Casa Germanica - Gäste

  • Aufgeweckter Bursche! dachte Antias grinsend. Er wäre jede Wette eingegangen, dass man sich mit Teutus auch über die ausgefallensten Wünsche hätte einigen können. Aber wer – fragte er sich, während er das Zimmer genauer in Augenschein nahm – konnte angesichts dieser Unterkunft noch offene Wünsche haben? Ein breites mit Ornamenten verziertes Bett mit zwei Decken, hellen sauberen Kissen und einem dicken weichen Cubile davor, ein kleines Pult, zwei bequeme Korbsessel, eine große Truhe auf der eine mit Wasser gefüllte Schüssel stand…


    Antias konnte kaum fassen, dass er diesen Raum ganz alleine nur für sich in Anspruch nehmen durfte, und sei es auch nur für eine Nacht.


    Mit offenem Mund glotze er auf die bemalten Wände: Hinter täuschend echt wirkenden Säulen öffnete sich ein bunter Garten bis zum dunklen von Wäldern gesäumten Horizont. Allerlei gefiedertes Getier umkreiste die Blüten und in der Ferne waren die hellen Giebel einer Tempelanlage zu sehen. Im sanften Windhauch, der von der Straße herauf durch das verhängte Fenster in den Raum wehte, glaubte Antias für einen Augenblick, die gemalten Sträucher hätten sich tatsächlich in der Brise bewegt.


    Nur mit Mühe riss er den Blick von der Malerei, ging zu der Kupferschüssel hinüber und klatschte sich dankbar kühles Wasser ins Gesicht. Dann nahm er auf beiden Sesseln nacheinander Platz, stand wieder auf, ging zum Fenster, schob die Vorhänge auseinander, sah auf die flimmernde Straße hinab und ging schließlich zum Bett, wo er die weichen Kissen befühlte. Das war kein Stroh, auch keine Wolle. Antias knautschte die Kissen, das musste Flaum sein! Flink streifte er die Sandalen ab, legte sich hin und bettete sein Haupt vorsichtig auf die Kissen. Ob Flaum oder nicht, es fühlte sich jedenfalls so an, als hätte er den Kopf direkt in den Wolken. Still dahintreibend sah er wieder zum gemalten Garten hinüber. Oder war der gar nicht gemalt? Vielleicht war der Garten echt und er selbst war nur ein Abbild. Vielleicht träumter er nur, wach zu sein. Vielleicht …...

  • Eine verdächtige Stille sog seine Träume auf. Aus einem chaotischen Bilderstrudel trieben ihm die ersten Gedanken zu. Die Gallier prügeln sich nicht! Warum? Antias versuchte aus dem Schlaf zu tauchen. Weil diesmal du an der Reihe bist! Unter hektischem Rudern schoss er der Oberfläche entgegen. Beim Mars, ich töte diese Deppen! Ächzend fuhr er vom Bett hoch – keine Gallier.


    Antias sah sich verwirrt um. Keine weiteren Betten, keine Holzwände, kein Gestank, keine Gallier. Als sein Blick durch das Zwielicht auf die Wandmalerei fiel, sickerte ihm endlich die Erkenntnis ins Bewusstsein. Das hier war nicht das Stabulum in der Suburia, sondern ein Cubiculum der Casa Germanica. Noch immer etwas benommen schwang er die Beine über die Bettkante und gähnte ausgiebig. Da musste er wohl kurz eingenickt sein. Kein Wunder bei diesen himmlisch weichen Kissen.


    Ein kalter Luftzug ließ ihn frösteln. Es schien jäh abgekühlt zu haben, hatte er ein Gewitter verdöst? Und überhaupt, konnte es tatsächlich schon so spät sein? Antias stemmte sich hoch und tapste zum Fenster. Als er die Vorhänge zur Seite zog und hinaus spähte, fuhr ihm ein eisiger Schreck in die Glieder. Wenn die Gestirne nicht plötzlich ihren Lauf geändert hatten, war es der Morgen, der da draußen anbrach, nicht die Nacht. Unmöglich – sagte er sich und schnupperte die frische Morgenluft. Zumindest unwahrscheinlich. Im Haus wurden die ersten gedämpften Geräusche vernehmbar. Nun ja, in jedem Fall höchst ungewöhnlich. Gerade als Antias die Tatsache verdaut hatte, fiel ihn die nächste an: Götter! Ich muss zur Castra!


    Hastig machte er sich über die Kupferschüssel her, wusch sich so gründlich es eben ging, zog die Sandalen an und öffnete schließlich vorsichtig die Zimmertür.


    „Teutus? Pssssst .. Teutus? Bist du da?"

  • Nein, Teutus war nicht da, allerdings kam gerade ein anderer Sklave des Weges. Es war ein junger Gallier, noch recht neu in der Casa. Er hatte frische Wäsche auf den Händen welche er gerade wegräumen sollte.
    Er blickte den Fremden fragend an.


    Kann ich dir irgendwie behilflich sein Herr?


    Allerdings hoffte er, dass er nicht benötigt wurde um seine Arbeit schnell erledigen zu können. 8)

  • „Ääähh ..“
    Antias war etwas durcheinander, wieder ein anderer Sklave.
    „.. nein, eher doch nicht. Ich muss schleunigst weg. Ich nehme nicht an, dass du dich mit den Anmeldezeiten der Castra Praetoria auskennst?“

  • Der junge Gallier sah den Fremden mit riesengroßen Augen an. Wie kam er denn nur auf so etwas? War er vielleicht ein freier Bürger? Und selbst wenn, wäre es ihm wohl auch wurscht.


    Ähm... Nicht wirklich Herr. Aber frage doch am besten bei Senator Germanicus Sedulus nach. Er war früher mal Soldat und sollte sich somit noch am besten hier im Hause auskennen.


    Kam die prompte Antwort.

  • Antias nickte abwesend.
    „Gut, gut .. macht nichts.“
    Das ganze war ihm nun doch recht peinlich. Erst hatte er die Gastfreundschaft des Senators verschlafen wie ein überfressenes Hausschwein und nun stahl er sich davon wie ein ertappter Ehebrecher.


    „Schon gut, lass den Senator schlafen. Richte ihm meinen tiefsten Dank und die besten Wünsche aus. Er weiß ja, dass ich mich heute zeitig bei den Cohortes melden will. Also nochmals, danke ihm in meinem Namen. Segen auf das Haus Germanica!“


    Antias zog seine Tunika in Form und trat aus dem Zimmer.

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