[Stabulum] Factio Veneta

  • Sev hält sich nicht lange damit auf wieder auf die Beine zu kommen. Ohne groß zu zögern stürzt er sich ein weiteres Mal auf seinen Bruder und visiert erneut dessen Magen an. Noch bevor dieser wieder festen Stand hat, bekommt er vom noch knienden Sev einen kräftigen Schlag in den Bauch. Erst danach versucht dieser wieder auf die Beine zu kommen und das nächste Ziel seiner Faust ist Vics Gesicht. Dieses Mal bleibt er auf Distanz und bereitet eine schnelle Abfolge von mehreren Schlägen gegen seinen Bruder vor.

  • Erneut brandet der Schmerz in Vics Bauch auf und ein schmerzhaftes Stöhnen ertönt. Entweder hat sich sein Bruder einen kräftigen Schlag antrainiert, oder er verweichlicht vielleicht doch so langsam. Doch Sev gönnt ihm keine Pause. Als Vic sich gerade halbwegs aufrichtet, sieht er schon wieder eine Faust auf sich zudonnern. Im letzten Moment dreht er instinktiv seinen Kopf zur Seite und Sevs Faust trifft hart auf seiner Schläfe auf.


    Victor taumelt einen halben Schritt zurück und registriert für einen winzigen Augenblick noch das Flackern vor seinen Augen, dann haut es ihn wie einen gefällten Baum um.

  • Gerade will Sev seinen Bruder mit mehreren harten Schlägen in den Magen traktieren, da kippt dieser ohne einen weiteren Ton um. Im letzten Moment hält er inne und sieht überrascht auf Vic herab, der k.o. auf dem Boden liegt. Nachdem dieser sich tatsächlich nicht mehr zu rühren scheint, lässt er die Spannung wieder aus seinem Körper weichen und schüttelt die leicht schmerzende Faust kurz aus. Dann tritt er neben Vic und stößt ihn mit der Fußspitze an.


    "Aufstehen, Junge! Du hast verloren! Hrhr!"


    Er grinst wieder breit. Die Sache ist damit jetzt für ihn geklärt.

  • Die Dunkelheit hält nicht lange an, dafür herrscht ein ziemliches Dröhnen in Vics Kopf vor. Er setzt sich stöhnend auf. "Verda**te Sch***e. Ouh... gegen wat trainiert ihr in der Castra? Backsteinmauern?" Er greift sich an die Schläfe. "Ver*amm*er Mist..." Er kann sich nicht entscheiden, ob der Schmerz in seinem Magen schlimmer ist, oder das Wummern hinter seinen Augen. Letztendlich ist es aber sowieso egal, er hat, wie nicht anders zu erwarten, verloren. Er reibt sich den Kopf und funkelt Sev böse an. "S*h**ße, ve*da*mte! Priestermemme, da haste recht, Mann. Nichmal einen Schlag halt ich aus... ich sollte den ganzen Sc**i*-Job an den Nagel hängen und wieder wat gescheites machen... zurück zur Ala... Junge, Junge..." Vic rappelt sich auf und klopft sich den Staub von der Tunika. Kurz verschwimmt der Raum vor seinen Augen, klärt sich aber nach einen Blinzeln recht schnell. Er dreht Sev seine Seite hin. "Wirds schon blau? Mann, ich muss morgen ins Collegium... so nen Mist, v*rdam*ter." Als ihm die Erkenntnis kommt, dass das noch nicht das schlimmste ist, sinken seine Schultern ab. "Ach ver*amm* nochmal, ich muss ja noch rüber..." Er schaut seinen Bruder an und hebt eine Augenbraue. "Kommste nu noch mit?"

  • Sev grinst und klopft Vic versöhnlich auf die Schulter.


    "Na, nu mach ma halblang, Junge! Als Priester kannste halt nich auch noch nen Prätorianer mimen. Genauso wie ich bei nem ordentlichen Blutopfer wohl gnadenlos versagen würd. Hrhr. Jeder muss seinen Teil erfüllen. Du opferst Mars und ich kümmer mich drum, dass der Gott auch was zu tun hat."


