Officium| Eheregistratur

  • Stella vernahm Varus besorgte Stimme und sah den Beamten, der schon flach am Boden lag, noch einmal an. Ja,
    in der Tat der Mann sah nicht gut aus.... Eher ungesund ... Vielleicht hatte Varus Recht, und der Mann simulierte
    wirklich nicht. Varus versuchte mit aller Kraft, ihm zu helfen, machte sogar das Fenster auf, aber so wie es aussah,
    konnte die frische Luft dem alten Mann auch nicht mehr helfen. Stellas Ärger war inzwischen verflogen. Sie nickte
    und sagte mit einem Seufzen


    "Gut, Decimus, ich werde nachschauen, und versuche Hilfe zu holen ..."


    Stella verließ das Officium, sah sich im Flur um und klopfte an die nächste Tür. Bald wurde sie hereingebeten,
    sie machte die Tür auf und, ohne das Zimmer zu betreten, erzählte dem Mann, der am Schreibtisch saß, kurz,
    was passiert war


    "Salve, entschuldige bitte die Störung, aber ich glaube, im Zimmer nebenan hat ein Kollege von Dir
    das Bewusstsein verloren, er liegt ganz blau am Boden und ... nun, ja, er braucht, wie es aussieht,
    dringend Hilfe, am besten einen Arzt..."

  • Es war Varus' Glück, dass Scipio gerade anderes zu tun hatte (nämlich am Leben zu bleiben) als zu sehen, was er mit dem heiligen Eheregister Roms anstellte. Das war nämlich unter den Buchern und dem ganzen anderen Kram, den der Annaeus dem ohnmächtigen Mann unter die Beine schob. Scipio dämmerte derweil durch ein flauschiges Meer aus Schwarz in den verschiedensten Schattierungen, und da holte ihn auch das Tätscheln des Annaeus nicht fort. Nass, wie Stella ihn gemacht hatte, sah er einfach nur lächerlich aus, mit seiner halb heruntergerissenen Kleidung und den Büchern unter den Beinen. So alt wie Stella ihn glaubte, war er zwar gar nicht, dafür aber dicklich, und das war sein Verhängnis.




    Im anderen officium


    Vielleicht ohne es zu ahnen, war Stella zu Afer gelaufen. Der sah sie im ersten Moment verdutzt an, klappte seine Tafel dann zu und stand auf. "Äh, nebenan? Im Eheregister?" Dann trat schlagartig Sorge in Afers Gesicht. "Moment - blau? Einen Doktor? Ja, wieso sagst du das nicht gleich!" Afer hastete zur Tür und brüllte einen Namen, woraufhin ein kleiner hagerer Sklave erschien, den Afer sofort los schickte. Dann ließ er Stella einfach stehen und stürmte ins Nachbarzimmer zu Varus und Scipio.




    Wieder im Eheregister


    "Was ist passiert? Ach du grüne Neune, Scipio! He, wach auf, komm zu dir!" Afer hockte neben seinem Kollegen auf dem Boden und rüttelte und schüttelte ihn, als sei er ein Bäumchen, aus dem gleich eine Flut Äpfel herausfallen würde. Doch es passierte nichts. Nur Scipios Bauch wackelte noch eine Weile weiter, nachdem Afer bereits von ihm abgelassen hatte und nun ziemlich hilflos Varus ansah. "Tu doch was!"

