Casa Germanica - Atrium

  • Sedulus nickte dankend dass Seneca auch seine Gens bedacht hatte und lächelte.


    Ich danke dir Iunius Seneca.


    Dann mußte Sedi doch grinsen.


    Dass nenne ich doch mal ein Angebot was wir natürlich dakend annehmen, nicht wahr Liebes? Aber ich hoffe doch sehr, dass wir dich nicht bemühen müssen, und dass ist jetzt nicht böse gemeint.


    Es gab auf den Straßen Roms und Ostias genug zu tun und Sedulus hoffte doch mal nicht, dass hier irgendwelches Gesockse sich an dem Eigentum noch an Personen zu schaffen machte.

  • Dass Seneca sich so aufrichtig und unverstellt mit ihr und Sedulus freute, ging Serrana nach den ständigen Streitereien mit Axilla runter wie Öl, und ihr Lächeln wurde breiter. Vielleicht war es ja doch noch möglich, so etwas wie ein iunischen Familienleben zu erschaffen.


    "Vielen Dank, das ist sehr nett von dir. Und das selbe gilt natürlich auch für dich. Ich denke, ich spreche auch für meinen Mann, wenn ich dir sage, dass du hier in diesem Haus immer willkommen sein und Hilfe bekommen wirst." Zumindest von ihr, und so wie sie Sedulus mittlerweile kannte, sicherlich auch von dessen Seite, falls Seneca sich nicht urplötzlich als ein ganz anderer entpuppen würde.

  • Seneca lächelte leicht. Er war froh dass seine Cousine und ihr Mann so nett zu ihm waren und seine Hilfe annehmen würden, auch wenn er hoffte dass dies nie der Fall sein sollte..


    Seneca erhob sich..


    "Nun, ich muss mal wieder weiter, ich habe noch einiges zu erledigen nun da ich hier wohnhaft bin. Aber wir werden uns sicher bald wiedersehen.", sagte er lächelnd und fuhr fort..


    "Ich bedanke mich für das Wasser und die Gastfreundschaft. Vale meine liebe Cousine und Sedulus."

  • Sedulus nickte Seneca zu und erhob sich um ihn zu verabschieden.


    Iunius Seneca, es war mir eine Freude deine Bekanntschaft zu machen. Du bist jederzeit gerne in unserem Haus gesehen. Vale.


    Er reichte ihm noch die Hand zum Abschied und winkte dann einen Sklaven herbei, welcher den Gast hinaus geleiten sollte.

  • "Ja, komm recht bald wieder her. Ich würde mich sehr freuen." strahlte Serrana ihren Cousin an, nachdem auch sie sich erhoben hatte. Ein weiterer Iunier hier in Rom, das war fast zu schön, um wahr zu sein.

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    Quadrata


    "Setz dich doch bitte und mach es dir bequem." sagte Quadrata mit einer einladenden Geste in Richtung der nächstgelegenen Sitzgruppe. "Ich werde domina Iunia Serrana sofort Bescheid geben, dass du da bist." Ohne sich noch länger aufzuhalten, machte sich die alte Sklavin auf den Weg zum Cubiculum, das Senator Sedulus mit seiner Gattin teilte und warf beim Hinausgehen noch einen kurzen irritierten Blick auf die reichlich aufgelöst wirkende Vestalin. Hoffentlich ergab sich die Möglichkeit, von diesem Gespräch ein wenig aufzuschnappen...

  • “Ähm, danke“, hörte Romana sich hinsagen, als sie sich auf einer Liege niedersetzte und angestrengt an ihren feuchten Händen herumknetete und sich ein paar Sätze zurecht legte. Das Gefühl in ihr drinnen war ungut, nicht elend oder miserabel, da sie ja wusste, dass es einen Ausweg nun gab für Serrana, sondern einfach nur beschämt und niedergeschlagen ob ihrer Hirnrissigkeit. Und sowas wie sie wollte Vestalin sein! Priesterin! Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre. Bang wanderte Romanas Blick herum, hoffend, Serrana zu sehen.