    Dann schnappt er sich seinen Helm wieder vom Tisch, klopft den Staub flüchtig von seiner Rüstung ab und nickt zustimmend.


    "Jo, ist gut. Ich komm noch kurz mit rüber. Danach muss ich sowieso wieder zurück in die Castra. Genug Zeit für ein Training ist jetzt nicht mehr übrig."


    Den Helm unterm Arm geht Sev neben seinem Bruder her und sie machen sich auf den Weg zur Domus Factionis der Veneta.

  • In letzter Zeit hat Sev massig zu tun, so dass er sich kaum mal frei nehmen kann. Zu den Ludi ApollinarEs hat es daher garnicht gereicht. Trotzdem hat er sich natürlich schnellstmöglich über die Ergebnisse informieren lassen und entsprechend sauer kommt er kurz darauf in den Stallungen der Factio an. Sev ist noch in voller Rüstung und hat sich lediglich den Helm eilig unter den Arm geklemmt. Ein Stallbursche hat das Pech, ihm über den Weg zu laufen.


    "Moment mal, Junge! Komm mal her! Wat hab ich da von den Ludi gehört? Is dat wahr? Rothar hats komplett zerlegt und den Wagen von Dareios können wir auch vergessen? Mann, Mann, Mann, das darf doch nich wahr sein! Wie konnt denn dat passieren, verdammt nochmal?!"


    Er schüttelt verständnislos den Kopf, als der Stallbursche tatsächlich eingeschüchtert nickt.


    "So ein verdammter Sauhaufen! Wo sind die Lenker? Wat machen die Trainer gerade? Is der Princeps da? Wat is mitm Vic? Treibt der sich hier irgendwo rum?"


    Sev blickt wütend um sich und versucht einen der Genannten auszumachen.

  • Vic steht in der Werkstatt und tritt gerade gegen ein geknicktes Wagenrad, als er Sevs Stimme durch die Gänge hallen hört. "Scheiße, verdammte." murmelt er und tritt auf den Gang raus. Den ganzen Nachmittag schon hat er Leute angebrüllt, doch alle ziehen den Kopf ein und machen, dass sie aus dem Weg kommen, was nicht dazu führt, dass Vic sich abregen kann. Sein Bruder kommt ihm da gerade recht, der würde ihm entweder Kontra geben oder sich mit aufregen. Und beides würde dazu führen, dass er Dampf ablassen kann.


    "Da biste ja endlich, Junge! Haste dat gesehen? Warst du beim Kaiser? Mann, diesen grünen Penner würd ich am liebsten in den Boden stampfen! Wat hat so ne Lusche auf der Bahn zu suchen?! Der Wagen vom Rothar is hin, der Rothar is noch nich übern Berg und die Pferde ham eine an der Klatsche! Und alles wegen diesem beschissenen Penner! Schau dir das an!" Er macht eine flüchtige Handbewegung in die Werkstatt rein. "Schrott! Totalschaden! Nen Haufen Bretter für aufn Müll! Scheiße, Mann, wer lässt so nen verdammten Nichtsnutz auf die Bahn für die Ludi Apollinares!?"

  • Sobald Sev seinen Bruder entdeckt hat, lässt er den Stallburschen links liegen und geht Vic entgegen. Dessen Stimmung scheint nicht viel besser, so dass er allein daher schon mit dem Schlimmsten rechnet. Finster zieht Sev die Augenbrauen zusammen, während er dem Bericht zuhört und sich schließlich neben Vic stellt und einen Blick auf das Wrack wirft.


    "Boah, Alter! Wat is dat denn? Soll dat der Wagen vom Rothar sein?" Ungläubig sieht Sev zu Vic und schüttelt fassungslos den Kopf. "Dat kann ja wohl nich wahr sein! Verdammte Scheiße, wie konnte denn sowat passieren? Nen Grüner sachste? Wat lassen die denn für beschissene Chaoten auf die Bahn? Der gehört doch eingesperrt! Isser wenigstens auch zu Bruch gegangen? Mann, Mann, Mann, wie konnte das denn passieren? Und wat is mitm Dareios? Ich hab gehört, der hat auch was abbekommen?"


