[Perystilium] Der Garten

  • Sie hatte den Mann vor sich wirklich noch nie erblickt und begann ernsthaft sich zu fragen, wer er war und was er hier wollte. In ihren Augen allerdings war die Neugierde und nicht die Skepsis vorherrschend, was sich langsam auch von ihrem Herzen sagen ließ. "Ich bin Rediviva Minervina, Tochter der Helena und des Publius Tiberius Maximus." leierte sie ihre liebsten Worte herunter. Ob ihrer Herkunft war sie wahnsinnig stolz und sie liebte ihren Vater über alles. Gewiss würde er bald zurückkehren. Zwar wusste das junge Mädchen nicht, was dann werden sollte, denn immerhin war die gens Tiberia mittlerweile nicht mehr in Tarraco, aber Vater würde es gewiss schon wissen.


    "Und wer bist du?" fragte sie neugierig und legte den Kopf schief. Kurz schweifte ihr Blick wieder zu Kaya, die recht verlegen wirkte. Minervina konnte nerven, beharrrlich sein, aber sie hatte ein gutes Gespür für die Gefühle anderer Leute. Den Nutzen daraus zog sie aber bevorzugter Weise nur für sich. Sie ahnte ja noch nicht im Geringsten, was die nächsten Tage werden sollte. Ahnte nichts von dem Leben, welches sich in eine gänzlich andere Richtung wenden würde. "Und was machst du hier? Ich möchte nicht unhöflich klingen, aber interessieren würde es mich dennoch!" fasste sie sich ein Herz und stellte die Frage, die sie recht intensiv und recht gut beschäftigt hatte.

  • Tochter Helena's. Und Publius'.


    Xeones wirkte für einen Moment wie erstarrt. Sollte er doch tatsächlich Recht gehabt haben mit seinen Vermutungen. Manchmal verfluchte er seine Auffassungsgabe. Er starrte mit einem seltsamen Blick, der etwas von seinem Mitgefühl für das Kind ausdrückte, auf die Kleine.


    Er zögerte. Sollte er ihr sagen, weshalb er hergekommen war? Ihr erzählen, wie er ihre Mutter unweit des Hafens alleine und in einem Trauergewand vorfand. Wie er sie zusammenbrechen sah. Wie ihr Herz mitunter so schwach zu schlagen sien und sie blaß wie Marmor war, so dass man hätte meinen können, sie würde bereits durch die elysischen Felder wandeln... und dass ihr Vater verstorben war.


    Andererseits. Noch waren es alles Vermutungen. Vielleicht gab es im Leben Helena's jemand anderes, der ebenfalls Publius hieß... Er musste kopfschütteln. Alle Anzeichen sprachen eine deutliche Sprache.


    Er hockte sich hin, um mit Minervina auf Augenhöhe zu reden. "Ich bin Xeones, Kleine" wieder zögerte er etwas. "Deine... deine Mutter fühlte sich nicht gut, als ich sie ausserhalb der Stadtmauern traf und so habe ich sie nach Hause geleitet" er milderte das Geschehene in seiner Darstellung bewusst etwas ab, um das Mädchen nicht zu beunruhigen... andererseits konnten Kinder mitunter merken, wenn man sie - anlog wäre ein falsches Wort - schützte.

  • Minervina merkte jede noch so kleine Regung in Xeones Gesicht. Sie sah mit absoluter Sicherheit, dass er lügen würde, sobald er den Mund auftat. Aber das war für sie nicht weiter wichtig. Sie brauchte nur wissen, wo ihre Mutter war. Und doch gefiel ihr etwas an dieser Situation nicht. Sie glaubte, Mitleid in seinen Augen zu erkennen. Und wenn jemand Mitleid für jemanden empfand, dann war es, weil etwas schlimmes geschehen war. Und doch wagte sie nicht zu fragen, das Leben war einfach zu schön. "Ja, Mutter ist in der letzten Zeit recht geschwächt." antwortete Minervina bedrückt. Es stimmte, dass sie sich Sorgen machte. Auch wenn sie ihrer Mutter grollte, da sie Vater nicht treu blieb. Mittlerweile war sie sich sicher, dass es keine Spekulation mehr war, welche ihren kindlichen Fantasien entsprang, sondern sich die Tatsache, dass Helena und Metellus mehr als nur Freundschaft verband, sich nicht mehr leugnen ließ.


