Unterricht für Petronia Arria

  • Kurze Zeit nach meinem Gespräch mit Metellus hatte ich Arria auf ihrem Stuhl aufgelesen und war mit ihr in ein anderes Zimmer gegangen, in welchem ich auch schon Decima Valeria begonnen hatte zu unterrichten. Ich wies ihr den Platz gegenüber von mir zu.


    "Verzeih bitte, das vorhin alles... war ein wenig aus der Bahn geraten. Ich muss mich für Metellus' und auch für mein Verhalten bei dir entschuldigen."

  • Arria war der Pontifex schweigend gefolgt und setzte sich nun auf den ihr zugewiesenen Stuhl. Ihre Entschuldigung nahm sie mit einem Nicken entgegen.


    "Ich werde mich schon daran gewöhnen, von jedem unfreundlich empfangen zu werden", antwortete sie und machte eine wegwischende Handbewegung.

  • Ich runzelte meine Stirn, welche sich allerdings mit dem Anflug eines Lächelns wieder glättete.


    "Sagen wir so, du hast einen ungünstigen Zeitpunkt erwischt, da Metellus und ich uns gerade in der, wie ich zugeben muss, recht heißen Diskussion befanden ob der Ceres Kult in Hispania noch klarer gefördert werden soll. Also, dies war eine Diskussion unter anderem. Und dann kamst auch schon direkt du, weshalb er deinetwegen leicht säuerlich reagierte und ich ob seines Anmaßens. Na, sprechen wir nicht weiter davon, ich möchte ihn nicht verunglimpfen. So übel ist er auch wieder nicht..."


    schmunzelte ich, ehe ich grummelnd und mit einem Zwinkern anfügte.


    "Wobei ja eigentlich ich Pontifex bin und nicht er. Manche Einmischungen hätte er sich wirklich sehr gut schenken können. Ich werde mit ihm nachher noch einmal reden."


    Dann legte ich in einer abschließenden Geste meine Hände auf den Tisch.


    "Also noch einmal zusammengefasst. Du bist Petronia Arria, sollst von mir zur Sacerdos Ceralis ausgebildet werden und bist nach Hispania gekommen, da dein Vater, den ich übrigens schon kennenlernen durfte - er ist doch Petronius Varus? - hier eine Stelle als Prafectus Vehiculorum bekommen hat."

  • Arria hörte ihr still zu und nickte abermals.


    "Er sollte sich nicht angewöhnen, mir Lektionen erteilen zu wollen", antwortete sie ruhig aber ohne wirklichen Vorwurf in der Stimme. Schnell griff sie das neue Thema auf.


    "Du hast völlig recht, er ist mein Vater und ich möchte Priesterin der Ceres werden. Meine Mutter hat ihr bereits gedient und seit meiner frühesten Kindheit spüre ich schon eine tiefe Verbundenheit mit ihr, so dass ich nun endlich in ihren Dienst eintreten möchte", antwortete sie ruhig und blickte die Pontifex ernst an.

  • Ha! Innerlich frohlockte ich - da schien ja jemand ähnlich zu denken wie ich. Ich konnte mein Grinsen nur verhindern indem ich mich kurz räusperte und mich auf ihre Worte konzentrierte.


    "Ah, das ist ein schöner Grund. Nun, ich nehme an, dass deine Mutter dir Ceres auch schon sehr nahe gebracht hat, habe ich Recht?"


    Ich beobachtete ihre Züge. Sie schien sehr genau bei der Sache zu sein und das gefiel mir. Ich bemerkte wieder einmal, dass ich eher eine Respektperson sein sollte und Privatleben doch sehr von meinem Leben als Pontifex zu trennen hatte.

  • Arria senkte ihren Blick und ihr Blick wurde mehr als nur traurig.


    "Mutter starb kurz nach meiner Geburt", antwortete sie leise und blickte zur Seite, als eine Träne in ihre Augen stieg. "Vater hat mich alleine aufgezogen", fügte sie erklärend hinzu und blinzelte einige Male, ehe sie sich aufrichtete und wieder ernst zu Helena sah, dennoch war die Trauer nicht aus ihrem Blick gewichen. Wie gerne hätte sie ihre Mutter kennengelernt und wie gerne wäre sie von ihr behütet aufgewachsen...

  • Mein Blick nahm einen bekümmerten Ausdruck an und wieder einmal ärgerte ich mich darüber, wie weit mein Talent doch schon fortgeschritten war, jedes Fettnäpfchen mitzunehmen, was man mitnehmen konnte.


    "Das tut mir leid. Ich nehme an... du und dein Vater, ihr habt ein sehr enges Verhältnis...?"


    Ich verschwieg dass ich sie besser verstehen konnte als sie wohl vermutete, denn auch meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt und ich konnte mich nur noch an meinen Vater Cicero Octavius Anton erinnern.

  • Arria blickte auf. Irgendwas in der Stimme der Frau erinnerte an sie selbst. Nunja, wenn sie nicht darüber reden wollte.. Unsicher nickte Arria.


    "Zu eng, möchte ich fast meinen", antwortete sie, wurde sich dann aber bewusst, dass die Worte auch falsch gedeutet werden konnten. "Er ist sehr besorgt und würde mich am liebsten in Federn einpacken", fügte sie erklärend hinzu.

  • "Ja, das kenne ich. Mein Vater damals hat mich, nachdem ich wieder daheim war, kaum noch aus dem Haus gelassen. Ich habe ihn sehr geliebt. Ich nehme an zu eng deshalb, weil es dir schwer fällt... Du sprachst vorhin von jemandem den du liebst..?"


    Eigentlich gehörte dies nicht zu ihrer Ausbildung, doch ich fand es wichtig meine Schüler, in diesem Falle Schülerinnen, erst einmal kennenzulernen, um sie besser einschätzen zu können.

