- Officium XXVI

  • Auf ihre Frage hin öffnete ich sämtliche Schranktüren und sonstigen Stauraum, bis ich tatsächlich einige Handtücher finden konnte und reichte eines davon Axilla. Ich musste unbedingt einen Sklaven finden, der sich in Zukunft um solche Sachen kümmerte. Im Moment war ich aber noch recht unvorbereitet und hatte kaum damit gerechnet, dass ich schon in der ersten Woche meiner Tätigkeit für solche Eventualitäten gerüstet sein müsste.


    Mir gefiel, wie sie mich weiter herausforderte. Natürlich war ich nicht mehr bei voller Konzentration, aber das würde wohl eher zu ihrem, denn zu meinem Vorteil gereichen. Mir gefiel, was ich bisher von ihr gesehen hatte und ich wollte keineswegs, dass das für alle Zeit alles gewesen sein sollte. Also nahm ich dankend ihr wohlwollendes Resümee zu meiner Person entgegen und machte mich dann an die Beantwortung ihrer Fragen: "Ich wohne in der Casa meiner Familie auf dem Esquilin, möchte aber alsbald eine angemessere und größere Immobilie erwerben. Zusammen mit meinem Sohn aus erster Ehe, Titus Torquatus, der bald seinen eigenen Weg beschreiten wird. Ansonsten keine Kinder", entgegnete ich ehrlich ihrer Befragung. Nun gut, in Alexandria konnte ich womöglich das ein oder andere uneheliche Kind gezeugt haben, aber wer wusste das schon genau. "Mein Vater ist tot, mein Onkel ist tot. Ich habe nur einen jüngeren Bruder - oder hatte zumindest einen, ich weiß nicht wo er verblieben ist oder ob er ebenfalls tot ist. Du siehst also, meine Verwandtschaft ist übersichtlich." Axillas Verwandtschaft kannte ich namentlich ja bereits, zumindest den wichtigsten Teil. Genaugenommen interessierte sie mich allerdings auch nicht sonderlich, sondern wenn überhaupt Axilla selbst - vor allem auch ihre Kontakte und Verbindungen, wenn sie schon von Spionen sprach. "Wie steht es um deine geschäftlichen Aktivitäten und Kontakte?", fragte ich ohne Umschweife und ganz pragmatisch.

  • Also einen Sohn, der vom Alter wohl irgendwo zwischen Cossus und Atticus anzusiedeln war. Das könnte vielleicht zu einem Problem werden, insofern der Junge sie nicht leiden mochte, aber im großen und ganzen hatte Axilla ja durchaus Übung mit pubertierenden und vorpubertierenden Jungs und war zuversichtlich, damit gut klar zu kommen. Außerdem nahm das ein wenig den Druck von ihr, möglichst noch einen Sohn zu produzieren, wenn der Fabier – Torquatus! Verdammt, Torquatus! - bereits einen Stammhalter hatte. Axilla wollte noch ein Kind, eben deshalb wollte sie ja überhaupt auch nur einen neuen Ehemann. Also, deshalb, und wegen dem, was hier gerade auf dem Tisch stattgefunden hatte. Aber wer wusste schon, wie schnell es klappte, und ob es dann ein lebensfähiger Junge wäre? So hatte es durchaus Vorteile.


    Axilla machte sich einigermaßen sauber und trocken, ehe sie ihr Kleid wieder über ihre Beine nach unten gleiten ließ. Trotzdem blieb sie gegen den Schreibtisch gelehnt so stehen. Sie käme sich mehr als albern vor, nun wieder zurück um den Tisch zu gehen, um sich dort wie zu einer einfachen Geschäftsbesprechung hinzusetzen. “Ich habe einen sehr erfolgreichen Architekten hier in Rom, einen Marmorbruch in Luca, eine Werkzeugschmiede in Mantua und mein persönliches Herzstück, einen Farbhändler in Alexandria. Letzteren habe ich von meinem Vetter geschenkt bekommen, und letztendlich alles damit erwirtschaftet. Mein Sohn hat dazu passend noch einen Malerbetrieb, der mich mit fertig angemischte Farbe für meinen Architekten versorgt. Ah, und ich habe einem Veteranen, Tallius Priscus, einen Steinbruch finanziert, der mir im Gegenzug den passenden Tuff und Travertin liefert. Einen Imkerbetrieb habe ich an Purgitius Macer verkauft, der meine Betriebe nun mit Wachs versorgt. Ebenso unterhalte ich Geschäftsbeziehungen zu den Aureliern. Früher hatte ich noch gute Kontakte zu den Duccii in Mogontiacum und ihrem Handelskonsortium dort, aber der Kontakt ist etwas eingeschlafen in den letzten Jahren.“ Kurz überlegte Axilla, ob sie etwas wichtiges vergessen hatte. “Ich kannte auch mal einige Flavii und natürlich die Aelii, aber von meinen direkten Bekannten weilt glaube ich niemand mehr in Rom. Und natürlich sämtliche Nachbarn und Bekannte von Verwandten, die ich ansprechen konnte, dazu noch Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter der Acta Diurna. Axius Lucro [size=5](NSC)[/size] gibt wohl die besten Feste zu Feiertagen des Bacchus, wenn du verstehst“, zwinkerte Axilla Torquatus zu. Sollte er einmal Lust auf eine kleine oder größere Orgie haben, wusste sie, wohin man gehen sollte.


