[Mons Esquilinus] Templum Iunonis Lucinae


  • "Eine weise Entscheidung", bestätigte ihm der Aedituus seine Wahl noch einmal und machte sich in Gedanken schon aus, wie schön diese Oferung sein würde. "Ich würde dir selbstverständlich zu den einzelnen Gottheiten noch die passenden Anrufungsformeln zukommen lassen." Beim Gebet musst man das schon richtig machen und den meisten Bürgern waren die richtigen Formen für die jeweilige Gottheit überhaupt nicht bekannt, ganz besonders nicht von den eher wenigen populären Göttern, aber das musste für eine erfolgreiche Opferung schon alles seine Richtigkeit haben und dafür gab es ja auch die guten Auskünfte der Tempeldiener und zur Not auch der Pontifices. "Hier in der Nähe?" Da musste der Aedituus dann noch recht lange nachdenken. "Der Esquilin ist leider nicht gerade dafür bekannt, dass man hier besonders gut Vieh kaufen kann. Wenn du aber eine wirklich erstklassige Kuh haben willst, dann würde ich mich auf dem Forum Boarium umsehen. Dort gibt es einen Händler, der im Besitz eines Germanicus ist und wo man wirklich gute Opfertiere erstehen kann. Ich habe ja schon die wildesten Sachen von Händlern gehört, die krankes Vieh verkauft haben, welches dann nach ein paar Tagen einfach verstorben ist. Ein ungeschultes Auge kann da schon einmal einen Fehlkauf leisten, aber mit diesem Händler gab es bisher nie Probleme." Die Erfahrung hatte der Aedituus selbst jedenfalls noch nicht gemacht. "Das Forum Boarium ist zwar etwas weit weg, aber ein Mann wie du hat ja sicherlich Leute, die das für einen erledigen können." Achja, den Termin hatte er ja auch noch zu klären. Nach einem kleinen Blick auf die Aufzeichnungen, konnte er Macer auch ein nettes Datum nennen. "Was hältst du von ANTE DIEM XII KAL DEC DCCCLXII A.U.C.? Das wäre in nicht mehr ganz einer Woche"*


    Sim-Off:

    *Schreiben kannst du natürlich wann du willst. ;)

  • "Das wäre sehr gut, danke", sagte Macer zu den Anrufungsformeln, denn genau die waren ja einer der Gründe gewesen, warum er dieses Gespräch hatte führen wollen. Für den Tipp mit dem Forum Boarium hätte er es dagegen nicht gebraucht. Das kannte er natürlich und dort hätte er im Zweifelsfall ohnehin gekauft, wenn es keine andere Empfehlung gab. "Gut, dann werde ich mich dort umsehen und ein passendes Tier erwerben", bestätigte er. Da seine Liste der Verpflichtungen nicht allzu lang war, konnte er das auch selber machen und brauchte es nicht seinem Verwalter zu überlassen. Und aus demselben Grund passte ihm auch der vorgeschlagene Termin. "Sehr schön, ja, der Termin passt mir", bestätigte er daher mit einem zufriedenen Lächeln.


  • Der Aedituus beschloss, wo er schon gerade das passende Dokument gefunden hatte, dem Purgitier eine entsprechende Tabula mit den Formeln aufzuschreiben. "Einen kleinen Moment. Ich werde dir das dann gleich mitgeben. Es nützt dir sicherlich auch, wenn du dich schon einmal damit vorbereiten kannst." Er schrieb die einzelnen Formeln auf und überreichte sie dann dem Consular und machte anschließend noch einige Erläuterungen...



    Anrufungsformel:
    Ehrwürdige Cunina, Schutzgöttin der Neugeborenen und Wächterin über die Wiege.


    Beispiel einer Bitte:
    Gewähre meinem Kindlein Schutz, auf das alles Böse und alles Dunkle von ihr ferngehalten wird.


    Anrufungsformel:
    Sentia, Göttin der wohligen Empfindungen und der lieblichen Gedanken.


