• Es dauerte nicht lang, da hörte er leise Schritte näher kommen und wandte sich seiner Mutter zu. Er lächelte ebenfalls und ging zu ihr, um sie in die Arme zu schließen.


    "Salve, Mutter. Ich bin ja so froh dich wieder zu sehen.", sagte er, löste die Umarmung und legte je eine Hand auf die Schultern Iulias. Recht deutlich überragte er sie um ein gutes Stückchen an Köperlänge. "Gut siehst du aus", sagte er nach einer Weile, in der er sie genaustens gemustert hatte, ganz charmant und ließ dann die Hände wieder sinken, den Kopf schüttelnd.


    "Nein, kein Hunger. Später vielleicht." Wie verdächtig! Er lächelte auch schon nicht mehr ganz so fröhlich, das Herz war ihm schwer. "Wollen wir uns setzen? Ich möchte dir gerne erzählen, weshalb ich erst so spät ankomme und... ich möchte einfach mit dir reden. Hast du ein wenig Zeit für mich?"

  • Nachdem Iulia selbst die Gelegenheit gehabt hatte ihren Sohn genauer in Augenschein zu nehmen, stellte sie fest das sein Gesicht einen fahleren Ton als sonst hatte und er im Gesicht etwas schmaler geworden war. Ersteres ließ sich auf die Neuigkeiten zurückführen die er vielleicht erfahren hatte, aber für letzteres konnte sie keine Erklärung finden.


    I]"Ja natürlich habe ich Zeit für dich."[/I] antwortete sie mit einem milden Lächeln. Ihrem Blick konnte man aber entnehmen, dass sie zumindest einen Teil dessen was er erzählen wollte bereits erahnte. "Aber vielleicht sollten wir uns einen ruhigeren Ort suchen, als das Atrium. Was hälst du von meinem Zimmer?"

  • Maximian nickte dankbar und zustimmend, ein ruhiger Ort würde vielleicht auch ihm innerlich wieder etwas Ausgewogenheit zurückgeben. So hoffte er zumindest.


    "Das ist besser. Lass' uns gehen." Wie als hätte er das so schon immer getan, ließ er seine Mutter sich bei ihm einhaken. Er hatte das in Tarraco oder Roma häufiger beobachten können, wie andere Söhne einflussreicher Eltern das so und mit gestrecktem Kreuz taten. Letzlich hatte er sich diese Geste einverleibt, immerhin war er jetzt ein Mann.


    Schweigsam ließ er sich dann von Iulia zu ihrem Cubiculum führen.

  • Mit wild klopfendem Herzen und zitternden Händen trat Valeria ins Atrium. Kurz sah sie sich um und entdeckte einen Platz, der sich wunderbar für das Mosaik eignete, dass Livianus und sie Meridius geschenkt hatten. Wenn er sich mit Severa auf ein Motiv geeinigt hätte, würde der Meister es auch legen können.


    Valeria seufzte und korrigierte noch einmal den Sitz ihrer Kapuze. Kein Haar lugte hervor und erst jetzt fragte sie sich, wie Marcus sie überhaupt erkannt hatte. Nun, es war aber auch egal. Valeria ging zum Impluvium und stand damit mit dem Rücken zum Vestibulum und den angrenzenden Räumlichkeiten. Entfernt konnte sie den Hortus sehen. Nachdenklich starrte sie ins Wasser herunter.

  • Maximians Cubiculum lag im 1. Stock des Domus Legati Augusti und so musste er eine Treppe herabsteigen, um ins Atrium zu gelangen. An diesem Tage tat er es wie an den Tagen davor, nämlich steif und langweilig. Daheim in Tarraco hatte der junge Mann sonst immer gleich zwei Stufen auf einmal genommen oder war wild heruntergesprungen - je nachdem, wie gut seine gute Laune gewesen war.