  • Mittlerweile war ich auch so langsam mit meinem Latein am Ende, schließlich war ich kein Medicus. Nach dem hatte ich Stella geschickt oder irgendjemanden greifbaren, der dem dicken Beamten in irgendeiner Form helfen konnte. Ich hockte neben dem am Boden liegenden Beamten und hoffte sehnlichst auf Besserung seines Zustandes, als der mir schon Bekannte Beamte aus dem Nachbarzimmer plötzlich den Weg hierher fand. Dieser jetzt zu mir gestoßene Beamte war entsetzt, als er seinen Amtskollegen am Boden wiederfand. Er gesellte sich aber gleich zu ihm und schüttelte und zerrte an ihm herum. Doch auch ihm schienen die Vorgänge in der Regia besser bekannt als eine notdürftige Versorgung eines Bewusstlosen und so blickte er mich entsetzt an mit den Worten -Tu doch was!-
    "Was soll ich noch tun?" Meinte ich entgeistert zurück. "Ich habe schon für frische Luft gesorgt, seine Beine hoch gelagert und seine Toga am Hals gelockert. Ich bin auch kein Medicus." So langsam wurde mir echt bange. "Gibt es denn hier niemandem der ihm helfen kann?" Fragte ich den eben zu mir gestoßenen Beamten "Wasser habe ich ihm auch schon versucht zu geben. Man, man, man....." Ob dieser Beamte so etwas öfters hatte? Fragte ich mich, während der zweite Beamte weiter an dem Bewusstlosen herumzerrte. Nach seiner Reaktion zu urteilen, nicht.

  • Im Flur



    Der zweite Beamte war auch genauso unfreundlich und unhöflich, wie sein Kollege. Der ließ Stella einfach im Flur stehen
    und eilte ins Nebenzimmer. Aber Stella war eine spartanische Frau: gelassen und diszipliniert und, vor allem, geduldig...
    Sie zuckte nur mit den Schultern und sah sich ein bisschen im Korridor um. Ein paar Stühle für Besucher waren da und
    sie nahm auf einem Stuhl Platz.
    Auf keinen Fall wollte sie ins Officium zurückgehen, so lange der alte Mann, diese alte, verbrauchte, blaugrüne Sandale
    da am Boden noch lag und keuchte ... . Diesen Anblick wollte sie sich ersparen...


    Geduldig wartete Stella auf Varus, aber anscheinend hat er vergessen, warum sie überhaupt hierher kamen und sie hat er
    auch vergessen, sonst würde er sie hier nicht einfach alleine sitzen lassen, in diesem düsteren Korridor. Und zum ersten
    Mal kamen ihr Zweifel. Vermutlich hatten es Götter nicht gut mit ihr und Varus gemeint. Sie seufzte tief und betete leise.
    Dann nahm sie aus ihrer Börse eine kleine Buchrolle und vertiefte sich bald in eine interessante und aufregende Lektüre...

  • Irgendwie war ich an einem Punkt angelangt, wo ich mit meinem Latein am ende war. Stella schien vor dem Officium auf mich zu warten und der Kollege des am Boden liegenden und nach Luft japsenden kniete neben mir.
    Da sprang plötzlich dir Tür auf und so war ich der Annahme, ein weiterer Beamter gesellte sich zu uns. Wie es sich nun herausstellte war dies ein Medicus oder einer, der in solch einer Situation wusste, was zu tun ist. Dieser drängte mich nun beiseite und kümmerte sich intensiv um den am Boden liegenden Beamten. Deswegen erhob ich mich und schaute zu dem anderen Beamten, welcher aus dem Nachbarzimmer zu uns kam. "Das hatte ich fast vergessen. Ich hoffe das die Verlobung nun doch bald eingetragen wird, auch wenn der Beamte, so denke ich für die nächsten Wochen ausfallen wird, wenn er überhaupt wieder auf die Beine kommt." Ich kramte das Schreiben hervor, welches ich eigentlich viel früher vorzeigen wollte und reichte es dem Beamten. "Hier sind alle Daten darauf, die für eine Eintragung notwendig sind. Wenn du vielleicht so nett währest?"




    Einverständniserklärung



    Hiermit erkläre ich meine Zustimmung zu der Verlobung mit Decimus Annaeus Varus und versichere, dass diese Einwilligung aus freien Stücken und wohlbedacht erfolgte.


    gez. Furia Stella



    Erklärung



    Mit diesem Schriftstück gebe ich die Verlobung von Decimus Annaeus
    Varus mit Furia Stella bekannt.