  • Und allzuweit entfernt war die Gesuchte auch gar nicht, denn Serrana stand, vor Romanas Blicken verborgen, auf der anderen Seite des Durchgangs zum Atrium an die Wand gepresst und versuchte, sich soweit in den Griff zu bekommen, dass sie den Raum betreten und die Freundin begrüßen konnte. Wirklich schlau war sie aus Quadratas Worten zuerst nicht geworden, aber dann war das schicksalhafte Wort Haruspizin gefallen, und das konnte im Grunde nur eins bedeuten: Romana war hergekommen, um ihr endgültig die Wahrheit über die Leberschau und damit ins Gesicht zu sagen, dass sie, Serrana, in nur wenigen Monaten bei der Geburt ihres Kindes sterben würde. Und damit würde es dann endgültig wahr sein, und das letzte kleine bisschen Hoffnung wäre dahin...Aber warum nur? Warum jetzt doch noch? Wie sollte sie denn nur die letzten Wochen überstehen, wenn es kein Schlupfloch mehr gab? Serrana stieß ein kleines Wimmern aus und presste sich die Hand gegen den Mund, während ihr Herz immer lauter schlug und ihren Brustkorb zu sprengen drohte. Noch nie zuvor in ihrem ganzen Leben hatte sie eine derartige fundamentale und allumfassende Angst verspürt wie in diesem Augenblick. Nachdem Quadrata ihr die Nachricht von ihrer unerwarteten Besucherin gebracht hatte, hatte Serrana eine Weile ernsthaft überlegt sich bei ihrer Freundin verleugnen zu lassen. Aber was würde das schon bringen? Nichts, rein gar nichts, abgesehen von ein paar weiteren Tagen voller Ungewissheit anstelle der grausigen Tatsachen. Nein, was immer ihr Romana auch zu sagen hatte, es würde besser sein, es direkt hinter sich zu bringen. Immer noch mit dem Rücken an die Wand gepresst atmete Serrana ein paar mal tief ein und aus, fuhr sich durch die Haare, um sich dann zu lösen und kurzentschlossen das Atrium zu betreten. Da war Romana ja, und ihr Gesichtsausdruck sah alles andere als glücklich aus. Aber wie hätte er das auch sein können.


    "Salve, Romana. Wie nett von dir, mich hier zu besuchen." brachte Serrana mit reichlich brüchiger Stimme hervor und versuchte sich an etwas, das wie ein Lächeln aussehen sollte.

  • Romana hatte kein Auge für die Schönheit des germanicischen Atriums, welches natürlich um einiges weniger nobel und alt war als das der Claudier, aber dennoch einer Familie senatorischen Ranges angemessen war. Nein, sie konzentrierte sich ausschließlich auf ihre Hände, und das war auch gut so, denn hätte sie herumgeschaut, hätte einiges sie vielleicht an die Fontinalien erinnert, die so verhängnisvoll geendet hatten für sie – aber wie sehr, wussten wohl auch nur die bisher den Göttern sei Dank brav schweigsam gewesene Arvinia.
    Sie blinzelte, als sie die Stimme der plötzlich gar nicht mehr so dem Tod Geweihten hörte. Sehr langsam stand sie auf und drehte sich zu ihr. Sie keuchte, als ob sie gerannt wäre, dabei war das nicht der Fall. Serrana fand den Besuch nett? Nett? So spät am Abend war es ein Wunder, dass man sie überhaupt noch reinlassen hatte! Es war klar, das hier war ein Notfall – und so blickte Romana auch durch die Haarsträhnen hindurch, die sich von ihren fein säuberlich gedrehten Locken gelöst hatten und ihr nun übers Gesicht wirr hinunterhingen. Romana machte sich nicht einmal die Mühe, sie wegzuwischen.
    “Serrana! Es ist nicht nett von mir, dich mitten in der Nacht“, übertrieb sie leicht, “aufzusuchen, sondern sehr unhöflich! Aber ich habe einen Grund.“ Sie senkte ihren Blick und linste zu Boden, wo sie unter ihrer Kleidung ihren rechten Fuß herauslugen ließ und damit verlegen am Boden herumstrich.
    “Ähm...“ Sie hustete. “Öhm... wie soll ich anfangen?“ Sie blickte vorsichtig nach links und rechts, als ob sie jemand hören konnte, und machte dann mit gedämpfter Stimme, die noch tiefer klang als die normale Altstimme der Claudia: “Ich habe Mist gebaut. Großen, großen Mist.“ Der Fuß begann sich schneller zu bewegen. Sie begann schnell drauf loszufaseln, und scheute nicht davor zurück, sich dort, wo ihr kein lateinisches Wort zur Hand lag, mit etruskischen Wörtern zu behelfen. “Ähm. Bei der Leber... es war alles total anders, als ich es mir gedacht habe... ich habe meine Großmutter falsch verstanden... ähm... nun ja. Leber, du weißt schon, sind... es gibt da eine Differenz zwischen srancza und penza... der netvshis, du weißt eh, muss beim fler zwar nicht unbedingt eine aisna machen, aber trotzdem, tesiasmeit und themia zeigt die ramasva eigentlich an, keine velianas... du verstehst? Also muss beim fler nicht unbedingt eine tulerase herauskommen, im Gegenteil, es wäre nicht mlach, so was zu tun, und der springende Punkt ist, durch eine aisna kann man am tmia un machen, und alles wird azaru, aber nur wenn die Götter es wollen...“ Sie hielt inne. “Kommst du etwa nicht mit, Serrana?“

