Tirocinium Medicinae des Cursus Medicinae II.

  • Er blickte auf.


    Danke, Matinius. Ja, oft habe ich dem Medicus in meiner Legio des öfteren nach einer Schlacht über die Schultern geschaut und ihm geholfen. Aber wir sind ja alle zum Üben hier.
    Wieder ritzte er einen Schnitt in das Stück Fleisch.


    Eckelt dich die Arbeit nicht?

  • "Ja, bis eben glaubte ich, mir könne das alles nichts anhaben; das Fleisch, das Blut, der Gestank; aber jetzt...", erwiderte ich und nahm mir ein Vorbild an seiner forschen Art, das Fleisch zu ritzen...


    - Schnitt -


    "...diese Widerspenstige Haut und dieses Geräusch beim Durchstoßen mit der Nadel... aber es geht schon wieder...", log ich etwas


    Ich nahm erneut den Katzendarm, fädelte ihn ein und Durchstieß die Haut, bis ins Fleisch hinab. Dann duirch die Wunde, abermals ins Fleisch der anderen Seite und wieder hoch, durchs Fett und abermals durch die Haut.
    Dann machte ich einen doppelten Knoten, wie ihn Caius Iulius Seneca machte, und schnitt den Darm.


    Mit acht Stichen war die Wunde geschlossen. Allerdings sah das nicht sehr appetitlich aus. Ich hatte sie Wundränder nicht richtig bearbeitet.
    So trennte ich alles wieder auf, nahm das Skalpell und schnitt etwas Haut und Fettgewebe heraus und begann von neuem.


    "Ich hoffe nur, Tribun, dass wir auch diese Arbeit nicht allzuoft machen müssen, sonst werde ich zumindest bald kein Saftige Fleisch mehr essen mögen...", versuchte ich dieses blutige Geschäft etwas aufzulockern. Und machte ich einen neuen


    - Schnitt -


    (...)

  • Valeria hatte Apollonius aufmerksam zugesehen. Das Pergament hatte sich inzwischen beiseite gelegt, denn hier war praktisches Lernen angesagt, nicht theoretisches, Die Decima beobachtete jeden seiner Schritte genau, prägte sich seine Worte ein und versuchte gleichzeitig, den wenigen Ekel niederzukämpfen, den sie verspürte. Das Geräusch der Messer und Nadeln war es nicht allein, das ihr Übelkeit bereitete, nein, vielmehr war es die Vorstellung davon, dass das Schwein bereits tot und längst nicht mehr in einem Stück war, das ihr schlecht werden ließ. Doch sie nahm sich tapfer zusammen (schließlich war Maximian auch im Raum - und vor ihm wollte sie nicht als kleines, verängstigtes Kind dastehen) und nahm ihr Schweinestück von Sica mit einem dankenden Kopfnicken entgegen. Sie besetzte den Tisch ganz am anderen Ende des Raumes und widmete sich nun ganz dem Fleisch, Zuerst nahm sie es genau unter die Luoe, ehe sie mit dem Skalpell einen tiefen Einschnitt machte. Es blutete kaum; lediglich wenige Tropfen rannen aus der Furche. Ehe sie die Wundränder abschnitt und so einen sauberen Nahtrand zu bekommen, betrachtete sie den Schnitt erneut. So konnte sie feststellen, an welchen Ecken sie schneiden musste und an welchen es nicht nötig war. Anschließend fädelte sie den Katzendarm auf, was sich als das bisher schwierigste Unterfangen herausstellte. Angespannt und angestrengt die Zungenspitze leicht aus dem Mund geschoben, schaffte es Valeria schließlich doch, den Faden durch das Nadelöhr zu ziehen. Sie wollte beide Arten des Nähens probieren, von der Apollonius gesprochen hatte, also begann sie zunächst mit der leichteren, bei der man von außen nähte. Da Frauen das Nähen wohl eher im Blut zu liegen schien als Männern, fiel ihr dies recht leicht. Sie tat alles so, wie Apollonius es gezeigt hatte. Nach zwölf zierlichen, straffen Stichen war die Wunde fertig genäht und Valeriaa recht zufrieden. Sie drehte das Fleischstück und wiederholte das Einschneiden auf der anderen Seite des rosa Stückes, um nun die andere Methode zu üben. Diese stellte sich als um einiges schwieriger heraus. Man benötigte viel mehr Fingerspitzengefühl als bei der ersten Möglichkeit, Wunden zu nähen. Angestrengt und sich immer wieder mit dem Oberarm die Haare aus der Sicht wischend, nähe Valeria die zweite Wunde auf die schwerere Art. Am Ende sah sie ziemlich kritisch auf das heraub, was sie da fabriziert hatte: nicht schön aber selten, dachte sie sich seufzend und entschloss sich kurzerhand, an einer dritten Wunde die zweite Methode noch einmal zu üben.
    Währenddessen geriet um sie herum alles in Vergessenheit.

