Casa Germanica - Oecus

  • Sie fühlte sich auch jetzt noch mehr als elend, aber es war ein unglaublich befreiendes Gefühl für Serrana, sich jemandem zu offenbaren, der ihre Ängste ernst nahm und sie nicht einfach nur zu beschwichtigen versuchte.
    Der seit einigen Tagen schier unermüdliche Drang, in Tränen auszubrechen, ließ ein wenig nach und Serranas Lächeln fiel ein bisschen bitter aus, als Calvena über die die Launen der Götter sprach. Grausame Spiele? Ja, manchmal konnte man wirklich diesen Eindruck bekommen. Ihre Mutter war ein guter Mensch gewesen, voller Leben und Freude auf ihr zweites Kind, und trotzdem war ihr Dasein innerhalb von wenigen Stunden einfach ausgelöscht worden...
    Aber es nutzte nichts, über die Ungerechtigkeit des Lebens nachzudenken, davon würde Marcilia Alba nicht aus dem Elysium zurückkehren können.


    Serrana ließ noch ein letztes kleines Schniefen hören, aber nachdem sie eine Weile über den Vorschlag ihrer Freundin nachgedacht hatte, erhellte sich ihr Gesicht plötzlich.


    "Vorgesungen? Oja, das hat sie wirklich getan." sagte mit neu erwachtem Eifer und runzelte dann kurz die Stirn. "Ich kann mich vor allem an eine Melodie erinnern, leider weiß ich nicht mehr wie das Lied hieß." Serrana horchte einen Moment in sich hinein, dann begann sie leise eine einfache Melodie zu summen. "Ich kann natürlich nicht so gut singen wie du, aber erkennst du das vielleicht?" fragte sie Calvena ein wenig verlegen. Irgendwie schien es ihr wichtig, auch die Worte zu der alten Melodie zu kennen, aber es war auch schon viel wert, sich an die Töne zu erinnern.


    Als Calvena sagte, dass sie im Grunden nichts anderes machen konnte, als künftige Schwangerschaften und Geburten auf sich zu kommen zu lassen, krampfte sich Serranas Magen kurz vor Angst zusammen. Dann biss sie jedoch die Zähne zusammen und nickte, denn schließlich sollte sie niemand für feige halten, und schon gar nicht ihre beste Freundin. Der letzte Satz war ein wenig seltsam, und Serrana sah Calvena ein wenig irritiert an, bis dann schließlich doch der Groschen fiel und die Verwirrung offenem Entsetzen wich.


    "Mittel und Wege? Wofür oder wohin denn?" fragte sie in der Hoffnung, ihre Freundin vielleicht doch missverstanden zu haben.

  • Im vergeblich zu den Göttern, war ihr Leben so kurz wie ein Wimpernschlag. Sie waren nichts weiter als Spielfiguren des Schicksals. Ihr Leben konnte sich von einem Moment zu anderen ändern... das hatte sie am eigenem Leib zu spüren bekommen. Wieder hatte sie das Gefühl, als würde sich glühendes Metall in ihre Körper bohren. Doch es war nur Einbildung, die Wunde war längst verheilt, zurück geblieben war nur eine Narbe.
    Sacht streichelte sie Serrana, wie sehr hatte sie sich eine verständnisvolle Freundin zu dieser Zeit gewünscht. Jemand der sie in den Arm nahm und tröstete, doch stattdessen hatte sie einem halbwahnsinnigem Mann ihr Leben zu verdanken, welcher in seiner eigenen Traumwelt lebte und in ihr seine Rettung gesehen hatte. Sie hatte eigentlich kaum Zeit gehabt ihren Kummer zu verarbeiten. Das Gefühl zu ertrinken war allgegenwärtig gewesen. So vieles war auf sie herein geprasselt. Zerbrechen oder stärker werden, waren die Wahlmöglichkeiten, die sie gehabt hatte, sie war Stärker geworden. Doch für welchen Preis. Ein kleiner Teil ihrer selbst war gestorben. Der Teil, der alles leicht genommen hatte. Die Naivität war dem harten Blick auf die Realität gewichen. Sie beneidete Serrana, dass sie so unbeschwert sein konnte. Laevina hatte gut auf sie aufgepasst, trotz ihrer kalten und harten Art. Auch Laevina hatte ihren eigenen Kummer. Mit einem Male hatte sie etwas mehr Verständnis für die Alte.


    Serranas schniefen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Freundin. Saldir war schon längst entschwunden. „Warte kurz!“ sagte sie, stand auf, verließ das Zimmer und kam dann einen Augenblick später mit einem Taschentuch zurück, dass sie ihr reichte. Sie fühlte sich irgendwie verantwortlich für ihre Freundin. Wie eine große Schwester. „Hier!“ sagte sie sanft und setzte sich wieder zu ihr.


    Schweigend lauschte sie der Melodie. Suchte nach vertrauten Mustern und nahm es dann auf. Das sanfte Lächeln ihrer Mutter stieg aus der Vergangenheit auf. Sie tanzte und wirbelte um sie herum. Glücklich, unbeschwert. „Es ist ein Kinderlied“, sagte sie leise. „Es hat keinen Text... nur eine Melodie“, sagte sie geistesabwesend. Gefangen in ihren eigenen Erinnerungen. Sie blinzelte und sah dann Serrana wieder an. „Meine Mutter hat gesagt, dass jede Mutter auf diese Melodie ihr eigenes Lied dichtet!“ erklärte sie ihr.