    Axilla überlegte kurz, und entschied dann, dass die Informationen im Grunde für sie ausreichend waren. Hätte Torquatus ihr nicht so unkonventionell einen Antrag gemacht, vermutlich wäre er auf ihrer Liste potentieller Ehemänner so oder so gelandet. Sie hatte nicht das geringste dagegen, die Suche hier und jetzt abzukürzen. Insbesondere, weil sie beide körperlich sehr zu harmonieren schienen.
    “Wenn ich dich heirate, hätte ich einige Bedingungen. Nichts ungebührliches, aber ich will es angesprochen haben. Meine Söhne begleiten mich, ich werde sie keinesfalls zurücklassen.“ Der Punkt war auch nicht verhandelbar für Axilla. Sie hatte ihre Kinder nicht groß gezogen, durch einen Bürgerkrieg und die schmachvolle Zeit danach gerettet, um sie jetzt sich selbst zu überlassen. Cossus war ja auch erst zehn! Das musste Torquatus verstehen, ansonsten würde es wohl zwischen ihnen beiden nichts werden.
    “Und vermutlich werden dir noch viele Frauen schöne Augen machen und versuchen, ihre Reize einzusetzen, um sich eine Gefälligkeit zu erbitten. Du musst mir weiß Venus nicht treu sein“, das von einem Mann zu verlangen wäre wahnsinnig gewesen. Axilla war der festen Überzeugung, dass Männer eben so waren und auf die Reize der Frauen reagierten oder ab und an eine Lupa besuchten, oder gar eine Geliebte hatten. Das störte sie nicht im Mindesten. Sie war sich auch sicher, dass Imperiosus mehr als eine Frau in der Zeit seiner Abwesenheit beglückt hatte. “Solange du mich dahingehend nicht vernachlässigst. Aber ich möchte deine Zusicherung, dass du kein Kind annimmst oder adoptierst, ohne meine Zustimmung dazu.“ Immerhin ging es da auch um ihr potentielles Kind und seine Erbschaftsansprüche gegenüber seinem Vater. Jede Frau mit ein bisschen Verstand würde eine ähnliche Abmachung verlangen.

  • Interessiert folgte ich Axillas Ausführungen und war durchaus beeindruckt. Sie war anscheinend gut vernetzt und kannte die ein oder andere wichtige Person. Nun wusste ich auch, wie sie all die Jahre ohne den Pompeier zurecht kam und mir gefiel, dass sie eine gewisse Eigenständigkeit entwickelt hatte, die sie auch in Zukunft wahren wollte. Ich dagegen war in Rom noch kaum vernetzt und wollte dahingehend von ihrem guten Namen und der allgemeinen Bekanntheit der Iunier profitieren. Wenn ich im Gegenzug ihr den ein oder anderen Gefallen erwies, konnte dies ein für beide Seiten profitables "Geschäft" werden. Natürlich hatte diese Beziehung auch nicht nur rein formelle Vorteile, wie sich auf meinem Schreibtisch zuvor eindrücklich gezeigt hatte. "Axius Lucro scheint mir ein interessanter Kontakt zu sein", kommentierte ich letztlich ihre Ausführungen zu ihren Geschäften und ihren Beziehungen etwas lapidar, aber nur weil ich keinerlei weitere Fragen dazu hatte. Das ein oder andere würde sich sicher erst noch in nächster Zeit ergeben, aber für den Moment reichten mir die Informationen aus, um mir ein Bild von meiner potentiellen Frau zu machen. Abgesehen davon hatte ich Feste und Orgien zu Feiertagen des Bacchus - und eigentlich auch zu jeder anderen Zeit - durchaus zu schätzen gelernt.


    Als ich das Wort "Bedingungen" hörte, wurde mein Blick schlagartig etwas strenger - eine Eigenheit, die ich selbst nicht bemerkte, wenn es um "geschäftliche" Themen ging. Das was folgte, konnte mich aber kaum ins Stutzen bringen, geschweige denn meine Entscheidung beeinflussen. Sie wollte ihre Söhne nicht zurücklassen - damit konnte ich gut leben. Zwar waren sie Sprösslinge des Pompeiers, aber da dieser sowieso schon lange abwesend war und wohl kaum noch eine Bindung zu ihm bestand, konnte ich sie auch für meine Zwecke nutzen. Immerhin gehörten sie dann zur Familie. Folglich signalisierte ich mit einem Nicken meine Zustimmung.