  • Ein sanftes Lächeln machte sich auf Arrias Lächeln breit, als sie auf Imperiosus angesprochen wurde.


    "Ja. Titus Iulius Imperiosus ist sein Name, er ist Sacerdos Mercurialis in Rom und mit mir hierher gekommen. Er ist auf die Sponsalia einer Verwandten von sich eingeladen und will mich seinem Pater Familias vorstellen", antwortete sie schon wieder etwas besser gelaunt.

  • "Du sprichst von der Verlobung zwischen Meridius und einer Iulia Severa, habe ich Recht? Auch unsere Familie ist dorthin eingeladen. Dann kannst du mich ja deinem Imperiosus einmal vorstellen!"


    Ich war erleichtert als ich bemerkte, dass der Klang ihrer Stimme wieder etwas weniger traurig wurde.


    "Wird er wieder nach Rom zurückkehren? Oder sucht er nach einer Stelle hier in Tarraco..? Da gäbe es nämlich durchaus zu besetzende Posten... Der Mercuriuskult ist völlig unbesetzt..."

  • Arria seufzte leicht und schüttelte den Kopf.


    "Er hat mir nicht genau verraten, warum, aber ich glaube, dass er nicht so nahe bei seiner Familie sein will. Aber ich weiß es wirklich nicht und ich möchte so schnell wie möglich zu ihm zurück. Nur... Vater vertraut ihm nicht wirklich", meinte sie mit einem schiefen Grinsen.

  • "Hmm eigentlich sollte man Priestern aber..."


    Doch ich brach meinen Satz ab als meine Gedanken zu einem Apoll Priester namens Hadrianus abdrifteten, der sich des Verrates schuldig gemacht hatte. Ich räusperte mich kurz und grinste:


    "Na, du wirst deinen Vater sicherlich noch überzeugen können."


    schmunzelte ich leicht.


    "Aber ich glaube nicht, dass er sich gegen euch stellen wird, wenn ihr euch bewiesen habt. Mein Vater hat mich damals auch nur freigegeben, weil mein Mann ein Patrizier war, glaube ich."


    Doch ich zuckte mit den Schultern.

  • "Vater hat ihn eingeladen, einige Tage bei uns zu bleiben und er hat angedeutet, dass er mit seinem Pater Familias reden will."


    Arria wurde redselig. Egal, wie das erstmalige Auftreten gewesen war, sie vertraute dieser Pontifex aus unerfindlichen Gründen.

  • "Das ist doch ein hervorragender Ansatz! So kam damals auch das Vertrauen zwischen meinem Vater und Maximus zustande. Habt ihr beiden euch schon Gedanken gemacht, wie das alles aussehen soll?"


    Ich musste lächeln, sie schien gern über diesen Priester zu sprechen und auch ihren Vater sehr zu lieben. Ich sah soetwas gern, denn mir ward beides verwehrt und ich fand es schön, wenn zumindest andere das Glück einer Familie und eines Geliebten haben durften, ohne daran gedreht zu haben...

  • "Die gemeinsame Zeit? Nein", antwortete Arria mit einem Schulternzucken. "Es reicht mir völlig, wenn er bei mir ist, mich anlächelt oder mich in den arm nimmt." Achja, es machte ja so Spaß, über Imperiosus zu schwärmen, er war aber auch ein einzigartiger, genialer Mann. "Er ist wirklich einmalig! So liebevoll und zärtlich. Er scheint mir meine Wünsche von den Augen abzulesen und... naja... er ist ein Mann und dennoch... er bedrängt mich nicht!"

  • "Ja, ich glaube dass immer bestimmte Menschen füreinander wie geschaffen sind, sich allerdings nicht immer finden können. Auf mich würde er sicherlich einen anderen Eindruck machen als auf dich. Na, wäre ja auch schlimm wenn es anders wäre..."


    lachte ich. Ich staunte über meine Fassung, in welcher ich über Maximus sprechen konnte. Nein, ich sprach nicht von ihm, ich dachte an ihn. Und wieder einmal stellte ich mir stumm die Frage: Wenn Maximus der Mann war, der für mich vorbestimmt war, was war dann Metellus? Unser Verhältnis war seltsam, vermutlich wegen der Heimlichtuerei. Oh wie schön es doch ohne diese wäre...

  • Arria lächelte leicht und nickte. "Du hast doch sicherlich auch jemanden, den du liebst", antwortete sie ruhig, versuchte dann aber sich wieder dem zuzuwenden, weswegen sie hier war.


    "Erzähl mir ein wenig von meiner Ausbildung. Ich weiß nicht wirklich etwas davon."

  • Bei ihren Worten lächelte ich nur leicht. Ich war quasi noch verheiratet und eigentlich sollte ich mich schämen, dass ich mit Metellus ein so enges Verhältnis pflegte. Doch was sollte es. Es war geschehen und wir beide hatten uns gesagt, dass wir unsere Gefühle nicht leugnen, sondern nur verbergen würden. Und dass wir uns liebten war das wichtigste.


    "Deine Ausbildung beginnst du als eine Discipula wo du die grundlegenden Dinge lernst. Du wirst alles wichtige über die Götter lernen, nicht jedes Detail, aber so dass du wirklich einiges weisst. Außerdem wirst du die rituellen Praktiken kennenlernen und sobald du bereit für eine Prüfung bist, wird dir diese das Collegium Pontificium abnehmen. Danach wirst du entweder Commentarius oder Popa... Hast du bis hierhin fragen?"

  • Arria nickte leicht, um zu signalisieren, dass sie verstanden hatte.


    "Was ist der genaue Unterschied zwischen Comentarius und Popa? Imperiosus war Popa, bevor er vor kurzem zum Sacerdos befördert wurde."

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