    "Ich möchte dir von Herzen danken." meinte Minervina freundlich und erstaunlich reif für ihre elf, bald zwölf Jahre. Aber sie hatte mittlerweile auch gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Einmal bereits hatte sie versagt, als ihr kleiner Bruder verstarb. Doch den anderen hatte sie weiterhin großziehen können. "Ich nehme an, sie schläft jetzt, oder?" fragte sie Xeones mit einem offenherzigen Lächeln.

  • Xeones lächelte etwas verlegen, als die Kleine ihm ihren Dank ausdruckte. Ihm fiel auf, dass sie sich sehr gewählt ausdruckte. Sie dankte ihm von Herzen. Steckte hinter ihrer sorgfältigen Wortwahl etwa das Verständnis eines Erwachsenen... Hatte sie tatsächlich erahnen können, was er ihr zu sagen versucht hatte...


    "Du musst mir nicht danken, Minervina" sagte er mit einem ehrlichen Tonfall. "Sie ist in ihrem Zimmer und muss sich einfach nur ausruhen." er sah sie an. "Ich sehe, du bist erstaunlich gescheit für ein... hm... für dein junges Alter" korrigierte er sich noch rechtzeitig. "Darum denke ich, ich sollte offen mit dir sprechen. Du solltest zu ihr gehen, Minervina. Mich lässt das Gefühl nicht los, dass sie deine Gesellschaft in diesem Augenblick schätzen wird.


    Er richtete sich wieder auf und machte Anstalten zu gehen. Mit einem kurzen Blick sah er zu Kaya rüber und verabschiedete sich stillschweigend mit einem Lächeln. Dann sah er wieder zu Minervina. "Ich selbst war gerade dabei zu gehen, als du kamst. Der Tag neigt sich dem Ende zu und es wird bald dunkel. Ich muss zusehen, dass ich nach Hause komme. Es war mir ein besonderes Vergnügen, deine Bekanntschaft zu machen, Minervina" 'auch wenn ich wünschte, dass es unter erfreulicheren Umständen geschehen wäre' fügte er in Gedanken hinzu.

  • Sie fand diesen Mann sympathisch, auch wenn er sie beinahe als Kind bezeichnet hätte - was ihr selbstverständlich nicht entgangen war. Aber mittlerweile konnte sie damit leben. Sie würde noch früh genug erwachsen und dann kämen auch all die Pflichten. Ehe, Kinder und Familie. Darauf konnte sie ganz gut verzichten, aber eines Tages würde auch sie heiraten müssen. Doch da es noch nicht so weit war, dies alles aber 'erwachsen sein' bedeutete, fand sie es nicht mehr schlimm als Kind bezeichnet zu werden. "Ich werde deinen Rat annehmen, und mich um Mutter kümmern." nickte sie. Gehörte es nicht eigentlich anders herum?


    Sie registrierte das an Kaya zugewandte Lächeln. Und ihr selbst trat ebenfalls eines auf die Lippen. Morgen würde sie sich wieder vorm Unterricht drücken und ein weni spazierengehen. "Dann wünsche ich Dir ein gutes Nachhausekommen und eine angenehme Nacht." sagte sie freundlich und kam sich plötzlich schrecklich alt vor. Sollte nicht eigentlich ihre Mutter hier stehen und ihm gute Wünsche übermitteln? Sie wandte sich um und machte sich auf den Weg zu ihrer Mutter.