    Decimus Annaeus Varus


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    Nachdem ich den Brief an den Beamten aus meinen Händen gegeben hatte, verließ ich das Officium um mich gemeinsam mit Stella auf den Weg zum Tempel zu machen.


    Im Flur


    Im Flur angekommen, ging ich gleich zu Stella, nahm sie an die Hand und gemeinsam verließen wir die Regia des Cultus Deorum. "Ich habe das Schreiben dagelassen. Ich hoffe, das wird schnellstmöglich eingetragen Stella."

  • Im Flur


    Gerade, als ihre Lektüre spannend wurde, huschte ein kleiner hagerer Sklave an Stella vorbei und ein Mann eilte ihm
    hinterher, der anscheinend der Medicus war. Die beiden verschwanden dann im Officium, wo der Kranke am Boden lag.
    Endlich kam dann Varus aus dem Zimmer, er sah völlig erschöpft aus, Stella stand auf und ging ihm entgegen,


    "Oh, Decimus, Du warst so lange da ... aber nun hoffe ich, dem armen Mann wird jetzt geholfen ... "


    sie seufzte erleichtert, denn sie wünschte ihm wirklich gute Besserung ...


    "Ja, das hast Du richtig gemacht, und ich bin, wie Du weißt, sui iuris, das steht auch so in meinen Unterlagen
    und ich hoffe, dass ein anderer Beamte unsere Verlobung ohne Bedenken eintragen wird ..."


    Stella lächelte Varus zufrieden an und Hand in Hand gingen sie nach draußen, an die frische Luft...

  • Ein Arzt kam tatsächlich bald. Er wurde schnurstracks ins Zimmer geführt, wo er den armen Scipio erst einmal eingehend untersuchte, während Afer schlotternd herumwuselte. Der Arzt und sein Gehilfe gaben sich die größte Mühe, doch Scipios Gesicht blieb bläulich und er erwachte nicht aus seiner Ohnmacht. Schließlich lag er ganz still, nicht einmal mehr sein Brustkorb hab und senkte sich. Der Doktor seufzte und lehnte sich, auf den Knien sitzend zurück. "Das war's dann wohl. Tut mir leid, der ist hin."


    Afer brauchte eine Weile, um das zu realisieren. Er hatte auch nicht mitbekommen, dass der Annaeus plötzlich verschwunden war. "Was haben sie mit dir gemacht", stammelte er vor sich hin. Sein Blick glitt hin zu zwei Zetteln, die dort lagen. Wie hatten diese Einfallspinsel den Ernst der Lage nur verkennen können? Dafür gab es nur eine plausible Erklärung. Sie hatten ihn erwürgt! Voller Zorn griff sich Afer die beiden Papiere und bedachte Scipio mit einem letzten, kameradschaftlichen Blick. Dann verließ er in aller Hast die regia in der anderen Richtung. Er dachte nicht daran, eine Verlobung einzutragen. Er dachte viel eher an die cohortes urbanes. Hier war ein Mord geschehen!

  • Es waren noch nicht mal ein halbes Dutzend an städtischen Soldaten, die den Weg zur Reeh-gie-ahh an getreten hatten und die die Stufen zu dem prächtigen und eminent wichtigen Bau der Hauptstadt betraten. Stumm und schweigend war Sulla dem Mann gefolgt, der mit den papyri vor seiner Nase gewedelt hatte. In seiner Dienstzeit – von sieben Jahren – war Sulla schon der eine oder andere Mord untergekommen und er hatte einiges gesehen, so daß der Anblick eines Toten ihn nicht wirklich schocken würde. Dennoch, weil er ein sehr gläubiger Mensch war, meinte er zu dem Mann der Reeh-gie-ahh:
    „Ich nehme mal an, ef wurde schon ein Priefter gerufen für die rituelle Reinigung?“
    Immerhin waren sie im Herzen des CD, wenn, dann würde doch dort schnell ein Solcher aufzutreiben sein.
    „Und bitte erkläre mir, waf ift genau vorgefallen?“




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  • Froh, vom teilweise auch etwas langweiligen Wachdienst wegzukommen, aber auch mit dunklen Vorahnungen und Erinnerungen im Hinterkopf, war Tychicus seinem Kollegen und dem Mann vom Cultus Deorum gefolgt.


