Aufarbeitung alter Kamellen

  • Vor etlichen Tagen hatte ich Aelia angeschrieben und sie um ein Treffen gebeten. Einst waren wir befreundet, dann hatten sich unsere Wege getrennt. Viel war geschehen. Dinge, die mich Abstand halten ließ. Wochen- nein monatelang hatte ich hin und her überlegt, ob ich das Gespräch suchen sollte. Diese Herumrätslei wollte ich nun beenden. Mutig, aber nicht eben von innerer Ruhe übermäßig erfüllt, begab ich mich heute in Begleitung meines Leibsklaven an die Porta der Casa Germanica. Ungewohnt. Zu Zeiten, in denen wir uns gut verstanden hatten, hieß Aelia noch Didia, aber auch in ihrem Leben war offenbar viel geschehen.


    Ich bat Assindius, an der Türe zuklopfen.

  • Einmal mehr trabte Saldir zur Porta, öffnete diese und spähte hinaus.
    Sie entdeckte einen Mann und eine Frau. Verwirrt, wen sie nun ansprechen sollte, sah sie einfach zwischen beiden hin und her, als sie fragte: "Herren wünschen?"
    Irgendwann sollte sie wirklich mal besser Latein lernen.

  • Ich blickte nach links, blickte nach rechts, keine Kerl außer mir zu sehen. Dann wird sie mit Herr wohl mich gemeint haben. Ich strich mir durch die Haare und dachte das diese Frisur wohl daran schuld sein würde. Ich zwinkerte ihr zu uns sagte:


    „Meine Herrin Aurelia Deandra möchte mit deiner Herrin sprechen.“

  • Einmal kurz geblinzelt, dann nickte Saldir.
    Aurelia Deandra, Aurelia Deandra..., sagte sie sich den Namen in Gedanken immer wieder vor, damit sie ihn diesmal, nicht wie beim letzten Besucher, richtig aussprechen konnte 8)
    "Kurz warten.", "ordnete" sie an und verschwand kurz.


    Keine Minute später stand sie schon wieder vor den beiden und bedeutete ihnen, ihr zu folgen.


    "Kommen mit, bringen zu Herrin."


    Gesagt, getan. Langsamen Schrittes führte sie die beiden zum Atrium.

  • Deandra...na sowas. Wie lange hatte ich sie nicht mehr gesehen :hmm:


    Nachdem ich Saldir aufgetragen hatte, den Besuch ins Atrium zu führen, machte ich mich selbst auch auf den Weg dorthin.

  • Ah, Aelia besaß also auch eine Sklavin aus einem fremden Land. Na, ob sich die Sklavin dafür um so besser mit Assindius würde unterhalten können? Ich schickte einen kurzen Blick zu meinem Sklaven und forderte ihn auf, mir zu folgen. Er war mein Schatten. Ohne ihn sah man mich in der Regel nicht mehr außerhalb der aurelischen Villen.


    Bei Betreten des Atrium konnte ich zunächst niemand erblicken. Suchend streiften meine Augen durch den Empfangsraum.


    „Benimm dich anständig“, flüsterte ich meinem Sklaven zu, dem ich stets mehr als übliche Freiheiten zubilligte.

  • Und schon schneite auch ich ins Atrium.


    "Deandra! Salve!", grüßte ich die Patrizierin mit einem Lächeln. Da der Mann bei ihr ein Sklave zu sein schien, übersah ich ihn, wie es sich gehörte 8)

  • „Grüß dich, Aelia.“ Alles war viel leichter, als ich es mir vorgestellt hatte. „Es ist Ewigkeiten her.“ Kurz rechnete ich zurück. „ Fast ein dreiviertel Jahr.“ Erstaunt über diese Tatsache blies ich die Luft durch die Lippen.


    „Ich bin heute vorbeigekommen, um etwas gerade zurücken, was völlig unnötig krumm geworden ist.“


    Ich musste lachen. So merkwürdig hatte ich mich lange nicht ausgedrückt. Sonst immer so sicher und redegewandt zuckte ich hilflos mit den Schultern. Es waren eben Altlasten.

  • "Ja...seit...naja, egal.", erwiderte ich schmunzelnd und deutete zu einigen Korbstühlen. "Setz dich doch."
    Indes scheuchte ich Saldir los, um einige Erfrischungen zu holen.