  • Sie musterte Minervina mit einer gewissen Wärme in ihren Zügen. Die kleine war ein liebes Mädchen und Kaya begann zu verstehen, warum so viele das Kind liebten, als wäre es ihr eigenes. Doch sie zeigte bis auf dieses kleine Lächeln keine weiteren Regungen und ihr Blick schwankte wieder zu Xeones. Er redete sich ganz gut aus der bedrohlichen Affäre. Als er ihr das Lächeln zuwarf nickte sie nur. Sie war froh, dass Minervina noch rasch heraushuschte. Sie trat an Xeones heran. "Gestattest du mir etwas?" fragte sie leise und sah ihm in die Augen.

  • "Ich danke dir, junge Dame" sagte Xeones kit einem leichten Nicken, doch in diesem Moment zog sich Minervina bereits zurück und es blieb ihm nur, ihr kurz nachzusehen. Ein überaus kluges ... Kind. In wenigen Jahren schon würde aus ihr eine vornehme römische Dame werden, die bereits jetzt Ahnungen von Stolz und Würde zeigte. Ja... in Menschen wie ihr bestätigte sich sein Vorsatz, nicht alle Römer nicht zu mögen.


    Als Kaya an ihn herantrat und ihn ansprach, hob sich unweigerlich seine linke Augenbraue hoch. Er fragte sich zwar, warum sie - entgegen seiner Ansicht, sie wären Freunde - ihn immer noch fragte, wenn sie etwas haben wollte. "Natürlich, Kaya" sagte er freundlich. "Sprich offen, so wie du es mir als deinem Freund gegenüber immer tun kannst"

  • Kaya wusste nicht, ob sie Scham empfinden sollte. Ihr Vorhaben konnte auf ihn vielleicht falsch wirken, vielleicht würde er aber auch verstehen, dass es ihr auf andere Weise wichtig war. Aber ihr Herz sagte ihr, es sei richtig und es verging nie ein Tag, da sie auf den Verstand gehört hatte. "Zu sagen habe ich dir nicht viel..." meinte sie. Sie spürte wie ihr die Hitze ins Gesicht steigen wollte, obwohl sie doch einfach nur eine freundschaftliche Geste... Doch Minervina hatte sie verunsichert.


    Sie reckte sich etwas und hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Wange. Nun, da es geschehen war, kam es ihr schrecklich leicht vor. Sie erahnte nicht, dass sich ihre Wangen dennoch rosig gefärbt hatten. Ihr Augenmerk richtete sich nun nämlich auf die sich bildenden Tränen, die sie den Blick abwenden ließen. "Gib bite gut auf dich Acht." meinte sie mit schwerer Stimme. Die Worte waren heisser als glühende Kohle, taten dementsprechend weh. Doch wo? Sie wusste es nicht...

  • Ihm war es in diesem Moment nicht wirklich bewusst, aber Xeones' Herz raste förmlich. Er spürte das in ihm aufkeimdende Begehren nach dieser Frau, die nun ein Teil seines Leben zu sein schien - auf welche Art und Weise auch immer. Er spürte die Berührung ihrer Lippen auf seiner Haut, ihren Atem, ihren Duft...


    'Sie ist das Leben, Xeones' sprach eine innere Stimme zu ihm. 'Aber du hast deine Entscheidung längst getroffen, nicht wahr? Nicht wahr, Todgeweihter?'


    Xeones strich ihr sanft eine Haartsrähne weg und sah ihr in ihre Augen, deren Tränen sie mühsam zurückzuhalten versuchte. Mit einer langsamen, sanften Bewegung drückte er ihren Kopf an sich heran und seine Lippen berührten ihre Stirn. Einen Augenblick lang verharrte er in dieser Stellung, dann löste er sich von ihr. "In diesen Augenblicken, da leben wir wahrhaftig" sagte seine flüsternde Stimme, begleitet von dem Hauch eines Lächelns.