    Das Gespräch wandte sich nun wieder einem ernstem Thema zu und sie konnte sehen, wie Serrana einen Moment brauchte um ihre Andeutungen zu verstehen. Leicht beschämt schlug sie die Augen nieder. Sie wusste mehr über die Möglichkeiten einer Frau, als ihre Freundin. Es kam ihr falsch vor, ihr nun einige Illusionen zu rauben. Auch über sich selbst. Kurz biss sie sich auf die Lippen. Sie würde die Iunia nicht anlügen, nur weil es ihr unangenehm war, etwas auszusprechen, was viele andere Frauen bereits wussten. Kurz holte sie tief Luft, ehe sie sprach: „Es gibt Mittel und Wege eine Schwangerschaft zu verhindern. Nicht unbedingt zuverlässig... aber wenn es die Situation erlaubt, kann man dazu greifen. Manche dieser Methoden sind Lebensgefährlich, andere haben nur ein geringes Risiko. Man sollte dennoch alle kennen... Es wird fast nie darüber gesprochen, doch wissen viele Frauen um diese Methoden!“ Sie hatte ihre Stimme gesenkt, denn das was sie ihrer Freundin anvertraute war ein Tabuthema und wenn jemand erfuhr, dass sie dieses Wissen besaß, würde sie jede Menge Ärger bekommen. Sie senkte den Blick und betrachtete ihre Hände. „Du fragst dich sicherlich woher ich das weiß. Meine älteren Schwestern haben mich aufgeklärt und mir diese Methoden erklärt und was man benötigt. Ich würde niemals dazu greifen, aber man weiß ja nie...“, sagte sie.

  • "Oh, danke schön." sagte Serrana, als Calvena mit einem Taschentuch zurückkam und es ihr in die Hand drückte. Kurz fühlte sie Scham in sich aufsteigen, weil ihre Freundin sich um sie kümmern musste wie um ein heulendes Kleinkind. Aber jetzt war es für derartige Empfindlichkeiten ohnehin zu spät, daher wischte sich die Iunia die letzten Tränen aus dem Gesicht, schneuzte sich einmal ordentlich und hörte Calvena dann wieder aufmerksam zu.


    "Jede Mutter dichtet ihren eigenen Text?" fragte sie erstaunt nach, nickte dann jedoch. "Ja, das kann sein, ich glaub, das Lied hatte etwas mit mir und unserem Haus zu tun, vielleicht fällt es mir ja irgendwann ja wieder ein..." Das Ablenkungsmanöver ihrer Freundin ging zumindest für die nächsten Minuten auf, denn zum ersten Mal seit etlichen Tagen konnte Serrana wieder an ihre Mutter denken, ohne dass sich in ihr alles vor Angst und Hilflosigkeit zusammenzog.


    Leider nahm das Gespräch der beiden Mädchen jedoch allmählich eine Richtung, die Serrana gleich wieder etwas nervös machte.
    Eine Schwangerschaft verhindern? In ihrem zur Zeit ziemlich angeschlagenen und verängstigten Zustand hörte sich diese Option in den Ohren der Iunia sogar fast ein wenig verlockend an. Es war sicher ganz beruhigend zu wissen, dass man darauf selbst ein wenig Einfluss nehmen konnte... Aber andererseits hatte sie sich bis vor wenigen Tagen immer eigene Kinder gewünscht und ausserdem war sie mit ihren Wünschen und Erwartungen für die Zukunft ja nicht allein.


    "Meinst du damit, dass eine Frau nicht schwanger werden muss, wenn sie es nicht will?" fragte sei vorsichtig nochmal nach, da sie nicht sicher war, ob sie Calvenas Andeutung richtig verstanden hatte. "Verachte mich bitte nicht, aber im Moment habe ich solche Angst, dass ich froh wäre, wenn es solche Möglichkeiten gäbe. Aber dann würde mich Sedulus nicht mehr heiraten wollen. Welcher Mann will schon eine Ehefrau, die keine Kinder kriegt." Serrana biss sich kurz auf die Unterlippe und spielte ein wenig an ihrem Armreifen herum, damit sie Calvena nicht in die Augen schauen musste. "Ich verstehe mich ja selbst nicht. Schließlich wollte ich immer ganz viele Kinder haben und jetzt benehme ich mich so armselig und feige. Meinst du, es gibt eine Chance, dass das bis zur Hochzeit wieder weggeht?" fragte sie nach, obwohl sie in dieser Hinsicht selbst wenig Hoffnung hatte.

  • Sie fühlte sich immer mehr wie eine große Schwester. Gern kümmerte sie sich um den Kummer ihrer Freundin und tröstete diese. Genauso würde es Serrana auch für sie tun, wenn sie einmal ihre Unterstützung brauchte. Diese Freundschaft heilte viele seelische Wunden. „Nichts zu danken“, sagte sie sanft und nahm ihre Hände in die eigenen. „Du brauchst mir nicht danken. Du bist auch für mich da. Das ist doch selbstverständlich. Wenn du mich brauchst bin ich da“, erklärte sie ihr sanft und mit Nachdruck. Die Tränen waren versiegt.


    „Irgendwann hatte das Lied sicher seine eigenen Text, aber mit der Zeit hat sich dieser verändern. Auf viele Melodien gibt es unterschiedliche Texte. Meine Mutter hat mir erklärt, dass man auf diese Weise den Liedern eine persönliche Note gibt...“, erklärte sie ihr dann.


    Das Thema Verhütung und Abtreibung war heikel. Es fiel ihr schwer darüber zu reden, aber sie fand sie war es Serrana schuldig, dass sie davon wusste. Laevina würde sie wohl aus dem Haus jagen, wenn sie erfuhr, was sie gerade ihrer Enkelin anvertraute. „Versprich mir, dass es dein Geheimnis bleibt. Du darfst es niemandem erzählen. Ich würde jede Menge Ärger bekommen, wenn jemand heraus findet, dass ich so etwas weiß!“ wisperte sie und sah sich noch einmal in dem leeren Zimmer um. Schließlich fuhr sie mit ihrer Erklärung fort. „Wenn du es nicht willst, oder wenn eine Schwangerschaft der Mutter schaden würde, dann gibt es die Möglichkeit mit Hilfe von einigen Kräutern eine Schwangerschaft zu verhindern. Du weißt doch sicherlich, dass es Tränke und Tinkturen gibt, die eine Empfängnis fördern, ebenso gibt es Pflanzen die dies verhindern. Es kann immer wieder schief gehen und wenn man die Dosis zu hoch ansetzt, dann ist es sogar tödlich. Es gibt auch immer noch die Möglichkeit eines gewollten Abbruchs, aber das ist wirklich riskant“, nervös stieß sie die Luft aus. „Hast du dich nie gefragt warum eine Lupa nicht schwanger wird, obwohl sie jeden Tag bis zu drei oder mehr Männer in ihrem Bett hat? Sie benutzen diese Tränke. So können sie ihrer Arbeit weiter hin nachgehen und müssen nicht ständig fürchten jedes Jahr ein Kind zur Welt zu bringen. Das du Angst hast, hat nichts damit zu tun, dass du feige bist, sondern nur dass dir die Konsequenzen bewusst sind... “, sagte sie und strich sie über das Kleid. Sie sah ihre Freundin offen an. „Du solltest mit Sedulus über deine Ängste reden. Aber der Rest bleibt unter uns“, sie lächelte ihr aufmunternd zu. „Ich weiß, es ist nicht gerade ein angenehmes Thema, aber wenn dich jemand beruhigen kann, dann mein Onkel!“