    Der Rediviver wusste nicht genau, was dieser Kerl überhaupt gemeint hatte mit 'Vielleicht können wir die Täter noch erwischen'. Seit der Mord anscheinend geschehen war, war inzwischen mindestens eine halbe Stunde vergangen, und wenn man gerade einen Mord begangen hatte, setzte man sich ja normalerweise nicht an Ort und Stelle zum Kaffeekränzchen zusammen, um geduldig auf die Ankunft der CU zu warten und sich festnehmen zu lassen... :hmm:


    Mit entsprechend kritisch gerunzelter Stirn wartetet Tychicus also ab, bis Sulla seine Fragen gestellt hatte, und fügte dann hinzu:


    "Bist du dir sicher, dass du die Täter kennst oder erkannt hast? Und was hat dieses Pergament damit zu tun?"

  • Afer hatte es nicht ausgehalten, stillschweigend mit den Soldaten dem Leichnahm entgegen zu marschieren. Also hatte er angefangen, zu reden, und er redete immer noch, als sie das imposante Gebäude der regia schließlich erreicht hatten. "...nämlich mein Freund, müsst ihr wissen. Und es ist ja nicht so, dass mir nicht am Herzen läge, dass die Schuldigen bestraft werden. Schließlich lebt man nur einmal, und wenn man dieses eine Leben verbraucht hat, dann...aber er hat es ja nicht verbraucht, er wurde entrissen, jawohl! Und..." Plötzlich hielt er inne und blinzelte den lispelnden Soldat an. "Hm? Ach so. Ja, davon gehe ich aus, immerhin sitzen wir hier sozusagen an der Quelle. Genau wissen tu ich's aber nicht, ich war ja nicht hier. Wir schauen einfach mal."


    Afer führte die Männer die strahlendweißen Stufen der regia empor und durch die Gänge zum Ort des Geschehens. Währenddessen beschrieb er das Vorgefallene. "Ja also, da war dieser Annaeus, der kam zu mir. Ich sitze in der Anmeldung, müsst ihr wissen. Was da manchmal für Gestalten kommen... Aber gut. Also, ich sitze da und da kommt er also, ich frage, was er will, und er sagt, dass er eine Verlobung eintragen will. Das macht Scipio bei uns, also, MACHTE, deswegen hab ich ihn zum richtigen Büro gebracht und bin dann gegangen. Irgendwann war dann ein dumpfes Geräusch zu hören, da denk ich mir ja nichts bei, immerhin kann jedem mal ein Buch runterfallen. Und dann steht da plötzlich diese Frau in meinem Raum, die Verlobte wohl von diesem Annaeus, und sagt mir, dass man einen Arzt bräuchte. Aber... Wie die das gesagt hat! Also, ich meine, da war mir schon klar, dass da irgendwas nicht stimmt." Afer wirkte einen Moment so, als gäbe er selbst sich die Schuld. Dann waren sie am Eheregister angekommen. Ein Priester verließ gerade das Büro, Sprenkler auf dem Boden und der Kleidung der Anwesenden Sklaven und Bediensteten deuteten darauf hin, dass die Reinigung vollzogen worden war. "Äh. Ja. Und dann bin ich rüber gelaufen, also, hierher. Und da lag er dann so." Afer schüttelte traurig den Kopf. "Der Annaeus hat neben ihm gekniet. Und die Frau hat im Gang gesessen und gelesen. Muss man sich mal vorstellen. Der Arme, nicht mal gerührt hat er sich. Und ganu nass war er..." Allmählich holte die Realität Afer ein. Er schluckte hart und kämpfte mit den Tränen, konnte sie jedoch noch zurückhalten. Mit großen Augen sah er den anderen Soldaten an. "Na, weil... Die beiden sind einfach gegangen. Mit dem Hinweis, man solle endlich die Verlobung eintragen. Das da sind die Einwilligungserklärungen. So kaltblütig. Das macht man doch nicht, wenn einer einfach stirbt." Er sah verzweifelt von einem zum anderen. "Oder?"

