[Domus] Factio Russata

  • "Dann sollten wir mal wieder bei Rennen in Germania teilnehmen", nahm einer die Fordwrung nach der Luftveränderung lachend ganz wörtlich. "Oder in Hispania, da waren wir noch nie, oder?"


    "Nein, da waren wir noch nie. Aber was sollen wir auch da? Hier ist Rom und hier gehören wir hin! Provinzrennen, pfff...", erwiderte ein anderer, der sich mit dieser Idee offenbar gar nicht anfreunden konnte.


    "Wenn wir da mal gewinnen, wäre das sicher für die Fahrer nicht schlecht", warf der nächste in die Runde, wurde aber gleich wieder unterbrochen: "Und wenn wir hier in Rom gewinnen, ist das noch besser. Ganz einfach. Alles andere zählt nur die Hälfte. Das können wir dem Ponyrennverein überlassen."


    Allgemeines Gelächter beendete diesen Disput und die Männer griffen wieder zu ihren Trinkgefäßen.





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  • Irgendwie hatte Macer es geschafft, in seinem Terminkalender nahezu einen ganzen Tag in seinem Kalender freizuhalten, um sich mit den anderen Führungsköpfen der Factio Russata zusammen zu setzen und zu planen, ob und gegebenenfalls wie sie ein Rennen für die Equirria ausrichten wollen. Die Entscheidung, am zweiten der beiden Festtermine aktiv zu werden, war schnell gefallen, umso schwieriger wurde die Detailplanung. Nach einer mehrstündigen Debatte am Vormittag im Factiohaus verlegten die Männer das weitere Gespräch am Nachmittag in die Thermen, um dann am Abend noch einmal ins Factiohaus zurück zu kehren und die Beschlüsse schriftlich festzuhalten. Listen mit verschiedenen Aufgaben wurden erstellt und am Abend ging jeder mit einem Haufen Arbeit nach Hause. So ein Rennen war keineswegs eine leichte Sache.


    Macer war als Chef der Factio unter anderem die Aufgabe zugefallen, die Einladungen an die anderen Factiones zu schicken. Die nötigen Briefe hatte sein Sklave geschickterweise schon während der Sitzung geschrieben, so dass er am Abend nur noch seinen Siegelring ins Wachs drücken musste, damit die Briefe zur Verteilung gegeben werden konnten.

  • Nachdem die Meldefrist für Gespanne abgelaufen war, traf sich Macer wieder mit einigen anderen Factiomitgliedern, um die gemeldeten Gespanne auf die Läufe zu verteilen. Wenn sie ehrlich waren, hatten sie mit einer größeren Zahl von Meldungen gerechnet, aber so mussten sie sich eben auf eine etwas kleinere Veranstaltung einstellen. Was im Endeffekt nichts Negatives sein musste, denn es steigerte die Chancen der Russata erheblich, im Endlauf dabei zu sein. Und weniger organisatorischer Aufwand war es auch noch.

  • Die geringe Zahl von Meldungen war dann tatsächlich schnell verarbeitet und die Starterliste für die zweiten Equirria fertig. Wieder machte sich ein Schreiber daran, diese den beteiligten Factiones zuzustellen, während die Männer der Factio Russata schon erste Ideen für einen Taktik entwickelten. In jedem Fall würden Fahrer ihrer Factio im Endlauf dabei sein, würde da aber wohl gegen die besten gemeldeten Fahrer nicht den Hauch einer Chance haben. Während die einen Factiomitglieder trotzdem höchst optimistisch überlegten, mit welcher Taktik einer der Fahrer unter die besten drei fahren könnte, versuchten die anderen etwas realistischer darüber nachzudenken, wie man als ausrichtende Factio vermeiden konnte, geschlossen auf den letzten Plätzen zu landen. Letztlich würde diese Debatte aber von den Fahrern und ihren Betreuern zu führen sein, so dass die Männer irgendwann wieder zur Planung der Veranstaltung übergingen. Um den Renntag angemessen anzukündigen, sollten in den nächsten Tagen entsprechende Bekanntmachungen in Form von großen Graffiti an die Wände entlang der wichtigsten Straßen Roms angebracht werden.

  • Einen Tag nach den Februar-Equirria hatten Macer und einige andere Factio-Vertreter im Haus der Factio Russata die Verpflichtung des neu entdeckten Fahrers Halil Torkebal für die Factio Russata festgemacht. Der Nordafrikaner war mit seinen zwei Begleitern erschienen, hatte sich noch einmal eine ganze Menge über die Factio erzählen lassen, viele neugierige Fragen gestellt und aufmerksam zugehört. So konnte sich auch Macer überzeugen, dass der Fahrer nicht nur mit seinen sportlichen Leistungen beim Rennen, sondern auch menschlich zur bestehenden Gruppe passen würde.