  • Apollonius ging langsam zwischen den Tischen der Schüler hin und her und musterte ihre Bemühungen, Erfolge und Fehlversuche. Er blieb einige Momente hinter Sica stehen und nickt zufrieden. Nachdenklichen Blickes musterte er ihn, dann ging er weiter. Bei Ciceros Frage blieb er stehen und nickte leicht. "Natürlich wäre es geschickt, wenn wir auch das Fettgewebe darunter fixieren könnten. Aber nachdem die Haut zusammen gewachsen ist, würden wir die Fäden nicht mehr heraus bekommen. Und wer will schon ein Stück Katzendarm in sich behalten?" Er lächelte leicht, was nicht leicht zu bemerken war. Sein Bart verdeckte einfach zu viele seiner spärlichen Gefühlsregungen.


    Sim-Off:

    Da stellst Du mal ne gute Frage. Ich persönlich denke auch nicht, dass es in der Antike gemacht wurde, da die Fäden sich nicht im Körper auflösen, wie es heute der Fall ist. Sprich, es würde zu einer Abstossungsreaktion kommen.


    Er nickte zufrieden als er die wachsenden Erfolge sah. Bei jedem der Schüler, Valeria, Cicero, Seneca und Maximian blieb er ebenfalls stehen und beobachtete sie eine Weile oder korregierte mal ihre Handbewegung mit einigen wenigen Worten. Immer wieder ließ er seine Schüler aus der Schola und von außerhalb üben und an ihrem Hautstück nähen bis er einigermaßen zufrieden schien. Als die Sonne schon tiefer gewandert war, nickte er vollends zufrieden. "Sehr gut! Ich denke, wir machen für heute Schluss. Morgen in der Frühe geht es dann mit den Verbänden weiter. Wer weiß, vielleicht finde ich für Euch noch das ein oder andere Anschauungsobjekt!"

  • Es war endlich mal wieder ein schöner Wintermorgen als der praktische Unterricht in der Schola seine Fortsetzung nahm. Das Schwein war entsorgt worden, wohl die leidige Aufgabe des armen Sica wieder mal. Wieder sollten alle, die noch nicht zu ihren Truppen oder sonstigen Verpflichtungen zurück mussten, sich in der Halle versammeln, deren Boden sorgfältig von den Blutspuren des Nahtkurses gereinigt wurde.


    So kam auch Apollonius herein. Dieses Mal nicht der Erste, sondern schon recht spät. Freundlich grüßte er die schon Anwesenden und seinen Schritt folgten zwei Männer aus der Gladiatorenschule. Zum einen sein Gehilfe fürs Grobe und zum Anderen offentsichtlich ein Gladiator, der eine Schlinge um seinen Arm trug und sich um eine stoisch gelassene Miene bemühte, obwohl er immer mal wieder vor Schmerz sein Gesicht verzog.


    "Guten Morgen, meine Schüler!" begrüßte Apollonius die schon Anwesenden enthusiastisch. Er schien recht gut gelaunt zu sein und er wies mit einem leichten Kopfnicken auf den Gladiator. "Eine glückliche Fügung für den Kurs, für die Gladiatorenschule eher ärgerlich. Dieser Gladiator hat sich heute früh den Arm gebrochen. So werde ich Euch heute zeigen können, wie man einen gebrochenen Arm am Besten wieder richten und behandeln kann." Er blickte zu dem Gladiator. "Setz Dich auf den Tisch dort!"


