| Peristylium | Säulengang

  • "Imperiosus?", fragte sie dennoch nach. "Ich habe mit ihm darüber geredet, hier zu bleiben, aber die Freiheit, die habe ich bisher vor lauter Aufgaben noch nicht wahrgenommen."

  • "Dann kann er ja darüber nachdenken, ob er dir zur Liebe nicht eventuell einen Umzug in Erwägung ziehen könnte. Da muss ich dir Recht geben. Das hispanische Land ist schöner als das Leben in einer Stadt wie Rom. Vor allem, wenn man es nicht gewöhnt ist... all diesen Lärm, die vielen Menschen und den ganzen Trubel."

  • Arria nickte leicht und schüttelte gleichzeitig den Kopf. "Du bist gut, Onkel, was glaubst du, was ich tagelang versucht habe? Imperiosus ist nicht dazu zu bewegen, nach Hispania zu ziehen, er will unbedingt in Rom bleiben. Abgesehen davon hat er Schüler zugeteilt bekommen und eher würde er wohl noch nach Achaia ziehen, wo er aufgewachsen ist, als nach Hispania", antwortete Arria mit einem traurigen Schmunzeln.

  • Cinna hob kurzzeitig die Schultern, als wolle er sagen: Das hab ich ja nicht ahnen können! Aber der Unbekannte stieg in Cinnas Sympathien, als er erfuhr, er sei in Achaia aufgewachsen. Arrias traurige Stimme ließ ihn seine Worte sorgfältig wählen. "Kopf hoch, liebe Nichte. Schließlich muss er für euren Unterhalt sorgen. Wenn er in Rom Fuß gefasst hat, wäre es wirklich töricht ihn zu einem Neuanfang hier zu zwingen. Und bedenke: So wie es dir schwer fallen wird Hispania zu verlassen, würde es ihm schwer fallen Rom aufzugeben. Und überhaupt rückt Tarraco ja damit nicht außer Reichweite für dich." Er rempelte sie sachte an. "So das Thema denn erst aktuell wird."

  • Arria nickte leihct und lächelte schief.


    "Ja, wenn es aktuell wird, irgendwann. Wenn ich so weitermache, wird es nie aktuell werden, sondern ich werde wohl bald eine Claudia oder eine Tiberia oder ähnlich angesehenes sein", seufzte sie, auch wenn es eigentlich nur unfair war, ihrem Vater eine solche Tat zu unterstellen. Aber wenn sie ihn weiterhin reizte und solche Dinge erzählte, war das wohl die Konsequenz, die sie zu tragen hatte. Was hieß das also als logische Folgerung? Sie musste sich im Zaum halten und ein liebes, braves, nettes und hübsches Töchterlein sein, das am besten nicht zu sehr denkt, weil es dann nur auf eine andere Meinung wie der Vater kommen könnte...

  • "Nun... Die Petronier sind eine aufstrebende Gens und dein Vater hat nur dich. Er täte weise daran, dich mit einem Sprössling einer angesehenen Familie zu verheiraten, wobei ich nicht sagen möchte, dass die Iulier kein Ansehen genießen würden, die Ahnen des großen Iulius Caesar!" Cinna wechselte die Richtung. "Nun ja, seine Sache. Seine und deine, da werde ich mich besser nicht einmischen."

  • Arria zuckte leicht mit den Schultern.


    "Wenn er das wirklich wollen würde, hätte er es schon längst gemacht. Aber davon abgesehen weißt du genau, dass ich keinen Einfluss darauf habe. Ich bin nur eine Frau, Onkel, entscheiden wird mein Vater. Und wenn ich ihn verärgere, wohl kaum zu meinen Gunsten", antwortete Arria nachdenklich. Sie war ihrem Vater unendlich dankbar dafür, dass er sie nicht einfach verheiratet hatte, aber dennoch... sie hoffte sehr, dass es so blieb.

  • Cinna griff Arrias Gedanken auf. "So? Warum er das dann nicht schon längst getan hat, frage ich mich?!" Er schmunzelte in seiner zurückhaltenden Art. "Verlier nicht aus den Augen, was dein Vater für dich all die Zeit lang getan hat. Du vergisst, dass du normalerweise schon zu den Frauen gehören solltest, die mit Wäschekörben beladen und verfolgt von einem kleinen Heer quäkender Kinder begleitet zum Brunnen schnattern würden - verzeih mir meine Ausdrucksweise."