    Ruhelos geht Sev mehrere Schritte umher und knallt schließlich seinen Helm wütend in eine Ecke.

  • "Dat war mal der Wagen vom Rothar. Jetzt isses... isses..." Vic fuchtelt planlos mit den Händen rum. "... nix! Nen Haufen Scheiße, verdammte Scheiße! Die Jungs warn so gut, so gut, sach ich dir! Sonst hätten sie sich schließlich nich fürs Finale qualifiziert! Der Rothar is wirklich abgegangen und dann sowat! Im Finalrennen! Diese grüne Pfeife, Plinius, Pinius, wat weiß ich, aber ne Fichte isser allemal! So ein Hirni, Mann! Wenn ich nich weiß, in welche Richtung dat Rennen geht, dann bleib ich Zuhause! Stellt seinen Wagen quer und natürlich kann der Rothar da nich mehr ausweichen! Der war ihm schon so dicht hintendrauf!"
    Vic zeigt eine Handspanne und macht eine kurze Pause zum Luft holen, doch dann gehts in einer Tour weiter.


    "Und der Dareios kommt schon für die nächste Runde angerast und dieser Schrottkarren liegt immer noch auf der Fahrbahn! Ey, wat is dat für nen Beschiss, Mann? Und dann... und dann..." Vic schüttelt fassungslos den Kopf und langt sich an die Stirn. "Also dat hättste sehen müssen... dat war... Junge, dat war unmöglich! Ich weiß nich, wie die Pferde dat hinbekommen haben, aber auf einmal ziehts den Dareios genau über die grüne Karre, wie über ne Rampe und sein Wagen hebt ab! Dat war... ey, dat war unmöglich! Natürlich is der Wagen hart aufgekommen, er is noch gut ins Ziel gekommen, aber die Achse is hin!" Vic schaut Sev durchdringend an. "DIE Achse."

  • "Meine Fresse, so ein verdammter Mist! Sowat darf einfach nich passieren! Wieso hamse den grünen Schrott denn nich schon längst von der Bahn geräumt gehabt?! Da hat doch die Rennleitung gepennt. Verdammte Organisation!"


    Wütend tritt Sev gegen ein kleines metallenes Trümmerteil, welches daraufhin mit einem scharfen Knall gegen die Wand prallt und eine kleine Macke hinterlässt. Die verbeulte Form lässt trotz allem noch eindeutig auf ein Stück des ehemaligen Verderbers schließen. Ungehalten geht Sev einige Schritte umher, bleibt plötzlich stehen und sieht Vic eindringlich an.


    "Wat? Die Achse? Ne, oder?! So eine Kacke! Ausgerechnet im ersten richtigen Rennen... Na, dat war wohl auch die einzige, die das noch bis ins Ziel ausgehalten hätte. Der Schmied hatte echt ganze Arbeit geleistet. Mann, und teuer war die gewesen. Der neue Stabilisator, die verstellbaren Dämpfer... Junge, wir brauchen Kohle. Und zwar schnell. Außerdem sollten wa mal den Princeps auf diesen merkwürdigen Aedil ansetzen. Wat meinste?"

  • Grimmig schaut Vic dem Verderberstück hinterher und dabei zu, wie es nach dem Tritt von Sev eine Macke in die Wand haut. Alles nur, wegen diesen Pennern. "Wenn dat ma nochwat wird bis zu den Ludi Romani. Junge, da können wir schaun, wie wir fertig werden! Mann, wie lang hat dat gedauert, bis diese verdammte Achse endlich stimmig war! Es is ja nich nur dat Schmieden - die ganze Feineinstellung, die Proberennen, die Lenkung, boah, dat dauert wieder ewig! Dat kannste ja fast knicken, Kohle hin oder her!"


