Freundinnen unter sich

  • "Nein, wahrscheinlich ist es nicht gut, noch gesund."


    schloss ich, besorgt dreinschauend. Dieses Mal aber blieb mein Blick weiterhin nach vorn gerichtet. Heute schien es nicht stürmisch werden zu wollen, auch wenn viele Wolken am Himmel standen.


    "Hast du denn auch noch positive Erinnerungen?!"

  • Mein Blick schoß, einmal mehr besorgt, zu ihr rüber. Irgendwas stimmte ganz und gar nicht, Sie saß beinahe verkrampft auf dem Tier.Aber ich ging noch nicht drauf ein, wollte erst sicher gehen, ob ich mich täuschte. "Ja, ich denke schon, irgendwie. Nur sind es, trotz das es schöne Erinnerungen sind, zugleich traurige."

  • "Weil es heute nicht mehr ist wie damals, nicht wahr?"


    Ich dachte an Maximus zurück. Wie schüchtern er mich damals gefragt hatte ob wir nicht vor die Tore Mogontiacums wollten, um ein wenig spazierenzugehen. Und als er als Strafe dafür die Latrinen im Castellum säubern durfte. Ein sanftes Lächeln trat auf meine Lippen. Würde ich ins Elysium gelangen... Vermutlich würde ich mich für Maximus entscheiden, nicht für Metellus. Er war mein erster Mann gewesen und er schenkte mir meine wundervollen Kinder.

  • "Ja, und weil ich sie wahrscheinlich nie wieder sehen werde," erwiederte ich traurig und hing einer Weile meinen Gedanken nach. Dann sah ich zu ihr rüber. "Und was ist mit Dir? Warum sitzt Du heute auf dem Pferd, als hättest Du einen Stock geschluckt?"

  • "Einen Stock geschluckt?"


    Ich sah sie erst etwas verdutzt an und als ich begriff, lachte ich. Ich lachte um die Wahrheit zu verbergen. Aber es war auch ein klägliches Lachen für jemanden, der mich durchschauen konnte.


    "Ach, ich bin einfach übermüdet, mehr nicht! Musst dir keine Gedanken machen. Nur durch den Besuch der Augusta fiel zuviel an was mich um den Schlaf gebracht hat!"

  • "Dann solltest Du, statt hier draussen Dich krampfhaft auf dem Pferd zu halten. lieber schlafen." ICh sah sie weiter besorgt an und tat etwas, was ich noch nie zu vor getan hatte. Ich griff ihr sachte in die Zügel, bremste ihr Pferd, wie auch meines und beugte mich so rüber, dass sie mir ins Gesicht sehen musste. "Bitte Helena! Ich weiss, dass Du Dir immer das Letzte abverlangst. Lass es nicht zum Letzten werden."

  • "Aber Pentesilea! Mir geht es gut und wenn ich etwas gut gebrauchen kann, dann ist es frische Luft. Umso besser werde ich schlafen können. Klingt das nach einem vernünftigen Argument?"


    lächelte ich sie beruhigend an.


    "Ich sage dir schon Bescheid, wenn es schlimmer wird, in Ordnung?"

  • Ich musterte sie ernst. "Ich kenne Dich," sagte ich nur leise, aber dann nickte ich. "Na gut, aber wehe wenn nicht! Dann werde ich ganz schnell vergessen, wer von uns beiden die Herrin ist, dass verspreche ich Dir."

  • Ich sah sie streng an.


    "Niemand von uns beiden ist Herrin, Pentesilea. Und wenn, dann hast ohnehin eher du dir Respekt verdient. Du bist noch aus jeder misslichen Lage herausgekommen. Schau mich an, mein Weg ist gerade und dies nur durch Hilfe anderer."


    Ich zupfte mir die Zügel zurück und setzte das Pferd wieder in Bewegung.

  • "Ach und ich hatte nicht die Hilfe anderer? Wer hat mich denn vor der Strafe von Maximus bewahrt? Davor, dass er mich vermutlich bis aufs Fleisch hätte auspeitschen lassen, so wütend wie er war? Wer hat denn..." Ich hielt inne und griff mir an den Kopf, an meine Narbe und sagte leise: "Mich aus dem Vergessen zurück geholt und dafür gesorgt, dass ich wieder so etwas wie eine Familie bekomme und nicht an der nächsten Straßenecke überfallen, mißbraucht und getötet wurde?" ICh sah sie traurig an und auf meinem Gesicht lagen Respekt, Liebe und eben diese Traurigkeit. "Wenn ich Dich verliere, Helena, verliere ich alles, was ich noch Familie nennen kann." Leicht feucht schimmerten meine Augen bei diesen Worten, aber ich meinte sie bitterernst.

  • Maximus. Kurz schien die Welt still zu stehen. Es war das erste Mal seit langer Zeit dass ich den Namen 'gehört' und nicht nur gesprochen, gedacht oder gefühlt hatte. Publius. Publius Tiberius Maximus. Meine Augen füllten sich mit Tränen und es fiel mir schwer, ihr zuzuhören. Und doch schaffte ich es, indem ich mich auf ihre Worte konzentrierte.