    Dann wandte er sich wieder an Alle. "Warten wir noch auf die Nachzügler!" So gesprochen, so getan. Apollonius suchte derweil einige Verbände und einige Materialien zusammen, die er für die Behandlung des Gladiators brauchte.


    Nach einigen weiteren Momenten sah er sich um und nickte zufrieden. "Alle da? Gut, dann beginnen wir!" Er richtete sich in seiner Pose auf, die er oft einnahm, wenn er zu einem längeren Vortrag ansetzte. "Heute werden wir das Behandeln von Frakturen durchnehmen. Dazu will ich noch einige Vorworte sagen. Es gibt diverse Arten von Brüchen. Zum einen gibt es Brüche, wo der Knochen nicht ganz entzweit ist. Obwohl der Patient dabei unter ähnlichen Symptomen und Beschwerden leidet, ist dies ein Bruch, der nicht so schlimm ist und auch oft leicht wieder heilt. Dann gibt es die Brüche, die schwerwiegenderer Natur sind. Die Brüche, wo der Knochen in viele Splitter aufgeteilt ist. Solche Brüche sind mit beträchtlichem Aufwand zu behandeln, erfordern manchmal einen chirurgischen Eingriff und kann in vielen Fällen auch mit der Amputation enden." Er nickte und zeigte mit einer Hand zu der großen Knochensäge und verschiedensten Amputationsbestecken, die auf einem anderen Tisch sorgfältig aufgereiht waren.


    "Zwischen diesen beiden Extremen, liegt noch der gemeine Bruch, wie sie der Laie kennt. Knochen durch und somit gebrochen!" fügte er leicht lächelnd an. "Aber auch hier gibt es noch zwei wichtige Unterscheidungen. Zum einen gibt es den geschlossenen und den offenen Bruch. Der offene Bruch unterscheidet sich vom Ersteren dadurch, dass der Knochen sich durch das Muskelfleisch, das Gewebe und die Haut durchgebohrt hat und von außen gut zu erkennen ist."


    Er fuhr sich kurz über den Bart und fuhr ruhiger Stimme fort. "Der andere Bruch ist nicht immer leicht zu identifizieren. Es gibt verschiedene Symptome, die bei einem Bruch auftauchen. Zum einen natürlich die Verfärbung der Haut, die Rot- bis Blaufärbung, das Anschwellen der betroffenen Körperregion und dann der Schmerz, der sich damit einstellt. Dies sind jedoch alles sehr diffuse Symptome, die noch lange einem Medicus nicht verraten, ob der Knochen auch wirklich gebrochen ist, da diese Beschwerden auch bei einfacheren Verletzungen auftreten. Wichtige Hinweise auf einen tatsächlichen Bruch, der geschlossenen Natur, geben zwei Anhaltspunkte. Zum Einen ein unntatürlicher Winkel des Knochens, wenn zum Beispiel der Beinknochen nicht mehr gerade ist. Dann kann man einen solchen Bruch ertasten, was natürlich für den Patienten sehr schmerzhaft ist. Der Knochen kann sich bei genauerer Betastung wie ein Absatz oder Stufe anfühlen und es sind auch Knochenreibungen unter den Fingern zu spüren oder zu hören! Kommt mal näher an unseren Patienten!"


    Er winkte seine Schüler näher heran. "Wer will es mal wagen, den Gladiator zu untersuchen?" fragte er in die Runde.

  • Raeticus hatte die Übung von Gestern geschwätzt und musste sie nachholen. Er nahm das Stück Schweinefleisch und schnitt mit dem Skalpell eine tiefe Wunde, säuberte sie, indem er ein wenig Haut sorgfältig wegschnitt, nahm das Essigwasser und warf davon eine ganze Menge auf die offene Wunde. Er nahm den Faden aus Katzendarm und fädelte ihn auf, dies dauerte ein wenig und versuchte dann die Wunde in der ersten Technik zuzunähen. Raeticus schien darin nicht gerade geübt zu sein, doch letztendlich schaffte er es, verknotete den Faden mit einen Doppelknoten und schnitt ihn dann mit dem Skalpell ab. Dann nahm er das Stück Leinen und säuberte vorsichtig die verschlossene Wunde.