  • Arria schüttelte leicht den Kopf und lachte leise.


    "Wenn, hätte Vater mich sicher mit einem bedeutenden Mann verheiratet und der hätte genug Sklavinnen gehabt, die die Wäsche waschen, Onkel. Und ich verliere es nicht aus den Augen, ganz im Gegenteil, ich bin ihm sehr dankbar. Deswegen muss ich ja aufpassen, was ich sage, obwohl er mich eigentlich anders erzogen hat."

  • Er machte eine wegwerfende Handbewegung - er hatte ja nur bildlich sprechen wollen. Aber dass sie manchmal gut daran täte, den Mund zu halten... Nun, das wussten seit gestern ganz genau. Er nickte nur stumm, weil eine Antwort möglicherweise grob ausgefallen wäre.

  • Arria blieb einen Moment still, dann wandte sie sich dem Garten zu und blieb mit verschränkten Armen zwischen zwei Säulen vor der kleinen Mauer stehen.


    "Du kannst dir natürlich alles erlauben, Onkel. Du bist ein Mann, du hast deine Frau und wenn du wollen würdest, würdest du auch was auf die Reihe bekommen", sprach sie nachdenklich. Irgendwie wurde ihr Onkel ihr immer fremder, seit er hier war.


    "Aber ich bin nur eine Frau. Varus' Tochter und deine Nichte. Was also will ich? Ich sollte brav in der Ecke sitzen, mein Mahl verspeisen und nicht sprechen. Ich sollte ebenso wie Marcia als kleines, braves, liebes Weib neben den Männern herlaufen, am besten noch den Kopf gesenkt wie eine Sklavin und wie sie es tut."


    Arria hob die Hand und zeigte ihm so, dass er nichts sagen sollte, sondern sie erst fertig sprechen wollte. Einen Moment blieb sie wieder stumm, dann drehte sie sich um.


    "So wie ich jetzt bin, dafür kannst du Vater danken. Er hat mich größtenteils erzogen und er hat mich zu einer jungen, selbstbewussten und vielleicht auch hübschen Frau erzogen. Ich bin kein liebes, braves Weib, das sich keine eigene Meinung bildet. Ich bn ergeizig, was meine Ausbildung im Cultus Deorum antrifft und ich will keinen anderen Weg als diesen. Ich treffe meine Entscheidungen größtenteils selbst und lebe mit den Konsequenzen. Aber eine gute Ehefrau, wie sie im Sinne eines Römers wie dir und Vater ist, das werde ich nie werden und damit müsst ihr leben. Imperiosus akzeptiert mich so, wie ich bin, lässt mir meine eigene Meinung und behandelt mich völlig gleichberechtigt und das ist es, was ich mir wünsche. Dass ich nicht nur als Gebärerin angesehen werde, nicht nur als jemand, der der Gens Kinder schenkt und der die Ehre der Familia mehrt. In erster Linie will ich ein Mensch, eine Frau sein", sprach sie ruhig weiter.

  • Cinna grummelte. Der Ärger über die respektlosen Worte seiner Nichte gegenüber ihm und gegenüber seiner Frau vertrieb die gar entspannte Laune von eben. Diesbezüglich hatte Varus auf ganzer Linie versagt. Er wandte ihr halb den Rücken zu und lachte zurückhaltend.
    "Ist es das, für was du mich hälst? Einen lieblosen Ehemann, der nur Kinder zeugen will, um zu Ehre zu gelangen? Der in seinem Eheweib nur eine weitere Sklavin sieht, der er den Mund verbieten kann, nur weil ihm nicht passt, was sie zu sagen hat?" Er seufzte und sah Arria müde an. "Jetzt spricht dein Vater aus dir", sagte er schlicht und wandte sich zum Gehen.