  • Was hatte sie sich in den letzten Minuten nicht alles ausgemalt... Eine Romana, die ihr mit verständnisvoller und mitleidiger Stimme ihr baldiges Ende offenbarte. Oder aber die Variante mit einer Romana, die mit funkelnden Augen, dramatischem Gesichtsausdruck und feurigen Worten über den unausweichlichen Tod sprach. Serrana war sich ziemlich sicher, dass sie beide Alternativen nicht würde überstehen können, aber sie hatte sich fest vorgenommen, soviel Haltung zu bewahren, wie es sich irgendwie einrichten ließ. Erwartet oder besser gesagt befürchtet hatte sie so einiges. Dass sie kein einziges Wort verstehen würde, hatte Serrana allerdings überhaupt nicht erwartet, und doch geschah in diesem Augenblick genau das. Mit leicht geöffnetem Mund und deutlich stärker aufgerissenen Augen folgte die Iunia (falls man das rein akustische Wahrnehmen von Tönen überhaupt so nennen kann) mit wachsender Irritation und Ratlosigkeit dem hervorgesprudelten Vortrag ihrer Freundin, und stieß schließlich das einzige Wort hervor, das sie irgendwie aus dem Wust an völlig fremd klingenden Tönen aufgeschnappt hatte.


    "Antia mun?"

  • Romana blinzelte, als Serrana wirklich und wahrhaftig nicht zu verstehen schien, was hier vorging. Tja, nicht jeder konnte etruskisch. Sie hatte, und das musste man ihr lassen, ihrer Freundin eine sehr genaue Beschreibung der Sachlage gegeben – nur konnte diese damit überhaupt nichts anfangen. Sie hob ihre Hand und kratzte sich am Kopf, als Serrana, sichtlich eingeschüchtert, eine ihrer Phrasen verballhornerte.