    Vic muss an sich halten, dass er nicht wieder von neuem wütend wird und auch noch ein paar Sachen gegen die Wand donnert. "Ich glaub, den Princeps hab ich vorhin noch zum Domus rüber gehen sehen. Lass uns ma schauen, solln die wohlhabenden Sesselhocker mal nen paar Sesterzen locker machen, für die Factio wird dat ja wohl drin sein! Wenn dat mit der Achse erstmal läuft, Junge, dann werden die schließlich die ersten sein, die sich vorne dran stellen."

  • Sev winkt ab und schüttelt gereizt den Kopf.


    "Ach, die beschissenen Ludi Romani hab ich sowieso schon abgeschrieben. Wenn ich mir den Schrott da anseh... Is ne Frage, ob wir bis dahin überhaupt wieder nen verdammten Wagen aufstellen können. Mann, Mann, Mann... Und alles nur wegen dem grünen Penner da! War ja klar! Wegen wem auch sonst?!"


    Er knirscht wütend mit den Zähnen und nickt.


    "Gut, dann lass uns gleich rüber gehen. Verdammter Mist, verdammter!"


    Und schon macht Sev sich auf den Weg aus dem Stall raus in Richtung Domus, ohne groß darauf zu achten, ob ihm sein Bruder folgt oder nicht. Er muss sich beherrschen, seinen Helm nicht in die nächstbeste Ecke zu knallen. Doch in dem Bewusstsein wie viel Arbeit eine solche Reparatur für ihn bedeutet, verkneift er es sich mühsam.

  • Als neuer Princeps Factionis besuchte Durus natürlich auch den Stall, wo die Trainer und Lenker bereits auf den Besuch vorbereitet worden waren. Sie alle standen sauber aufgereiht in ihren blauen Tuniken an der Seite der Rennbahn und Durus in einer ebenfalls blauen, aber zweifelsohne teureren Tunika und einem passenden sagum nahm die "Formation" ab. Am Ende der Reihe stand Campus Callidus, der Trainer der Lenker.


    "Salve, Callidus."


    begrüßte Durus ihn lächelnd.


    I]"Wie läuft der Betrieb? Seid ihr bereit für das Rennen in Germania?"[/I]


    fragte Durus den Trainer. Dieser lächelte breit


    "Wir sin' in bestem Zustand! Mach' Dir keine Gedanken!"


    Auch Durus lächelte.


    "Sehr gut. Wie geht es den Fahrern?"

  • Callidus grinste breit und deutete zuerst auf den jüngsten, einen etwas kleineren Burschen mit dunklem Haar - eigentlich recht gutaussehend.


    "Oh, Hermes hier ist in Topform. Würd' mich nich' wundern, wenn er in Germanien 'nen Preis holt. Im letzten Rennen isser persönliche Bestzeit gefahren."


    Anerkennend klopfte Durus dem Jungfahrer auf die Schulter, woraufhin dieser geehrt lächelte. Trotz seiner vielen Rennen schien er noch immer ein wenig kindlich...


    Sie gingen einen Schritt weiter, wo die älteren beiden Fahrer standen. Zuerst kamen sie zu Dareios, der lebenden Legende. Manch ein Jung-Wagenlenker trug den Namen des Persers als Medaillon um den Hals.


    "Dareios is' wie 'n guter Wein - je älter, desto besser, muss ich sag'n! "


    Dann stand da noch Rothar mit seinem stolzen Bart, den er sich neuerdings stehen ließ, groß, rothaarig - keltisch eben! Trotzdem wirkte er irgendwie nicht ganz so imposant wie die anderen.


    "Rothar hat im Moment 'nen klenen Tiefpunkt, aber das machst'e schon wieder, oder?"


    Nach einem aufmunternden Schulterklopfer vom Coach presste Rothar ein Lächeln heraus, das stark gequält wirkte. Man sah deutlich, dass ihm sein Leben im Schatten des großen Dareios ein wenig zusetzte...oder auch...