  • Valeria war wieder eine der ersten gewesen, denn sie hatte es nicht weit bis zur Schola. Sie hatte Apollonius interessiert zugehört und wartete nun etwas nervös darauf, dass sich jemand freiwillig meldete, um den armen Gladiator zu untersuchen, der dort wehmütig auf dem Tisch saß. Als sich nach einem ziemlich langen Schweigen niemand gemeldet hatte, sagte sie:


    "Ich würde er gern versuchen, wenn kein anderer möchte...."


    Sie trat nach vorn, nachdem sie Apollonius angesehen hatte, und ging auf den Mann zu. Sie lächelte ihn an.


    "Salve, ich bin Decima Valeria... Wenn ich dir weh tu, sag es bitte. Es ist das erste Mal, dass ich das mache", sagte sie zu ihm, ehe sie behutsam den Arm abtastete, den der Gladiator an den Körper gedrückt hielt. Viele Verletzte machten dies so, wenn ihnen etwas weh tat.


    Einen Moment lang fühlte Valeria erst einmal gar nichts. Sie schloss sogar die Augen, um besser tasten zu können. Und dann, zeitgleich mit einem schmerzhaften Lufteinziehen seitens des Gladiators, fühlte sie eine kleine Stufe, von der Apollionus gesprochen hatte. Sie fuhr nun nicht länger am Arm herunter, sondern um den Unterarm herum. Ja, doch, ganz eindeutig, eine Stufe. Sie wandte sich zu Apollonius und sagte:


    "Also...ich glaube, es ist ein glatter Durchbruch. Ich fühle eine Stufe. Der obere Knochenteil ist nach außen verschoben. Nicht viel, aber man merkt es."


    Gespannt wartete sie ab, was nun geschehen würde.

  • Die Decima war sehr vorsichtig. Und vor allem verständnisvoll - dennoch scheute sie sich nicht, dem armen Kerl Schmerzen zuzufügen... Und ich? Es hatte ja keinen Sinn, auf diese Erfahrung zu verzichten, ich war zum Lernen hier und nicht um...


    Also trat ich einen Schritt näher an ihn heran, als Decima Valeria geendet hatte und blickte dem Gladiator ins Gesicht. Sein Blick verriet, dass er mir am liebsten die Gurgel durchschneiden würde, ohne sie nachher fachgerecht wieder zuzunähen...


    "Verzeih mir, Gladiator, ich weiß, du bist an Schmerzen gewöhnt. Doch auch weiß ich, dass jeder Schmerz für sich steht und immer Neu bleibt. Es wird schnell gehen..."


    Ich beugte mich über seinen Arm, den er noch immer an seinen Leib drückte und nun mit der Hand seines gesunden Armes stützte.


    "Die Haut ist stark gerötet, und von einer Schwellung stark gespannt... wenn es ein Bruch ist, so kein offener", sprach ich deutlich, dass mich alle gut hören konnten, hob meine Hand und nickte dem Gladiator zu, dass es nun schmerzen würde...


    Er verzog das Gesicht. "Wie erwartet ist das Gewebe sehr prall... Im Zentrum der Rötung ist es schwer... den Knochen... zu ertasten..." In dem Moment stöhnte der Gladiator und ich versuchte mich also zu beeilen.


    "Wenn man etwas stärkeren Druck mit den Fingern ausübt... kann man... in der Tat... eine Stufe fühlen, wie Decima Valeria... eben schon sagte, und ich meine ebenso,.. wie sie, dass es sich... um einen Durchbruch handeln müsse - allerdings,... angesichts der starken Schwellung... ist es schwer zu sagen ob der Bruch... gesplittert ist oder nicht."


    Ich ließ ab von seinem Arm und schloss: "Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht sollte man warten, bis sich diese Schwellung etwas normalisiert hat - also den Arm erstmal fixieren - um morgen oder übermorgen festzustellen, welcher Art der Bruch genau sei, um also hernach eine entsprechende Behandlung festzulegen."


