, da er jetzt bereits so nervös war, dass er befürchtete Fülllaute, wie Ehm und Äh in seine Sätze einzubauen, was seinen Eindruck schmälern könnte. Doch der Römer besann sich. Er musste noch etwas sagen, um den höheren Rang zu rechtfertigen. "Ich bin bereit zu führen und gleichzeitig mit den Männern zu wachsen. Ich möchte nicht nur eine Erfahrung sammeln. Ich möchte wirklich hier sein und die Verantwortung tragen, damit sich ein Salinator nicht wiederholt. Zumal ich durch die Ausbildung an der Akademie und durch den Veteranen sicherlich ein Fundament habe, auf das man einen Offizier aufbauen kann."

  • Die ersten Punkte nickte Licinus ab, er hatte ja schon gesagt, dass er nichts anderes erwartet hatte. Das hier aber Punkte überhört wurden, sich diese Hoffnung zu machen war schon reichlich naiv. Und so konnte der TIberier wohl nicht umhin eine nach oben wandernde Augenbraue zu bemerken, als Licinus aufhorchte und mit aufmerksamer Stimme bemerkte: "Mehr?"


    Patrizier als Beruf ansehen? "Wohl kaum", blieb Licinus da nur zu sagen. "Also eine solide Grundbildung", stellte er weiter fest, stillschweigend voraussetzend, dass in einem patrizischen Haushalt auch die mores maiorum und ein Mindestmaß an Religion gelehrt wurden.


    Überhaupt traf der sachliche Tonfall ziemlich gut Licinus Geschmack, der allzu viel Pathos nur wenig abgewinnen konnte. Außer in Zeremonien, aber so gab es eben eine Zeit und einen Ort für alles. Und sein officium war ein Ort der Sachlichkeit. Vielleicht der größte Ort der Sachlichkeit innerhalb einer legio. Ein Lager konnte man nicht mit Geschwätz verwalten. Ebenso ruhig hörte sich Licinus nun die militärspezifische Vorbereitung des Mannes an und man konnte nicht sagen, dass er es hatte schleifen lassen. Das Examen war schließlich nur für angehende Stabsoffiziere von Nöten. Auch wenn es natürlich noch nicht die Herausforderung war, war es für Zivilisten doch nicht gerade erschwinglich, wenn er sich recht erinnerte. "Du scheinst dich sorgfältig vorbereitet zu haben. Hast du eine Bescheinigung über das Examen für die Akten bei dir?"
    "Über die Gestaltung des Sonderdrills muss ich mir allerdings noch Gedanken machen. Kommt schließlich nicht jeden Tag vor, dass jemand die unteren Ränge überspringen möchte."
    Das hieß natürlich wollen taten das vermutlich einige. Nur bekamen die meisten keien Chance dazu.


    Nun kam es, mit einer leichten Änderung der Sprechweise, zu den wirklichen Überraschungen, was Licinus auch nicht verbergen konnte. "Du hast zwei Männer in Notwehr getötet?" fragte er nach und hätte beinahe in Soldatenmanier durch die Zähne gepfiffen. Ohne jede soldatische Ausbildung war das durchaus keine kleine Leistung. "Ja, ich denke, du standest in diesem Moment unter seinem Schutz. Wozu wird man sehen. Das löst aber schon mal ein Problem. Ich kann keinen Offizier brauchen, der zusammenbricht, wenn er das erste Mal Blut sieht. Das ist ungünstigerweise meist nämlich mitten in einer verdammten Schlacht!"
    Aber er wollte keinesfalls an offenen Runden rühren und hakte somit das Thema mit einigen Allgemeinen Worten ab.
    "Und das du aus diesen Gründen besonders für die Aufrechterhaltung der Ordnung eintreten möchtest ehrt dich durchaus. Wobei nur Erfahrung sammeln auch schwierig werden würde. Wenn du dich verpflichtest, gelten die vollen zwanzig Jahre. Bist du dir dessen bewusst?" Und Licinus würde bei dem vereinfachten Einstieg auch durchaus auf einer Einhaltung der Dienstzeit bestehen.