    Daraufhin erteilte mir Axilla einen Freifahrschein, um mich während der Ehe auch anderweitig zu vergnügen, solange ich sie nicht vernachlässigte. Ein etwaiges Versprechen in der Hinsicht, dass ich ihr treu sein müsste, hätte ich auch als mehr als fragwürdig empfunden. Immerhin war es durchaus üblich, dass ein Mann meines Standes sich mit der ein oder anderen Konkubine vergnügte. Andererseits verschwendete ich daran im Moment keinen Gedanken, denn Axilla war eine der attraktivsten und aufregendsten Frauen, die ich je gehabt hatte. Das konnte sich natürlich ändern, aber aktuell war mein Interesse, mich mit ihr zu vergnügen, weitaus größer als mein Interesse an sonstigen Gespielinnen.


    Überdies sollte ich keine Kinder ohne ihre Zustimmung annehmen. Auch mit dieser Bedingung konnte ich mich arrangieren, denn einen Erben hatte ich ja bereits. Außerdem erhoffte ich mir natürlich auch von ihr weiteren Nachwuchs. Insofern nickte ich ein weiteres Mal zustimmend und teilte abschließend mit: "Ich bin mit deinen Bedingungen einverstanden." Nach einer kurzen Pause fuhr ich fort: "Vielleicht sollten wir die weiteren Angelegenheiten in einem angemesseneren Rahmen diskutieren. Ich schlage vor, du lässt von deinen Bediensteten einen Ehevertrag nach deinen Vorstellungen aufsetzen und ich teile dir dann meine Bedingungen mit. Immerhin hast du Erfahrung in solchen Dingen", offerierte ich ihr amüsiert, wobei ich mir eine Bemerkung zu ihren vorangegangen Ehen nicht verkneifen konnte.

  • Dass er sich bei all diesen Namen ausgerechnet den Axius rauspickte, brachte Axilla zum Schmunzeln. Oh, sie glaubte, sie würde noch viel Spaß mit Torquatus haben. Sehr viel Spaß. “Mal sehen, wann sich die Gelegenheit ergibt, euch vorzustellen“, meinte Axilla vieldeutig und zwinkerte ihrem wohl baldigen Ehemann dabei zu. Sie selbst war schon lange nicht mehr auf einem seiner Feste gewesen. Hauptsächlich, um keinen Anlass zu Tratsch zu bieten, während Imperiosus weg war. Niemand sollte sie des Ehebruches bezichtigen. Aber wenn Torquatus mit ihr zu so einem Fest gehen würde, wäre das natürlich wieder etwas ganz anderes.


    Dass er zu all ihren Punkten nickte, erleichterte Axilla doch unwahrscheinlich. Es war nicht so, dass sie ernsthaft mit Ablehnung gerechnet hätte, ihre Forderungen diesbezüglich waren ja allesamt sehr vernünftig. Dennoch war es schön, zu hören, dass er dem Ganzen zustimmte und keine Hinderungsgründe sah. Seine Spitze bezüglich ihrer früheren Ehen zog dennoch einen leicht fragenden Blick nach sich. War er etwa eifersüchtig? “Erfahrung hast du doch auch? Als Mann im Zweifel sogar mehr als ich.“ Eigentlich hatte Axilla ja auch nur bestenfalls eine Ehe 'Vorsprung', und die mit Archias hatte nur vier Monate überlebt, ehe er vor lauter Eifersucht vom tarpejischen Felsen gesprungen war. Aber gut, das war sicher kein Punkt, um darüber in Streit zu geraten. Wenn er wollte, dass sie den Vertrag aufsetzte, sollte es ihr nur Recht sein. “Wenn du mir aber deine Vorstellungen zur Höhe der Dos beispielsweise schon mitteilen würdest, ginge das Aufsetzen des Vertrages sicherlich einfacher. Achja, da ich ja ohnehin im Anschluss noch in die Regia wollte, um meine Scheidung aktenkundig zu machen: Soll ich auch gleich unser Verlöbnis eintragen lassen, oder legst du auf dieses ganze Brimborium keinen Wert?“ Axilla war es reichlich egal. Sie hatte auf diese hochoffiziellen Festlichkeiten noch nie gesteigerten Wert gelegt. Solange sie am Ende sich wieder eine verheiratete Frau und eine Ritterin nennen konnte, würde sie sich hierbei gänzlich nach Torquatus richten.