    Marcus lief hinter ihm und kratzte sich wieder verdächtig nachdenklich an der Schläfe, als Maximian Einblick in das Atrium erhielt und somit auch seinen Besucher sah. Seine Besucherin, musste das heißen, das erkannte er sofort, denn auch wenn diejenige einen Umhang trug, war ihre Gestalt von zierlicher Natur.
    Unvermittelt aber nicht ruckartig blieb Maximian stehen, sodass der in Gedanken verlorene Marcus auf ihn auflief, den jungen Herrn verdutzt ansah und sich murmelnd entschuldigte.


    Maximian deutete ihm mit einem Wink der linken Hand an, dass er schweigen und stehen bleiben sollte. Sein Blick war starr auf die Person dort unten gerichtet, sein Blick ernst. Auch wenn er nicht viel von ihr sehen konnte, so ahnte er, wer sie war. Und eigentlich konnte sie nur Valeria heißen.

  • Valeria hörte entfernte Schritte, die die Treppe herunter kamen, doch sie wandte sich nicht um. Noch nicht. Dann verstummten die Schritte plötzlich und ein dumpfes Geräusch erklang, gefolgt von einem Kleiderrascheln und einer gemurmelten Entschuldigung. Nun konnte sie nicht anders, sie musste sich herumdrehen. Allerdings sah sie dort niemanden und diese verdammte Kapuze schränkte ihr Sichtfeld nicht unerheblich ein, also drehte sie den Kopf zur Treppe und sah hinauf. Dadurch, dass Maximian höher stand als sie und sie zu ihm aufsehen musste, konnte er natürlich ihr Gesicht sehen. Valeria brachte ein gequältes Lächeln zustande und streifte einfach die Kapuze ab. Es brachte nichts, wenn sie sie jetzt noch auf dem Kopf behielt. Danach faltete sie die Hände umständlich vor dem Körper und sah vorsichtig zu Maximian auf.


    "Salve", sagte sie leise, ja beinahe im Flüsterton. Selbst bei diesem einen Wort zitterte ihre Stimme mindestens genauso deutlich wie ihre Hände, was sie durch das Falten auf Schoßhöhe etwas zu verbergen suchte.

  • Es war also tatsächlich Valeria, die sich hierher verirrt hatte. Maximian schluckte kaum merklich, denn augenblicklich hatte sich ein Kloß in seinem Hals gebildet. Sie grüßte ihn und ihre Stimme löste eine Gänsehaut bei ihm aus. Aber er rührte sich nicht, sondern starrte sie geradezu an. Seine sonst meerblauen Augen waren dunkel und gar nicht lebendig.


    "Du bist umsonst gekommen.", antwortete er mit völlig neutraler Stimme. Ohne sich zu rühren, sprach er an den Ianitor gerichtet: "Marcus, bring sie wieder vor die Tür, wenn sie nichts weiter hier zu tun hat. Ich möchte nicht wieder gestört werden."


    Und damit wandte Maximian sich auf der Treppe wieder herum, sah Valeria kein weiters mal an, sondern ging wieder hinauf in sein Cubiculum.

  • Er hatte sich verändert. Und sie war Schuld daran. Er wirkte so abweisend, so kalt und...lieblos? Valeria senkte den Kopf, als er vier gemeine Worte sagte und sich dann kaltherzig umwandte, eine Anweisung gab und nach oben ging. Valeria blieb am Fuß der Treppe zurück und starrte ihm fassungslos nach. Das konnte nicht sein. So konnte es doch nicht zu Ende sein! Sie wollte weinen, aber es waren keine Tränen mehr da, die sie hätte vergießen können. Valeria setzte einen flehenden Blick auf.


    "Lucius!" rief sie ihm mit bebender Stimme hinterher.
    "Bitte! Geh nicht fort, rede mit mir. So kann es doch nicht zu Ende sein!"


  • Marcus hatte dem jungen Herrn bestätigend zugenickt und ihm nachgesehen, als die junge Herrin ihm nachrief, er solle doch bitte bleiben. Der Alte verstand nicht ganz, hatte dafür jedoch seine Anweisungen.
    Mit langsamen Beegungen war er die letzten Stufen herabgestiegen und hatte der verzweifelten Frau ganz sacht eine Hand auf die Schulter gelegt.