  • Sim-Off:

    Sorry übersehen


    "Nun, vermutlich bin ich irgendetwas dazwischen", stellte Licinus klar, der selbst nicht so genau wusste, wie genau er die Situation richtig beschreiben sollte.
    "Zum einen bin ich dein Vorgesetzter, das heißt die üblichen Zuchtmittel wie Rationenkürzung, Nachtwache oder gar vitis fallen selbstverständlich raus. Auch übermäßiges Zusammenstauchen könnte Gegenreaktionen provozieren. Zum anderen habe ich aber keine Ahnung und werde dir vermutlich den letzten Nerv rauben." an dieser Stelle erlaubte sich Licinus ein seltenes, selbstironisches Grinßen.
    "Also werde ich damit Leben müssen, dass du mich kritisierst. Und auch das ein oder andere anblaffen werde ich wohl aushalten müssen, solange es sich aber im Rahmen hält und nicht zu laut oder vor angetretener Truppe stattfindet, werden wir miteinander klar kommen."
    Damit hatte er dann seinen Rahmen abgesteckt, in dem ein sinnvolles Training wohl möglich war.
    "Ich komme auf ein Pferd rauf und wieder runter, wenn es stillhält. Und ich kann mich in langsamen Tempo oben halten. Was ich nicht kann ist alles, was mit dem Wörtchen schnell zu tun hat. Und ich habe keine Ahnung, was ich tun muss, wenn mich so ein Mistvieh tatsächlich mal abwirft."

  • "Ich habe mich von meiner Frau geschieden," erklärte der Patrizier erneut sachlich. "Eine lange Geschichte aber sicherlich nicht mehr von Belang, da ich im Sinne des Gesetzes ehelos bin. Ich habe sogar keine Kinder, die mich betrauern könnten." In diesem Sinne war er kriegsbereit, da er nichts zurückließ, was er vermissen konnte. Gut, doch seine Calena vermisste er aber dies musste Licinus noch nicht wissen.


    Auf die Reaktion des Präfekten zu seiner Bildung und seinem Beruf, antwortete er mit einem lautlosen Nicken und einem gehauchten: "Ja." Dieses trat ebenso schnell aus dem Raum, wie es gesprochen war. Es ging ja nur um eine schlichte Bestätigung, dass der Soldat vor ihm alles richtig erfasst hatte. Sachlichkeit in Perfektion zeichnete in aller ihrer Kälte und Norm diese Antwortmomente aus.


    Verus zog seinen Beutel zu sich, griff hinein und zog das zusammengerollte Dokument heraus, um es dem Iulier zu reichen. Dabei kam sein Gladius in der goldbeschlagenen Scheide zum Vorschein, so dass es der Präfekt erkennen konnte. Ja, Verus war bereits bewaffnet. Scheinbar hatten die Wachen am Tor geschludert, da er mit einer echten Waffe hindurchgelassen wurde.


    "Hier," sagte der römische Patrizier sorgsam. Die Form war somit eingehalten. Der sachliche Teil des Gespräches neigte sich dem Ende zu. Die Ausführung zum Sonderdrill beließ der angehende Soldat wortlos mit einem aufgeschloßenem Blick, wie auch die Aussage zu seinem Wunsch, direkt als Offizier einzusteigen. Der Tiberius würde das tun, was nötig war, um seinen Posten zu verdienen.