    Schweren Herzens ging er, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Fragen drängten sich auf. Fragen nach dem "warum". Warum Kaya das eben gemacht hatte... Warum er das eben gemacht hatte... Wusste sie mehr als er... Oder wusste er genau so viel, weigerte sich aber, sich seine Ängste einzugestehen...


    Er ballte die Fäuste. Manchmal hasste er seine Auffassungsgabe....

  • Ihr Herz hämmerte wie wild, als sie ihn einfach nur anblickte. Als er sie an seine Brust drückte. Als er ihr einen Kuss auf die Stirn hauchte. Ihr wurde vor Aufregung beinahe übel, sodass sie die Augen schließen musste. Sie musste sich eingestehen, dass sie seine Nähe mochte. Sie spürte den Schlag seines Herzens, seine warme Haut an ihrer Schläfe, als er eine ihrer Strähnen zurückstrich. 'Geh nicht' wollte sie sagen. 'Bleib bei mir' schrie ihr Herz und doch ließ er sie los und wandte sich ab.


    Vielleicht war es gut, dass er sich nicht noch einmal umwandte. Die Tränen bahnten sich ihren Weg zu ihrem Kinn und es hätte sie beschämt, wenn er dies gesehen hätte. Sie wäre ihm schwach erschienen, vielleicht gar wehleidig. Und dies waren gewiss Eigenschaften, die ein Kämpfer wie er nicht mochte. Ein Kämpfer nicht nur mit dem Schwerte, den nichts mehr entwaffnete als die Trauer eines anderen. War es nicht so? Oder täuschte sie sich da?


    Doch in einem täuschte sie sich nicht. Sie empfand mehr für ihn, als sie geglaubt hatte. Und sie glaubte zu erkennen, dass ihre Gefühle für Metellus unbedeutend waren. Sie hob sacht ihre Hand, während er hinfortging, als wolle sie nach ihm greifen. Doch nichts schien seine beständigen Schritte aufzuhalten. Als er aus ihrem Blickfeld und im Schatten des Atriums verschwunden war, war es, als habe man ihr die Füße unter dem Leib weggerissen und sie ließ sich mit wackligen Beinen auf die Knie sinken.

  • Helena wurde von Eretha nach draußen in den Garten gebracht. Ihr Leib hing schlaf in den Armen der Amazone herunter und immer wieder machte ihr Geist Anstalten einzuschlafen. Ihr Kopf ruhte an der Schulter ihrer 'Retterin'. Manches Mal würgte sie noch, da sie diesen säuerlichen Geschmack noch im Hals hatte, doch zu einem weiteren Erbrechen kam es nicht. Doch auch wenn sie ihre Umwelt annähernd gar nicht realisierte, für die geschenkte Nähe und Wärme war sie sehr dankbar. Noch immer bebte ihr Leib und angesichts der neusten Ereignisse würde dies eine ganze Weile so bleiben.


    "Pente..." murmelte Helena leise den Namen ihrer engsten Freundin. Sie konnte ja nicht ahnen, wie nahe jene schon war, konnte nicht ahnen, dass Minervina mit ihrer Suche Erfolg gehabt hatte. Helena ließ ein leises, aber wohliges Seufzen verlauten und öffnete sacht wieder die Augen. Zwar änderte die frische Luft nichts an ihrer Verfassung, doch ihre Gedanken wurden ein wenig geordneter und ihre Lebensgeister frischer.

  • "Ruh Dich aus," sagte die Amazone mit beruhigender, ernst klingender Stimme und strich der Römerin über das wirre Haar, ordnete die Flechten vorsichtig so an, dass sie nicht gar so derangiert wirkte wie zuvor noch im eigenen Bett. Sie hatte sich auf eine der Steinbänke gesetzt, um Helena besser halten zu können. Sie wirkte so schwach und zart wie ein Kind in diesem Moment, und der Amazone wurde vor allem eines sehr klar: Sie hatte versprochen, ihr Leben zu schützen, und dass es nicht damit getan sein konnte, dass sie mit ihr durch die Straßen lief. Irgend jemand schien ihr Übles zu wollen und benutzte ein Gift, das sicher nicht zum ersten Mal im Körper de Römerin gelandet war, dafür waren die Zeichen einer schleichenden Vergiftung zu deutlich. Noch immer schien sie zu zittern, aber der Atem ging ruhiger.