    Als ich mich gesetzt hatte, runzelte ich die Stirn und sah Deandra an.
    "Etwas gerade rücken dass krumm geworden ist?"
    Neugierig darauf, was sie meinte, beugte ich mich nach vorne.

  • Als ich mich setzte, schaute ich flüchtig zu Assindius. Ich wollte sicher gehen, dass er gefolgt war. Nicht, weil ich mich unsicher fühlte, sondern um ihn unter Beobachtung zu haben. ;)


    „Es liegt an mir, Aelia, dass wir uns aus den Augen verloren haben, obwohl wir uns einmal sehr gut verstanden und sogar mit ähnlichen Problemen in Liebesdingen rum geschlagen hatten.“


    Der Gedanke daran löste ein Lächeln aus. Es wischte meine Beklemmung und meine Zurückhaltung fort.


    „Ich habe dich ganz bewusst gemieden und es hat gar nichts mit dem Austritt meiner Gens aus unserer ehemaligen gemeinsamen Factio zu tun.“


    Nein, ich fühlte mich nicht schuldbewusst. Ich konnte mein Verhalten selbst sehr gut verstehen, doch würden es andere ebenfalls tun?


    „Weißt du“, begann ich zu erklären, „mit dem Austritt aus der Praesina hängt die Teilung der Aurelia zusammen, die wenig später in einem bösen Erwachen geendet hat. Meine gesamte Aufmerksamkeit war nur auf meine Familie gerichtet. Ich habe meine Freunde und liebe Bekannte, zu denen ich dich zählen würde, vernachlässigt. Und dann, als Commodus sich als Verräter entpuppt hat – verzeih mir den Ausdruck, in meinen Augen ist und bleibt er das – habe ich jegliche Kontakte kurzerhand abgebrochen, von denen ich angenommen habe, dass sie Sympathisanten von Commodus sind. Vielelucht habe ich mich diesbezüglich bei dir geirrt, aber das ist heute nicht mehr wichtig. Damals habe ich es angenommen und konnte einfach nicht über meinen Schatten springen.“


    Wieder zuckte ich mit den Schultern. Es wirkte vielleicht verbohrt, aber ich selbst nannte es konsequent.


    „Meine Sympathie zu dir hatte dabei nie wirklich nachgelassen und dann … ja dann ist mir etwas zu Ohren gekommen, was der Anfang des Weges war, der mich heute zu dir geführt hat.“


    Ich lächelte und machte erst einmal eine Pause. Aelia sollte sich ja nicht erschlagen fühlen.

  • Die Erinnerung an die Sache mit den "Liebesdingen" entlockte mir ein schiefes Lächeln. Letztendlich war alles doch anders gekommen, als ich es damals gedacht hätte.
    Auf ihre folgende Erklärung hin furchten sich in meine Stirn allerdings immer tiefere Falten, bis ich schließlich das Gesicht verzog, als ich den Namen "Commodus" hörte.


    "Lucius Aurelius Commodus, ja?"


    Demonstrativ schüttelte ich mich. Uh...dieser... -.-


    "Nein, Sympathisant von diesem...*hüstel*...bin ich sicher nicht."


    Automatisch musste ich an die letzte Begegnung mit ihm denken...warf mir ein paar Sesterze zu, wie zu einem gewöhnlichen Bettler...Eingebildeter Affe.

  • Als Aelia ihre Stirn kraus zog, dachte ich bereits: oh, jetzt habe ich sie verärgert, weil ich so schlecht über Commodus geredet hatte. Umso mehr erstaunten mich ihre nachfolgenden Worte. Mit offenem Mund lauschte ich und konnte es nicht fassen. Ich hatte mir gewünscht, dass sie mir mein klein kariertes Denken vergeben könnte. Dass sie derart anders Commodus gegenüber stand … nein, also damit hatte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet.


    Ich nickte, um den Namen zu bestätigen. Boah, wie konnte ich mich nur so täuschen? Lag es daran, weil mir oft berichtet wurde, dass sie Kontakt pflegte? Oder lag es an mir? War ich blind für alles und taub zudem? Vermutlich.