  • "Ich habe nicht gesagt, dass ich deine Beziehung zu Marcia so beurteilte, Onkel. Nur wenn sie mit gesenktem Blick neben dir geht und fast schon verschüchtert aussieht, dann wirkt sie nun einmal nicht wie eine stolze Frau. Ob es etwas mit dir oder mit ihr zu tun hat, will ich dabei überhapt nicht angesprochen haben! Ich weiß nicht, wie ihr zueinander steht und wie eure Beziehung aussieht, nur so, wie sie gestern abend ins Triclinum kam, sah sie nicht wie eine stolze Petronierin aus. Und für jemanden, der nur Kinder zeugen will, halte ich dich sicherlich nicht, sonst hättest du schon mindestens eines", antwortete sie ruhig und erstaunlich gelassen.

  • "Dann, mein Nichtchen, solltest du deine Worte sorgfältiger wählen", bluffte er sie an. Schnell schmunzelte er, damit seine Worte ein wenig an Schärfe einbüßen mussten. "Zerbrich dir bitte nicht den Kopf über Dinge, die dich nichts angehen. Marcia ist eine stolze Frau und ich bin sicher der letzte Mensch, der diesen Stolz brechen würde. Weil sie ein mal mit gesenktem Kopf neben mir ging, heißt das also noch lange nichts." Er pausierte. Seine Worte waren immer noch ziemlich tadelnd. Also atmete er einmal durch und trat zu Arria. "Wie in jeder Ehe gibt es Unstimmigkeiten, auch bei uns. Worüber wir gestern uneins waren, kannst du dir vielleicht denken", sagte er und seine Stimme war wesentlich sanfter.

  • Arria blickte ihn kurz an, dann wandte sie sich um und blickte wieder in den Garten.


    "Du musst dich vor mir nicht rechtfertigen, Onkel. Es geht mich nichts an, was du machst und warum du es machst. Genauso, wie ich mich nicht für eure Beziehung interessieren darf. Interesse zeigen darf ich ohnehin nur für meine Pflichten als Frau und als künftige Priesterin", antwortete sie ruhig und blickte nachdenklich in den Garten, ohne sich zu rühren. "Wenn ich es mir selbst lange genug einrede, glaube ich es bald selbst und kann mich dementsprechend verhalten."

  • Iason lauschte dem Gespräch seiner Herrin und des Onkels. So schlimm, wie Turia gemeint hatte. Er redete doch recht freundlich mit Arria und hielt sich zurück. Aber vermutlich wollte er irgendetwas von ihr. Vielleicht...naja, wie auch immer. Diese Römer waren doch ohnehin alles Barbaren. Sicher gehörte Cinna auch zu jenen Römern, die seinen Vater ohne mit der Wimper zu zucken hingerichtet hätten. Vermutlich hätte das jeder Römer getan. Sogar Crispus - trotz all der humanitas, die Iason versucht hatte, ihm einzuflösen mit der griechischen Literatur. Damals, als er noch jünger war. Jetzt war er ein Barbar wie alle - ein Mörder unter dem Adler des Cäsar.
    Schließlich wandte er seine Gedanken wieder ab von seiner Herrschaft und dem Boden zu, der noch immer nicht sonderlich sauberer schien.

  • "Das hatte ich auch nicht vor", sagte Cinna und grinste tatsächlich beinahe schon. "Sei nicht albern, Arria. Ich sagte ja nicht, dass dich gar nichts angeht. Aber gewisse Dinge gehören einfach nicht 'öffentlich' beredet und dazu zähle ich meine Ehe in gewissen Hinsichten durchaus auch." Er schnaufte und sah zu dem Sklaven, der wahrscheinlich mehr ihrem Gespräch lauschte als den Dreck wegzufegen. Cinna schüttelte den Kopf. "He, du! Komm einmal her!"

  • Was hatte er nun schon wieder falsch gemacht? Diese Römer - nie waren sie zufrieden. Aber er kam natürlich und sagte in seinem unterwürfigsten Ton
    "Ja, Herr? Was kann ich für Euch tun?"

  • Arria drehte sich zu ihrem Onkel und dann zu dem Sklaven.


    "Iason...", meinte sie nur mit einem gewissen "was-machst-du-denn-hier"-Ton, dann jedoch wandte sie sich wieder ab. Ihr sollte es egal sein, ihr Onkel hatte ihn schließlich gerufen und sie hatte Zeit, eine Antwort zu ersinnen für die Frage, die sie schon fast wieder vergessen hatte.

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