    “Am tmia un!“, wiederholte Romana. “Sühne! Bußopfer! Nenne es, wie du willst!“ Sie holte tief, sehr tief Atem. “Serrana. Ich habe dich angelogen. Es tut mir Leid.“ Sie senkte beschämt ihren Kopf. “Die Zeichen auf der Leber waren schlecht, sogar sehr schlecht. Die guten Omen, die Iuno und Maia verkündete, wiesen wirklich auf Fruchtbarkeit und eine Schangerschaft hin – aber selbst das war nicht zwingend! Aber jetzt hör gut hin. Viele andere Götter geben greuliche Omen. Vor allem die Götter des Todes... was... ähm... es wahrscheinlich macht, dass du stirbst. Ich habe die Leber so gelesen, dass du bei der Geburt des Kindes sterben wirst“, gestand Romana. “Aber das muss nicht stimmen!“, setzte sie beschwichtigend hinzu. “Ich habe meine Vorstellung als Zukunftsvision gesehen... aber das war falsch vor mir! Ein paar Götter sind sauer, sonst ist gar nichts los!“ Sie atmete tief durch. “Serrana, du musst opfern. All den Göttern, die schlechte Omen gegeben haben, ich weiß sie noch auswendig. Serrana! Du musst die Götter besänftigen – denn das geht! Ich habe erst jetzt erfahren, das die Leber nicht die Zukunft vorhersagt, sondern nur die Stimmung der Götter! Sie sagt, welchen Göttern man opfern muss! Das musst du tun, und zwar sofort!“, redete sie auf Serrana ein.

  • Also doch. Im Grunde war es ja nichts anderes als das, was Serrana ohnehin seit Wochen befürchtet hatte, trotzdem knickten ihr bei den Worten "Götter des Todes", "wahrscheinlich sterben" und "greuliche Omen" die Beine weg und es gelang ihr nur mit Müh und Not, sich noch auf einen Sessel neben Romana zu flüchten. Es dauerte eine ganze Weile, bis auch die hoffnungsvolleren Bestandteile von deren Vortrag in Serranas vor Angst fast gelähmten Verstand ankamen, doch dann setzten sie sofort fieberhafte Überlegungen in Gang. Sie konnte also noch etwas tun, um ihr eigenes Leben zu retten? Wundervoll! Es war zwar keine Rettung im wirklichen Sinne aber doch immerhin eine echte Chance.


    "Also wenn ich...wenn ich alles mache, was du gerade gesagt hast, dann....dann kann ich also vielleicht überleben?" fragte sie sicherheitshalber noch einmal nach und griff nach der Hand der Vestalin. "Sag mir bitte, was ich tun soll, ich mache es sofort. Welche Götter sind es, die ich besänftigen muss? Und was opfere ich ihnen am besten? Und..." Nachdem gerade ein Silberstreif der Hoffnung aufgegangen war, fiel Serrana jetzt etwas ein, was ihr plötzliches Hochgefühl schlagartig wieder zunichte machte. "Oh, Romana, das wird nicht funktionieren. Ich bin doch schwanger und darf gar nicht an Opferungen teilnehmen. Oder ist das bei den etruskischen Göttern etwa anders? Was, wenn ich die Götter mit einem Opfer noch wütender auf mich mache, als sie es ohnehin schon sind?"

  • Romana verstand nicht, als sie ihn Serranas Gesicht danach suchte, aber es nicht fand, dass nicht das winzigste bisschen Zorn oder Ärger auf ihrem Gesicht zu finden war. Nicht im Geringsten. Romana hatte natürlich vermutet, dass ihr Ablehnung, eine Welle des Umuts und ewige Ungunst ihr dräuten. Wenn Serrana mit sowas zu Romana gekommen wäre, wäre kein Auge trocken geblieben. Die stolze, hoch gewachsene Patrizierin hätte ihre Freundin in kleine Stücke zerrissen. Nicht jedoch, als es nun, umgekehrt, war. Claudia Romana stand in einem desolaten Zustand vor Serrana, die nicht einmal schockiert wirkte. Sondern eher, als ob sie es sich die ganze Zeit schon vorgestellt hatte, dass dies geschehen würde. Romana war eine schlechte Lügnerin, sie wusste es, vermutlich hatte Serrana es schon seit dieser Leberschau ganz genau gewusst.