    „Weißt du, durch was ich begonnen habe, klarer zu denken?“


    Ein Lächeln erschien, was sich schnell zu einem breiten Grinsen, anders konnte man es wohl nicht bezeichnen, erweiterte.


    „Mir trug jemand zu, du hättest Commodus in aller Öffentlichkeit gegen sein Schienbein getreten. Das fand ich so lustig, so sympathisch und so typisch Aelia, dass ich dich fortan wieder mit anderen Augen gesehen habe. Ich mochte dich einmal sehr, weißt du das? Was hatten wir für Spaß in den Factioversammlungen! Du besitzt einen ähnliche Humor wie ich und uns hatten die Götter vor ähnliche Entscheidungen gestellt.“

  • Auch ich fing an seeehr breit zu Grinsen.


    "Das hast du gehört? Na sowas?", meinte ich mit Unschuldsmiene. "Ich würde doch nieeeeee jemanden in der Öffentlichkeit treten...schon gar nicht jemanden, der mir zwei Sesterze in die Hand drückt und meint, für die nächsten Monate würde das mein Auskommen sichern."


    In Gedanken spielte ich das schöne Spiel "Wir würgen einen Patrizier". Schon ging es mir wieder besser :D
    Typisch Aelia? Wie meinte sie das nur, ich war doch die Unschuld in Person. Also sowas 8)


    "Ja...das waren noch Zeiten."
    Noch immer das Grinsen im Gesicht seufzte ich. Iuppiter, wieso redete ich wie meine Großmutter?
    "Ich habe dich auch immer sehr geschätzt...wenn ich gewusst hätte, dass wir wegen diesem...Menschen keinen Kontakt mehr haben, hätte ich das damals schon klargestellt. Ich dachte, es lag daran, dass wir nun in verschiedenen Factiones sind...und du, wie ich gehört habe, mittlerweile in Misenum lebst."

  • Aus dem Grinsen wurde ein helles Lachen, als Aelia erzählte. Erstaunt stellte ich fest, wie leicht viele Monate der absoluten Funkstille ohne großartige Folgen fort gestrichen und vergessen werden konnten.


    „Das würdest du niiiieeemals tun? Ich traue dir noch ganz andere Sachen zu.“


    Wieder lachte ich, wählte einen bequemeren Sitz und schaute meine ehemalige Vertraute an.


    „Erinnerst du dich noch an die Planung des Badefestes? So viele hatten sich daran beteiligt und dann war es doch ins Wasser gefallen. Gar nicht schlimm, die Planung war eh das Beste am Ganzen gewesen.“


    Nachdenklich wurde ich, als sie erzählte, welchen Grund sie für meinen Rückzug angenommen hatte.


    „Ja, ich bin zunächst nach Mantua gezogen, hatte Rom den Rücken gekehrt. Es gab Sophus in meinem Leben und kurz danach hatte ich außer meinen Schmerz um meine verlorene Familie nichts mehr gesehen. Schade, Aelia, dass es so dumm gelaufen ist. Ich hätte dich ansprechen und nicht auf das Gerede der Leute hören sollen. Nun bin ich umso mehr froh, dass wir das Missverständnis geklärt haben!“


    Ein warmes Lächeln erschien auf meinem Gesicht.


    „Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen? Ich habe gehört, du bist Mitglied einer anderen Familie geworden. Auch erzählt man sich, dass dein Herz inzwischen den Richtigen gefunden hat. Wir haben über ihn gesprochen, Macer und ich, als ich kürzlich in Germania war.“

  • "Ach, du verkennst mich Deandra.", versicherte ich kichernd.


    Badefest? Achja, da war mal was 8)
    "Ohja, ich erinnere mich. Aber trotzdem irgendwie schade, dass nichts daraus wurde. Die Planungen allerdings..."
    , ich rief mir kurz die Mann/Frau-gemischt-Badediskussion ins Gedächtnis und schmunzelte umso breiter...,
    "...waren wirklich sehr lustig." :D


    "Mir? Och..."
    Puha...ein Dreivierteljahr hatte sie gesagt...da war einiges los gewesen.
    "Ja...stimmt. Ich bin jetzt eine Germanica."
    Die Hintergründe hierfür ließ ich lieber erstmal im Dunkeln :D
    "Und ja, ich denke ich habe endlich den Richtigen gefunden.", stimmte ich leise lächelnd zu.
    Auf ihren letzten Satz hin schaute ich einigermaßen erstaunt.
    "Tatsächlich? Über Corvus? Wieso denn das...wenn ich so neugierig sein darf?" :D

  • Oh, ich dachte schon, dass ich Aelia recht gut kannte. Genau das gefiel mir ja auch an ihr.