    Einige Tage später stand er dann zum ersten Mal in einem der roten Rennwägen und drehte seine ersten Runden auf der Bahn. Die Umstellung von den andersartigen Wägen der Equirria auf die übliche Rennversion schien ihm keine Probleme zu machen, denn auch in Afrika war er schon mit ähnlich gebauten Wägen gefahren. Was dagegen sofort auffiel, war wieder sein Umgang mit den Pferden. Wie schon bei den Equirria, redete er fast permanent leise auf die Pferde ein, sobald er in ihrer Nähe war. Dass er dabei seine Muttersprache sprach, die die Pferde der Russata bis dahin vermutlich nie gehört hatten, störte ihn dabei kein Stück. Und die Pferde schien es auch nicht zu stören, denn sie gewöhnten sich erstaunlich schnell an den neuen Fahrer. Nach einigen zögerlichen Runden zum gegenseitgen Kennenlernen kamen schon ganz beachtliche Ergebnisse heraus, die den beiden älteren Fahrern zwar noch keine Sorgen machen mussten, die aber schon mit dem dritten roten Fahrer mithalten konnten. Bei den zweiten Equirria im März würde Halil Torkebal aber trotzdem noch nicht zu den roten Startern gehören.

  • Caius hatte sich von einem ortskundigen Sklaven aus dem Haushalt des Tiberius Durus den Weg zum Sitz der Factio Russata zeigen lassen. Anschließend entließ er den Sklaven und hatte diesem angemahnt, sich auf dem schnellsten Weg zur Domus zu begeben. Er selbst trat hinein und erkundigte sich, ob der Princeps Factionis oder einer seiner Vertreter zu sprechen war.

  • Der Beuscher musste leider enttäuischt werden, denn weder der Princeps Factionis noch ein anderer offizieller Vertreter waren anwesend. Lediglich einige wenige Mitglieder der Factio waren gerade im Factiohaus zugegen, wie dies eigentlich immer der Fall war. Das Haus stand den Mitglieder schließlich als allgemeiner Treffpunkt zur Verfügung und wurde längst nicht nur unmittelbar vor oder nach den Rennen genutzt.


    "Salve! Von den Offiziellen ist gerade keiner da. Es sind keine Rennen im Moment und es kandidiert auch keiner bei den Wahlen, da lassen die sich hier selten blicken. Aber vielleicht können wir dir ja weiterhelfen. Du willst was zu unserer Factio wissen oder tatsächlich speziell einen unserer offiziellen Vertreter besuchen?"






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  • Dass von den 'Offiziellen' niemand da war, war letztlich nicht weiter schlimm. Mit allzu vielen Fragen wollte Caius die 'Inoffiziellen' jedoch nicht weiter aufhalten, zumal sie ihm womöglich ohnehin nicht würden sagen können, was er wissen wollte. Deshalb beschränkte er sich auf eine.


    >Nun, das macht nichts. Der Princeps Factionis ist nach wie vor der Kommandeur der Academia Militaris, Senator Purgitius?<

  • Es herrschte immerhin eine durchaus entspannte Atmosphäre in dem Haus der Russata. Caius dachte einen Augenblick lang nach.


    >Ich verstehe. Ein Mann in seiner Position wird tagsüber natürlich beschäftigt sein. Sagt, ließe sich ein Treffen vereinbaren? Hier, bei der nächsten Mitgliederversammlung, oder in den nächsten Tagen im Hause des Senators?<

  • "Ja, sicher ist das möglich", war die einhellige Meinung der Männer, die danach kurzzeitig eifrig darüber spekulierten, wann der Princeps Factionis wohl Zeit haben könnte. Schließlich ergriff einer das Wort, der als Klient des Senators wohl noch am besten Bescheid wusste. "Ich werde das morgen früh für dich arrangieren. Wie war nochmal dein Name? Und wo kann ich dich antreffen, um dir das Ergebnis mitzuteilen?"







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  • Ein Gespräch war also möglich. Caius wusste durchaus zu schätzen, dass die Angestellten ihm derart hilfsbereit entgegenkamen.


    >Das ist erfreulich.<


    Gelassen wartete er das Ergebnis der Diskussion der Angestellten ab. Als einer von ihnen entschieden das Wort ergriff und die anderen so zum Schweigen brachte, hörte Caius aufmerksam zu, nickte anschließend ganz knapp und stellte sich vor. Anschließend nannte er dem Mann die Adresse der Gens Tiberia.


    >Ich bin Caius Tiberius Valens. Überbringe das Ergebnis bitte in die Domus der Gens Tiberia, unweit der Porticus Liviae am Westhang des Esquilin. Sollte ich nicht anzutreffen sein, soll der Ianitor die Nachricht zur Kenntnis nehmen.<

  • "Ja, die Ecke kenne ich", antwortete der Mann vage, was aber wohl nicht weiter verwunderlich war, weil sie ja nun auch nicht völlig aus der Welt war. "Du hörst dann gleich morgen von mir."


    Mit einer einladenden Geste und fragendem Blick deutete einer der anderen Männer auf die Plätze. "Leistest du uns trotzdem noch Gesellschaft? Für einen mehr ist bei der Russata immer Platz."