    "Ja, das habe ich leider," kommentierte Verus die Reaktion des Präfekten auf seine Notwehrhandlung. Immerhin wollte der Patrizier nicht als Mörder oder gar Gewalttäter erscheinen. Immerhin nahm dieser Präfekt vor ihm seine Handlung positiv auf, wie sein Rückbezug auf Mars signalisierte. Licinus erkannte auch die Protektion des Mars in diesem Falle. Es gab schließlich auch Menschen, die Gewalt gänzlich verurteilten aber diese Geisteshaltung war bei Soldaten zu einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschloßen. Gewalt war ihr Geschäft und - so sagte der Iulier schließlich, dass es ihm sogar auf eine gewisse Art gefiel, indem dieser ein Fakt Problem lösen würde. Verus konnte "töten" und somit Blut sehen. Das Trauma, was diese Gewalt bei ihm ausgelöst hatte, konnte der Präfekt nicht sehen, da dieses nur in den Gedanken von Tiberius Verus bestand und ihn gelegentlich aufwühlte, gar zerstörte. Zum Glück war Verus heute an diesem Tage stabil und nicht labil, wie an einem schlechten Tag.


    Dass ihn diese Gesinnung ehrte, wie der Iulius formulierte, erfreute Verus innerlich, da er so zumindest Akzeptanz gefunden hatte.


    "Ich akzeptiere die üblichen Bedinungen, wie die volle Dienstzeit, Gehorsam und Gefahren, die dieser Dienst an Rom mit sich bringt," erklärte der Aspirant ehrlich aber leicht trocken, da seine Stimme inzwischen leicht kratzte. Es gab keinen Weg zurück. Dieser Tiberius würde dienen, wenn auch leidlich und eher seelisch zerstört.

  • Fragte sich, warum Dives das nicht gleich erwähnt hatte. Dem Schlingel würde er wohl noch mal auf die Finger klopfen müssen.
    "Lass mich kurz mal..."
    Umständlich fischte Licinus im Regal hinter ihm nach einem Codex militaris und flog über die Stelle hinweg. Dann klappte er die Deckel wieder zu und stellte fest.
    "Ja, das sollte in der Tat kein Problem sein. Hier steht unverheiratet und das bist du momentan ja wohl."


    Die Schriftrolle wurde ebenfalls überflogen und dann auf dem Schreibtisch abgelegt. "Mein Sekretär wird hiervon eine Kopie machen, das Original erhältst du dann morgen zurück.", erklärte er dann, schließlich handelte es sich hierbei um ein durchaus wertvolles Dokument für die einzelne Person.


    Offensichtlich hatte der Mann keine Freude daran an seine beiden Tötungen zurück zu denken. Aber das Töten sollte ja auch keinen Spaß machen. Nur akzeptieren sollte man es können. Jene die gerne töteten waren als Offiziere ebenso unbrauchbar wie jene, die Angst davor hatten, fand Licinus, denn sie gingen zu große Risiken ein. Aber das hier war kein Plausch über die richtige Führung und richtiges Verhalten also kommentierte er seine Meinung auch nicht weiter.


    "Nun, das klingt alles nicht schlecht. Theoretisch hast du mich ganz gut überzeugt. Zum praktischen Teil kommen wir gleich. Wir werden einen kleinen Übungskampf abhalten. Wir versuchen uns mit Übungswaffen zu treffen. Wenn es dir gelingt mich dreimal zu treffen bevor die Zeit um ist, kannst du in höherem Rang beitreten. Je weniger ich dich in der Zeit treffe, desto besser für dich."
    Was die Zeit dabei war, verschwieg Licinus dabei bewusst und unterwarf es somit seiner eigenen Willkür. Ein weiterer Test sozusagen.
    "Allerdings gibt es noch einen Haken, den ich nicht verschweigen möchte. Das centurionat ist im Moment vollständig besetzt. Ich kann dich nicht als centurio rekrutieren."
    Ein Umstand, der Licinus in dieser Situation gar nicht so ungelegen kam. So hatte er nämlich etwas länger Zeit für die Prüfung des Aspiranten.
    "Das einzige, was ich dir anbieten kann ist die Position eines optios ad spem ordinis und, sofern du dich dort bewährst, eine der centurionenstellen, die im kommenden Frühjahr frei werden. Ist das für dich akzeptabel?"
    Eine Zwickmühle, wenn auch eine offensichtliche, gab es doch nur eine richtige Antwort auf die Frage.