  • Serrana bedankte sich nicht noch einmal ausdrücklich bei ihrer Freundin , aber vermutlich spiegelten sich ihre Gefühle auch so deutlich genug in ihrem Gesicht wider.
    Und so, wie die Welt nun mal war, würde früher oder später sicher auch der Zeitpunkt kommen, an dem Calvena ihre Hilfe und Loyalität brauchen würde und sie sich revanchieren konnte.


    Calvena sprach plötzlich immer leiser, und Serrana musste sich ein Stück vorbeugen, um ihre Freundin weiterhin gut verstehen zu können. "Ja, natürlich." nickte sie automatisch, als Calvena sie um absolute Diskretion bat, auch wenn ihr in der Magengegend zunehmend unwohl wurde. Ob sie das wirklich alles hören wollte?
    Das mit den Kräutern leuchtete ihr ein, auch wenn es der unbedarften Iunia reichlich schwer fiel, sich in das Tagewerk und die damit verbundenen Sorgen und Nöte einer Lupa hineinzuversetzen. Du liebe Güte, über all diese Dinge hatte sie noch nie wirklich nachgedacht, auch wenn sie natürlich Sinn machten. Was für eine entsetzliche Vorstellung, ein Kind zu bekommen und nicht einmal zu wissen, von wem es überhaupt war...
    Und obwohl sie das Thema eigentlich abstieß, hörte sie den Erklärungen ihrer Freundin weiterhin gebannt zu und ihre Augen weiteten sich zunehmend. Die Vorstellung, eine Schwangerschaft von vornherein zu verhindern, konnte sie in ihrem derzeit so angeschlagenen Zustand durchaus nachvollziehen, aber das Andere....


    "Ein Abruch? Meinst du damit, dass man eine Schwangerschaft beendet, wenn man schon ein Kind in sich hat?" fragte Serrana mit leicht wackliger Stimme nach. Davon hatte sie zwar aus den Gesprächen der weiblichen Hausklaven in der Campania und auch hier in Rom schon mal etwas aufgeschnappt, hatte sich damit jedoch innerlich nie wirklich auseinandergesetzt, da es unendlich weit von ihrem eigenen Leben entfernt gewesen war. Bis jetzt zumindest.
    Und was sollte sie tun? Mit Sedulus darüber sprechen? Ausgerechnet mit ihm?


    "Oh nein, das kann ich doch nicht tun." antwortete sie und wurde zunehmend wieder panisch. "Ich kann doch nicht mit einem Mann über SO ETWAS sprechen, wie stellst du dir denn das vor? Das krieg ich nie über die Lippen, es sei denn, ich betrinke mich vorher..." Vielleicht war das eine Option, über die sie nochmal nachdenken sollte, schließlich hatte sie seinerzeit nach ihrem Wein-Exzess in den Thermen zumindest tief und traumlos geschlafen.

  • Serrana war wirklich für sie so etwas wie eine Schwester. Sie Beide konnten miteinander über alles reden und sie genoss diese tiefe Freundschaft. Aus diesen und noch viel mehr Gründen tröstete sie die Iunia und lauschte deren Sorgen. Doch das Thema, welche sie angeschnitten hatten, war auch ihr Unangenehm. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht die Richtige war, die Serrana über diese Dinge aufklärte. Doch wer sollte es denn sonst tun. Laevina würde Serrana wohl wegen deren Ängste und Sorgen auslachen und niemals der Enkelin anvertrauen, dass es die Möglichkeit gab eine Schwangerschaft zu verhindern und abzubrechen. Sie würde wohl nur sagen, dass sich das Mädchen nicht so haben sollte und ihren Pflichten als Ehefrau nach kommen. Egal ob sie dabei starb oder nicht. Sie seufzte und war froh, dass sie sich auf die Verschwiegenheit ihrer Freundin verlassen konnte. Calvena gab sich alle Mühe die Fragen ihrer Freundin zu beantworten.