    Als Daphne sich mit einem Krug Milch und einem Becher näherte, blickte Eretha auf und dankte der anderen Sklavin mit einigen kurzen Worten auf griechisch, bevor sie den Becher mit Milch füllte, aber davor einige Schlucke nahm, um sie zu probieren. Im Geschmack der Milch konnte man kaum ein Gift verbergen, es musste schon etwas süsseres sein - aber sicher war sicher. Etwas süßes oder etwas starkes ...
    "Hier, trink davon, es wird dafür sorgen, dass Dein Körper das Gift verliert," sagte die Amazone zu ihrer Herrin und hielt ihr den Becher hin - Helena musste gesehen haben, dass Eretha das Getränk zuvor probiert hatte. "Und ich muss etwas sehr wichtiges von Dir wissen. Hast Du in den letzten Tagen etwas sehr süsses oder sehr bitteres gegessen oder getrunken?"

  • Helena war dankbar dafür, dass sie ihren Kopf auf dem Schoß der doch nur wenige Jahre älteren Frau betten durfte. Sie mochte nicht allein sein und diese Nähe tat ihr gut. Das war etwas, was sie selbst in den Wirren ihrer Gedanken sehr deutlich spürte. Sie schaffte es mittlerweile, trotz des hellen Lichtes der hispanischen Sonne, ihre Augen aufzuhalten und versuchte die Umgebung zu 'erblicken'. Sie wusste wo sie war und kannte auch beinahe jeden Strauch, doch sie wollte diese auch sehen, nicht nur erahnen.


    Als die griechische Daphne hereinkam und schweigend einen Becher zu Eretha reichte, wurde Helena aus ihrer beginnenden Träumerei gerissen und sie sah zu Eretha auf. Den Kopf hatte sie nur ein kleines Stück in den Nacken legen können, denn jedes Glied begann zu schmerzen. Als Eretha ihr den Becher reichte, hob sie unsicher zitternd ihren Arm, um diesen entgegenzunehmen. Als sie ihre schwachen Finger um das Tongefäß geschlossen hatte, sah man anhand der sich bildenden Ringe, wie wackelig sie die Milch doch in ihren Händen hielt. Fragend sah sie kurz auf die Milch und dann zu Eretha, ehe sie den Becher an die Lippen setzte. Sie würde noch immer alles trinken oder essen, was man ihr reichte, denn um Misstrauen zu empfinden war sie noch viel zu schwach und benommen.


    "Weiß nicht." gab sie mit schwerer Zunge zur Antwort, nachdem sie drei zierliche Schlücke aus dem Becher getrunken hatte. Sie runzelte die Stirn und schien offensichtlich angstrengt nachzudenken, doch viel kam dabei nicht heraus. "Ich habe kaum gegessen." fügte sie angestrengt hintenan. Längere, zusammenhängende Sätze fielen ihr noch erstaunlich schwer, so befand sie selbst auch. "Nur Getrunken. Wasser und diesen Kräutertrunk." Helena richtete ihren Blick wieder in Erethas Augen.

