[Domus] Factio Russata

Macer hörte aufmerksam zu und nickte ein paar mal zufrieden. "Das hört sich alles sehr ambitioniert an. Um ehrlich zu sein brauchen wir vor allem solche Mitglieder. Die großen Factiones haben viele Mitglieder, aber letztlich ruht auch dort die Arbeit nur auf wenigen Schultern.

Du bist uns also sehr willkommen und wenn wir hoffentlich schon bald wieder etwas zu Feiern haben und es nicht hier im Vereinshaus tun, dann tun wir es in deiner Taberna."

Auf den kleinen Stocker, den der Mann beim Nennen des Betriebs hatte, ging Macer nicht weiter ein. Er würde sich den Betrieb einfach bei nächster Gelegenheit ansehen.

"Von Pferden habe ich selber auch nur so viel Ahnung, wie man bei der Armee eben bekommt. Wenn du dich auch auskennst ist das umso besser. Aber zum Glück müssen wir uns ja nicht um alles persönlich kümmern, dafür gibt es ja noch die Leute im Stall und die Fahrer selber.

Du bist dann schon bei den nächsten Ludi voll auf der Seite unserer Farben dabei, nehme ich an?"

"Wundervoll. Sei aber nicht zu überrascht, es ist keine Taberne im eigentlichen Stil." Corvinus verschränkte seelenruhig die Arme auf dem Rücken und folgte ihm weiter. "Oh, natürlich. Ich muss mir eigentlich nur noch die entsprechenden Banner besorgen.", grinste er flüchtig. "Muss ich irgend etwas signieren, irgend welche Auflagen erfüllen?"

"Nein, Auflagen gibt es keine, außer das wir dich natürlich sofort wieder herauswerfen, wenn du für die falschen Farben jubelst", lachte Macer. "Wenn wir mal die größte Factio Roms sind, können wir uns unsere Mitglieder vielleicht nach präziseren Kriterien aussuchen."

Natürlich hatte er schon kurz drüber nachgedacht, welchen Ruf die Gens Artoria genießt und ob er den Namen des Mannes mit negativen Zwischenfällen in Verbindung bringen könnte, aber da war nichts.

"Wegen der Banner müssen wir mal schauen, ob hier noch was lagert. Vom letzten Rennen ist leider wenig Material zurück gekommen."

Schmunzelnd schüttelte er den Kopf. Eigentlich konnten die meisten der Mädchen in der Taberna ganz gut mit Stoff umgehen und waren im färben, sowie sticken ganz geschickt. Da ließ sich sicher etwas organisieren. Und die Schneiderin schuldete ihm ohnehin noch ein bis zwei Gefallen. Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr gefiel es ihm, bis er durch Macer wieder aus seinen Gedanken gerissen wurde und schließlich ebenso grinste.

"Nein, nein... ich bin schon farbentreu. Und mache dir dahingehend keine Sorge, ich werde mir schon auszuhelfen wissen.", meinte er gutmütig und strich sich nachdenklich durch den Bart.

"Dann verlassen wir uns ab jetzt auf deine Farbentreue. Die anderen Mitglieder unserer Factio wirst du mit der Zeit sicher kennenlernen, bei den Rennen werden ja einige sein. Im Moment ist hier recht wenig los im Factio-Haus, aber das kann sich ja in Zukunft ändern. Wir planen auch eine Zusammenarbeit mit der Factio Veneta, zu der auch ein gemeinsammes Treffen gehören soll. Du bist, so gesehen, genau im richtigen Augenblick aufgetaucht, um schon in Kürze die Rennwelt von Rom voll im Blick zu haben."

Wieder lachte Macer und man merkte ihm an, dass er sich selber schon auf die nächsten Ludi freute.

"Einen Schluck Wein?", fragte er und deutete auf eine Kanne, die ganz zufällig in der Nähe stand.

Genau im richtigen Zeitpunkt. Das klang irgendwie gut und er musste schmunzeln, eh er mit dem Blick dem Wink von Macers Hand folgte und auf den Wein sah, dann leicht nickte.
"Sehr gerne, meine Dank."
Dann strich sich Corvinus wieder nachdenklich durch den Bart auf dem Kinn und sah zu Macer.
"Also sind die Factios Russata und Veneta mehr oder weniger befreundet, was das betrifft, hm? Das ist gut zu wissen und gemeinsame Übungsrennen sind sicher nicht von der Hand zu weisen. Mhh."

Macer schenkte von dem bereitstehenden, verdünnten Wein ein.

"Auf die Factio", prostete er dem neuen Aktivisten der Factio lächelnd zu, bevor er einen Schluck nahm und dann weiter sprach. "Bisher ist die Freundschaft zwischen den Factiones eher noch persönlicher Natur zwischen mir und einigen ihrer Mitglieder. Aber ich hoffe durchaus, dass sich durch das Treffen ein engeres Miteinander ergibt."