    "Wer rettete mein Leben und das meines Kindes? Wer war stehts für alle meine Sorgen zu sprechen? Wer bringt meiner Tochter vieles bei und kümmert sich um meine Kinder? Wer bringt mir das Lächeln ins Gesicht?"


    Ich reichte ihre meine Hand hinüber, einfach, um Verbundenheit zu spüren. Wir hatten einander viel zu verdanken. Ich liebte Pentsesilea. Darum tat mir auch jede Auseinandersetzung mit ihr so weh.

  • Ich nahm ihre Hand, aber der Ernst in meinem Gesicht war unverändert. "ICh will Dich nicht verlieren, verstehst Du?"
    Meine Hand drückte ihre und meine Augen sahen sie bittend an. "Noch einmal alles verlieren, das würde ich nicht aushalten."
    Nie zuvor hatte ich so gesprochen und ich würde es wohl auch niemals mehr danach tun. Vielleicht lag es an der Stimmung, an meinem eigenen Befinden oder daran, dass sie so schlimm aussah. Ich wusste es nicht, ich wusste nur, dass ich es sehr ernst meinte.

  • "Mach dir keine Gedanken, du wirst mich nicht verlieren. Ich glaube nicht, dass die Götter mich bald zu sich holen werden und aus einem anderen Grund würdest du mich ohnehin nicht verlieren."


    Ich drückte ihre Hand fest und ließ sie auch nicht mehr los, während die Pferde langsam dahintrotteten. Nein, auch ich wollte sie nicht verlieren, sie war mir sehr ans Herz gewachsen.


    "Ich liebe dich, Pentesilea."


    mochte es wer hören oder verstehen wie er wollte, ich wusste, sie verstand wie ich es meinte,

  • Ich wollte was erwiedern, aber meine Kehle war wie zugeschnürt. Wenn die Götter sie holen würden, dann würden sie erleben, was es hiess sich einen Feind zu holen. Als sie dann noch diese Worte sagte, konnte ich nicht anders und musste schlucken. "Ich Dich auch," erwiederte ich unerwartet sanft und drückte ihre Hand.

  • Ich schloss langsam meine Augen, etwas, was ich mir bislang nur seltenst zugemutet hatte, wenn ich auf dem Rücken eines Pferdes saß. Doch nun hatte ich einen Halt. Ich fühlte wie ich langsam nachließ und am liebsten einschlafen würde, mein Körper begann leicht nach hinten zu sinken. Doch dann schrak ich wieder aus meinem Halbschlaf auf und sah beinahe entschuldigend zu Pente.

  • Ich sah sie besorgt an und dann lächelte ich. "Warte," sagte ich leise und dann tat ich etwas, was ich, so wusste ich, öfter auf dem Rücken der Kamele getan hatte. Woher auch immer ich es wusste. So kletterte ich vorsichtig auf den Rücken des anderen Pferdes, direkt hinter sie, mein Pferd am Zügel und umschlang sie sachte von hinten, ein etwas wackeliger Akt, bis ich saß,aber immerhin. "Nun lehn Dich zurück! Entspann Dich und schliess die Augen. Hier ist niemand, der von Dir irgendwas verlangen wird. Du kannst Dich ausruhen."

  • "Hmmm..."


    murmelte ich lächelnd und voller Dankbarkeit, allein schon wegen des guten Willens, welchen sie zeigte. Ich lehnte mich direkt nach hinten und spürte ihren Körper. Ich genoss den Halt den sie mir gab und murmelte leis:


    "Danke für alles."

  • "Es gibt nichts zu danken, Helena, aber auch gar nichts," lächelte ich. "Schliesse die Augen und entspanne Dich." Ich nahm ihr die Zügel ab und umschlang sie sachte von hinten. Dann lenkte ich mit den Zügeln und Schenkeln das Pferd auf einen kleinen Weg eine Klippe hoch. Der Wind war zwar frisch, aber zugleich angenehm und ich versuchte ihr mehr von meinem Umhang zu geben, damit sie nicht frieren musste. Sachte strich ich dabei einmal mit meinem Handrücken über ihre Wange und sagte leise: "Schlaf ein wenig."

  • Doch ich kam ihrer Aufforderung nicht nach. Zum einen waren da noch immer soviele, zuviele Gedanken die mich beschäftigten. Zum anderen wollte ich einfach dieses Gefühl genießen, was sie mir gab. Dass da jemand war, dass sie da war.


    Doch anmerken ließ ich mir nichts. Ich lag entspannt in ihren Armen und blickte über die Landschaft vor uns.

  • Als wir oben angekommen waren, hielt ich die Pferde an. Ich wendete sie so, dass man problemlos auf das Meer hinaus sehen konnte und grübelte. Leise, mehr zu mir selbst sagte ich: "Das so etwas Schönes einem so viel Übelkeit hervorrufen kann ist schon paradox. Ich wünschte, ich könnte Dir etwas ähnlich schönes zeigen. Das besondere Meer, eines ganz in Gelb: Die Wüste. Das Sandmeer ist auch wunderschön, aber eben so erbarmungslos wie dieses dort. Ein Fehltritt und es kann Dich Dein Leben kosten, aber an Schönheit steht es ihm nichts nach."
    Sanft streichelte meine Hand über ihren Arm.

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