  • Dieser Redefluß, der einen Hauch von Hysterie in sich trug, ging dem Soldaten, der es lieber ruhiger hatte, gehörig auf den Keks. Er bemühte sich, seinen Ausdruck neutral zu halten, während er die Stufen erklomm und den Worten von dem Mann einen Sinn zu entlocken. Denn was dort vorgegangen war, schien ihm reichlich wirr. Dankbar sah er zu Tychicus, eine gute Frage war das, die der andere Soldat stellte. Etwas unbehaglich zog Sosius seine Schultern ein als sie durch die Gänge gingen, der CD jagte ihm immer einen Heidenrespekt ein, schließlich standen die Leute hier im direkten Kontakt zu den Göttern – zumindest in der Vorstellung von Sulla. Ein Cousin von ihm wollte mal Priester werden, aber der war drei Mal durch die Prüfung gerasselt, und der war kein Dummkopf gewesen, vielleicht ein bisschen faul, aber somit schienen Sulla die Mysterien hier noch mysteriöser zu sein. Fragen, um seine Verwirrung zu klären, stellte Sulla erst mal nicht, vielleicht würde das auch Tychicus übernehmen. Der Soldat wunderte sich lediglich, warum ein Verlobungspaar sich auf einen Bediensteten des CDs stürzen sollte, wenn dieser doch etwas für sie tun konnte. Zudem...warum rief er dann noch um Hilfe für den Mann? Als Ablenkung? Aber das kam Sulla reichlich merkwürdig vor. Er ging hinein und trat auf den Toten zu. Ah ja, er war reichlich betropft, darum geisterten bestimmt keine Larven um ihn herum.


    Sulla beugte sich zu dem Toten und sah in dessen Gesicht. Aufgedunsen wirkte das Gesicht, aber wonach Sulla gleich suchte, waren Spuren am Hals. Schließlich hatte der Mann, der sie geholt hatte, etwas von erdrosseln gesprochen. Doch er sah weder Male von Fingern, noch die Spuren eines Seils, die eine solche Tat bei dem Toten hinter lassen hätte. Sulla zog die Kleidung etwas zur Seite und betrachtete die Haut. Zu dem Tathergang weiter zu befragen, obließ er den Anderen. Er betrachtete sich lieber eingehend den Toten, wo man auch schon einige Fragen klären konnte.




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  • Sie erreichten den Raum, in dem, was auch immer es jetzt war, geschehen war, und Tychicus beobachtete seinen Kollegen ersteinmal kurz beim Untersuchen der Leiche.
    Er war einerseits erleichtert, andererseits aber auch verwirrt über den Zustand der nun leeren Hülle Scipios, dessen Seele nun wahrscheinlich bei den Göttern war...
    Es gab weder Blut noch die Spuren eines Kampfes im Zimmer, alles würde ruhig und friedlich wirken, wäre da nicht der leblose Körper.
    er lag auf dem Bauch, leicht auf die Seite gedreht und Tychicus bemerkte, dass eine Hand auf die Brust gepresst war, dort, wo das Herz sich befand.
    Also vielleicht doch kein Mord...


    Der Redvivier wandte sich an Afer:
    "Es sieht mir auf den ersten Blick so aus, als ob dieser Mann hier einen Schock erlitten hat oder einer Herzkrankheit erlegen ist...", er wies auf die linke Hand des Toten, so in die Brust gekrallt, als hätte er sich selbst das Herz herausreißen wollen, "Weißt du, ob dieser Mann bereits vorher ein Herzleiden oder ähnliche Beeinträchtigungen hatte... vielleicht auch schwache Nerven? Und vor allem: Kannst du dir vorstellen, was in diesem Officum vor sich gegangen ist? Gab es einen Streit, war dein Kollege vorher schon stark gestresst oder so etwas?"