  • "Ich bin bereits in freudiger Erwartung darauf", grinste ich ebenso vieldeutig zurück und schweifte dabei gedanklich kurz ab. Der Gedanke, wie Axilla...nein, jetzt galt es die offiziellen Dinge zu regeln und dieses Geschäft zum Abschluss zu bringen. Etwaige Phantasien in dieser Richtung konnte ich noch bald genug ausleben, denn Axilla schien dabei ebenso offen eingestellt wie ich selbst es war.


    Ihr fragender Blick im Hinblick auf den Ehevertrag blieb mir nicht verborgen, sodass ich recht schnell zu der Annahme kam, dass sie meine Bemerkung falsch verstanden hatte. Eifersüchtig war ich keineswegs, immerhin war der eine Ex-Mann tot und der andere verschollen. Vielmehr beabsichtigte ich auszudrücken, dass sie wohl zuvor bereits einen inhaltlich auch für unsere Beziehung adäquaten Ehevertrag eingegangen war, wohingegen meine erste Ehe im Alter von 16 Jahren kaum eines recht umfangreichen Vertrags bedurfte. Allerdings schien mir das Missverständnis nicht erheblich genug, um es an dieser Stelle aufklären zu müssen, und so widmete ich mich Axillas weiteren Worten. "Ich halte eine Dos in Höhe von 50 Aurei für angemessen", stellte ich zunächst eine Summe in den Raum. "Allerdings habe ich mehr Interesse an Grund als an Geld", formulierte ich nun meinen tatsächlichen Gedanken. "Also wäre ich bereit, den Grundstücksertrag weiterhin dir zu überlassen." Ich wusste genau, über wie viel Grund Axilla verfügte. Nicht zuletzt deswegen war sie ja auch eine gute Partie für mich. "Auf eine Eintragung eines Verlöbnisses lege ich keinen Wert, aber dir steht es frei, bei dieser Gelegenheit eine Eintragung vorzunehmen", fügte ich dann noch gleichgültig hinzu. Ein Verlöbnis hatte ohnehin keine sonderliche rechtliche Aussagekraft - abgesehen davon, sollte der tatsächliche Ehevertrag ohnehin alsbald geschlossen werden.

  • So ganz verstand Axilla den Sinn nicht, Land als Dos haben zu wollen, gleichzeitig allerdings nicht dessen Erträge beziehen zu wollen, nicht wirklich. Der Sinn von Grund und Boden bestand ja in dessen Erträgen. Und genug Land, um Ritter zu sein, schien Torquatus ja schon zu haben, so dass ihm weiteres, ertragloses Land beim Census keinen Vorteil brächte. Zumal er Grund und Boden aus einer Dos nicht weiterverkaufen konnte, da er ihn im Falle einer Scheidung ja zurückgeben musste. Aber vielleicht übersah sie auch irgend etwas?
    “Gut, dann ein Grundstück. Und zu der Eintragung... das brauch ich nicht. Wir haben ja nicht vor, eine Sponsalia zu feiern, oder? Und bevor irgend jemand fragt, warum er nicht eingeladen wurde, und dann beleidigt ist, können wir die Eintragung auch sein lassen. Wir sind ja keine fünfzehn mehr und können auch keine Eltern enttäuschen“, lächelte Axilla ihren 'Verlobten' an.
    Sie überlegte, ob sie noch etwas anzusprechen hatte, ehe sie sich über so Dinge wie einen Zeitplan Gedanken machen konnten. “Eine Sache noch: Die Parentalia.“ Axilla beobachtete Torquatus bei diesen Worten sehr genau. Sie hatte ja keine Ahnung, wie religiös oder auch nicht religiös er war, und ob er an ihrem Vorschlag Anstoß nehmen würde, oder nicht. So, wie sie ihn einschätzte, war es wohl eher kein Problem, aber da auch er offensichtlich viel tote Verwandtschaft hatte und gerade dieser Punkt bei den allermeisten Römern sehr sensibel war, wusste man ja nie. “Mein Vater hatte keinen Sohn, so dass nur ich da bin, sein Andenken zu bewahren. An einem Tag der Parentalia werde ich also mit meinen Kindern das Familiengrab der Iunii besuchen und dort die Riten vollziehen.“ Und das schloss noch kommende Kinder mit ein.

  • Tatsächlich beabsichtigte ich im Fall der Fälle mein eigenes Land an meinen Sohn Titus weiterzugeben, sodass ich über die Dos für den Census abgesichert war. Aber das war nur Zukunftsdenken und konnte Axilla natürlich nicht erahnen. Sollte es zu einer Scheidung kommen, musste ich mich anderweitig absichern, aber vor der Ehe bereits eine mögliche Scheidung in Erwägung zu ziehen, war selbst für mich zu viel der Eventualitäten. "Nein, eine Sponsalia zu feiern wäre sicher übertrieben. Allerdings würde ich gerne Hochzeitsfeierlichkeiten abhalten", meinte ich dann zu den Festivitäten. Darauf wollte ich nicht verzichten, diente eine solche doch auch dem Zweck sich einen Namen in der Gesellschaft Roms zu machen und Kontakte zu knüpfen.