    „Ja, es gibt die Möglichkeit einen Abbruch der Schwangerschaft herbei zu führen. Es ist eine Scheußliche Angelegenheit und das letzte Mittel zu dem man greifen sollte, wenn man das Kind nicht will. Es führt eine Vergiftung herbeigeführt, damit der Körper der Mutter das Kind ab stößt. Es kann eine Menge schief gehen, man kann verbluten, eine Entzündungen bekommen oder tödliches Fieber oder wenn das Mittel nicht richtig dosiert ist, stirbt man an Vergiftung!“ Dieses Gespräch hatte sie mit einer ihrer älteren Ziehschwestern geführt Ein leichtes Mädchen, aber eigentlich war sie eine Tänzerin gewesen, die nur das Bedürfnis auf Selbstbestimmung gehabt hatte. Das sie sich die Männer einfach ins Bett geholt hatte, war eine andere Sache gewesen. Ihr war es aber wichtig gewesen, dass Calvena und die anderen Mädchen sich ihrer Möglichkeiten bewusst waren. Sie war entsetzt gewesen, aber später als sie in Ruhe darüber nachgedacht hatte, war sie froh gewesen, dass sie durchaus die Wahl hatte.
    „Selbst wenn eine Abtreibung gut geht, kann es vorkommen, dass man anschließend unfruchtbar ist. Man muss sich über das Risiko bewusst sein“, sie machte eine kurze Pause. „Ich würde nicht einmal darüber nachdenken. Aber es ist gut zu wissen, dass man als Frau eine Wahlmöglichkeit hat“, sagte sie ruhig und drückte Serranas Hand. „Du bist weder feige noch dumm, nur weil du Angst hast. Ich hab auch Angst, nur denke ich darüber nicht nach. Ich lass es auf mich zukommen. Was bleibt mir auch anderes übrig. Außerdem liebe ich Valerian und ich will auch Kinder mit ihm. Überlege dir, was du willst. Du musst nicht zwingend mit Sedulus über deine Ängste reden, aber du solltest dir bewusst werden, was dir wichtiger ist. Deine Ängste oder dein Leben. Lass deine Ängste nicht dich beherrschen, du würdest nur daran zerbrechen.“ Das war der beste Rat den sie Serrana geben konnte.
    „Du hast die Wahl“, sagte sie dann noch und schwieg dann erst einmal einen Augenblick.

  • In diesem Moment hätte Serrana nicht festmachen können, welches Gefühl in ihr nun gerade übermächtig war, als sie Calvenas Schilderungen zuhörte und bei dem Wörtchen "verbluten" leicht zusammenzuckte. Irgendwie waren sie alle gleichzeitig und gleichermaßen präsent, von Widerwillen und Abscheu über Angst und Verständnislosigkeit, nur positive Empfindungen waren nicht dabei.


    "Du hast Recht, das ist wirklich scheusslich." sagte sie schließlich und verzog dabei ein wenig angeekelt das Gesicht. Irgendwo in ihrem Hinterkopf begann sich gerade etwas zu rühren und das eine oder andere Puzzle-Teilchen zusammenzufügen, aber noch weigerte sich ihr Verstand, bewusst darüber nachzudenken.


    "Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum ich so etwas tun könnte. Schließlich würde das doch nichts anderes bedeuten, als mein eigenes Kind umzubringen, und das wäre es doch, auch wenn es noch in meinem Körper wäre. Dann hätte ich es im Grunde auch nicht anders verdient, als selbst dabei zu sterben." Serrana schauderte und schlang die Arme um ihren Körper, als könne sie die Vorstellung dadurch von sich weghalten.
    "Nein, so etwas würde ich niemals tun. Lieber würde ich ganz auf die Ehe und Kinder verzichten." Bevor sie diese Worte ausgesprochen hatte, hätte sich Serrana niemals träumen lassen, dass ihr dieser Gedanke so unsagbar wehtun würde. Und so elend sie sich im Moment trotz der liebevollen Hilfe ihrer Freundin auch gerade fühlte, spürte sie, dass tief in ihrem Innern bereits eine Entscheidung gefallen war.


    "Ich möchte Sedulus' Frau werden." sagte sie dann leise und allein durch diese zaghaften Worte, schien wieder ein bisschen Energie zurück in ihren Körper und ihren verängstigten Geist zu fließen. "Ich möchte ihn heiraten und Kinder mit ihm haben. Und vielleicht gewähren mir die Götter ja diese Gunst, ohne gleich mein Leben als Ausgleich dafür haben zu wollen. Vielleicht ist es ganz gut, dass ich das jetzt noch nicht weiß."Serrana atmete wieder einmal tief ein und aus und lächelte Calvena dann noch ein wenig verzagt an. "Wenn nur diese Angst nicht wäre...Aber vielleicht wird das ja auch besser, wenn ich endlich mal wieder in Ruhe schlafen kann. Wenn ich nicht ständig so müde wäre, dann würde ich mich sicher auch nicht mehr so elend fühlen, meinst du nicht auch? Auf jeden Fall danke ich dir, dass du so offen mit mir gesprochen hast. Es ist sicher nicht leicht für dich gewesen, mir von all diesen Dingen zu erzählen."

  • Sie konnte an dem Gesichtsausdruck von Serrana erkennen, dass ihr das Thema nun auch unangenehm wurde. Ihr selbst lief ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Sie hoffte, dass sie niemals in die Lage kam, ein Kind abzutreiben. So wie es ihre Freundin sah, so sah sie es auch: Es war Mord. Das Gesetzt mochte etwas anderes sagen, aber ihr Verstand und ihr Gewissen würden immer das selbe sagen: Es war Mord. Leben war kostbar, wie klein es auch sein mochte und dieses Leben sollte beschützt werden, nicht zerstört. Sie schenkte Serrana eine verzerrtes Lächeln. Calvena konnte sie verstehen und ihre Worte nur unterstützen. „So geht es mir auch. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, mir und meinem Kind so etwas an zu tun!“ Noch ahnte sie ja nicht, dass die Iunia Zeugin einer solchen Abtreibung geworden war.


    Etwas an der Haltung von Serrana veränderte sie sich. Sie wurde entschlossener, sicherer und kämpfte gegen ihre Ängste an. Man sah ihr an, dass sie für sich selbst eine Entscheidung getroffen hatte. „Die Angst vergeht. Irgendwann wird dein Körper seinen Tribut fordern und wenn du einmal richtig durch geschlafen hast, dann wird es leichter“, wusste sie aus Erfahrung zu sagen.


    Eine gewisse Erleichterung machte sich in ihr breit. Die Anspannung die dieses Gespräch begleitet hatte löste sich. Kurz atmete sie einmal tief durch. Wenn möglich dachte sie nicht darüber nach und verdrängte es, dass sie solch ein Wissen besaß. Es war zu gefährlich und auch zu verlockend, in mancher Hinsicht. Lieber wollte sie auf andere Dinge zu sprechen kommen. „Du siehst etwas besser aus. Du hast wieder Farbe im Gesicht“, teilte sie ihrer Freundin mit. „Willst du dich kurz frisch machen? Dann können wir uns anderen Dingen zu wenden!“ schlug sie vor. Nur schnell wieder das wissen begraben und verstecken.