    Beispiel einer Bitte:
    Sorge dafür, dass mein Kind in seinen ersten Jahren nur gutes zu fühlen und dies auch stets zu vermitteln vermag, sei es bei Beginn durch ein süßes Lachen, sei es später durch die Kraft der Sprache.


    Anrufungsformel:
    Iuno Lucina, Göttin des Lichtes, des leuchtenden Mondes und der Familie; Wächterin der Geburt und aller Neugeborenen, die du unter deiner schützenden Hand auf die Welt geleitest...


    "Ich habe dir für Cunina und Sentia sowohl die Anrufungsformel, als auch das Beispiel für eine Bitte aufgeschrieben. Selbstverständlich können Bitten auch variiert werden und sind immer dem persönlichen Bedürfnis angepasst, aber bei diesen Gottheiten sind derlei Bitten schlicht üblich, so dass du darauf vielleicht zurückgreifen möchtest." Das hing natürlich mit den beschränkten Funktionen der Gottheiten zusammen, so blieb der Wortlaut bei fast allen Bitten zu diesen Gottheiten stets fast ein und derselbe. "Anders ist dies bei Lucina, wo die Vorstellungen und Wünsche doch sehr variieren und du deinen Dank und deine Bitte natürlich ganz individuell gestalten kannst." Der Aedituus lächelte zufrieden und hoffte, dass er den ehrwürdigen Consular zufriedengestellt hatte und er sich nun beruhigt auf seine Opferung vorbereiten konnte. "Es freut mich sehr, dass dir der Termin zusagt. Für dich wird dann am jeweiligen Tag alles hergerichtet und die Opferhelfer an ihrem Platze sein." Natürlich überflüssig das zu sagen. "Kann ich dann sonst noch etwas für dich tun?"

  • Macer glitt mit den Augen über die Tafel, während der Aedituus ihm die Inhalte erklärte und lächelte dann äußerst zufrieden und glücklich. "Hervorragend. Ganz herzlichen Dank jetzt schon für deine Unterstützung," antwortete er dann und reichte die Tafel an seinen Laufburschen weiter, der sie in seine Tasche steckte, damit sie nicht verloren ging. "Ich denke, damit bin ich soweit im Bilde", beantwortete er dann die weitere Frage. "Sollte ich noch Wünsche haben, werde ich mich melden. Ansonsten sehen wir uns dann beim Opfer, nehme ich an?", begann er daher die Verabschiedung.


  • "Freut mich, dass alles zu deiner Zufriedenheit ist. Wenn dir sonst bis zur Opferung noch etwas einfällt, stehe ich dir natürlich weiterhin zur Verfügung. Von meiner Seite gibt es dann soweit auch erst einmal nichts mehr und selbstverständlich sehen wir uns dann bei der Opferung." Der Aedituus blickte freundlich drein, als er sich vom Consular verabschiedete und konnte sich anschließend gleich dem nächsten Hilfesuchenden zuwenden. Arbeit, Arbeit, Arbeit.

  • Als erstes kam die Kuh. Natürlich nicht alleine und wahrscheinlich auch nicht ganz freiwillig, aber dafür hatte der Opferherr Purgitius Macer heute zwei seiner Sklaven abgestellt, um die weiße Kuh vom Viehmarkt hierher zum Tempel der Iuno Lucina zu treiben. Und da der Viehhändler selber auch noch einen Sklaven mitgeschickt hatte, kamen sie auch recht gut durch die belebte Stadt und waren dementsprechend als erste am Tempel. Das war aber ohnehin auch nötig, denn immerhin musste die Kuh noch vorbereitet werden, um auch wirklich ein vernünftiges Opfertier für Iuno abzugeben. Außerdem konnte so einer der beiden Sklaven, der Macers Laufbursche war, auch nachschauen, ob alle sonstigen Vorbereitungen planmäßig verlaufen waren und seinem Herrn Bescheid sagen, falls es zu Verzögerungen oder Planänderungen kam.