    "Jaja, natürlich", entgegnete ich dann etwas lapidar und mit einer Hand abwinkend zu den Parentalia. Sollte sie eben mit ihren Kindern das Andenken ihres Vaters bewahren - das war nichts, was mich in geringster Weise hätte stören können. Womöglich dachte eine Vielzahl der Römer da anders, aber ich war alles andere als ein religiöser Fanatiker, auch wenn ich die Götter - zumindest ab und an - ehrte.


    "Ich schlage vor ich treffe dich alsbald im Haus deiner Familie, um uns um den weiteren Ablauf zu kümmern." Dass ich das Treffen nicht bei mir arrangierte, mochte vielleicht ebenso unüblich sein, aber so konnte ich wenigstens ihre Verwandtschaft kennen lernen, so sie denn in Rom weilte. Abgesehen davon konnte ich dort vielleicht etwas Inspiration für die neue Heimstätte meiner Gens finden.

  • Achja, eine Hochzeitsfeier war wohl obligatorisch und nicht vermeidbar. Axilla seufzte bei der Aussicht leicht, sie hasste solche Feiern, die so repräsentativ waren und wo man nicht einfach sein konnte, wie man nunmal war. “Ja, die müssen wir wohl feiern. Darüber sollten wir dann noch genauer sprechen, was du dir vorstellst. Das ganze Brimborium mit tunica recta und Fruchtbarkeitssegen und Opfer von irgendwelchen Puppen können wir denke ich auslassen. Ich bin ja ganz nachweislich keine Jungfrau mehr.“ Bei diesen Worten erhielt Torquatus einen verschmitzten Blick, der durchaus auch als Aufforderung verstanden werden konnte. Sie war zwar der festen Überzeugung, dass Torquatus für die nächste Stunde noch mindestens befriedigt wäre und eine Wiederholung des eben geschehenen damit äußerst unwahrscheinlich. Trotzdem konnte man sich ja gegenseitig schon ein wenig Appetit auf das nächste Mal machen.


    Nachdem Torquatus seine Zustimmung zum Totenkult gegeben hatte, war Axilla eigentlich wunschlos glücklich. Die Ansprüche, die sie an Namen und dergleichen gehabt hatte, hatte sie schon mit Imperiosus umgesetzt und Atticus war der lebende Beweis. Im Grunde konnte sie sich gar nichts mehr wünschen. Torquatus war ein wirklich guter Fang, vom Wesen her schienen sie beide – soweit man das aufgrund dieser einen Begegnung sagen konnte – ähnlich gestrickt, körperlich passte auch alles sehr gut zusammen, sie verstanden sich gut, was sollte sich eine Frau da noch mehr wünschen?


    Dass es irgendwie ungebührlich sein könnte, wenn Torquatus sie in ihrem Zuhause besuchte, wäre Axilla so nie eingefallen. Natürlich konnte er auch das Heim seiner zukünftigen Braut aufsuchen. Dort redete es sich wahrscheinlich wirklich bequemer, als hier im Officium. Sie würde ihn auch definitiv einmal vor einer Hochzeit in seinem Heim besuchen, schon allein, um zu sehen, wie und wo er gerade wohnte und ob es wirklich nötig war, in ein größeres Haus umzuziehen. Wobei Axilla ja gleich einen hervorragenden Architekten bei der Hand hatte, sollte er ein neues Heim errichten wollen.
    “Oh, gerne. Heute könnte es meine Verwandten etwas überraschen... und morgen Abend bin ich mit einer Freundin meine Scheidung feiern. Aber wenn du übermorgen vorbei kommen willst, dann komm gerne. Zum Abendessen? Du könntest auch deinen Sohn mitbringen, damit ich ihn und die Kinder sich gegenseitig kennen lernen. Oder wolltest du über Nacht bleiben?“ Noch so ein kleiner Appetitanreger. Wobei sie durchaus nichts dagegen hatte, in absehbarer Zeit einmal etwas bequemeres Mobiliar bezüglich ihrer körperlichen Kompatibilität auszutesten.