  • Über das so beängstigende Thema Abbruch wollte sie am liebsten gar nicht länger nachdenken und so nickte Serrana nur bekräftigend, als Calvena ihr persönliches Urteil zu dieser Sache abgab.


    "Ich hoffe, du hast recht." sagte sie dann nachdenklich. "Weißt du, manchmal bin ich tagsüber so müde, dass es mir vor den Augen flimmert, aber wenn ich dann in meinem Bett liege, bin ich hellwach." Bislang war es nur ein Gedankenspiel gewesen, aber in Serranas Kopf nahm die Idee, Axillas Medicus Crios in seinem Laden aufzusuchen immer konkretere Formen an. So schlimm die Nacht, in der ihre Cousine fast gestorben wäre, auch gewesen war, sie selbst hatte danach tief und fest geschlafen und das vermutlich nur, weil Crios den Sklaven und ihr diesen Trank gegeben hatte.


    Doch auch ohne Trank ging es ihr jetzt bereits deutlich besser, denn es hatte gutgetan mit Calvena über all diese Dinge zu reden. Wie gut, dass sie einander so blind vertrauten, einem anderen Menschen hätte sie all das nicht so einfach erzählen können.


    "Ja, das ist eine gute Idee." sagte sie mit neuer Energie. "Wo kann ich hier denn am besten hingehen, um mich frischzumachen?" Die Casa Germanica war so riesig, kaum vorstellbar, dass sie in nicht mehr allzu ferner Zukunft ihr Zuhause sein würde.

  • „Es wird schon alles gut gehen“, versicherte sie ihrer Freundin. Schon bald würde diese wieder unbesorgt schlafen können. Alpträume vergingen mit der Zeit, auch wenn sie immer wieder zurück kamen. In unruhigen Nächte setzte sie sich auf ihr Bett und spielte in der Dunkelheit auf ihrer Lyra. Leise und beruhigend, das half ihr die Gedanken zu ordnen. Auch Serrana brauchte etwas mit dem sie sich beschäftigen konnte. „Wenn ich nicht schlafen kann, dann nehm ich immer meine Lyra zur Hand. Das beruhigt mich. Du solltest lesen... am Besten etwas schwieriges und langweiliges, dann kommt der Schlaf von ganz allein“, schlug sie ihr dann vor.


    „Geh auf mein Zimmer, da ist immer eine Waschschüssel und alles was du brauchst. Wenn du etwas nicht finden kannst, dann wende dich an Elissa sie ist oben in meinem Zimmer“, erklärte sie ihrer Freundin dann und ließ ihr ungehindert Zugang zu ihrem Reich. Sie wusste das Serrana niemals das in sie gesetzte vertrauen missbrauchen würde. Außerdem wusste sie doch bereits alles über sie. Vor ihr hatte sie keine Geheimnisse. Anders sah es ja mit Laevina aus, aber an diese wollte sie noch nicht denken. Der Großtante würden sie sich gleich widmen. „Ach und du kannst die Tabula mitbringen die auf der Kommode liegt. Das ist die Gästeliste“, kicherte sie und sah dann ihrer Freundin nach, wie diese entschwand. Schon bald würde sie zurück kommen.


    Während sie auf Serrana wartete ließ sie sich zurück sinken und hing ihren eigenen Gedanken nach. Wehmut überkam sie, denn schon bald würde sie diese vertrauten Wände verlassen. Dieses Haus war ihr zu Hause geworden, entgegen aller Erwartungen. Sie würde ja immer her kommen dürfen, wenn sie es wollte...

  • Das mit der langweiligen Lektüre hörte sich nach einem guten Tipp an, und Serrana nahm sich vor, sich eine lange und knochentrockene juristische Abhandlung aus der Bibliothek zu holen bevor sie an diesem Abend zu Bett ging.


    Mit den Worten "Ich beile mich" flitzte sie aus dem Oecus, eilte ein paar Korridore entlang und die Treppen ins obere Stockwerk hinauf und richtete in Calvenas Zimmer ihr vom vielen Weinen und wenigen Schlafen leicht aufgequollenes Gesicht wieder ein bisschen her. Dann nahm sie die Tabula von der Kommode und rannte genauso schnell zurück, so dass sie nur wenige Minuten später ein wenig ausser Atem wieder im Oecus bei ihrer Freundin ankam.


    "Hier hast du sie." sagte sie und streckte Calvena die Gästeliste entgegen, bevor sie sich wieder hinsetzte. Dann erst fiel ihr auf, dass sie vor lauter Aufregung ganz vergessen hatte, auch nur einen kleinen Blick darauf zu werfen und versuchte daher, ein paar von den auf dem Kopf stehenden Namen aus der Ferne zu entziffern.

  • Wie der Wirbelwind rannte Serrana hinauf in Calvenas Zimmer wo sie sich frisch machen konnte und wen Elissa da war, würde diese ihr helfen und sicher auch noch einmal auf ihre Weise aufmuntern. Während sie wartete, steckte Saldir noch einmal den Kopf zur Tür rein und stellte dann etwas süßes Honiggebäck und frisches Obst auf den Tisch. Mit einem leicht abwesenden Lächeln nickte sie der Sklavin zu, ehe diese wieder entschwand. Lange musste sie nicht warten, nur wenige Minuten nachdem Serrana hinauf gegangen war, kam sie auch wieder zurück und reichte ihr dann die Gästeliste. Dankbar lächelte sie Serrana zu und reichte ihr dann die Tafel mit den Namen.