  • Der Tag es Opfers war schnell herangerückt. Für die nächste Zeit würde sich nun alles um das Opfer des Senators anlässlich seiner Neugeborenen Tochter drehen. Der Aedituus hatte mit Nachdruck an allem gearbeitet und gab gerade noch einigen Helfern letzte Anweisungen. Alles war hergerichtet, sogar an die zweite Opferschale hatte der Mann gedacht. Eine war für das Weinopfer zu Ehren der Iuno Lucina und die andere für das Milchopfer zu Ehren der Cunina. Als der Laufbursche bei ihm eintraf, konnte der Aedituus melden, dass alles in Ordnung sei und wies ihn an, gleichsam noch etwas Opferschmuck zur Kuh mitzunehmen und etwas Kreide, für den Fall, dass die Kuh an der ein oder anderen Stelle noch etwas 'geweißt' werden müsste. Ansonsten könne der Senator sobald er sich bereit fühlte, mit der Waschung beginnen und das Voropfer ausführen.

  • Der Laufbursche war glücklich, dass alles soweit vorbereitet war, denn das ersparte ihm einen eiligen Lauf zurück zum Hause seines Herrn. Stattdessen konnte er hier bleiben, bei der Vorbereitung der Kuh zugucken und die Vormittagssonne genießen.


    Etwas später traf dann auch planmäßig Macer ein, in eine angemessen festliche Toga gehüllt und begleitet von seinem Verwalter, zwei Sklavinnen und einer kleinen Schar von Klienten. Er strahlte mit der spätherbstlichen Sonne um die Wette und schien sich auf das Opfer sehr zu freuen. Bald erblickte er den Aedituus, der ihn beim letzten Mal beraten hatte und hielt auf ihn zu. "Salve! Ich sehe, alles ist bereit?" erkundigte er sich und hatte die vorbereitete Kuh bereits entdeckt.


  • Der Aedituus blickte mit einem Lächeln auf den Senator und musste erst einmal die Schar an Klienten überblicken, die der Consular mit sich führte. Genug Publikum würde er für sein Opfer damit wohl genug haben. Aber da es ein öffentliches Opfer war, traf ja vielleicht sogar noch eine deutlich größere Zahl an Menschen ein, die das Schlachten der Kuh miterleben konnte. Auch dem Senator persönlich versicherte er nun noch einmal, dass alles vorbereitet sei. "Alles ist für dich hergerichtet. Ich denke du wirst zufrieden sein. Nun liegt es in deiner Hand. Ich hoffe, dass deine Gebete erhört werden."

  • "Nun, dann wollen wir mal", entschied Macer voller Tatkraft und schritt weiter auf den Tempel zu. Er ließ sich Wasser und Handtuch für die notwendige Waschung reichen, bevor er das Innere des Tempels betrat, um das Voropfer zu absolvieren. Nach dem Übertreten der Schwelle brauchte er einige Augenblicke, bis sich seine Augen an das schwächere Licht im Inneren gewöhnt hatten, aber diese kleine Pause konnte er nutzen, um die Toga über den Kopf zu legen, wie es sich für den Opferherrn gehörte. Dann schritt er weiter zum Opfertisch und legte erst einmal Weihrauch auf die bereits glimmenden Kohlen, um eine Verbindung zu den Göttern herzustellen.


    Als der Rauch nach oben stieg, richtete er seinen Blick auf das Kultbild und begann zu sprechen. "Ehrwürdige Iuno Lucina, große Göttin des Lichtes, des hellen Mondes und der Familie. Du Wächterin der Geburt und aller Neugeborenen. Ich danke dir dafür, dass du meine Tochter Albina unter deiner schützenden Hand auf die Welt geleitet hast. Nimm diesen Kuchen und diesen gesüßten Wein als meinen Dank dafür an, dass du die kleine Albina ins Licht der Welt geführt hast." Langsam und sorgfältig stellte er die genannten Opfergaben auf den Opfertisch und rückte sie ein wenig zurecht, damit es gefällig aussah.