  • Minervina hatte - Fortuna sei Dank - Pentesilea ganz in der Nähe getroffen. Offensichtlich wollte diese ihnen einen Besuch abstatten. Und wieder einmal zeigten die Götter sich gnädig, denn einen günstigeren Zeitpunkt hätte Pentesilea kaum wählen können. Flugs hatte die, noch immer völlig aufgewühlte Minervina, eine kurze Beschreibung der Lage gegeben. Davon, dass ihre Mutter möglicherweise vergiftet wurde und sie dringend an Hilfe bedurfte. Doch von den aufgekratzten Armen hatte sie nichts erwähnt, da sie selbst auch nichts davon wusste. Während sie sich dem Garten näherten, erklärte Minervina noch: "... wollte dafür sorgen, dass Mutter das Gift erbricht..." Der Griff um Pentesileas Hand war sehr stark und man erkannte, wie glücklich Minervina doch über jene war.

  • Helena sollte vergiftet worden sein? Was bei allen Dämonen ging in der Casa vor? Natürlich war sie eilends ihrem kleinen Schatz gefolgt. "Das ist immer gut!" Sagte sie ernst. Sie wollte gerade noch etwas erwähnen, als sie die beiden Frauen auch schon sah und zu ihnen eilte, Minervina im Schlepp. "Helena," sagte sie sanft und nickte freundlich der Fremden zu, während sie sich neben sie kniete und ihre Stirn sachte mit ihrer kühlen Hand berührte. Mit der anderen fuhr sie ihren Hals entlang und fühlte das Leben das dort pulsierte. Ihre Stirn legte sich in Falten und sie sah die Fremde an. "Was genau ist geschehen und was für Symptome hat sie? Und was hast Du bisher getan?"

  • "Trink noch etwas von der Milch, sie wird Dir Kraft geben," sagte die Amazone nachdrücklich und hielt Helena geduldig den Becher hin, half ihr, ihn richtig zu halten, damit er ihr nicht aus den schwachen Fingern entgleiten würde. Forschend blickte sie Helena dabei ins Gesicht, verfolgte ihre Bewegungen sehr genau, um sich sicher sein zu können, dass nicht ein Schwächeanfall ihr das Bewusstsein rauben würde. Noch immer war sie sich nicht genau sicher, welche Art von Gift man der Römerin gegeben hatte, aber dass es geschehen war, lag fast sicher auf der Hand. Ein längeres Bauchleiden hätte nicht die Pupillen erweitert, und diese wirkten fast riesig, wie schwarze Seen in den Augen ihrer Herrin.


    Wasser und einen Kräutertrunk ... kein Wunder, dass sie so schwach war, ohne feste Nahrung wäre auch für Eretha nach einigen Tagen die Stärke aus den Gliedern gewichen. "Wie hat der Kräutertrunk geschmeckt? Weisst Du das noch? Süss vielleicht? Oder eher bitter, wie Medizin?" Der Kräutertrunk, bereitet von Kaya ... es war fast zu offensichtlich. War es wirklich so einfach? Sie musste den Becher in die Hände bekommen, in dem sie diesen Trank bekommen hatte. Konnte es so einfach sein? Aber dass Kaya Helena nicht gut war, lag ebenso auf der Hand ...


    Als die Fremde hinzutrat, spannte sich der Körper der Amazone etwas an, gewann eine wachsame Note, als müsse sie gleich damit rechnen, einem Angriff gegenüber zu stehen. "Die Kleine kam in unser Sklavenquartier und suchte Hilfe, weil es der Herrin schlecht geht ... und ich habe erkannt, dass ihre Krankheit nicht natürlichen Ursprungs sein kann. Schau ihre Augen an, das schwarze darin ist viel zu groß, schau ihren Körper an, die bleiche, feuchtnasse Haut, die zitternden Hände - und riech an ihrem Mund. Ich bin mir sicher, dass sie Gift bekommen hat und das nicht erst seit heute, sie sah schon an dem Tag elend aus, an dem sie mich kaufte." Sie setzte kurz ab und verzog die Lippen etwas. "Ich habe sie dazu gebracht, alles zu erbrechen, was sie heute zu sich genommen hat und gebe ihr jetzt Milch, damit das Gift auch innen aus dem Körper getrieben wird."

