Sie fühlte sich auch jetzt noch mehr als elend, aber es war ein unglaublich befreiendes Gefühl für Serrana, sich jemandem zu offenbaren, der ihre Ängste ernst nahm und sie nicht einfach nur zu beschwichtigen versuchte.
Der seit einigen Tagen schier unermüdliche Drang, in Tränen auszubrechen, ließ ein wenig nach und Serranas Lächeln fiel ein bisschen bitter aus, als Calvena über die die Launen der Götter sprach. Grausame Spiele? Ja, manchmal konnte man wirklich diesen Eindruck bekommen. Ihre Mutter war ein guter Mensch gewesen, voller Leben und Freude auf ihr zweites Kind, und trotzdem war ihr Dasein innerhalb von wenigen Stunden einfach ausgelöscht worden...
Aber es nutzte nichts, über die Ungerechtigkeit des Lebens nachzudenken, davon würde Marcilia Alba nicht aus dem Elysium zurückkehren können.
Serrana ließ noch ein letztes kleines Schniefen hören, aber nachdem sie eine Weile über den Vorschlag ihrer Freundin nachgedacht hatte, erhellte sich ihr Gesicht plötzlich.
"Vorgesungen? Oja, das hat sie wirklich getan." sagte mit neu erwachtem Eifer und runzelte dann kurz die Stirn. "Ich kann mich vor allem an eine Melodie erinnern, leider weiß ich nicht mehr wie das Lied hieß." Serrana horchte einen Moment in sich hinein, dann begann sie leise eine einfache Melodie zu summen. "Ich kann natürlich nicht so gut singen wie du, aber erkennst du das vielleicht?" fragte sie Calvena ein wenig verlegen. Irgendwie schien es ihr wichtig, auch die Worte zu der alten Melodie zu kennen, aber es war auch schon viel wert, sich an die Töne zu erinnern.
Als Calvena sagte, dass sie im Grunden nichts anderes machen konnte, als künftige Schwangerschaften und Geburten auf sich zu kommen zu lassen, krampfte sich Serranas Magen kurz vor Angst zusammen. Dann biss sie jedoch die Zähne zusammen und nickte, denn schließlich sollte sie niemand für feige halten, und schon gar nicht ihre beste Freundin. Der letzte Satz war ein wenig seltsam, und Serrana sah Calvena ein wenig irritiert an, bis dann schließlich doch der Groschen fiel und die Verwirrung offenem Entsetzen wich.
"Mittel und Wege? Wofür oder wohin denn?" fragte sie in der Hoffnung, ihre Freundin vielleicht doch missverstanden zu haben.