    "Und nachdem du neulich vom Wagen gefallen bist is das ja auch voll nomaal!"


    fügte Callidus rasch an. Auch Durus lächelte nun aufmunternd und ging mit dem Cheftrainer zusammen ins Stallgebäude hinein, in dessen ersten Stock ein kleiner Raum für Besprechungen und Trainings-Analysen lag.

  • Einige Wochen nach den Rennen in Mogontiacum kehrten die beiden teilnehmenden Fahrer Rothar und Hermes von ihrer Reise zurück. Ihre Wägen wurden von den Transportkarren ins Stallgebäude verladen, während die beiden Lenker mit Callidus zusammen daneben standen und sich unterhielten.


    Gerade, als die letzte Achse an den Wagen angebaut wurde, erschien eine große Sänfte, getragen von ägyptischen Sklaven. Ihr entstieg Tiberius Durus in einem blauen Sagum. Kurz sah er sich um, dann ging er auf die beiden zu. Natürlich hatte er bereits die Ergebnisse mitbekommen.


    "Salvete!"


    grüßte er lächelnd und Hermes machte plötzlich wieder einen etwas beschämten Eindruck. Wieder drittletzter in der Vorrunde...Doch überraschenderweise sah der Princeps ihn freundlich an.


    "Nächstes Mal, Hermes!"


    Dann wandte er sich an Rothar, der immerhin den vierten Platz belegt hatte. Zwar noch kein Platz auf dem Treppchen, aber immerhin...


    "Und du..."


    Jovial schlug er dem Germanen auf die Schulter.


    "...ich bin zufrieden. So, geht und erholt euch von der Reise, Jungs!"


    Die beiden Lenker verabschiedeten sich freundlich und Durus wandte sich an Campus Callidus, den Cheftrainer. Mit ihm ging er in dessen Officium um über die Geschehnisse in Germania zu sprechen - schließlich wurde es Zeit, dass die Veneta wieder einmal auf dem Treppchen stand!

  • Tiberius Durus hatte sich wieder einmal Zeit genommen, seine Jungs bei der Factio zu besuchen, um einen Eindruck von den Leistungen der Aurigae zu erhalten. Casetorix und Mehaf hatten sich inzwischen einigermaßen ins Team eingefunden, dennoch war es dem Princeps Factionis wichtig, ihre Fortschritte zu beobachten.


    So stand er wieder einmal allein auf der Tribüne, während die Fahrer unten ihre Kreise auf der Übungsbahn zogen. Campus Calidus stand am Rande der Arena und sprach noch mit Hermes, während Mehaf sich bereits auf seinem Wagen postiert hatte und darauf wartete, das Zeichen zum Start zu erhalten. Sein Pferdetrainer hielt die Sanduhr bereit, mit deren Hilfe die Zeit gestoppt wurde, die der Fahrer für eine Runde benötigte. Doch das war nicht Mehafs Problem: Die erste Runde war er schnell, doch auf Dauer hatte er Probleme, das Tempo zu halten!


    Durus setzte sich auf die Holztribüne und wartete, bis Hermes ebenfalls seinen Wagen bestiegen und die Zügel um seinen Leib geschlungen hatte. Dann gab Calidus das Startsignal. Sofort schossen die beiden Wägen los, jeweils getrieben von ihren Lenkern. Wie üblich zog Mehaf davon, bereit, das Letzte aus seinen Pferden herauszuholen. Hermes hingegen ging die Sache gemächlicher an...

  • “Das is' der Neue.“ So hatte ihn Dareios den anderen beiden vorgestellt.


    “Tolimedes heißt er. Woher kommst du, Tolimedes? Aus Griechenland, nicht wahr?“


    Dareios hatte ihn angesehen. Durchaus freundlich, denn er war ein höflicher Mann und gar nicht so hochmütig, wie er hätte sein können.
    Denn Dareios war eine lebende Legende, der beste Auriga seiner Generation, besser und erfolgreicher noch als Diokles, der auch für die Blauen gefahren war, oder das furchtbare Dreigestirn der Praesina; Marsyas, Lupus und Plinius. Dareios hatte sie alle überragt, und jetzt war er sein Trainer.