    Dann fuhr er mit seinen Bitten an zwei weitere Göttinen fort. "Ehrwürdige Cunina, Schutzgöttin der Neugeborenen und Wächterin über die Wiege. Gewähre der kleinen Albina deinen Schutz, so dass alles Böse und alles Dunkle von ihr ferngehalten werde. Nimm diese Milch an als meine Gabe an dich." Eine Kanne mit Milch und ein Becher dazu wanderten zusätzlich auf den Opfertisch. "Ehrwürdige Sentia, Göttin der wohligen Empfindungen und der lieblichen Gedanken. Sorge dafür, dass die kleine Albina in den ersten Jahren ihres zarten Lebens nur Gutes zu fühlen und dies auch stets zu vermitteln vermag, sei es bei Beginn durch ein süßes Lachen, sei es später durch die Kraft der Sprache. Nimm diese Blumen und dieses Obst an als meine Gaben an dich." Ein Teller mit Obst und ein Blumengesteck, das um diese Jahreszeit im übrigen überhaupt nicht einfach zu bekommen gewesen war, komplettierten den Opfertisch. Macer betrachtete ihn, befand ihn für ansprechend hergerichtet und wendete sich nach Rechts, um das Voropfer zu beenden und den Tempel wieder zu verlassen.

  • Langsam und würdevoll schritt Macer nach dem Verlassen des Tempels die Treppe hinunter und auf den Altar zu, begleitet vom Flötenspiel der Musiker, die der Aedituus organisiert hatte. Ein Opferhelfer besprengte die Umstehenden mit Wasser, um auch bei ihnen für rituelle Reinheit zu sorgen und forderte sie dann wie üblich zum Schweigen auf, was aber ohnehin kaum nötig war, da die Zuschauer ja auch nicht zum ersten Mal bei einem Opfer dabei waren und den Ablauf kannten. Macer ließ sich derweil ebenfalls noch einmal Wasser und Handtuch für eine weitere Waschung reichen und anschließend die nötigen Utensilien für die letzte Behandlung des Opfertieres vor dem Opfer. Mit der mola salsa zum Besprengen des Opfertieres war er nicht gerade kleinlich, aber da die Kuh auch von Natur aus schön weiß war, brauchte er auch keine Sorgen haben, durch zu viel Salzlake irgendwelche Kreide abzuwaschen, die dunkle Flecken verdeckt hätte. Anschließend ließ er den Opferschmuck abnehmen und führte das Opfermesser von Kopf bis Schwanz über den Rücken der Kuh, bevor er es an den Schlächter weiterreichte. Dann kehrte er zum Altar zurück, um von dort das Gebet zu sprechen.


    "Ehrwürdige Iuno Lucina, große Göttin des Lichtes, des hellen Mondes und der Familie. Du Wächterin der Geburt und aller Neugeborenen", begann er noch einmal mit denselben Worten, die er schon im Tempel beim Voropfer gewählt hatte. "Ich bitte dich darum, dass dein helles, warmes Licht der kleinen Albina alle Tage scheinen möge, um sie sicher und geborgen durch diese Welt zu leiten. Nimm diese strahlend weiße Kuh als mein Opfer an und gewähre mir die Erfüllung meiner Bitte."


    Er trat einen Schritt zurück, was dem Schlächter ein Zeichen gab, dass er nun mit seiner Arbeit beginnen konnte. "Agone?", fragte er, und Macer antwortete laut und deutlich mit einem "Age!", woraufhin die Kuh wenig später ihr Leben verlor. Es dauerte eine Weile, bis sie ausgeblutet war und ausgenommen werden konnte, um die Eingeweide zur Begutachtung auf den Altar zu legen.

  • Langsam wendete Macer die Innereien und betrachtete sie von allen Seiten. Er konnte nicht behaupten, besonders erfahren zu sein in der Beurteilung göttlicher Zeichen, aber er konnte keinen Mangel erkennen. Nichts schien darauf hinzudeuten, dass die Göttin Iuno seinen Dank nicht annehmen wollte oder die Bitten nicht gewährte. Ebenso waren keine Zeichen zu erkennen, die auf die Notwendigkeit der Wiederholung des Opfers hindeuteten. "Litatio!", verkündete Macer daher und freute sich über das erfolgreiche Opfer.