  • Sanft fuhren ihre Finger über die Haut und kontrollierten die Augen. Die Haut war an einigen Stellen gerötet und als sie sachte in den Mund fuhr mit einem Finger bemerkte sie die Trockenheit. "Hat sie, seit sie erbrochen hat getrunken? Also die Milch? Halluzinierte sie?" Sie griff nach Helenas Fingern untersuchte die Fingerkuppen. "Seit wann ist sie in diesem Zustand und was hat sie in letzter Zeit alles zu sich genommen?" Fieberhaft überlegte sie, was zu solchen Symptomen führen konnte.

  • "Komisch. Nach Wein und Säften. Aber ungewohnt." murmelte sie schläfrig. Ihr war so warm, sie war sich sicher, dass ihre Wangen gerrötet waren. Aber dennoch: Die frische Luft tat gut und ließ die Wirren langsam verschwinden. Die Bilder fügten sich zumindest in ihren Gedanken wieder klarer zusammen und sie begann sich zu fragen, wie lang sie so völlig verblendet in ihrem Zimmer gelegen hatte.


    Da hörte sie eine wohlbekannte Stimme und dieses Mal brauchte sie nicht lange, um sie zuordnen zu können. Es handelte sich um ihre engste Vertraute, ihre beste Freundin. Man konnte nicht leugnen, dass ein leichtes Leuchten in ihre Augen trat, denn sie hatte sie lange nicht mehr gesehen. "Wie ist das möglich..?" fragte sie mit unsicherer Stimme und sah mit blinzelnden Augen in das Gesicht jener Frau, die ihr beinahe wie eine Erscheinung vorkam. Und hier bestätigte sich auch, dass sie sehr warm war, denn als Pentesileas Hand auf ihrer Stirn ruhte, spürte sie eine angenehme Kühle.


    Dann beruhigte sie sich vollends und schloss mehr entspannt denn leidend die Augen, denn nun da Pentesilea auch hier war, schien alles gut zu werden. Es war nicht so, dass sie Eretha misstraute, doch von allen Menschen die Helena kannte, war es Pentesilea, die ihr am Vertrautesten geworden war. Viele verstarben, viele verschwanden. Doch sie, sie war immer geblieben.

  • "Sie hat nur die Milch getrunken, und die habe ich vorher probiert, ob etwas drin ist, was nicht hinein gehört ... aber ob sie Bilder gesehen hat, weiss ich nicht. Sie war halbwegs wach, als ich zu ihr kam, alles davor kann Dir nur der dominus sagen," erklärte die Amazone und nickte in die Richtung von Romanus.


    "Kannst Du sie halten? Ich suche nach dem Becher, in dem ihr Kräutertrunk war ... ich möchte einem Gedanken nachgehen, denn sie hatte nichts gegessen, nur getrunken, und in Wasser schmeckt man Gift heraus. Das einzige, worin es vielleicht gewesen ist, ist der Kräutertrank, den sie bekam, damit sie wieder gesund wird."
    Sie konnte nicht erklären, wieso, aber Pentesilea glaubte sie vertrauen zu könenn - zumindest für den Moment, und dann war da noch immer der Römer, und das kleine Mädchen anwesend. Es würde schwer werden, Helena jetzt noch ein Gift zu verabreichen.

  • Ich nickte und in meinem Kopf arbeitete es. Kräutertrunk.... Nun, es gab zwei Möglichkeiten: entweder jemand hatte sich in der Dosis vertan oder absichtlich etwas hinein gegeben, was ihr schadete. Und bei den Symptomen die sie hatte... "Wenn Du den Becher gefunden hast... Weisst Du, wie Alraune aussieht und wie sie schmeckt? Die Symptome und alles deuten unter Anderem in diese Richtung. Wenn sie halluziniert hat sogar ziemlich sicher." Sanft nahm sie ihr währenddessen Helena ab und hielt sie nun ihrerseits auf ihrem Schoß und fuhr ihr leicht über die Stirn dabei.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!