    "Nicht traurig sein, Herrin. Wenn ich dann nichts mehr für dich tun kann...."


    Fragend und mit treuen Augen sah er sie an.

  • Valeria starrte immer noch auf die Stelle, an der zuvor Maximian gestanden hatte. Dann, ganz langsam, barg sie das Gesicht in den Händen. Nun kamen doch wieder ein paar Tränen und es tat sogar weh, als sie weinte, so viele Tränen hatte sie in den letzten Tagen vergossen. Sie spürte die Hand auf ihrer Schulter und nahm die Hände herunter, wischte sich die Tränen fort und sah Marcus bitter an. So einfach würde sie sich nicht geschlagen geben! Sie kannte Maximian und wusste, dass er gar nicht meinte, was er da gesagt hatte. Der Schmerz hatte ihm Worte in den Mund gelegt, die er gar nicht so meinte. Ja, so musste es sein. Zumindest, wenn er noch der gleiche wie früher war....


    "Doch Marcus", sagte Valeria leise, aber entschlossen.
    "Du kannst noch etwas für mich tun. Sage ihm, dass ich warten werde, meinetwegen hier direkt vor der Tür oder im Garten. Sage ihm, wenn ihm noch etwas an mir liegt, und sei es noch so wenig... Er weiß, wo er mich finden kann."


    Valeria schluckte, nickte Marcus dankend zu und ging hinaus aus dem Atrium, hinaus aus dem Domus und gelangte über einen externen Eingang in den Garten. Die Wachen schauten zwar skeptisch, taten aber nichts. Frauen verstand man eh nie, dachten sie sich.


  • Der alte Mann nickte, treu in sein Schicksal ergeben, und sah die Treppe hinauf. Schon wieder sollte er darauf steigen. Und für was? Der junge Herr würde ihn wegschicken, dem war er sich sicher. Marcus kannte den jungen Herrn nur als grießgrämigen, immerzu morgenmuffligen Spielverderber. Er seufzte und erfüllte der jungen, hübschen Frau ihren Wunsch.

  • Zitat


    Meridius kam gerade die Treppe herunter, als er seinen Sohn an der Türe stehen sah. Er war naß und sah mitgenommen aus. Also war es wahrscheinlich tatsächlich so, wie er es im Garten gesehen hatte. Es konnte nur Valeria gewesen sein, welche sich in der offenen Sommerlaube neben ihm befunden hatte.


    "Ist alles in Ordnung?"


    fragte er, blieb jedoch stehen.

  • Maximian hatte noch eine ganze Weile lang auf der Stelle gestanden und nachgedacht, obwohl kein Gedanke klar fassbar geworden war. Traurig war er - und wer konnte schon noch klar denken, wenn dieses kalte der Gefühl der Einsamkeit durch die Falten der Tunika kroch und sich in jede Zelle des Körpers stahl?


    Er hatte sich gerade nochmal die Nässe aus dem Gesicht wischen wollen, als jemand die Treppe herunter kam. Derjenige blieb stehen und erkundigte sich, wie es Maximian ging.
    Meridius kannte seinen Sohn, deswegen entschied Maximian sich ihm nichts vorzumachen. Er kannte die Geschichte ja.


    Er atmete tief ein und antwortete, während er wieder ausatmete, mit einem niedergeschmetterten "Nein. Valeria ist hier gewesen." Den Zusammenhang von Meridius Mantel auf das Gespräch im Garten sah er nicht.

  • Meridius nickte. Erst wollte er etwas sagen, tat es dann doch nicht.


    "Ist mit Dir alles in Ordnung?"


    fragte er dann doch und sah ihn besorgt an. Immer wenn Valeria in der Nähe seines Sohnes auftauchte war bisher nie etwas in Ordnung gewesen.


    Er ging etwas weiter die Treppe hinunter.


    "Wenn Du reden willst, kannst Du es tun. Wenn nicht, dann nicht. Ich gehe jetzt jedenfalls erstmal ins Triclinium und sehe nach, ob noch irgendwo etwas brauchbares rumsteht. Hast Du auch Hunger? Kommst Du mit?"