  • Anders als der Mann, der ununterbrochen während des Weges geredet hatte, war Menas recht still gewesen auf dem Weg hierher. Auch jetzt begnügte er sich damit, zuzuhören, statt selbst eine Frage zu stellen. Für ihn hörte sich die ganze Sache nicht unbedingt nach einem Mord an, allerdings waren viele Mörder so geschickt in ihrer Sache, dass es auch gut sein konnte, dass es sich tatsächlich um einen Mord handelte.


    Menas folgte Sulla und dem Rediviver, sah sich ganz genau im Raum um. Unter den hochgelegten Beinen des Regiamannes lagen Bücher, ein Fuß war heruntergerutscht und hatte den Bücherturm leicht abknicken lassen. Er betrachtete die Leiche, dann den Schreibtisch. Ein halbvolles Glas Wasser stand dort neben einer leeren Karaffe, die ihrerseits in einer Pfütze stand. Menas versank im Tatort. Er hörte den anderen gar nicht mehr zu. Fragte sich, was wohl passiert sein mochte. Der Stuhl war umgefallen, das war vermutlich das Poltern, das der andere Mann gehört hatte. Der Artorius nagte auf seiner Unterlippe. Keine Würgemerkmale, kein Blut, kein Wasser mehr in der Karaffe, eine nasse Leiche. »Sie haben ihn nass gemacht«, sagte Menas plötzlich und wandte sich zu der Leiche um, deren Kleider am Körper klebten. »Er ist nass, so nass wird man doch nicht bei einer rituellen Waschung. Vielleicht hat er gebrannt? Aber hier ist nirgendwo eine Lampe.« Suchend sah er sich um, konnte aber nur eine knorztrockene Öllampe oben im Regal finden.

  • Afer rang mit den Händen. Und um seine Fassung, aber das wollte er nicht so offensichtlich zeigen. Erneut streifte sein Blick den toten Freund, der im Tode ganz entspannt und gar nicht mehr verkrampft dalag. "Einen Schock? Ja, den hätt ich auch bekommen, wenn mich jemand umbringen wollte!" erwiderte Afer und sah den Soldaten mit tief gefurchter Stirn und vorwurfsvoller Miene an. Die Namen standen doch auf den Dokumenten, warum gingen die Soldaten nicht endlich los und verhafteten die Schuldigen? Afer verstand das alles nicht. Ermattet zog er sich einen Stuhl heran und ließ sich wie ein welkes Blatt darniedersinken.


    "Nein. Scipio war immer gesund... Hat sich nie krank gemeldet. Er war vielleicht ein bisschen rund, aber das ist ja kein Verbrechen!" entgegnete er und sah den Redivivus beim letzten Teil des Satzes feindselig an. "Er hat eben gern gegessen, na und? Aber er hat deswegen noch nie was mit'm Herzen gehabt. Nicht mal nen Stechen in der Brust oder sowas." Bei der nächsten Frage machte Afer große Augen, stand dann wieder auf und piekste dem Redivivus mit dem Zeigefinger in den Brustpanzer (zumindest versuchte er es). "Jetzt hör mal, du Sherlock Holmes, Scip war nich' krank! Der war vielleicht ein bisschen zu dick und vielleicht auch mal schlecht gelaunt, aber er hat seine Arbeit immer gewissenhaft gemacht und war ein guter Mann! Hat regelmäßig gespendet, für alles mögliche, seine Tochter ist Vestalin und sein Sohn selbst nen Soldat. Er hat alles richtig gemacht im Leben, einfach zu beneiden!" Afer hatte sich in Rage geredet, bei jedem vierten oder fünften Wort mit dem Zeigefinger gepiekt - erstarrte aber nun, als der andere Soldat plötzlich etwas sagte. Entsetzt sah er ihn an. "Er hat gebrannt?"