  • Über den genauen Ablauf der Feierlichkeiten galt es wohl tatsächlich noch zu sprechen, aber darüber hatte ich mir beim besten Willen noch keine Gedanken gemacht. Immerhin hatte ich heute morgen keineswegs damit gerechnet, dass meine zukünftige Ehefrau gleichsam eine Bittstellerin in meiner neuen Funktion als Procurator a memoria sein würde. Gemeinhin war ich aber kein Freund von hochoffiziellen und prozessualen Abläufen, sondern konnte mich für Überraschungen und Besonderheiten weitaus mehr begeistern. Immerhin sollte man mich im Gedächtnis behalten und dazu war die tausendste Hochzeit im Jahr mit demselben stringenten Ablauf wohl kaum geeignet. Auf Axillas vielsagenden Blick hin spielte ich kurz mit dem Gedanken, dem werten Axius Lucro vielleicht die Organisation einer Orgie anzutragen, aber dafür konnte ich unter anderem meinen Patron - den ich natürlich zu den wichtigsten Gästen zählte - wohl kaum gewinnen. "Nein, nein, auf das ganze Brimborium können wir sicher verzichten. Viel Wein, üppige Speisen und eine erlesene Auswahl an Gästen, das sollte genug sein", entgegnete ich Axilla, wobei ich noch immer mein zuvor gedanklich gemaltes Bild vor Augen hatte.


    "Mein Sohn Titus ist noch einmal nach Alexandria zurückgekehrt, weil unser Aufbruch nach Rom doch recht abrupt war und es noch einige Angelegenheiten zu regeln gilt - unter anderem den Verkauf unserer dortigen Besitztümer", erklärte ich zunächst die Absenz meines Sohnes, die für mich selbst in diesem Fall von Vorteil war. "Einer gemeinsamen Nacht bei dir steht also nichts im Weg", spielte ich den Ball vielsagend zurück. Wenngleich ich für den Moment zufriedengestellt war, machte unsere kurze aber doch intensive Zusammenkunft natürlich Appetit auf mehr. Und mehr als einen Tag Abstinenz wollte ich mir bei dieser Frau auf keinen Fall zumuten.

  • Bei der Beschreibung war sich Axilla irgendwie ziemlich sicher, dass das Ganze doch wieder in ziemlich viel Brimborium enden würde. Aber irgendwie wäre es auch keine richtige Hochzeit, wenn davor nicht alle Leute wie wild mit Vorbereitungen beschäftigt wären. Trotzdem würde Axilla froh sein, wenn der Zirkus vorbei wäre.


    Dass sein Sohn gerade in Alexandria war, war natürlich etwas betrüblich. Das hieß auch, dass er dort mehrere Monate sein würde, weil vor März wohl kein Schiff nach Norden aufbrechen würde, um den Winterstürmen über dem Mittelmeer zu entgehen. Kein Kapitän riskierte sein Schiff ohne verdammt guten Grund. Also würde Axilla den Jungen wohl vorerst nicht kennenlernen. Und wenn Torquatus auf seine Anwesenheit bei der Hochzeit wert legte, würde es bis dahin auch noch eine ziemliche Weile dauern. Und das wiederum bedeutete, dass Axilla dringend einen Händler für Granatapfelkerne und Engelwurz auftreiben musste. Und Minze. Viel Minze. Sie würde keinesfalls eine Schwangerschaft riskieren, die außerhalb der gesetzlichen Zeit zu einer Geburt führen würde. Für heute und in ein paar Tagen bestand da glücklicherweise keine Gefahr, dafür war ihre anstehende Blutung schon zu nah, aber Axilla war sich sicher, dass es vor der Hochzeit noch zu weit mehr Kontakt kommen würde, insbesondere, wenn diese noch Monate auf sich warten ließ.
    Von ihren Gedanken ein wenig abgelenkt, verpasste sie den rechten Einsatz für eine Riposte und lächelte erstmal nur vielsagend. “Nun, dann wäre es vielleicht besser, ich würde dafür sorgen, dass alle außer Haus und wir ungestört sind.“ Cossus könnte einfach bei einem Freund in der Nachbarschaft übernachten. Atticus und Agricola loszuwerden, könnte da aber schon schwieriger sein. Aber Axilla war zuversichtlich, das auch hinzubekommen.
    “Ich versuche, bis dahin schon einmal etwas aufzusetzen. Du hast sicher auch Menschen, die du vorab informieren willst? Einen Termin können wir dann bei der Gelegenheit auch absprechen.“

  • Bis März würde ich mit der Hochzeit sicherlich nicht warten und deswegen auch auf die Anwesenheit meines Sohnes verzichten, aber das konnte Axilla natürlich nicht wissen und würde bei der Terminierung der Feierlichkeiten sicher noch zur Sprache kommen.