    Ich nickte dem Kerl aufmunternd zu und kam mir lächerlich dabei vor, denn gleich würde Iulius Seneca mit seiner forschen Art... aber daran wollte ich jetzt nicht denken und trat ein Paar Schritte zurück und blickte gespannt zu Apollonius.

  • Apollonius nickte und schien nicht sonderlich von den Schmerzen des Gladiators beeindruckt zu sein."In der Tat, Cicero, sprichst Du einen guten Punkt an. Auch bei solchen Brüchen kann es vorkommen, dass sich kleinste Knochensplitter vom Knochen lösen, von uns jedoch nicht feststellbar sind. Wir müssen da wohl auf die Heilkräfte der Natur vertrauen." Er sah zum Gladiator, der mißmutig zu den Schülern sah und wohl darauf hoffte, dass diese ihre Untersuchungen abgeschlossen hatten.


    "Außerdem gibt es noch einen wichtigen Umstand, den ich bis jetzt noch nicht erwähnt habe. Nicht immer werdet ihr einen Bruch ertasten können. An verschiedene Knochen werdet ihr aufgrund der äußeren Hülle mit den Fingern niemals heran kommen. Am Unterarm ist dies gut zu tasten, da die Knochen selbst bei einem muskulösen Gladiator noch zu fühlen sind. An seinem Oberarm hättet ihr jedoch arge Schwierigkeiten dabei bekommen. Da hättet ihr eher auf das Knochenknirschen und einem unnatürlichen Knochenwinkel als Anhaltspunkt zurück greifen müssen."


    Apollonius dachte kurz nach und setzte seine Rede dann fort. "Außerdem verhärten sich die Muskeln gerne bei Verletzungen. Dies dient dem Schutz des Körpers. Auch hier hättet ihr am Oberarm größere Schwierigkeiten. Ob dieses Umstandes habe ich auch dem Gladiator heute morgen schon einen Sud aus Mohnsaft verabreicht. Dies bewirkt unter anderem, dass er unter weniger Schmerzen zu leiden hat und auch, dass die Muskeln lockerer werden. Ohne diesen Sud hättet ihr Beide ihn mit Sicherheit nicht so untersuchen können ohne, dass es ihm fast die Besinnung geraubt hätte. Bei Brüchen reagiert ein Mensch schon bei dem kleinsten Druck sehr sensibel."


    Apollonius trat an den Gladiator heran und klopfte ihm auf die Schulter der unverletzten Seite. "So, jetzt kümmern wir uns um Deinen Bruch!" Zufrieden dreinschauend, wandte sich Apollonius an Sica. "Bring doch bitte die Holzschiene, die Wasserschale, die Rinde und die Verbände rüber!" befahl er ihm. Da er den Rücken zu dem Gladiator gewandt hatte, bemerkte er nicht, wie der Gladiator einen haßerfüllten und verächtlichen Blick auf Sica warf und ihn am liebsten mit seinen Augen erdolcht hätte.


    "Da der Bruch geschlossen ist, ist die Behandlung relativ einfach! Wir werden den Knochen, so gut es geht, wieder in seine ursprüngliche Position bringen und anschließend fixieren!"


    Er deutete auf die Materialien, die ihm Sica heranbrachte. "Das Holzstück dient dem Knochen als Stütze. Dieses Stück ist aus festem Pinienholz. Eigentlich nehme ich lieber Kirschholz oder Kastanie. Buche ist, meiner Meinung nach, dem Heilungsprozess nicht ganz zuträglich. Aber am Holz scheiden sich die Meinungen und es wird Eurer eigenen Erfahrung überlassen bleiben, welches ihr dann wählt."


    Zerstreut krazte er sich den Bart. "Bevor ihr mit der Behandlung anfangt, ist es wichtig, dass ihr alles schon sorgfältig gerichtet habt. Es wäre mehr als ärgerlich, wenn ihr noch mal von vorne anfangen müsst, weil der Verband oder die Rinde nicht bereit legt. Kontrolliert lieber alles noch mal vorher nach!"


    "Zuerst werde ich Euch alles der Reihenfolge nach erklären. Danach möchte ich, dass zwei von Euch unter meiner Anleitung den Arm schienen werdet!"