    Gästeliste


    Aurelius Ursus et Tiberia Septima – Pronuba???
    [strike]Decimus Verus[/strike]
    Decimus Livianus
    Decimus Mattiacus
    Aelius Quarto
    [strike]Vescularius Salinator[/strike]
    Vinicus Lucianus
    [strike]Octavius Victor[/strike]
    Terentius Primus – Classis Misenis
    Purgitius Macer
    [strike]Tiberius Durus [/strike]
    Flavius Gracchus
    Hadrianus Subdolus
    Claudia Romana
    Iunia Serrana
    Octavius Macer
    Furia Calliphana
    Iulius Centho
    Tiberia Arvinia
    Prudentius Balbus und Ehefrau
    Duccius Eburnus
    Livius Pindarius et Livia Paulina


    „Hab ich irgendwen vergessen?“ wollte sie von ihrer Freundin wissen. Kurz warf sie einen Blick über die Schulter und grinste. Die Tür stand eine Spaltbreit offen. Wenn das nicht mal jemanden anlocken würde.

  • Dass sie die Tür einen Spalt offen gelassen hatte, war Serrana gar nicht aufgefallen, da sie sich so sehr beeilt hatte, wieder zurück in den Oecus zu kommen. Auf Calvenas Frage hin nahm sie die Gästeliste und las halblaut all die Namen, die darauf zu finden waren. "Du liebe Güte, die Hälfte von den Leuten hier kenne ich gar nicht. Aber wenn sie nur halb so wichtig sind wie die anderen, dann wird deine Hochzeit wirklich ein gesellschaftlich beeindruckendes Ereignis."


    Gut, dass sie mittlerweile ein wenig selbstsicherer geworden war, sonst hätte sie eine solche Ansammlung von Senatoren direkt wieder nervös gemacht. Aber Serrana vergaß auch gern immer wieder, dass ihr eigener Bräutigam einer war und sie sich daher in Zukunft an die bislang noch ziemlich einschüchternde Gesellschaft seiner Kollegen und deren Frauen würde gewöhnen müssen.


    "Willst du nicht auch Arvinias Verlobten einladen? Sie würde doch sicher gern mit ihm zusammen kommen, und vielleicht sind die beiden bis dahin sogar schon verheiratet. Schließlich sind sie bereits eine ganze Weile länger verlobt als Valerian und du."

  • „Eine Hochzeit ist irgendwie auch immer eine politische Angelegenheit. Ich hab ernsthaft mit dem Gedanken gespielt mit Valerian durch zu brennen. Nur wir zwei allein...“, sagte sie mit einem leicht verträumten Blick. „Aber ich will auch mit dir Feiern und da die Germanica ja einen gewissen politischen Einfluss haben, müssen auch noch Senatoren, Klienten und Freunde der Familie eingeladen werden.“ Kurz zuckte sie mit der Schulter und ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Am Ende werden Valerian und ich jedenfalls allein sein. Septima wird meine Pronuba, ich hab schon mit ihr darüber gesprochen. Sie hat mich in einigen Dingen aufgeklärt“, kicherte sie. Doch von Verlegenheit war keine Spur mehr zu spüren, eher von Vorfreude und auch eine gewisse Nervosität. Eine gewisse Sehnsucht verspürte sie schon eine Weile, aber bisher hatten sie sich in Zurückhaltung geübt, auch wenn sie Beide mehr wollten. Nicht immer war es einfach gewesen.


    „Aurelius Orestes wollte ich nicht direkt einladen, ich geh irgendwie davon aus, dass Arvinia ihren Verlobten mitbringen wird. Ich frage mich, wann die Beiden heiraten. Worauf sie wohl warten?“ fragte sie und zuckte dann leicht mit den Schultern. Bisher hatte sie die Tiberia auch nicht mehr sprechen können. Es wurde Zeit für einen Besuch. „Romana wird sich übrigens um die Blumen kümmern, sie hat ein Händchen dafür. Aber noch ist nur die Hälfte geplant. Das Opfer.... ich wollte Durmius Verus fragen, ob er das nicht macht. Zuerst dachte ich an dich“, sie lächelte Serrana zu und wusste, dass diese sich darüber freute. „Aber ich glaube unser Lehrer hat es verdient dass er dieses Opfer machen darf. Er war uns ein so guter Lehrmeister, da möchte ich ihm eine Kleinigkeit zurück geben!“ Ihre Freundin würde dies verstehen.

  • "Du wolltest mit Valerian wirklich durchbrennen? Oh..." Serrana sah ihre Freundin mit weit aufgerissenen Augen an, war aber nicht ganz so schockiert, wie sie es vielleicht noch vor einem halben Jahr gewesen wäre.
    Heimlich durchzubrennen war natürlich furchtbar unanständig, aber wenn sie so richtig darüber nachdachte auch sehr romantisch. In ihrem Fall kam es natürlich überhaupt nicht in Frage, schließlich war Sedulus ein respektiertes Mitglied des römischen Senats und so etwas würde seinem Ansehen ungeheuer schaden.


    Bei Calvenas nächsten Worten lief Serrana übergangslos rot an, denn im Gegensatz zu ihrer Freundin machte sie das Thema eheliche Intimität nach wie vor ziemlich verlegen und sie war sich nicht ganz so sicher, ob sie sich auf den ersten gemeinsamen Moment im Cubiculum wirklich freuen sollte. "Sag mal, meinst du Septima würde auch meine Pronuba sein?" fragte sie und zog die Muster auf der Armlehne ihres Sessels nach, um Calvena nicht ansehen zu müssen. "Ich mache mir noch über ziemlich viele Dinge Gedanken, und vielleicht könnte sie mir dabei helfen." Natürlich gab es da auch noch Axilla, die ihre Cousine bereits von einem Großteil ihrer Unwissenheit auf diesem Gebiet befreit hatte. Aber das konnte Serrana kaum zugeben, ohne Axilla in Verlegenheit zu bringen und eine offizielle Pronuba würde sie ohnehin brauchen.


    Die Erwägung ihrer Freundin, ihr das Opfer bei der Heiratszeremonie zu überlassen, erfüllte sie mit Stolz und Freude, aber im Grunde ihres Herzens war Serrana ganz froh darüber, dass Durmius Verus letzten Endes den Zuschlag bekommen würde. Ein klein wenig nervös war sie bei öffentlichen Opfern nach wie vor, und in Anwesenheit von all diesen wichtigen Mitgliedern der römischen Gesellschaft würde sich das sicher noch verstärken.