Sein Grinsen wurde breitet, wenn er über das Verhältnis zu den anderen Factiones nachdachte. "Zumindest stehen wir ihr jetzt schon deutlich näher als anderen Factiones. Was aber wohl eher an den anderen als an uns liegt. Die Praesina zum Beispiel wird gerne angefeindet."

"Auf die Factio", erwiderte er den Prost und nahm einen angemessenen Schluck aus seinem Kelch, ehe er ihn in beiden Händen barg und sein Gegenüber flüchtig musterte. "Ein paar meiner Freunde sind ebenso in der Factio Veneta - und mein Patron, Gaius Caecilius Crassus ist der Princeps der Factio Praesino. Doch mir gefällt der Sports- und Kampfgeist und möchte nicht bloßer Anhänger einer Factio sein, die ständig gewinnt - das wäre nicht römisch, denke ich."

Ein, zwei Tage nach den Spielen wagte Corvinus sich in den Domus der Factio und sah sich um, nach anderen Männern der Factio achtend. Was sie wohl dachten, nach diesen Ludi? Gut war es ja nicht gelaufen, aber es galt nicht vergossener Milch nachzuweinen, sondern die Fahrer aufzubauen, die Wägen instand zu setzen und vieles andere. Dass er keine Festtagsstimmung vorfinden würde, das war ihm klar.

Aber das System war ja auch seltsam gewesen, doch nur dem System die Schuld zu geben, das würde nichts helfen und keinen der Fahrer weiterbringen.

Etwas später kam auch Macer zum Haus der Versammlung. Er ärgerte sich schon wieder über sich selbst, dass er das Treffen angesetzt hatte und selber zu spät kam, aber auch ohen Ämter wurde er dann doch mal wieder aufgehalten.

"Salvete liebe Freunde der Factio Russata", eröffnete er dann recht schnell das Gespräch der Aktivisten. "Dass wir mit dem Ergebnis der letzten Ludi nicht zufrieden sein können, brauche ich wohl niemandem zu sagen. Mit drei Gespannen gestartet, mit keinem im Endlauf. Das ist eine katastrophale Bilanz. Und nicht einmal ein echter Ausfall war dabei. Wir hatten nicht Pech oder kranke Pferde, wir waren einfach schlecht. Zu schlecht, als dass wir nicht etwas tun müssten.

Bis zum nächsten Rennen müssen wir einiges tun. Und das ist gar nicht mehr weit." Aus seiner Tasche zog er eine Wachstafel. "Wie ich eben auf dem Weg hierher erfahren habe, werden in Germania Spiele stattfinden. Unsere Fahrer brauchen Training, aber auch wieder Renneinsätze, die hoffentlich bald erfolgreicher sind. Ich halte es daher für sinnvoll, mindestens einen Fahrer zu entsenden, besser zwei. Alle drei nicht, einer muss für Trainig und Tests an den Wägen hier bleiben. Das ist genauso wichtig, denn offenbar sind uns andere Factiones dort um einiges voraus.

Gibt es dazu Meinungen?"

Abwartend blickte er in die Runde und nutzte die Pause, erst einmal einen Schluck Wein zu nehmen.

Macer deutete das Schweigen als Zustimmung. "Etwas mehr Beteiligung wäre nicht schlecht", murmelte er, bevor er laut fortfuhr.

"Gut, dann schicken wir Metellus und Thrax. Brinno ist bei den letzten Rennen extrem schlecht gefahren, bei ihm macht sich wohl das Alter bemerkbar. Wir werden seine Erfahrung hier für das Training nutzen. Die Pferde kennen ihn und er kennt die Wägen, da sollte es zumindest den Tieren ein wenig nutzen. Metellus braucht sowieso vor allem Rennpraxis und Thrax muss den miserablen Auftritt auch so schnell wie möglich vergessen.

Doch lasst uns gleich weiter blicken. Wie geht es danach weiter? Es wird auch wieder Ludi in Rom geben und das Angebot der Veneta zu einem gemeinsamen Treffen steht immernoch aus und ich möchte es geren annehmen. Gibt es wenigsten dazu Meinungen?"

"Vielleicht könnten wir es nicht nur bei einem Proberennen mit den Veneta belassen, sondern diese regelmäßig veranstalten..", warf Corvinus vorsichtig ein. Übermäßige Erfahrungen im Rennsport hatte er nicht wirklich, er verstand nur von den Grundzügen etwas.

"Wenn wir Brinno vielleicht eher nur noch zum abhalten der täglichen Übungen einsetzen und uns einen neuen Fahrer suchen? Vielleicht ein neues, junges Talent? Vielleicht würde es etwas nutzen." Nachdenklich strich er sich über das Kinn und sah zwischen den anderen hin und her.

"Sicher, ich hätte nichts dagegen einzuwenden, wenn wir regelmäßig gemeinsam mit der Factio Veneta trainieren. Aber lass' uns erst einmal einen ersten Termin finden, das scheint schon schwer genug zu sein."