    Er ging auf die Materialen zu und deutete auf die einzelnen Zutaten. "Die Schiene habe ich Euch schon erklärt. Vorher müsst ihr jedoch abmessen, ob die Schiene auch die richtige Länge hat. Wichtig für die Schiene ist, dass sie so lang ist, dass die Schiene jeweils zwei Gelenke mit umfasst. Hier also sollte die Schiene von etwas über dem Ellbogen bis unterhalb des Handgelenkes gehen."


    "Dann legt ihr die Rinde von der Birke in lauwarmes Wasser ein, damit das Wasser die Rinde aufweicht. Die Rinde wird später um den Verband gelegt und wenn sie trocken ist, wird sie so hart, dass sie Verband und Schiene noch mal zusätzlich fixiert. Der Verband sollte im übrigen gewaschen und sauber sein, wie immer bei Euren Behandlungen! Genauso wie Eure Hände."


    "Gut, kommen wir zur Behandlung. Zu allererst möchte ich voranschicken, dass ihr Euren Patienten nicht unnötig quälen solltet. Gebt ihm ein Mittel gegen die Schmerzen. Von so manchen Kämpfern werdet ihr wohl hören, dass sie soetwas nicht brauchen, aber das ist der größte Humbug. Denn zum einen ist das doch sehr schmerzhaft, zum Anderen erleichtert es Eure Behandlung ungemein, wenn ihr nicht ständig gegen den Widerstand der Muskeln ankämpfen müsst."


    Er sah kurz zum Gladiator, dann wieder zu den Schülern. "Als erstes müsst ihr den Bruch richten, um ihn anschließend zu schienen. Einer hält dafür den Oberarm, das Ellbogengelenk und den darunterliegenden Knochenteil. Der Andere nimmt das Handgelenk und den darüberliegenden Knochen. Dann zieht der Untere an dem Knochen und versucht ihn wieder in eine gerade Linie zu bringen. Dafür müsst ihr jedoch die Gelenke gut im Griff haben, ansonsten könnt ihr Euch anschließend noch um ein ausgekugeltes Gelenk kümmern, was nicht sehr erfreulich wäre."


    Er nickte dabei und fuhr fort. "Habt ihr das so gerichtet, könnt ihr entweder noch ein drittes Händepaar dazurufen, oder derjenige, der bis dahin den Oberarm gehalten hat, greift nun mit der Zweiten Hand an das Handgelenk und hält den Knochen fixiert. Bitte dabei beachten, immer beide Gelenke mit zu fixieren."


    Er deutet auf die Schiene. "Gut, jetzt legt ihr die Schiene an. Vergesst wieder nicht, die Schiene muss über den Ellbogen und über das Handgelenk hinausragen. Jetzt kann der Erste, der den Arm noch hält, Arm und Schiene halten. Der Zweite nimmt den Verband und fängt an, die Schiene zu umwickeln. Am Besten von unten nach oben. Wickelt aber Euren Helfer nicht in den Verband ein. Das wäre ein wenig ungeschickt. Anschließend nehmt ihr die feuchte Rinde und wickelt diese fest um den Arm herum. Danach nehmt ihr wieder einen Verband und legt ihn um den Rindenverband. Anschließend bindet ihr eine Schlaufe aus einem Tuch, wie ich das hier schon gemacht habe und legt den Arm vorsichtig in die Tuchschlaufe. Und fertig!"


    Er sah zu seinen Schülern. "Fragen? Freiwillige?"

  • Den bösen Blick das Gladiators hatte Sica mit einem kleinen, diabolischen Lächeln erwidert. Gehorsam führte er wie immer die Anweisungen des Medicus aus und hörte dessen Ausführungen interessiert zu. Vor allem die Stellen, an denen der Gladiator würde leiden müssen, fanden seine Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich würde er selbst nicht das Vergnügen haben, beim Richten der Knochen zu assistieren, oder die Gelegenheit das schmerzlindernde Mittel zu schwächen. Für den Fall, dass die anderen Schüler jedoch zauderten oder sich nicht trauten, stellte er sich hilfsbereit in die Nähe.