    Ich nickte zustimmend auf ihr formuliertes Bemühen hin für Privatsphäre am Abend zu sorgen, wenngleich ich mich nicht unbedingt an Zuhörern störte. Ganz offensichtlich war auch Axilla in der Beziehung recht offen, sonst hätte sie sich wohl kaum hier im Officium ihrer Lust hingegeben. Obwohl ich in Erziehungsthemen nicht sonderlich bewandert war, vermutete ich, dass sie wohl ihre Kinder keiner unangenehmen Situation aussetzen wollte.


    "Den ein oder anderen sicherlich." Wen genau ich vorab informieren wollte, musste ich selbst noch eruieren, aber darüber würde ich mir später Gedanken machen. Für den Moment aber schienen die wichtigsten Angelegenheiten geklärt, sodass ich mich noch einmal aus meinem Stuhl erhob, mich selbstbewusst zu ihr bewegte und Axilla zum Abschied einen innigen Kuss gab. Eine rein formelle Verabschiedung erschien selbst mir nach diesem intimen Zusammentreffen unangemessen. "Vale, Axilla", flüsterte ich ihr noch mit einem zufriedenen Lächeln entgegen.

  • Anscheinend war jetzt und hier alles besprochen, was es zu besprechen gab. Und das war ohnehin schon weit mehr, als Axilla gedacht hatte, zu besprechen. Noch immer war die Entwicklung der Ereignisse mehr als überraschend und geradezu göttlich komödiantisch. Im Grunde genommen war sie nun seit ihrem sechzehnten Lebensjahr immer mit dem Procurator a memoria verheiratet, abgesehen von dem einen Jahr, in dem sie Trauer einhalten musste und nicht heiraten durfte. Verrückt!


    Zum Abschied gab es noch einmal einen langen Kuss, den Axilla noch zusätzlich ausdehnte, um sich ganz eng an Torquatus zu reiben. Ah, er roch gut. Axilla mochte es unheimlich, wenn Männer gut rochen. Diesen Geruch wollte sie am liebsten mitnehmen. Als Antwort auf seine Abschiedsworte schnurrte sie leise und schnappte einmal gespielt mit den Zähnen nach ihm, nur, um ihm noch einmal einen kleinen Kuss zu geben. Nein, ein braves, schüchternes Weib war Axilla definitiv nicht. “Vale, Torquatus“, flüsterte sie ihm noch einmal zu, während sie ihre Hüfte bewusst gegen seine drängte, ehe sie die Verbindung löste.


    Und dann ging sie. Nicht wie eine Bittstellerin, nicht wie ein verliebtes Mädchen und erst recht nicht wie jemand, der sich davor fürchtete, welche Reaktionen wohl hinter der Türe auf ihn warten würden. Axilla war sicher, dass gleich wohl sämtliche Primicerii und Scribae und selbst die Sklaven der Kanzlei einen heimlichen oder auch einen offenen Blick auf die Frau erhaschen würden, die hier eben die Wände zum wackeln gebracht hatte. Aber von Scham darüber war Axilla weit entfernt. Nein, sie schritt davon mit dem Selbstverständnis einer Königin, die einmal mehr wusste, dass die Welt ihr gehörte, die Bewunderung genoss und die abfälligen Blicke einfach ignorierte. Torquatus erhielt noch ein letztes, verheißungsvolles Lächeln über die Schulter, und dann war sie auch schon zur Tür hinaus.

  • Nachdem man unbeabsichtigt den einen Procurator genervt hatte stand man nun vor der Tür des nächsten. Des richtigen.


    Cerretanus klopfte kräftig an die Tür und wartete.


    Was der wohl wollte grübelte der junge Germanicer. Hoffentlich will er nicht dass icj das Archiv aufräume. So wie es da aussieht würde ich länger dafür benotigen als man für den Bau des Kolloseums benötigt hatte.

  • Unvermittelt wurde ich aus meinen Gedankenspielen gerissen, als ich ein Klopfen vernahm. So recht wollte mir ein strukturiertes Arbeiten in den letzten Tagen nicht gelingen, weilten meine Gedanken doch eher bei meiner zukünftigen Frau. Immerhin konnte ich mir momentan weitaus reizvollere Dinge vorstellen als die Bearbeitung eines Aktenstapels. Vielleicht konnte der Termin, den ich ganz offensichtlich vergessen hatte, ja etwas Abwechslung und Unterhaltung bieten. Erwartungsvoll nahm ich also hinter meinem Schreibtisch platz, nahm noch einen Schluck verdünnten Wein und bat den Besucher sogleich mit einem lauten "Herein" in mein Officium.

  • Cerretanus trat ein und schloss die Türe hinter sich.


    “ Salve, Procurator. Ich bin Germanicus Cerretanus. Der neue Notarius un der Abteilung des a epistulis. Mir wurde ausgerichtet du wünschst mich zu sehen.“ erklärte er sein Hiersein.