    Und trotzdem. Romana wunderte sich, warum es nicht längst schon ein Donnerwetter gegeben hatte. Romana atmete tief durch, das half ihr immer, nachdem sie Serrana fertig sprechen hatte lassen. “Wenn du ihnen ein Opfer gibst, dann schon. Dann werden sie dir wohl geneigt sein. Eine Garantie gibt es aber für nichts. Nur die Parzen wissen, was kommt, und ich fühle mich schlecht, weil ich mir angemaßt habe, es ihnen gleichtun zu können.“ Sie ließ die Schultern hängen. Die junge Vestalin war ein Bild des Elends. “Was ich getan habe, ist unverzeihbar...“ Warum brüllst du mich nciht an, Serrana, fragte sie sich. Schließlich war sie eine Lügnerin. Auch wenn mit besten Absichten. Trotzdem. “...ich werde dir bei den Opfern helfen. Du solltest den unblutigen Part übernehmen, ich werde das blutige Opfer für dich bringen, wiewohl du noch immer die Opferherrin sein wirst.“ Romana wagte es nicht, Serrana zu berühren, sonst hätte sie ihr schon längst ihre Hände auf die Schultern gelegt. “Etruskisch geopfert wird nicht. Wozu gibt es die Interpretatio Romana? Die Götter, die schlechte Omen gaben, waren Catha, Sol bei uns Römern. Fufluns, uns bekannt als Aesculapius. Letham, uns bekannt als Mortus. Tluscva, bei uns Ops, die Erde. Und Culsu, unsere Proserpina. Ach ja, und Vetis, bei uns bekannt als Veiovis.“ Es war keine kurze Liste an Göttern, und man konnte sehen, dass es Romana unangenehm war, sie aufzuzählen.

  • Serrana schlug das Herz immer noch bis zum Hals, aber diese eiskalte erbarmungslose Angst, die vor wenigen Minuten über ihr zusammengeschlagen war, hatte ein etwas nachgelassen und damit Raum für ein wenig Zuversicht gemacht. Wirklich gute Neuigkeiten waren es immer noch nicht, aber sie waren echt, konkret, und keine nebulösen Vermutungen mehr wie in den Tagen nach der Leberschau. Und das wichtigste war: sie war damit nicht mehr allein. Romana war jetzt da und hatte ihr deutlich signalisiert, dass sie auch weiterhin an ihrer Seite bleiben würde. Serrana spürte eine heisse Welle der Zuneigung und Dankbarkeit, aber noch waren Unruhe und Angst in ihr zu groß, um das wirklich deutlich zu machen.


    "Sind es wirklich so viele?" fragte sie mit wackliger Stimme und biss sich auf die Lippen. "Das ist schrecklich, Romana, was hab ich denn nur getan, um all diese Götter gegen mich aufzubringen?" Kurz kam ihr das letzte Gespräch mit Axilla in den Sinn, doch Serrana wischte diesen Gedanken schnell beiseite, um nicht in einer Woge aus schlechtem Gewissen zu versinken, bevor sie nicht alles gehört hatte. "Und du meinst wirklich, dass ein Opfer helfen könnte? Wann....wann können wir das machen und wo? Es....es muss ja alles perfekt sein...." Serrana war so in ihrer fieberhaften Hektik gefangen, dass es ihr erst nach einer Weile auffiel, wie elend ihre Freundin aussah und sie diesmal gleich beide Hände der Vestalin ergriff.


    "Unverzeihbar? Aber nein, das stimmt doch nicht, Romana. Du hast doch diese Leberschau nur durchgeführt, um mir zu helfen, und dafür werde ich dir immer dankbar sein. Und ich mache dir auch keine Vorwürfe, weil du mir nicht die Wahrheit gesagt hast. Wenn du es mir damals schon gesagt hättest, dann hätte ich es nicht ertragen, verstehst du? Ich hab nur so lange durchhalten können, weil du mir diese Hoffnung gegeben hast." In ihrem Bemühen, Romana wieder etwas aufzubauen, streichelte Serrana deren Hände und nickte immer und immer wieder.

  • Romana spürte, dass sie vor lauter Scham für ihr totales Versagen kurz davor stand, zu zittern. Weinen würde sie nicht – nein, eine Claudia weinte nicht! Obwohl sie das in der Vergangenheit schon häufig genug gemacht hatte. Als ihr Mutter starb. Als ihre Schwester Narcissa starb. Vor Freude, als sie erfuhr, dass sie bei den Vestalinnen aufgenommen worden war. Irgendwie hätte sie es weniger schlimm gefunden, hätte Serrana sie nun angeschrien. Aber das tat sie nicht, was noch ein größeres Gefühl der Schuld in Romana erzeugte.