    "Ja, das ist eine gute Entscheidung." kommentierte sie Calvenas Überlegung mit einem aufrichtigen Lächeln. " Er hat uns soviel beigebracht und er wird das Opfer sicher gern durchführen." Plötzlich kam Serrana noch ein Gedanke und sie runzelte die Stirn. "Du wirst auch noch jemanden brauchen, der die Rolle der Brautmutter vor der Entführung spielt. Hast du da schon eine Idee, wen du fragen willst?"

  • „Naja, eigentlich hatte Valerian die Idee“, gab sie zu. „Aber verlockend ist der Gedanke schon, wenn man sich die Gästeliste ansieht“, fügte sie grinsend hinzu. Auch wenn sie darüber nachgedacht hatte, ernsthaft in Erwägung gezogen hatte sie es nicht. Es war immer verlockend vor der Verantwortung weg zu rennen. Da war es doch besser, wenn man sich den Aufgaben stellte und da es ein schönes Fest werden würde, machte es auch Spaß. Auf den Gedanken dass es unanständig wäre, einfach durchzubrennen, kam sie nicht. Sollten die Leute doch denken was sie wollte, wirklich verhindern konnte man die Entstehung von Gerüchten nicht.


    Wie immer wurde Serrana knallrot, als sie Andeutungen machte, was so hinter den verschlossenen Türen der Schlafzimmer vor sich ging. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Onkel in dieser Hinsicht einmal so etwas wie Taktgefühl kannte und auch eine gewisse Rücksichtnahme an den Tag legte, sonst könnte er die Iunia sicherlich nur noch mehr verschrecken. Ob er ahnte, was ihn da erwartete?
    „Ich bin mir sicher, dass Septima sicherlich auch gern deine Pronuba sein wird“, lächelte sie ihr zuversichtlich zu. „Warum sollte sie auch nicht? Sie ist doch auch deine Freundin!“ leicht fragend legte sie den Kopf schief. „Worüber machst du dir so Gedanken?“ fragte sie dann direkt. Vielleicht zerbrachen sie sich über dieselben Dinge den Kopf.


    Nachdem sie Serrana eröffnet hatte, dass sie es gern gesehen hätte, wenn sie das Opfer zu ihrer Hochzeit brachte, konnte sie auf deren Zügen eine Mischung aus Freude, Verlegenheit und auch Unsicherheit erkennen. Sie war sich sicher, dass Serrana es gut gemacht hätte. Dennoch ihr Lehrer würde sich über diese Ehre sicher auch freuen und ihre Freundin hatte ja durchaus Verständnis dafür. Zeigte sich etwa Erleichterung? Eigentlich brauchte die Iunia nicht unsicher sein, sie machte ihre Sache gut. „Das glaub ich auch“, fügte sie dann den Worten ihrer Freundin hinzu.
    Was die Brautmutter anging, so hatte sie zumindest schon jemanden im Sinn. Livia Paulina, eine Freundin Valerians, welche sicherlich gern diese Aufgabe übernehmen würde. Sei es nur um ihren Verlobten noch ein letztes Mal eins auszuwischen für seine Kindheitsstreiche. „Livia Paulina, sie ist eine Freundin Valerians und ich glaube, es würde ihr Spaß machen“, meinte sie amüsiert und musste an den Ausflug denken.

  • "Ja, meinst du? Das wäre schön" sagte Serrana hoffnungsvoll und ließ die Lehne für einen Augenblick Lehne sein. "Am besten schicke ich gleich morgen einen Brief zur Villa Aurelia, um sie danach zu fragen." Bei Calvenas nächster Frage vertiefte sich ihre Röte noch ein wenig, denn selbst in Gegenwart ihrer besten Freundin fiel es der Iunia schwer, über so intime Dinge zu sprechen.


    "Ach, ich weiß nicht. Es gibt so vieles, was mich nervös macht." murmelte sie jetzt deutlich leiser, und ihre Finger gingen erneut auf dem Holz des Stuhlrahmens auf Wanderschaft. "Ich frag mich natürlich, wie es sein wird, mit einem Mann zu.....du weißt schon. Und wie ich mich am besten verhalten soll, wenn wir dort ganz allein sind, also im Cubiculum, meine ich." Götter, war ihr dieses Gespräch peinlich...Zumal sie es ja auch noch mit Calvena führte, und die war immerhin Sedulus' Nichte. Serrana sah wieder hoch und blickte ihre Freundin ein wenig neidisch an. Auch in dieser Situation wirkte die Germanica viel ruhiger und selbstbewusster als sie selbst, warum konnte sie denn nur nicht auch so sein?


    Das Thema "Brautmutter" schien ganz geeignet zu sein, um die Unterhaltung wieder in etwas unverfänglichere Bahnen zu lenken und Serrana griff es dankbar auf.


    "Ich hab auch schon darüber nachgedacht und überlegt, ob ich vielleicht Großmutter um ihre Hilfe bitten soll. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht immer noch böse auf mich ist, aber immerhin ist sie ja die Mutter meiner Mutter, und daher würde das doch Sinn machen, findest du nicht?"

  • Es gab keinen Grund der dagegen sprach, dass Septima nicht die Pronuba von Serrana werden sollte. Die Tiberia hatte sich ja bereits gefreut, als sie diese gefragt hatte. Da würde sie auch bei der Iunia nicht nein sagen. Calvena war sich in dieser Hinsicht sehr sicher.