  • Valeria sah Apollionus angestrengt an, um sich auch alles zu merken, was er über das Schienen sagte. Sie wollte gerade den Mund auf machen und sich freiwillig melden, als Cicero ihr auch schon zuvor kam. Doch sie bemerkte seinen fragenden Blick und lächelte ihn an.


    "Ja, ich helfe dir", sagte sie freundlich und zwinkerte ihm zu. Zusammen gingen sie also hinüber zu dem Gladiator, der ihnen schon missmutig entgegensah. Insgeheim fragte sich Valeria, wie Apollonius es geschafft hatte, den armen Kerl von dieser "Behandlung" zu überzeugen. Sie griff nach der Schiene und hielt sie dem armen Mann an den Arm. Sie hatte die richtige Länge, was sicherlich auch daran lag, dass Apollonius schon etwas vorbereitet hatte. Auch Schlaufe, Rinde und Verband lagen bereit. Aufgeweckt sah Valeria Cicero an. Sie überließ es ihm, was er tat, denn schließlich hatte er zuerst gefragt. Sie würde ihm so gut wie möglich assestieren.

  • Ich lächelte zurück, wusch meine Hände in einer Schale und erwiderte:


    "Ich denke, wir werden uns gegenseitig helfen müssen. Ich mache das zum ersten Mal..."


    Ich trocknete die Hände und legte die von Apollonius schon eingeweichte Baumrinde und den Verband in die Nähe des Gladiators.


    "Wahrscheinlich ist es ganz gleich, wer an welcher Position arbeitet, beide verlangen wohl einen gleichmäßigen, ruhigen Kraftaufwand.", wandte ich mich zu Valeria "...während es vermutlich etwas komplizierter sein wird, dabei den Knochen zu richten, hernach zu schienen und so fort... Was möchtest Du tun?"


    Ich überließ es also Valeria die Entscheidung. Schade eigentlich, dass er nicht zwei gebrochene Arme hatte... Aber das konnte ja noch werden, wenn ich mir Sica und den Gladiator so anschaute, die Zwei waren wohl sehr gute Freunde...

  • "Ja", sagte Valeria schlicht und wusch sich ebenfalls die Hände. In diesem Moment schienen alle anderen im Raum zu verblassen und Valeria nahm nur noch Cicero und den Gladiatoren wahr. Das war sicherlich gut so, denn dann würde sie sich nicht ablenken lassen. Sie griff vorsichtig nach dem Handgelenk des Mannes und deutete mit dem Kopf auf den Ellbogen.


    "Kannst du den Arm festhalten? Ich versuche, den Knochen zu richten. Danach brauchen wir dann die Schiene..."

  • So, in etwa, hätte mein Vorschlag ausgesehen, und war ich davon ausgegangen, dass Valeria ihn verneinen würde. In Hispania waren die Sitten offenbar ganz andere... Aber mir war's recht.


    "Gut. Ich sage Dir, wenn ich den Oberarm sicher fixiert halte. Und Du sagst wann Du soweit bist, den Zug auszuführen."


    Ich hakte mich vorsichtig unter den rechten Arm des Gladiators, wobei ich meine Linke um den Oberarm schlang und versuchte, den oberen Muskel zu umfassen.


    "Du musst deinen Arm entspannen! Er muss ganz ruhig sein!", sagte ich kalt doch eindringlich zu unserem Patienten gewandt.


    Dann nahm ich meine stärkere Rechte und suchte das Ellenbogen-Gelenk zu umfassen. Nach einer Weile erschien mir die Angelegenheit fix und statisch genug zu sein.


    "Valeria, ich bin soweit."

  • Unbehaglichen Blickes musterte der Gladiator das Treiben um ihn herum. Doch sein Blick ging immer wieder mißtrauisch zu Sica hinüber. Anscheinend machte Sica ihm mehr Sorgen, als die ersten Versuche von Apollonius Schüler.


    Das änderte sich jedoch schlagartig als Cicero seinen Arm nahm und fixierte. Ein leises Stöhnen, was er nicht mehr unterdrücken konnte, kam über seine Lippen. Skeptisch musterte er Valeria. Ganz offentsichtlich traute er ihr das Künststück, ihm den Knochen wieder zu richten, nicht ganz zu.