    Grave nickte die Claudierin, als die Iunia furchtsam nachfragte, ob das auch stimmte. “Ja. Das stimmt. Aber möglicherweise habe ich auch das komplett vermasselt, weißt du? Vielleicht solltest du einen ausgebildeten Haruspex fragen. Ja, ich denke, das wäre sogar das Beste. Vielleicht sagt der dir dann, dass alles gut ist.“ Nochmal nickte sie. Natürlich hatte sie gelernt, wie die Leberschau ablief. Allerdings war ihr Selbstbewusstsein ziemlich zerstört. Sie kam sich sehr dumm vor. “Aber ich bin mir ziemlich sicher gewesen. Sehr sicher sogar“, fügte sie dennoch zaghaft hinzu.


    Sie bemühte sich, nicht zurückzuzucken, als sie die Berührung an den Händen verspürte, und ließ das sanfte Streicheln über sich ergehen. Ach, ein Elend, so kam ihr das Ganze vor, auch nach Serranas Worten. “Du bist wirklich lieb“, hörte sich Romana sagen. Was konnte sie sonst sagen? Sie hatte nicht mehr den Nerv, Serrana zu erklären, warum sie, Romanas Meinung nach, komplett falsch lag. Denn Romana lag etwas an Ehrlichkeit, und im Nachhinein kam es ihr endlos dumm vor, dass sie gelogen hatte – wobei es das Beste damals erschienen war.

  • Im Grunde hatte sie Romanas Worte ohnehin nicht angezweifelt, trotzdem musste Serrana schlucken, als diese ihr noch einmal bestätigte, wie lang die Liste der verärgerten Gottheiten war. Sol..., Aesculapius...,Mortus....,Ops..., Proserpina...und Veiovis. Die konnte man doch unmöglich alle besänftigen, oder doch? Für einen Moment drohte die Panik zurück zu kommen, doch dann machte die Vestalin einen Vorschlag, der schlagartig Serranas Lebensgeister zurückkehren und sie vehement den Kopf schütteln ließ. Noch eine Haruspizin? Niemals!


    "Ein Haruspex? Oh nein, ganz sicher nicht." sagte sie schnell, bevor Romana weiter darauf eingehen konnte. "Egal, was du sagst, ich vertraue dir und deinem Urteil. Ich wäre dir unendlich dankbar, wenn du mir bei dem Opfer helfen würdest, aber ich werde unter gar keinen Umständen einer weiteren Leberschau zustimmen." Auf ihren Armen bildete sich eine Gänsehaut, wie immer, wenn sie an das blutige Schaf auf dem Atriumboden der Casa Iunia dachte, trotzdem spürte Serrana, wie mit den Worten zum ersten Mal so etwas wie Ruhe und innerer Friede über sie kamen. "Ich werde alles tun, um die Götter zu besänftigen, die du mir genannt hast und dann werde ich mich einfach ihrem Urteil stellen. Wenn sie wollen, dass ich sterbe, dann werde ich es ohnehin tun, ganz gleich, ob ich einen Haruspex zu Hilfe rufe oder nicht." Sie atmete einmal tief ein und aus, während ihre Finger nach wie vor gedankenverloren über Romanas Hände strichen, dann verdunkelte sich ihr Blick und Serrana schüttelte erneut den Kopf, langsam diesmal und kaum wahrnehmbar.


    "Nein, nicht lieb. Schwach." sagte sie leise und biss sich auf die Lippe, bevor sie weitersprechen konnte. "Das war ich immer schon, weißt du? Schwach und weder Willens noch in der Lage, mich allein gegen etwas oder jemanden zur Wehr zu setzen. Aber das wird jetzt aufhören. Wenn die Götter mir gnädig sein sollten und mich am Leben lassen, dann will ich nicht, dass mein Kind mich als verängstigtes Schaf kennenlernt. Und falls nicht....dann....dann will ich wenigstens würdevoll aus dem Leben gehen und nicht zitternd wie ein gefangenes Tier im Käfig."