  • Sosius befand die ganze Angelegenheit immer merkwürdiger, die ganzen Geschehnisse mochten zwar auf einen Mord hinweisen, somit war der Verdacht eines Laien – was der Mann vom CD natürlich für den Soldaten war – womöglich, aber dann paßte zuviel davon nicht. Insbesondere der Ablauf. Hatte die Frau draußen Wache gestanden, während innen der Mord vollführt wurde? War das mit der Verlobung nur ein abgekartertes Spiel, um den Mord zu tarnen? Womöglich waren das gar nicht die Personen gewesen, die nun mit Namen auf dem papyrus standen und das Ganze war in Wirklichkeit eine politische Intrige gegen den Annaeus, wußte man doch, daß die Annaeer in der Politik tätig waren. Sulla kratzte sich grübelnd am Nasenrücken und starrte den Leichnam an, als ob er erwartete, daß dieser die Augen aufschlug und mit Grabesstimme – beseelt von den Larven – von dem Tathergang erzählte. Der Tote tat ihm den Gefallen nicht, Pluto sei Dank, womöglich hätte Sulla sich sonst gleich an seine Seite gereiht. Verwirrt sah Sulla auf, wen sprach Afer da an? Scher Locus? Was für ein Locus? Irritiert schüttelte Sulla den Kopf. Er hatte den Eindruck, daß der Mann auch nicht ganz klar im Kopf war oder war er wirklich so schockiert, wie er wirkte?
    „Nana, Krank zu sein ist doch kein Verbrechen, guter Mann. Für üble Miasmen kann doch niemand etwas. Aber Du hast etwas von einem medicus erzählt? Ist denn einer gekommen? Ist dieser womöglich noch hier?“
    Womöglich konnte dieser die Angelegenheit erhellen. Marcus sah zu dem probatus und nickte, doch, der junge Mann hatte scharfe Augen und einen wachen Geist, ließ sich nicht von dem Naheliegensten, selbst wenn das falsch ist, beirren, sondern drang zum Kern der Wahrheit. Jetzt, wo der Artorier das erwähnte, fiel auch dem Soldaten auf, daß der Tote ein bißchen zu nass war.
    „Ne, Brandspuren kann ich jedoch keine an ihm entdecken. Ich glaub kaum, daß er gebrannt hat. Aber vielleicht war ihm hitzig? Oder es war wirklich ein Kampf vorher?“
    Sulla tastete auch noch mal, ob am Kopf alles in Ordnung war, doch seine Finger konnten nichts auffälliges finden, für ihn als Soldaten.



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  • Erschrocken war Tychicus bei jedem Fingerstich Afers, der seiner Brust galt, einen kleinen Schritt zurückgewichen, sodass er am Ende der Tirade seines Gegenübers bereits mehrere Schritte weiter hinten stand als vorher.
    Er war froh, dass Menas den Redeschwall Afers unterbrach, und auch, dass Sosius sich sofort für ihn einsetzte.
    Trotzdem hielt er sich, etwas überrupelt von der plötzlichen Feindseligkeit des Schreibers, ersteinmal etwas zurück, bis die Wogen von Afers Gemüt sich wieder ein wenig geglättet hatten.
    Er konnte den Mann jedoch auch verstehen... Wenn man einen Freund oder Kollegen tot im Nebenzimmer vorfand, dann war man danach normalerweise nicht die Ruhe und Besonnenheit selbst. Tychicus hoffte nur, dass der Mann sich in absehbarer Zeit wenigstens so weit beruhigen würde, dass er ihnen endlich einmal handfeste Tatsachen liefern konnte, und nicht nur das wage Gerede fortsetzte, dass er im Augenblick pflegte.
    Der Rediviver glaubte auf jeden Fall nicht, dass irgendein Mann wegen irgendeiner Verlobungsangelegenheit jemanden umbrachte, und vor allem nicht, dass die dazugehörige Frau zu diesem Zeitpunkt vor der Tür gesessen und gelesen habe!


