Die ersten Strahlen der Sonne strichen über das gewaltige Amphiteather. Kurze Zeit später war die ganze Tempelanlage von Epidaurus in morgentliches Licht getaucht.
Die ganze Stätte war ein riesiges Heiligtum des Asklepios. Tempel, Gästehäusser, Bäder, Behandlungszentren.
Nicht nur aus Griechenland, aus dem ganzen Imperium kamen die Kranken hierher, um sich hier, an der Heimstätte des Heilens behandeln zu lassen.
Dioskurides, ein älterer Mann, Arzt und Priester beugte sich zu seinem Patienten herunter.
Dieser hatte am frühen Abend wieder einen Anfall gehabt und sie hatten die Nacht über schon sein Leben fliehen sehen. Doch jetzt im Lichte des Morgens hatten sich die Krämpfe aufgelöst und Farbe kehrte in das blasse Gesicht zurück.
Sein Atem ging ruhiger und der Körper hatte sich entpannt, war übergegangen in erholenden Schlaf.
Dioskurides war mit seinem Wissen am Ende. Erst hatte es so vielversprechend ausgesehen, als der Mann hier angekommen war. In den ersten Wochen war es ihm stetig besser gegangen, doch dann ...
Von einem Tag auf den anderen hatten die Anfälle eingesetzt. Erst selten und nun immer öffters. Und jedesmal schwerer. Keine der Behandlungen hatte angeschlagen, kein Opfer Besserung gebracht.
Dioskurides seufzte schwer. Nicht das er sowas zum ersten Mal erlebet. Nein gewiss nicht. Schon oft, viel zu oft, hatten sie nichts mehr ausser dem Lindern der Schmerzen tun, dem Tod nur Stunden abringen können.
Doch es war immer viel schwerer, wenn man den Patienten gut kannte. Und seine Familie. Seinem Vater hatte er viel zu verdanken und den Mann selbst kannte er seit dieser der Brust seinen Mutter entwöhnt worden war. Er hatte ihn heranwachsen sehen. Damals bevor er hierherkam um sein Wissem und seine Kraft in den alleinigen Dienste Asklepios zu stellen.
Wie ruhig er nun da lag. Fast so als würde er jeden Augenblick aufwachen, aufspringen. Doch Dioskurides wusste es besser.
Im Moment konnte niemand mehr etwas tun. Mit einem Wink entlies er seine Gehilfen.
Müde war er, doch bevor er sich einige Stunden Schlaf gönnen wollte, würde er nochmal das Allerheiligste aufsuchen um zu Opfern.
Auch wenn er eigentlich keine Hoffnung mehr hatte. Irgendwann, irgendwann bald, würde ein Anfall kommen, der es ihnen verwehren würde den Mann auf dieser Seite des Styx zu halten.
Es war nur eine Frage der Zeit, wahrscheinlich viel zu kurzer Zeit.