    Für den weiteren Verlauf der Handlung überließ er nun bald wieder dem Aedituus die Verantwortung, der sich um die Zerlegung des Tieres und die Zubereitung der Innereien für die Götter kümmern würde, während Macer sich nach dem erfolgreichen Abschluss der Handlungen am Altar zu seinem kleinen Gefolge begab.


  • Der Aedituus des Iuno-Tempels hatte das Opfer aufmerksam begleitet. Schließlich wollte er auch wissen, ob seine Beratung Früchte trug und der Senator seine Arbeit gut machen würde. Abgesehen von dem, was der Aedituus ihm empfohlen hatte, hatte der Purgitier auch selbst sehr schöne Worte zum Wohle seiner Tochter gefunden, so verwunderte es dann auch nicht, dass Iuno dieses sorgsam vorbereitete Opfer ohne Schwierigkeiten annahm. Man konnte sich eigentlich fast sicher sein, dass dem kleinen Mädchen nun eine gute Zukunft bevorstehen würde, ganz abgesehen davon, dass diese als Tochter eines Senators ohnehin recht auskömmlich leben würde.


    Nach Abschluss des Opfers wurden einige Innereien der Kuh den Flammen übergeben. Der Rest wurde in den Tempelküchen auf den Kesseln gekocht. Nun gab es diverse Möglichkeiten, was mit dem Fleisch passieren konnte, worüber er mit Macer zuvor, so dachte der Aedituus zumindest (er war ja schließlich schon ein alter Mann), gar nicht gesprochen hatte. So trat er an Macer und sein Gefolge direkt nach der Opferung heran: "Senator, wie soll nun mit dem Opferfleisch verfahren werden? Möchtest du eine wirkliche Speisung abhalten? Soll das Fleisch in sportulae an die anwesenden verteilt werden oder möchtest du das Fleisch gar verkaufen?" Der Aedituus würde sich natürlich um jeden Wunsch, den der Senator äußerte, kümmern, doch als Politiker war es ihm sicher nicht ungelegen sich durch die Verteilung von Fleisch in Zeiten des knappen Korns etwas beliebt zu machen, zumindest dachte sich das der Aedituus.

  • Auch wenn der Aedituus seine Gedanken nicht ausgesprochen hatte, so traf er damit doch ziemlich gut das, was auch Macer sich gedacht hatte. "Das lassen wir hier an die Anwesenden verteilen", antwortete er daher und das gleich auch mit etwas lauteter Stimme als im normalen Gespräch nötig, damit die auffällig unauffällig in der Nähe stehenden Zuschauer das auch gleich mitbekamen, weil sie wohl ohnehin darauf gewartet hatten. "Für eine große Speisung wären wohl etwas mehr Vorbereitungen nötig gewesen", ergänzte er dann lächelnd, denn er nahm an, dass nicht irgendwo in einer geheimen Ecke ein Heeer von Helfern versteckt gewesen wäre, dass jetzt noch aus dem Nicht und innerhalb weniger Augenblicke Möbel und Geschirr für eine öffentliche Speisung hätte aufbauen können.


  • In der Tat, eine Speisung wäre wohl kompliziert geworden, aber natürlich gab es nichts, was man nicht in Bewegung gesetzt hätte für einen Senator, zumal es ohnehin nicht unbedingt die Regel war, dass die Speisung im direkten Anschluss an das Opfer stattfand, sondern meist noch ein längerer Zeitraum dazwischenlag. Aber der Senator hatte weise entschieden und die anwesenden Bürger würden die Schenkung sicherlich ausreichend honorieren. "So sei es, Senator. Ich werde mich umgehend um die Verpackung der Gaben kümmern." So lief der Aedituus dann auch gleich zu seinen Helfern und gab die Entscheidung bekannt. Das Fleisch wurde zurechtgeschnitten und zu fairen Teilen verpackt. Bei dem vielen Fleisch, was so an den Opferhelfen vorbeiging, konnte man glatt selbst mächtig hungrig werden. Zum Schluss gab es eine kleine Stelle auf dem Platz, wo die sportulae gesammelt verteilt werden konnten. Jeder Anwesende durfte sich nun seinen Teil genehmigen. Auch der Aedituus selbst half bei der Verteilung und wies seine Leute an, streng auf die Gesichter zu achten. Nicht selten, versuchte sich ein Gerissener doch glatt zwei Mal etwas abzuholen. In Zeiten der unsicheren Versorgungslage gab es schließlich auch deutlich mehr Anreiz zu solchen Taten.