    Tychicus kam es schließlich so vor, als habe Afer herzlich wenig Ahunng davon, was in diesem Officum wirklich vorgegangen war... Vielleicht sollte man sich tatsächlich einmal an die Personen wenden, deren Namen auf dem Pergament standen.

  • Miawas? Afer starrte den Soldaten nur ratlos an. Mit der nächsten Frage konnte er da schon mehr anfangen. "Der Arzt? Der... Nein, der ist schon wieder weg. Hat nur den Tod festgestellt." Afer hob die Schultern und ließ sie mit einem tiefen Seufzer wieder fallen. "Praxagoras Kyrenaios." Was nicht etwa ein griechischer Fluch war, sondern der Name des Arztes. Stumm, jedoch mit skeptischem Blick, verfolgte Afer daraufhin das, was die Soldaten taten und sprachen. Wenn jemandem hitzig war, trank er dann nicht Wasser, statt sich die Kleider halb herunter zu reißen und sich das Wasser überzukippen? Doch Afer sagte nichts. Er setzte sich nur wieder hin und brütete mit stumpfsinnigem Blick vor sich hin.

  • Ein Grieche also, der Soldat nickte, irgendwie schienen alle medici Griechen zu sein, lag es so fern der römischen Fähigkeiten oder interessierte sich keiner für die Kunst des Heilens? Einen Augenblick lang sann der Soldat über jene Frage und spähte zu der kultischen Decke hoch, die wunderschön verziert war, die Decke, ja, die war ihm auch noch nicht aufgefallen. Der Mord! Los!, hämmerte es in seinem Geist, er blinzelte einige Male und nickte zu dem Mann des CDs.
    „In Ordnung, dann werden wir uns um alles weitere kümmern. Menas, sammel' die Beweisstücke ein, Krug, Schriften, was Du finden kannst.“
    Sulla sah sich in dem Raum um, ob es noch was wichtiges gab, aber er konnte nichts entdecken, außer den Toten natürlich, am Besten, sie brachten ihn einfach in die castra zurück, einer ihrer Ärzte würde sicherlich einen Blick auf den Mann werfen können und vielleicht Hinweise auf die Art des Mordes oder eben Nicht-Mordes geben können, Sulla wußte, man durfte sich niemals auf das Offensichtliche verlaßen, es täuschte oft, weil man dann das sehen wollte, was man bereits glaubte und nicht das, wie es wirklich wahr. Einige Sklaven waren recht schnell organisiert, die den Soldaten helfen sollten, der Tote wurde in ein Leinentuch gehüllt und dann auf Schultern hoch gehoben, damit man ihn bis zu einem Wagen – der auch geholt werden mußte – tragen konnte; so wurde es dann auch getan, die Leiche verschwand aus den Räumlichkeiten und vielleicht erinnerte für den Momen nur das wilde Durcheinander und ein naßer Boden an die unglücklichen Umstände in den Räumen.





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  • Es waren ein paar Tage seit der Hochzeit vergangen und nun wurde es Zeit, die Mühlen der römischen Bürokratie zu füttern. So hatten sich Balbus und Vespa auf den Weg zur Regia des Cultus Deorum gemacht und waren dort zum Officium der Eheregistratur gewandert.
    Nun standen sie vor jener Tür und Balbus klopfte an.

  • Da standen sie nun beide und warteten darauf ihre Verbindung nun auch richtig offiziell zu machen. Sie befand sich hinter Balbus als dieser anklopfte. Im Grunde war es nur ein Routinevorgang und dennoch war Vespa ein wneig kribbelig zu Mute. Es wüürde ja gleich vorbei sein, redete sie sich ein. Gleich vorbei und dann wäre es wirklich endgültig.

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