    Die Hände am Rücken aufeinander gelegt blickte er den Procurator an, blickte sich dann kurz um Officium um und fixierte wieder sein Gegenüber.

  • "Ah ja, endlich", entgegnete ich direkt und bat den Notarius mit einem Wink in mein Officium. Ich dachte schon, der ab epistulis würde meiner Anfrage erst in der nächsten Wahlperiode nachkommen. "Ich habe eine dringende Aufgabe für dich, Germanicus", begann ich dann ohne Umschweife und mit Nachdruck. "Der Kaiser höchstselbst beabsichtigt zu den Ludi Palatini in seiner Funktion als Pontifex Maximus ein Opfer auszurichten. Zur Organisation und Planung habe ich vor gefühlten Ewigkeiten das Collegium Pontificium kontaktiert. Aber anscheinend fühlt sich in diesem Collegium niemand bemüßigt, eine Anfrage im Namen unseres Kaisers zu bearbeiten!", führte ich dann lauter aus. "Ich will, dass du das Collegium in der Regia aufsuchst und einen der werten Herren zu mir ins Officium lädst. Natürlich brauche ich einen Mann, der bei der Organisation und Planung des Opfers auch zur Unterstützung fähig ist!" An der Befähigung des Collegiums als Ganzes konnte ja durchaus gezweifelt werden, wenn es schon Anfragen der Kanzlei nicht bearbeitete. Aber vielleicht konnte der Germanicus innerhalb dieser greisen Einrichtung einen Glücksfall ausfindig machen, der weiterhelfen konnte. "Verstanden? Und nochmal: Diese Aufgabe hat absoluten Vorrang, lass alles andere liegen. Immerhin stehen die Ludi Palatini schon fast vor der Tür!" Und allmählich fühlte auch ich mich unter Druck gesetzt, was mir absolut nicht behagte.

  • “ Ei ei ei. Da scheint der Amtsschimmel schon edler sein. Also Amts(edel)schimmel.“ entfuhr es Cerretanus als erste Reaktion. Er schluckte und schoß gleich ein “Entschuldigung“ nach.


    Naturlich war das kein Zustand um Späße zu reißen, dennoch konnte sich der Germanicer eine derartige Aussage nicht verkneifen.


    “ Natürlich werde ich mich sofort darum kümmern. Wo käme man denn hin wenn sogar die Aufgaben und Wünsche des Imperators, in diesem Fall die des Maximus Pontifex, verschleppt oder gar ignoriert werden.
    Ich werde mir eine Abschrift deiner Anfrage heraussuchen und diese bei dem Gespräch aufzeigen. Zur Sicherheit nur.“

  • Ich lachte amüsiert, als der neue Notarius sich einen Spaß über das Collegium erlaubte. Eigentlich war das Verhalten des Collegiums ein Unding und erforderte durchaus eine gewisse Ernsthaftigkeit - andererseits war ich immer für einen Scherz zu haben, wenn er die Unzulänglichkeiten der richtigen Person oder einer Personengruppe unterstrich. "Du bist ja ein richtiger Komiker, Germanicus", kommentierte ich knapp, bevor meine Mine wieder ernst wurde. "Dennoch muss ein solch dilettantisches Verhalten natürlich gründlich hinterfragt werden. Immerhin handelt es sich bei diesem Verein um nichts geringeres als die höchste Institution des Cultus Deorum!" Wieder einmal wurde ich darin bestätigt, dass meine Skepsis gegenüber den kultischen Einrichtungen durchaus berechtigt war. "Achja, wenn du in der Regia keinen passenden Ansprechpartner findest, dann suche den Pontifex pro magistro in seinem privaten Heim auf. Oder am besten gleich den Rex Sacrorum. In irgendeinem Loch müssen sich die Verantwortlichen ja verstecken", meinte ich dann mit spöttischem Unterton.

  • “ Mit Kerzenschein und Weihrauch in der Luft oder Pilzen am Herd“ meinte Cerretanus lakonisch.
    “ Ich werde mein bestes tun, Procurator.“ fuhr er beruhigend fort und verabschiedete sich dann mit einem “ Vale“

  • Mot niedergeschlagenen Gesochtsausdruck und tiefen Sorgenfalten auf der Stirn klopfte der junge Germanicus an die Türe. Was sollte er dem a memoria nun sagen? Der kaiser kann als Alleinunterhalter im Tempel die Zeremonie durchziehen oder dass man ein paar Laiendarsteller ais dem Theater engagieren solle um die fehlenden Priester zu ersetzen?
    Vor seinem geistigen Auge sah sich Cerretanus schon mit Löwen kämpfen zur Befriedigung der Götter, des Kaisers und dem Volk. Jeder hat seine 15 Minuten Ruhm....wenns überhaupt 15 Minuten wären.

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