    Apollonius derweil ist an die Seite herangetreten und beobachtete genau die Arbeit von Cicero und Valeria. So sagte er etwas abwesend zu Raeticus. "Insgesamt muss der Arm mindestens für 3 bis 4 Wochen so verbunden werden. 5 bis 6 Wochen wären jedoch besser. Die Verbände außen sind auf jeden Fall zwei Mal die Woche zu wechseln. Den Rindenverband kann man jede Woche auswechseln. Sollte er vorher brechen, muss er natürlich auch ausgetauscht werden. Dabei kann man auch immer wieder den Arm kontrollieren, ob sich ungute Veränderungen, wie abnormale Blutergüsse oder Verfärbungen zeigen, die eine Amputation notwendig machen. Sollte der Bruch komplezierter sein, kann die Heilung auch länger dauern. Auch hängt das vom Alter des Patienten ab. Je jünger, desto schneller wächst der Knochen wieder zusammen."


    Bei dem Wort Amputation schluckte der Gladiator sichtlich und schien im große Sorge zu bereiten.

  • Cicero war nicht gerade freundlich zu dem Gladiator, eher kühl und distanziert. Deswegen schenkte Valeria ihm ein mutmachendes Lächeln und nickte dann Cicero zu. Energisch und gleichzeitig kraftvoll vor sie leicht am Unterarm, beziehungsweise am Handgelenk des armen Mannes, der ihr Versuchskaninchen spielen musste. Dabei fand ihre Zungenspitze in äußerster Konzentration den Weg durch ihre Lippen. Es knirschte hässlich und neben den kleinen Schweißperlen entwich dem Gladiator nun auch ein unterdrückter Schrei und anschließend ein Stöhnen. Valeria hatte den Knochen so gut gerichtet, wie es ihr möglich gewesen war. Hoffentlich hatte sie nichts falsch gemacht. Nun hielt sie den Unterarm des Mannes mit beiden Händen kurz über und unter der Bruchstelle fest, damit sich die Knochen nicht wieder gegeneinander verschoben und sie den Arm schienen konnten.


    "Die Schiene", sagte sie nur und deutete mit dem Kopf auf das Teil. Für Cicero hatte sie ein aufmunterndes Lächeln übrig und für den Gladiator einen um Verzeihung heischenden Blick. Apollonius hingegen hatte sie irgendwie nicht bemerkt.

  • Was für ein Geräusch! Brrrr! Ich verzog das Gesicht zu einer angespannten, mitleidigen wie selbstmitleidigen, angeekelten aber auch betroffenen Grimasse, derweil der gequälte Patient Anstalten machte seinen Arm auf Kampfeskräfte zu spannen.


    "Ruhig bleiben! Ganz ruhig! Das ist unangenehm - aber bitte locker lassen, sonst können wir nicht arbeiten!", versuchte ich den Gladiator in aller Klarheit und Beherrschung zu bewegen. Und er verstand es ganz gut, biss die Zähne zusammen und ließ den Arm erschlaffen.


    "Die Schiene! Bitte, jemand muss Valeria die Schiene reichen!", rief ich in den Raum und hatte den Eindruck, niemand würde mich hören... ich konnte jetzt nicht einfach loslassen.


    "Bitte die Schiene!"

  • Apollonius musterte die Beiden hingerissen amüsiert, wie sie sich mit dem Gladiator abplagten. So ließ ihn auch der wütende Blick des Gladiators, der dem Medicus galt, ziemlich kalt und er griff schließlich nach der erwünschten Schiene.


    Ohne ein Wort zu sagen, reichte er die Schiene weiter an das Gespann, dass ihn bis dahin nicht wirklich wahr zu nehmen schien. Er legte den Kopf schief und musterte weiter ihre Arbeit, weiter schweigend.


    Der Gladiator, der nur mühsam den Befehlen von Cicero nachgekommen war, murmelte gepresster Stimme zu Valeria. "Weib, jetzt beeil Dich ein wenig!" Sein Latein war sehr rauh und mit einem schweren Akzent versehen.

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