  • Macer bleib selber ebendfalls noch auf dem Tempelvorplatz, während die Sportulae vorbereitet wurden. Zum einen hatte er keine vollen Terminkalender heute, zum anderen gab es ihm die Gelegenheit, ungezwungen mit den ihn begleitenden Klienten oder anderen Zuschauern des Opfers zu sprechen. Natürlich freute er sich, auf diesem Wege noch einige Glückwünsche zur Geburt seiner Tochter einsammeln zu können, aber er wollte die Gelegenheit auch nutzen, noch ein wenig von der Stimmung in der Stadt mitzubekommen.


    Bei der Verteilung half er dann zwar nicht direkt mit, schaute aber immerhin zu und achtete darauf, dass es so gerecht wie möglich zu ging. Dann war seine Tätigkeit hier aber doch endgültig beendet, so dass er sich von allen Beteiligten verabschiedete und auf den Rückweg zu seiner Casa machte.

  • War sie aufgeregt? Oh ja sehr. Man konnte sogar sagen, dass der Kaiserin das Herz bis zum Hals schlug. Tagelange hatte sie sich vorbereitet. Immer und immer wieder hatte sie die Worte, die sie heute an die Göttin richten wollte aufgeschrieben – auswendig gelernt – wieder verworfen und ein neues Gebet formuliert. War sie nun mit dem Ergebnis zufrieden? Bis gestern Abend war sie es. Doch nun kamen ihr Zweifel. Nichts, aber auch wirklich nichts sollte heute schief gehen.
    Sie hatte sich die treuesten der treuen Prätorianer zuteilen lassen. Aber auch diese würde nur bis zu den Stufen des Tempels mitkommen und dann dort warten. Serena wollte ihr Oper ungestört und nur vor Ohren vorbringen, von denen sie wirklich sicher sein konnte, das die Münder verschlossen blieben.
    Sie wollte nicht, dass es sich in Rom herumsprach, dass sie die Götter um Hilfe anflehen musste, damit sie endlich Nachwuchs bekam. Nein! DAS! Sollte nun wirklich nur ein kleiner überschaubarer Kreis an Personen wissen.
    Serena heute in eine ganz schlichte weiße Tunika gekleidet, die Haare im Nacken zu einem Konten gebunden - betrat nun also den Vorhof und schaute sich suchend um....