  • "Ich weiß es nicht", antwortete er offen und ehrlich und fuhr sich durchs nasse Haar, die Hand hinterher lustlos fallen lassend. Seine Gedanken waren im Moment alles andere als geordnet, genau wie seine Gefühle.
    Auf die Idee, dass Meridius diese Aussage irritieren würde, kam er nicht. Den Vater hätte es wahrscheinlich mehr beruhigt zu hören, dass zumindest zwischenmenschlich alles "klarer" war als sonst irgendwann, was ihn und Valeria betraf.


    "Hm?" Maximian hatte nicht richtig zugehört, was Meridius ihm als Vorschlag unterbreitet hatte. Dann fiel es ihm doch wieder ein. "Appetit habe ich zwar keinen, aber..." Auf ihn wartete ein Cubiculum, viel Ruhe und Zeit. Diese Gewissheit machte ihm doch glatt ein bisschen Angst. Er sah zerknirscht drein und seufzte. "Ich komme gern noch etwas mit."

  • Meridius war inzwischen die Treppe herunter gekommen und hatte seinen Sohn erreicht. Er brauchte keinen Griff in sein Haar zu tun, um festzustellen, dass er ziemlich durchnässt war.


    "Gut, dann gehen wir doch besser gleich in die Culina. Dort wird es sicher auch irgendwo ein Handtuch geben, mit dem Du Dich abtrocknen kannst. Und wir finden auch auf jeden Fall etwas zum Essen und Trinken..."


    Er lachte und klopfte seinem Sohn auf die Schulter.


    "Kopf hoch, das Leben geht weiter, wir Decima sind bisher immer wieder auf die Beine gekommen. Das wird auch diesmal so sein."

  • Na ein Glück waren die Temperaturen immer noch angenehm, sodass Maximian sich nichts wegholen würde. Er nickte und stand nur noch wenige Centimeter kleiner neben seinem Vater, der am Ende die Frau bekommen hatte, die er von Anfang an gewollt hatte.
    Ihm würde das nicht passieren, dachte er, und da Valeria immer noch die Frau seines Herzens war, konnte er ob des Aufmunterungsversuches seines Vaters nur ein wenig deppert lächeln und wie einer, der nie an einen Gott glauben würde, unbehertzt nicken.


    "Ich hoffe es.", sagte er voller naiver Überzeugung, dass es bei ihm anders sein würde und atmete dann erneut tief durch. Erstmal sehen, ob er die heutige Nacht irgendwie durchstehen würde. Dafür hieß es jetzt einen Fuß vor den anderen setzen und das erste Ziel nach der "Aussprache" war die Culina. Also, dorthin. "In die Culina."

  • Der Sohn sagte es und Meridius hatte nichts dagegen einzuwenden. Ihr Ziel war die Culina und dort ging es nun hin. Da sein Zuspruch jedoch nicht den gewünschten Erfolg gehabt zu haben schien, legte er zur Ermunterung seinem Sohn den Arm um die Schulter. Er hatte ihn - die Götter wussten es - wirklich nicht sehr oft in seiner Nähe gehabt. Und wenn er nun tatsächlich in die Legion eintreten würde, würde er ihn zwar in seiner Nähe wissen, jedoch dennoch den Abstand zwischen Legatus und Soldat zu wahren haben.

  • Iulia begab sich also ins Atrium um mit den Mosaikleger über seinen Auftrag zu sprechen. Schade, dass sie keine seiner Arbeiten begutachten konnte. Aber Valeria und Livianus hatten sicher einen fähigen Mann ausgewählt, der seine Arbeit gut machen würde.


    "Salve"


    begrüßte Iulia den Mosaikleger mit einem freundlichen Lächeln, der bei ihrem Eintreten die Einrichtung des Atriums zu mustern schien. Bei seinem Beruf interessierte er sich sicher für solcherlei Dinge.


    "Ich bin die Herrin des Hauses. Mein Mann hat keine Zeit, so dass nur wir das Mosaik besprechen werden."

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