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  • Caius nickte leicht zum Dank. Auf die Einladung, hier noch länger zu bleiben, würde er gewiss nicht absagen, nun, wo er schon mal hier war. Zeit hatte er genug und sich mit dem Personal der Russata und dem Sitz der Factio vertraut zu machen, wollte er ohnehin tun. So folgte er der Geste und nahm Platz.


    >Aber gerne nehme ich eure Gastfreundschaft in Anspruch.<


    Dass die 'Inoffiziellen' ihn hier begrüßten, freute Caius natürlich. Wenigstens einen Ort gab es, wo man als Patrizier nicht gleich mit Argwohn bedacht wurde.


    >Das hört man gern. Übrigens. Genau darum wollte ich den Princeps Factionis sprechen. Ich will der Russata als Sodalis beitreten.<

  • Als der Gast sein Anliegen bekannt gab, das ihn zum Haus der Russata getrieben hatte, ging ein fröhliches Raunen durch die Männer. "Ja, dann also erst Recht mal herzlich willkommen. Dann bist du doch schon so gut wie dabei."


    Schnell wurden ein Becher und Getränke zur Auswahl gereicht. "Du kommst hier aus Rom? Bist du schon länger Anhänger der Roten? Wer ist dein Lieblingsfahrer? Hast du das letzte Rennen gesehen?" Fragen gab es viele, aber man hatte ja Zeit.







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  • Caius hatte sich nicht alle Fragen merken können, die plötzlich an ihn gerichtet wurden. Dennoch versuchte er es. Währenddessen ließ er sich einen Becher mit Mulsum auffüllen und nahm einen Schluck. Dass er als Patrizier einen Vater hatte, der als einfacher Centurio in der Legion diente, würde die Männer vermutlich überraschen. Aber es würde ihnen ohne eine lange Rede erklären, warum Caius für die Russata war.


    >Ich bin in Britannien als Sohn eines Legionscenturionen aufgewachsen. Ich bin noch nicht lange in Rom, seit ein paar Tagen erst, diesmal aber nicht bloß zu Besuch. Und mein Lieblingsfahrer, haha... natürlich Thrax, der Draufgänger, der damals bei den Ludi Martiales einen großen Sieg errang. Sagt, fährt er noch?<

  • "Ja, sicher, Thrax fährt noch. Ist ja damals noch als Jungprofi gefahren, da hat er auch jetzt noch ein paar Jahre vor sich", erklärten die Männer. "Hoffentlich zumindest. Ist zwar ein Draufgänger, aber so richtig den Durchbruch hat er nie geschafft. Wenn ihm die neuen Jungen zu nahe kommen, gibt er auf, tippe ich." Das war natürlich nur eine Ansicht und selbst unter den wenigen anwesenden Männern gab es dererlei verschiedene.


    Trotzdem waren die restlichen Antworten nicht vergessen. "Dann kommst du geradewegs aus Britannia? Was trieb deinen Vater denn als Centurio dort hin?"








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  • Caius horchte auf. Dass die Factio laufend neue Wagenlenker bekam, seien es abgeworbene von den anderen Factiones, seien es Neuanfänger, gehörte natürlich zum Lauf der Dinge in diesem Geschäft.


    >Es gibt also vielversprechende neue Talente?<


    Bei der Frage nach seinem Vater zuckte er mit den Schultern. Sein Gesichtsausdruck wurde etwas nachdenklich, als ihm Erinnerungen kamen, ausgelöst durch die Fragen.


    >Nach Britannien sind wir erst umgezogen, nachdem er seinen Dienst beendet hatte. Gedient hat er in Germania, bei der Zweiten. Damals waren die Zeiten anders. Mein Vater fühlte sich dazu berufen, trotz der Tatsache, dass er Patrizier war, als gemeiner Soldat in den Legionen zu dienen und hat es zum Centurio gebracht.<

  • Ein patrizischer Centurio, der nach seinem Dienst nach Britannia zog hatte wohl wirklich Seltenheitswert, so dass die Männer erst einmal nicht allzu viel dazu sagen konnten. Zu den jungen Fahrern dagegen mehr. "Ja, eines der größten talente der letzten zeit konnten wir für die Russata gewinnen. Halil Torkebal heißt er. Ist aus Africa und hier mal bei einem Rennen in Rom gefahren. Ganz junger Kerl, ein bisschen auch ein komischer Kerl, redet während des Rennens die ganze Zeit auf die Pferde ein, aber denen scheint das zu helfen. Der wird jedenfalls mal ein ganz großer."








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  • Caius nickte, sichtlich erfreut. Neue Talente bedeuteten neue, spannende Rennen und neue Chancen auf Siege.


    >Na, das klingt doch vielversprechend. Da muss man zusehen, dass er sich nur nicht all zu viel auf sich einbildet und sich von anderen Factiones abkaufen lässt.<


    Solch ein Verhalten eines Fahrers war zwar nicht unehrenhaft. Schließlich konnte man niemandem zum Vorwurf machen, er ließe sich auf den meistbietenden an. Aber einen Fahrer auf ausgerechnet diese Weise zu verlieren wäre eine ziemlich dumme Sache.

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