    “Ja, aus Griechenland. Aus der Argolis, genauer gesagt. Die Stadt in der ich geboren wurde heißt Prosymna.“


    Er wusste, was man zuhause über ihn sagte. Das er verstockt wäre, dass er schweigsam sei und den Mund nicht auf bekam, anders sei und nur Pferde und Wagenrennen im Kopf hätte. Er wollte es besser machen und so rang er sich immerhin diese drei kurzen Sätze ab und dazu noch ein scheues Lächeln. Aber dann verfiel er doch wieder in Schweigen.


    “Prosymna? Kenne ich nicht.“, hatte Dareios daraufhin gesagt und ihm die anderen beiden vorgestellt, die ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Ablehnung ansahen.
    “Das ist Mehaf, aus Alexandria. Aegypter.“
    Er zeigte auf den Ägypter, der wohl einige Jahre älter war und so aussah, als hätte er schon viel gesehen. Die Art, wie er ihm zunickte, wirkte wie eine Herausforderung.


    “Und das is' Casetorix, aus Gallia. Seine ganze Familie fährt Wagenrennen.“


    “Meine Mutter nicht.“, gab der Gallier zurück, biss sich aber sogleich auf die Zunge, weil er wohl großen Respekt vor dem großen Dareios hatte.


    “Ich freue mich euch kennen zu lernen.“, sagte Tolimedes brav.


    “Wir sehen werden was du kannst.“, war Mehafs schroffe Antwort in schlechtem Latein und in der kehligen Aussprache seiner Heimat.

  • Dareios tat so, als hätte er Mehafs Bemerkung überhört.


    “Was für Pferde hast du bisher gehabt?“, wollte er von Tolimedes wissen.


    “Ganz verschieden.“, antwortete er, aber er merkte, dass diese Antwort dem alten Champion keineswegs genügte.
    “Die man mir gegeben hat.“, fügte er deshalb hinzu und machte damit dann auch deutlich, dass er bisher nicht sehr viel Auswahl gehabt hatte.
    “Zuerst waren es die Pferde einiger vermögender Männer aus Prosymna und Umgebung. Später haben mir auch andere, von weiter weg, ihre Pferde gegeben, damit ich für sie fahre. Auf Empfehlung.“


    “Griechische Pferde? Ich meine, in Griechenland gezogene?“


    “Nicht alle, aber die meisten, ja.“


    Dareios verzog das Gesicht.
    “Die taugen nicht viel. Griechenland ist nicht gut, um Pferde aufzuziehen. Die Sommer sind zu heiß, die Wiesen zu trocken und oft zu steinig.“


    Tolimedes erinnerte sich indes an einige Tiere, die ihm sehr ans Herz gewachsen waren und deren Schnelligkeit, Kraft und Anmut er bewundert hatte. Widerspruch regte sich in ihm.
    “Einige waren sehr gut und ich habe Rennen mit ihnen gewonnen.“


    “Mein lieber Junge“, sagte Dareios daraufhin mit mildem Lächeln: “die Rennen, die du gefahren bist und die, die du gewonnen hast, die waren nur drittklassig. Das ist vorbei. 'Bist jetzt hier bei den Blauen. 'Wirst jetzt gegen die besten Aurigae der Welt fahren und dafür kriegst du auch die besten Pferde, die man für Geld kaufen kann. Keine griechischen Gäule.“


    Da verstummte Tolimedes beschämt, während Casetorix und Mehaf frech grinsten.

  • Tolimedes sagte daraufhin nichts mehr. Er war ein stiller, in sich gekehrter Mann, wie vielleicht schon deutlich geworden ist.


    Also sprach Dareios weiter: “Casetorix hier, der bevorzugt thrakische und kappadokische Pferde. Die sind kräftig und ausdauernd. Mehaf hat hispanische lieber, vor allem Lusitanier. Die sind elegant, leichtfüßig und schnell. Aber darauf kommt es nicht an. Alle drei merkt euch: es kommt nur auf das Führungspferd an! Hier in Rom nennt man es equus funalis. Es ist das Pferd, dass ganz links läuft. Das wisst ihr natürlich schon.“


    “Aber kein Gespann kann schneller sein, als sein langsamstes Pferd.“, wagte Tolimedes jetzt doch zu bemerken.