  • Romana legte ihren Kopf leicht schief, als Serrana antwortete, dass ein Haruspex für sie nicht in Frage käme. Sie rang sich ein Lächeln ab, als die Iunia ihren Vertrauensbeweis erbrachte. Nach all dem hätte sie sich alles erwartet, bloß nicht, dass Serrana ihr irgendwann wieder verzeihen würde. Knapp nickte sie. “Natürlich. Ich werde dir helfen“, bekräftigte sie, bevor sie ihren Blick erschüttert wirkend zu Boden senken ließ. Versagerin, dachte sie sich selbst, sie war eine Versagerin, und Serrana vergab ihr. Sie hatte das nicht verdient. Nicht Romana, die nach Perfektion in ihren religiösen Handlungen strebte, zumindest zumeist.


    Romana seufzte, als Serrana so fatalistisch redete. Aber sie hatte recht. Wenn die Götter ihren Tod wollten, so würde es so geschehen. Aber die Ablehnung eines Gottes musste nicht notwendigerweise ihren Tod bedeuten. Nur... vielleicht. Konnte sein. Mochte sein. Ihren Fehler, dass sie viel zu viel in so eine Leber interpretert hatte, wollte sie nicht noch einmal begehen. Also nickte sie nur. “Gut. Gut.“ Mehr brachte sie nicht heraus. Ihre Hände bewegte sie nicht, sie ließ Serrana diese einfach nur streicheln.


    Ihre nächsten Worte veranlassten Romana dazu, zu seufzen. Schwach? War Serrana schwach? Wenn sie ehrlich war, war die Antwort ja. Serrana war schwach im Vergleich zu ihr, Romana. Serrana war schwach im Vergleich zu ihrer Großmutter. Schwach. Wehrlos. Ohne Widerrede hörte Romana hin. Am Ende atmete sie aus.


    “Das klingt... stoisch.“ Ja, Serranas Worte erinnerten Romana, die selber nicht unbedingt eine Stoikerin war, eher eine Aristotelianerin – dies war der Einfluss ihrer beiden Lehrerinnen Papiria Occia und Hortensia Calpetana – an die Stoa, mit ihrer Betonung der Würde, der Courage und Freiheit von übertriebenen Emotionen.


    “Ich bin sicher, dass dein Kind dich als eine Frau kennen lernt, die kein ängstliches Schaf ist“, versuchte Romana aufmunternd zu sein.

  • "Vielen Dank, das ist wirklich sehr großzügig von dir. Du hast dir ohnehin schon soviel Mühe mit mir gemacht." antwortete Serrana, deren Stimme man die Erleichterung deutlich anhören konnte. Die Entschlossenheit, sich dem eigenen Leben endlich allein und möglichst unabhängig von fremder Hilfe zu stellen, wuchs in der Iunia von Minute zu Minute, dennoch beruhigte es sie ungemein, eine so starke Verbündete wie Romana im Hintergrund zu wissen. Eine Verbündete, die Serranas selbsteingenstandene Schwäche nicht aus falsch verstandener Freundlichkeit abstritt, sich auf der anderen Seite aber auch nicht darüber erhob, was in der gegebenen Situation sehr einfach gewesen wäre.


    "Ja, findest du?" Serrana war aufrichtig überrascht, als Romana ihre Haltung als stoisch bezeichnete, doch je länger sie darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr dieser Gedanke, und ihr Gesicht erhellte sich. "Dann gibt es ja vielleicht noch Hoffnug für mich. Es wäre wundervoll, irgendwann einmal den Dingen derart gelassen und ohne jegliche Angst ins Auge sehen zu können, wie es zum Beispiel Seneca getan hat. Wenn ich das schaffen sollte, dann muss ich mir auch keine Gedanken mehr darüber machen, ob mein Kind stolz auf mich stolz sein kann oder nicht." Serrana lächelte jetzt schon deutlich zuversichtlicher als noch vor wenigen Minuten, als ihr auf Romanas letzte Bemerkung hin plötzlich ein Gedanke durch den Kopf ging, und sie eine Weile hin und her überlegte,wie sie diesen am besten in Worte fassen konnte.