  • Als der Präfekt den Codex herausnahm, diesen schnell überflog, stockte Verus kurz. Dieser Mann war wirklich sehr genau, was Rechtliches anging. Ein typischer Technokrat, so erschien er dem Tiberius. Zumindest schloss das Willkür vorerst aus. Schließlich entpuppte sich die Tatsache, dass er mal verheiratet war, nicht als Problem, wie Verus bereits angenommen hatte.


    "Ich bedanke mich," sagte der Hoffungsvolle, während der Offizier die Schriftrolle ablegte und ihm mitteilte, dass er das Dokument morgen zurückerhalten würde. Eine kleine Tatsache, die Verus sehr beruhigte. Diese Schriftrolle hatte ihn viel Schweiß und Kraft gekostet. Ihr Besitz bedeutete ihm viel.


    Aulus Tiberius Verus würde sicherlich kein Berserker in den Reihen sub Aquila werden, so viel war in diesem Moment schon sicher. Er hasste das Töten sogar aber hatte seine leidige Notwendigkeit damals erkennen müssen, insofern würde der römische Mann es wieder tun können, sofern es einen Sinn sowie Zweck hatte. Mit jedem Schlag und Stich würde er im Laufe seiner Karriere abstumpfen, bis der Akt als solcher nur für schlaflose Nächten sorgen würde. Seine Seele war auf dem Weg eine Wüste mit geringem Wasser zu werden.


    Es war geschafft. Der Präfekt schien soweit zufrieden. Verus konnte aufatmen und tat dies auch in der Realität, indem sich seine Lunge hob, Luft hineinließ sowie hinausstieß.


    "Ein Übungskampf?" Der Patrizier war überrascht, sogar so, dass sich seine Augen weiteten. Schnell suchte er seine Beherrschung zu finden. "Gerne," sagte er sofort im Anschluss, um seine Nervösität diesbezüglich zu verbergen. Seine Vorbereitung war zwar gut aber ein Kampf gegen einen echten Soldaten war auch für ihn Herausforderung. Der Veteran hatte ihn nur peripher geschult, quasi in einem "Crash-Kurs".


    "Das kann ich akzeptieren," antwortete Verus nüchtern, mit einem Gedanken an seine Verpflichtung sich selbst gegenüber. Das Militär war seine letzte Chance auf Ehre sowie Auskommen. Er würde jetzt nicht kneifen, auch wenn dies bedeutete noch ein wenig auf seinen Offiziersposten zu warten. Dennoch - man konnte zufrieden sein. Die harte Grundausbildung blieb ihm erspart und so konnte er zumindest Erfahrungen als Unteroffizier sammeln. Dies war sogar besser, wann man eine wirkliche Karriere anstrebte. Schließlich wollte der Patrizier nicht wegen seines Standes belächelt werden und wirkliche Arbeit leisten. Eben, wie Vitamalacus damals. Der Name seines Hauses, als auch sein Gesicht, standen auf dem Spiel. Verus konnte nicht zögern und bekräftigte, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl im Magen, seine Aussage: "Ich bin bereit dazu."


    Hoffentlich wäre der Übungskampf nicht derartig hart. Dieser Gedanke trieb ihn gerade um, während er den Präfekten Iulius anblickte. Dieser Mann war schon ein Kämpfer, das sah man. Verus schluckte, da nun alles von seinem Abschneiden abhing. In seiner Nervösität hatte er vergessen, nach dem Zeitlimit zu fragen und schaute seinem Schicksal - in Form von Licinus - ins Auge.

  • Der decurio nickte nur. Im Grunde genommen war es ihm egal, denn auf der einen Seite hatte er sich freiwillig angeboten, auf der anderen Seite blieb ein Vorgesetzter ein Vorgesetzter, und so wollte er es auch halten.