    “Das stimmt, und ein lahmes Pferd vermasselt euch alles, genauso wie ein krankes. Aber trotzdem gilt: mit dem equus funalis steht und fällt euer Rennen. Es entscheidet über Sieg oder Niederlage. Alles andere muss auch passen, aber dann kommt es auf dieses Pferd an. Das sind die wertvollsten Tiere. Dich wichtigsten. Wenn wir für ein Rennen ein Gespann zusammenstellen, dann wird zuerst das Führungspferd ausgewählt. Die anderen drei müssen dazu passen. Es ist wie bei den Menschen. Es gibt Pferde, die können nicht miteinander. Wichtig ist auch das Wetter. Wichtig ist, wie tief der Boden ist, wie schwer das Geläuf, auf welcher Bahn gefahren wird und wer die Gegner sind. Aber die Basis ist immer das Führungspferd. Das wählen wir zuerst aus. Mit den anderen Pferden finden wir dann eine Feinabstimmung. Habt ihr das verstanden?“


    Mehaf und Casetorix nickten und auch Tolimedes beeilte sich ein “Ja.“ hervor zu pressen.

  • “Darüber reden wir noch. Bald. Denn euch dreien steht eine erste Bewährungsprobe bevor.“


    Bei diesen Worten Dareios' wurde nicht nur Tolimedes aufmerksam. Auch die anderen beiden waren ganz Ohr.


    “Wir richtet Rennen aus. Also, die Veneta richtet Rennen aus. Große Rennen, im Circus Maximus.“


    “Wann?“, wollte Casetorix wissen, der Ungeduldigste und vielleicht auch Neugierigste von ihnen.


    “Im Iulius, zu den Ludi Apollinares.“


    Da wurde Tolimedes ganz warm ums Herz. Das war sein Traum gewesen, der Traum, der ihn hierher nach Rom geführt hatte: im Circus Maximus, dem größten und berühmtesten Hippodrom der Welt Rennen zu bestreiten. Er hatte nicht geahnt, dass sie schon so bald Wirklichkeit werden sollte.
    Sogleich tuschelten Casetorix und Mehaf aufgeregt miteinander.


    “He, werdet mir nicht gleich übermütig. Ihr trefft da auf starke Gegner. Marsyas, Lupus und Plinius, Dominator spectatorum, Diokles und ich selbst, wir sind vielleicht nicht mehr dabei, aber es gibt andere. Denen von der Albata, und dem alten Patroklos von der Aurata, denen könnt ihr nicht das Wasser reichen. Noch nicht. Ihr werdet auch nicht gesetzt sein. Ihr müsst euch zuerst für das Finale qualifizieren. Das wird schwer genug. Aber wenn ich erleben muss, dass der Endlauf ohne einen einzigen von euch stattfindet...“


    Er ließ offen, welche schweren Konsequenzen das zur Folge hätte.


    “Also geht es vor allem um die Qualifikation?“, schloss Tolimedes.


    “Ja. Zumindest einer von euch muss sich da durchsetzen. Besser zwei. Das ihr alle drei es schafft, na, dass wage ich nicht zu hoffen. Strengt euch in den nächsten Tagen gut an. Übt fleißig. Ihr müsst bei diesen Rennen euer Bestes geben.“


    Tolimedes wurde in diesem Augenblick klar, dass diese Rennen eine Vorentscheidung bringen konnten. Es ging um die künftige Hackordnung innerhalb der Veneta. Es ging darum, wer von ihnen in Zukunft am meisten Aufmerksamkeit von Dareios erfahren würde und wer die besten Pferde bekäme. Von diesen Rennen, dass machten die Worte des alten Champions deutlich, hing ihre Zukunft im Stall der Blauen ab. Und Tolimedes war entschlossen, nicht als Fahrer Nummer Drei zu enden.

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