Erneut nahm Macer einen Schluck Wein und versuchte sich zu erinner, wann die Idee mit dem Treffen überhaupt aufgekommen war. Es war schon länger her und wurde wirklich Zeit, dass man an die Umsetzung ging.

"Einen neuen Fahrer, ja. Sicher, es müsste ein junges Talent sein. Du würdest dich auf die Suche begeben wollen?"

Erneut hüllte sich die Versammlung in Schweigen und Macer erwartete schon, dass wieder alles an ihm hängen bleiben würde. Dazu, sich auf die Suche nach einem neuen Fahrer zu begeben, verspürte er indes keine allzu große Lust.

"Keiner, der sich auf die Suche machen will?" fragte er etwas allgemeiner und blickte von einem der versammelten Mitglieder zum nächsten.

Ein flüchtiges Schmunzeln über die schweigende Menge, dann nickte er erneut. "Ich kann dir nichts versprechen, Purgitius Macer, aber ich werde es versuchen. Wüsstest du Anlaufstellen, wo ich es probieren könnte? Auf den Sklavenmärkten vielleicht?"

Kurz nagte er an seiner Unterlippe, denn er wusste nicht, ob er seinen nächsten Einwand vorbringen sollte. Er ließ seinen Blick schweifen über die kleine Versammlung, dann faltete er die Hände vor dem Bauch.

"Und wen gedenkst du um Hilfe zu bitten wegen den Wägen? Es scheint, wir brauchen in mehreren Dingen etwas Nachhilfe und ich bin leider noch kein Experte, was diese Sachen anbelangt."

"Ich halte mehr von freien Fahrern", entgegnete Macer. "Die meisten guten Fahrer sind Peregrini oder Freigelassene, soweit ich weiß. Unser Metellus ist als Bürger eher die Ausnahme. Was dich natürlich nicht daran hindern sollte, auf den Märkten dein Glück zu versuchen."

Er lächelte und nahm erneut einen Schluck Wein. Einen Versuch wäre es zweifellos wert und in jedem Fall besser, als nichts zu tun.

"Um die Wägen mache ich mir weniger Sorgen. Ich glaube nicht so sehr daran, dass die Bauweise des Wagens über Sieg und Niederlage entscheidet. Ich weiss, dass andere Factiones da ganz anders denken, aber mich hat das noch nie überzeugt. Gute Pferde sind viel wichtiger."

Immerhin konnten gute Pferde einen schlechten Wagen immernoch ins Ziel bringen. Bei lahmen Pferden nützte der beste Wagen nichts.

"Gut, dann werde ich mich so ein wenig umsehen. Ein kleiner Talentwettbewerb mit Preisen wäre vielleicht nicht schlecht, das lockt an wie fauliges Fleisch die Fliegen. Im Moment überlege ich auch, in ein Gestüt bei Misenum zu investieren, aber so wie der aktuelle Aedilis plebis arbeitet, werde ich wohl bis zum nächsten Amtsinhaber warten müssen, bevor da auch nur der Anhauch der Möglichkeit einer Genehmigung besteht."

Nun kostete er schmunzelnd ebenso vom Wein, ehe er sich die Reste von den Lippen wischte und nachdenklich sinnierte.

"Ich werde es versuchen. Irgendwelche guten Ideen, Anregungen, Ratschläge?"

Macer nahm an, dass sich die letzte Frage auf die Fahrer und nicht das Gestüt bezog.

"Unter 20, am besten deutlich drunter, damit er noch viel Zeit vor sich hat. Kräftig, damit er den Belastungen stand hält, aber nicht zu groß oder zu schwer", zählte er auf.

"Mhm", machte Corvinus nachdenklich und sah Macer an. Ein ungefähres Profil an Anforderungen an den Fahrer hatte er also schon und so konnte er die eventuellen Bewerber eingrenzen. Ob das so leicht werden würde? "Ich werde mich umsehen."

"Gibt es generell noch etwas zu besprechen?", warf er schließlich in den Raum. Manchmal kam es ihm so vor, als würden alle Augen auf ihm lasten.

"Ja, wenn wir dann schon bei Personen sind könnten wir von den Fahrern mal zu den Mitgliedern kommen", sprach Macer mit leicht gerunzelter Stirn weiter.

"Wir sind eine kleine Factio, das ist bekannt und sollte uns nicht weiter stören, aber die Mitgliederzahlen insgesamt machen mir doch ein wenig Sorgen. Sicher, mit den letzten Misserfolgen gewinnt man keine Anhänger, aber etwas mehr Zuwachs könnte uns nicht schaden. Senator Octavius Maximus hat sich im Prinzip vollständig aus dem aktiven Kreis zurückgezogen und Didius Gordianus lässt aus Germania auch seit Monaten nichts hören."