    "Romana, ich weiß, dass das nahezu unverschämt ist, nach alldem, was du schon für mich getan hast. Aber...könnte ich dich vielleicht noch um einen einzigen weiteren Gefallen bitte?"

  • Romana lächelte hilflos. Freilich hatte sie sich Mühe gegeben. Aber trotzdem hatte sie ihre Sachen so gründlich verhaut, dass sich die leicht perfektionistische Claudierin fragte, ob sie sich jemals dafür verzeihen konnte. Vielleicht, indem sie nun das, was kommen würde, so gut wie möglich bewerkstelligen würde.


    Sie nickte. “Das finde ich wirklich. Ja. Und vielleicht solltest du dich ein wenig damit beschäftigen. Mir hat die Lektüre von Seneca und von Zenon durchaus gefallen.“ An und für sich stand Romana ja auch dem Gedankengut der Stoa nahe – außer, es ging um ihre heiß geliebte Religion. Da kannte sie keine Zurückhaltung.


    “Wenn du dir keine Gedanken machen müsstest, wäre es doch umso besser. Aber ich bin mir sicher, dein Kind wird auf dich stolz sein, und zwar auf jeden Fall“, lächelte sie – endlich wieder – und drückte Serranas Hände, die ja immer noch in ihren lagen. “Zusammen stehen wir das durch. Das verspreche ich dir“, sagte sie im Brustton der Überzeugung, auch wenn es sich wohl ein wenig kitschig anhörte. Jedoch glaubte Romana, dass Serrana so etwas brauchte.


    Plötzlich jedoch kam eine Frage. Die Claudia merkte auf. “Sicher. Was wäre dieser Gefallen?“ Hoffentlich nichts Unmachbares!

  • Serrana nickte, langsam zuerst und dann entschiedener. Ja, sich mit den Lehre der Stoa noch genauer zu beschaeftigen war eine gute Idee, und das nicht nur, um ihre staendig ruhelosen und besorgten Gedankengaenge wieder in ruhigere Gewaesser zu lenken. Ohne sich dessen ueberhaupt bewusst zu sein, begann die Iunia wieder Ueberlegungen ueber ihr Leben nach der Niederkunft anzustellen, und das war ein wirklich gutes Gefuehl.


    "Ich glaube, du hast Recht. Ich denke, einer meiner groessten Fehler ist, dass ich viel zu viel nachdenke und dann leicht in Panik gerate. Aber dagegen kann man sicher etwas tun." sagte sie schliesslich ohne die Haende aus denen der Vestaln zu loesen. Die Beruehrung erdete sie irgendwie, in einer Weise wie es ihr sonst nur gelang, wenn sie die Haende auf ihren mittlerweile gerundeten Bauch legte und in sich hineinspuerte. Ganz abgesehen, dass es ihr auf diese Weise viel leichter fiel, ihre Bitte zu formulieren, denn bei einer distanzierten Romana haette sie sich, Vertrauen hin oder her, so etwas nie getraut.


    "Also...eh...mein Kind das wird im Winter geboren werden. Und...ehm...also, ich wollte dich fragen, ob ich dich vielleicht rufen lassen duerfte, wenn es soweit ist. Ich weiss, dass Quintus alles tun wird, damit alles gut geht und so....aber...ich waere wirklich sehr froh, wenn...dann jemand in meiner Naehe ist, dem die Goetter so viel bedeuten wie mir." Serrana warf einen kurzen unsicheren Blick auf Romana und schaute dann wieder ihrer beider Haende an, waehrend sie weiter sprach. "Natuerlich wuerde ich verstehen, wenn du ablehnen wuerdest. Schliesslich hast du eins der ehrenvollsten Aemter dieser Stadt inne und viel wichtigere Dinge zu tun."

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