    „Ja, es war schade, dass nichts aus dem Badefest wurde. Man könnte es nachholen ...“


    Oder doch nicht? Ich überlegte. Mir kam es vor, als wäre ich in Monaten um Jahre gealtert. Ich hatte durch die tragische Geschichte meiner Gens viel von meiner jugendlichen Unbekümmertheit verloren.


    „Ob wir wohl noch dieselben sind? Bist du ganz und gar die Alte geblieben? Gern würde ich das von mir behaupten, wenn da nicht immer noch ein schmerzender Stachel in mir wäre. Eines Tages, ich glaube fest daran, wird er herausgeeitert sein. Dann werde ich wieder ganz unbeschwert lachen können.“


    Schnell lenkte ich zum nächsten Thema über. Die Germanica und der Richtige.


    „Woran erkennt man eigentlich den Richtigen?“, fragte ich mich spontan. Auf Aelias Antwort war ich sehr gespannt. :)
    „Du darfst so neugierig sein, gleich beantworte ich deine Frage, aber ich zwischendurch sollst du auch noch einmal zu Wort kommen.“


    Oje, einmal ins Schnattern gekommen, fand man kaum ein Ende. Ich wollte ewig lange Monologe vermeiden und machte eine Höflichkeitspause.

  • Zitat

    Original von Aurelia Deandra
    Bei Betreten des Atrium konnte ich zunächst niemand erblicken. Suchend streiften meine Augen durch den Empfangsraum.


    „Benimm dich anständig“, flüsterte ich meinem Sklaven zu, dem ich stets mehr als übliche Freiheiten zubilligte.


    Ich folgte der Herrin und ging mit hinein , war aber über ihre Worte verwundert. Hatte ich mich jemals unanständig verhalten? Neieiein, ich doch nicht, ich bin doch die Anstand in Person ;), scheiße, ich kann ja nich ma unanständig denken. Jedenfalls antwortete ich mit einen Kopfnicken.


    Ich verhielt mich unauffällig und stand in angemessener Entfernung mit den Händen hinter dem Rücken gekreuzt und beobachtete alles was passierte.

  • Nachholen? Ich schien nicht mehr aus dem Grinsen herauszukommen.


    "Meinst du es finden sich noch einmal ein paar wagemutige Damen?" ;)


    Auf die nächste Frage hin strich ich mir, nachdenklich auf meine Knie sehend, die Tunika glatt.
    "Ich weiß nicht...ich glaube, ganz dieselbe wie früher bin ich nicht, dazu ist in der Zwischenzeit zu viel geschehen."
    Mit schelmischem Grinsen blickte ich wieder auf.
    "Aber wie du schon festgestellt hast: In manchen Dingen werde ich mich nie ändern." :D


    Jössas, ich sollte mir doch, wie manche reichen Römer das so tun (wenn ich nur reich wäre -.^ ), einen Philosophen als Haustier halten, da würde die Antwort auf die nächste Frage sicher leichter fallen.
    "Woran...hm...gute Frage...."
    Glücklicherweise kam gerade Saldir wieder herein und stellte Getränke und ein paar Oliven ab. Ich schnappte mir gleich einen Becher verdünnten Wein, was mir ein wenig Zeit zum Nachdenken verschaffte.
    "Ich weiß es nicht. Aber ich wünschte, ich hätte es vor einem Jahr gewusst, das hätte mir einiges erspart.
    Man trifft jemanden, denkt der ist es, nur um einige Zeit später herauszufinden, dass es doch der Falsche war. Und irgendwann kommt doch der Held in schimmernder Rüstung, der einen für immer in seinen Bann zieht."
    Ratlos lächelnd zuckte ich mit den Schultern.
    "Ich denke, man muss einfach Glück haben...oder was meinst du?" 8)


    Schließlich stellte ich meinen Becher wieder ab und zwinkerte Deandra zu.
    "So, nun will ich aber wissen, was ihr über Corvus geredet habt." :D

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