    Serrana wurde noch eine Spur röter, als sie ihre Frage stellte. Sie ließ ihr einen Augenblick zeit um sich zu sammeln und lächelte dabei nachsichtig. Ihr ging es ähnlich, auch wenn es nicht den Eindruck machte. Nach Außen hin strahlte sie Ruhe aus, doch innerlich war sie ganz schön nervös. Auch wenn sie sich die ganze Zeit sagte: Du kannst eh nur abwarten. Was kommen wird, wird kommen. Deswegen brauchst du dich nicht verrückt machen. Aber diese Beschwörung wollte dennoch nicht wirklich helfen. Aus diesem Grund war sie dankbar dafür, dass sie bis über beide Ohren in den Vorbereitungen steckte. Das lenkte ab und drängte ihre eigene Nervosität in den Hintergrund. Leicht beugte sie sich dann zu Serrana vor. „Ich weiß wie es dir geht“, sagte sie beruhigend lächelnd. „Das was wir Beide tun können ist, es auf uns zukommen lassen und dann im richtigen Moment und einfach zu entspannen. Du kannst noch so viele verheiratete Frauen fragen, aber am Ende wirst du deine eigenen Erfahrungen machen.“ Dass sie hier von ihrem Onkel redeten, verdrängte sie. War wohl auch besser so. „Ich glaub kaum dass dir Sedulus weh tun würde“, fügte sie dann hinzu. Hatte Septima nicht dasselbe zu ihr gesagt? Sie musste schmunzeln. Anscheinend waren das die universal Worte um eine Braut zu beruhigen.


    Kurz sah sie Serrana verdutzt an und grinste dann. „Ob das so eine gute Idee ist? Am Ende wird sie deine Ehre noch mit ihrem Stock verteidigen und dann wird das nichts mehr mit der Hochzeitsnacht“, lachte sie und zwinkerte ihrer Freundin zu. Dann wurde sie wieder ernster. „Ich denke schon, dass sie diese Aufgabe übernehmen wird. Sie ist schon lange nicht mehr wirklich wütend auf dich. Du musst dich nur dazu durchringen mit ihr zu reden!“ War da eben ein Schatten an dem Oecus vorbei gehuscht und hat einen neugierigen Blick auf die jungen Frauen geworden, die so eifrig die Köpfe zusammen steckten…

  • Irgendwie tat es gut zu wissen, dass auch Calvena beim Gedanken an ihre Hochzeitsnacht ein wenig nervös war. Es gab Serrana das Gefühl, dass ihre Ängste und Zweifel nicht ganz so anormal waren, wie sie bereits befürchtet hatte.


    "Ja, du hast sicher recht." antwortete sie und löste die Finger wieder von der Lehne. "Ich weiß auch nicht, warum ich mir so viele Gedanken darüber mache. Wegen Sedulus bin ich nicht besorgt, er ist bislang immer nur unglaublich lieb und nett zu mir gewesen. Aber irgendwie ist die Vorstellung auch komisch, dass ich schon bald und vielleicht bis zum Ende meines Lebens so eng mit einem anderen Menschen zusammenleben werde. Und dabei meine ich nicht nur das Cubiculum..." an dieser Stelle wurde Serrana gleich wieder rot,"....sondern auch so viele andere Dinge. Und dann frage ich mich natürlich, ob ich das alles schaffen werde. Geht dir das auch so?"


    Die Vorstellung einer mit ihrem Krückstock bewaffneten und die Unschuld ihrer Enkelin verteidigenden Laevina war gar nicht so unwahscheinlich, und Serrana konnte ein kurzes Kichern nicht unterdrücken, bevor auch sie wieder ernst wurde. "Meinst du wirklich, dass sie mir nicht mehr böse ist?" fragte sie und sah Calvena hoffnungsvoll an. "Vermutlich hört sich das albern an, weil ich mich schon so oft über Großmutter beschwert habe. Aber irgendwie ist es mir wichtig, dass sie Sedulus und mir ihren Segen gibt. Komisch, oder?"

  • Warum sie nervös war, konnte sie sich selbst nicht beantworten. Es war nicht wirklich Angst, die sie empfand sondern so etwas wie Vorfreude und auch Unsicherheit. Sie hatte so keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet und es war wohl das Unbekannte, das sowohl seinen Reiz hatte, als auch ihre Unsicherheit schürte. Welche Erwartungen hatte er an sie? Würde sie diesen Erwartungen gerecht werden oder aber auf ganzer Linie versagen? Mit aller Macht verdrängte sie diese Fragen, es brachte nichts, wenn sie jetzt darüber nachgrübelte und am Ende fest stellte, dass es anders kam, als sie erwartet hatte. Einfach auf dich zu kommen lassen, das war der Rat den sie Serrana gegeben hatte und sie sollte sich selbst daran halten.
    Und dann waren da noch die Veränderungen, die mit einer Hochzeit einher gingen. Aus einem Ich wird plötzlich ein wir, man hatte andere Verpflichtungen und auch Vorstellungen. Irgendwie änderte sich eine Menge…


    „Du wirst das sicherlich schaffen, du hast doch Laevina die dir auf die Finger schauen wird und dir sagen wird, wenn due gerade auf eine große Katastrophe zusteuerst. Ich glaub kaum, dass sie einfach nur zusehen wird, ich wette mit dir, sie wird wieder anfangen sich ein zu mischen. Außerdem hast du ja immer noch mich. Ich bin doch auch noch für dich da. Außerdem bewegst du dich doch auf vertrautem Terrain. Ich fühle mich genauso unsicher wie du. Aber es bringt nichts, wenn wir uns jetzt die Köpfe zerbrechen und uns vorstellen was alles schief gehen kann“, das sagte sie nicht nur um die Freundin zu beruhigen, sondern auch sich selbst.


    „Laevina ist deine Großmutter, wenn sie etwas gegen die Verbindung mit Sedulus hätte, dann hätte sie ihm schon längst die Hölle heiß gemacht. Sie vermisst dich ebenso wie du sie vermisst. Du bist ihr wichtig, auch wenn sie das nicht wirklich sagt. Ich erzähl ihr immer wieder wie es dir so geht und auch wenn sie es scheinbar kalt lässt, so weiß ich doch, dass sie sich darüber freut, dass es dir nicht schlecht geht!“ versicherte sie. Es dürfte interessant werden, wenn Laevina und Serrana wieder unter einem Dach lebten. Besonders da ihre Freundin sich nicht mehr alles gefallen ließ.

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