  • Um den Hain, welcher den Tempel der Iuno Lucina umgab, waren einige Liktoren des Cultus Deorum positioniert worden, welche dafür Sorge trugen, dass zu dieser Stunde niemand außer der Augusta das Tempelareal würde betreten. Um dem Wunsch der Kaiserin nach größtmöglicher Diskretion zu entsprechen war gar der sonstig anwesende Aedituus des Tempels zu einer anderen Aufgabe abberufen worden und als Opferhelfer - wenige an der Zahl - fungierten nur ausgewählte Frauen und Männer aus dem Kreise der Kultdiener des Pontifex pro magistro. Alle notwendigen Vorbereitungen waren getroffen worden, die Gaben standen bereit, ebenso das weißfarben gekalkte Schwein für das blutige Opfer. Der Pontifex selbst stand seitlich des templum unter den saftig grünfarbenen Blättern eines Laubbaumes und schärfte mit einem handgroßen, feinkörnigen Schleifstein seine secespita, was in diesem Augenblicke keiner tatsächlichen Notwendigkeit entsprach, sondern schlichtweg ein Ausdruck seines inneren Bestrebens war, seinen Vorbereitungen den letzten Feinschliff zu verpassen. Als sein Vilicus, welcher auch in Angelegenheiten des Cultus Deorum stets sein Schatten war, ihn auf die Ankunft der Kaiserin hinwies, reichte Gracchus diesem den Schärfstein, zog die Klinge noch einmal auf der ledernen Messerscheide ab und steckte sie sodann dort hinein, ehedem er der Veturia mit einem freundlichen Lächeln entgegen trat.
    "Salve, Augusta! Es ist alles bereit für das Opfer. Die Räucherung ist von edelster Qualität, die Lilien wurden vor kaum einer Stunde gepflückt, der Opferku'hen ist noch warm und mit Kirschen gespickt, der Wein ein köstlicher Tropfen aus Arretium, und das Schwein wurde in den zurückliegenden Tagen nurmehr mit Kastanien und Äpfeln gefüttert."

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Serena war erleichtert, als sie den Pontifex erblickte. Sie konnte es nicht erklären, aber die Anwesenheit des Mannes beruhigte ihn und Ruhe war es was sie gerade brauchte.
    Wahrscheinlich lag es an seinem Alter, an seiner Erfahrung. So fühlte sich die Kaiserin sicher und in guten Händen.
    „Salve werter Pontifex.“ erwiederte die Kaiserin den Gruß und entgegen ihr sonst so offen zur Schau getragenen Selbstsicherheit wirkte die Kaiserin heute alles andere als selbstsicher. Ja sie wirkte nervös und unsicher. So fuhr sie also mit zitternder Stimme weiter. „Ich danke dir für die umsichtigen und perfekten Vorbereitungen.“ Sie atmet tief durch und sah den Pontifex an. „Können wir beginnen?“ Ja sie wollte es hinter sich bringen, wollte die Antwort der Götter wissen. Ja sie war tatsächlich auf alles, sogar ein Ablehnung der Götter gefasst.

  • Obgleich die Augusta wie stets Anmut und Grazie ausstrahlte, so wirkte sie doch an diesem Tage ein wenig fragil, was in Anbetracht ihres Opferanlasses - welcher immerhin nicht weniger als eine mögliche Zukunft Roms bestimmte - zweifelsohne nicht verwunderlich war, ob dessen der Flavier indes in seiner Funktion als Pontifex um so mehr ihr eine sichere Brücke zu den Göttern mochte errichten.
    "Wir können beginnen"
    , entgegnete er darob zuversichtlich und wies auf den Eingang des Tempels hin. Wenige Stufen nur waren es empor bis zu der großen Porta, welche bereits geöffnet war. Gracchus hatte angeordnet, dass im Inneren mehr Feuerschalen und Kerzen als üblich waren entzündet worden, so dass kaum eine Ecke nur im mystischen Dunkel verharrte, welche sonstig oft die Cellae ausfüllte. In einem Becken mit Wasser - welches zuvor war erwärmt worden, um beim Eintritt in das Reich der Göttin kein Frösteln aufkommen zu lassen - wuschen sie sich die Hände, sodann legte der Pontifex eine Falte seiner Toga über das Haupt. Während er der Augusta mit einem Wink bedeutete vor das prächtig bemalte Kultbild der schönen, fraulichen Iuno hinzutreten, verharrte er selbst ein wenig an der Seite, war doch das Gespräch mit den Göttern eine durchaus persönliche Angelegenheit. Gleichsam trug er dafür Sorge, dass zur rechten Zeit die Opferhelfer die Gaben anreichten - die Räucherung aus Dammar, Galbanum und Rosenweihrauch zuerst, hernach fünf weißfarbene Lilien, ein Kuchen, welcher noch warm war und in seinem köstlichen Duft mit der Räucherung konkurrierte, sowie eine Amphore gefüllt mit Wein aus Pannonien - von welchem man sich stets besondere Gunst der Iuno versprach.

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