    "Noch eines: Ich bin der Meinung, daß wir deine, nennen wir es Fortbildung, nicht, wie du vorgeschlagen, nach Dienstschluß machst, denn da sind aller Wahrscheinlichkeit nach zu viele milites sämtlicher Dienstgrade unterwegs, sondern daß wir uns eine Zeit aussuchen, in der du vor unerwünschten Blicken geschützt bist."


    Ein Grinsen unterdrückend meinte er...


    "Und übrigens, sollte dich dein Pferd tatsächlich einmal abwerfen, dann besagt eine alte Reiterweisheit: Das Glück aller Pferde ist sein Reiter auf der Erde."


    ... und fügte hinzu


    "Verzeih`, praefectus, wir Reiter sind zwar meistens bei unseren Tieren, nehmen aber nicht alles so tierisch ernst."

  • "Keine Ursache! Wichtiger ist, dass du dich beweist", bzw. mir beweist,d ass ich gerade keinen Fehler mache, fügte Licinus in Gedanken hinzu. Denn eines stand fest. Sollte dies hier ein Fehler sein, dann würde er nicht der einzige sein, der darunter zu leiden hatte.


    "Natürlich", entgegnete Licinus dem offensichtlich überraschten Patrizier. "Bevor ich eine Entscheidung, will ich mich selbst überzeugen, dass dein Ausbilder auch kompetent war!" Mit diesen Worten erhob er sich und rief ins Vorzimmer:
    "Scriptoris!" und schon wenige Augenblicke später wieselte der Schreiberling in sein officium.
    "Eine Rüstung und einen Helm für meinen Gast hier, dazu noch zwei Übungsschilde und zwei Übungsgladii. In den Hof der principia. Sofort! Abi!"
    Mit einem Nicken mahte sich der Sekretär auf, das gewünschte zu besorgen, während Licinus darüber nachdachte, wann er wohl das letzte mal mit dem beschwerten Übungsgerätschaften gearbeitet hatte. Es durfte sicherlich eine ganze Weile her sein, denn er konnte sich nicht mehr daran erinnern.


    Als der Tiberier dann akzeptierte, dass eine Einstellung als centurio schon aus technsichen Begebenheiten nicht drin war, war alles klar und er wieß ihn nur noch an ihm zu folgen, dann trat er durch die Tür, die Treppe herab und stand schon bald im Hof der principia.

  • Beweisen? Verus hatte nichts mehr zu verlieren. In diesem Sinne war er bereit, sich zu beweisen, auch wenn dies sein Leben kosten würde. So erhob sich der Patrizier langsam, jeder Bewegung bewusst, die ab er jetzt tun würde. Der junge Römer folgte dem Präfekten.

  • "Genau deshalb nach Dienstschluss," entgegnete Licinus entschieden.
    "Wer läuft da schon freiwillig auf dem Platz rum!"
    Schließlich war ja tagsüber Pflichtdienst für alle und Nachts wollte er nun wirklich nicht üben. Und die meisten Soldaten hatten in ihrer spärlich bemessenen Freizeit sicher besseres zu tun, als auf gut Glück auf dem Platz herumzulungern.
    Und falls doch, nun, dann würde er im Zweifel eben die Rangkarte ausspielen. Hatte ja doch Vorteile der stellvertretende Kommandeur hier zu sein.


    Die Witzeleien fand Licinus dagegen kein bisschen amüsant - sie hingen schließlich mit Pferden zusammen - weshalb sie auch nur durch eine hochgezogene Augenbraue kommentiert wurden. Und nicht ernst genommen zu werden behakte ihm insbesondere nicht.
    "Wenn du keine weiteren Fragen hast, bist du dann jetzt entlassen!"

  • Er hatte begriffen.
    Der decurio sah den Vorgesetzten mit versteinerter Miene an. Im Grunde genommen hatte er damit gerechnet, daß seine Reiterweisheit die kommende Ausbildung ein wenig auflockern würde.


    "Keine weiteren Fragen, decurio Decimus meldet sich ab, praefectus."


    Er wandte sich um und verließ das officium praefecti.


    Das war`s!

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