[Cubiculum] Decima Valeria

  • Valeria hatte unruhig geschlafen; und als sie nun unruhig in die Abendsonne blinzelte, bemerkte sie, dass sie in einer Pfütze saß. Verdutzt sah sie an sich herunter. Hatte sie etwa...? War sie etwa....inkontinent? Sie wollte aufstehen, als ein schrecklicher Schmerz ihr die Luft raubte und sie keuchen ließ. Mit einem qualvollen Stöhnen sackte sie zusammen und umklammerte krampfhaft ihren Bauch.


    "Nein, nicht jetzt", wisperte sie. Dann nahm der Schmerz ab und sie konnte aufstehen. Wankend ging sie zur Tür und öffnete sie, als die nächste Schmerzwelle über ihr zusammenschlug. Sie schrie gepeinigt auf und klammerte sich an der Tür fest, glitt zu Boden. Der Schrei hallte durch das ganze Praetorium.


    "Livianus", schluchzte sie.
    "Miriam...Cicero....irgendwer... Es tut so weh..."


    So hockte sie in der halbgeöffneten Tür, eine nasse Spur durch das Cubiculum gezogen und wartete verkrümmt darauf, dass jemand kam. Dass Livianus sich zu dieser Zeit nicht im Praetorianum befand, konnte sie nicht wissen.

  • Valeria umklammerte ihren Bauch und krümmte sich. Schließlich ließ sie die Tür los. Dass es so weh tat, hätte sie nicht gedacht. Die neuerliche Schmerzwelle raubte ihr den Atem und ließ es schwarz werden vor ihren Augen. Sie wimmerte leise und schrie dann laut, als der Schmerz wieder zunahm.


    "Aaaaaaaaaaaah..............................."
    Keuchend sah sie auf. Warum kam niemand?
    "Bitte", flüsterte sie.
    "Es tut so weh..."

  • Sie hatte nicht groß gefragt, sondern war einfach immer der Nase nach gelaufen. Nun fiel ihr ein leichter Lichtschein auf. Dort vorn stand eine Türe offen. Fabia rannte regelrecht durch den Flur und wäre beinahe an der Tür vorbei geschlittert. Als sie dann Valeria am Boden liegen sah, wurde die junge Frau erstmal kreidebleich. Sie blickte nach links, nach rechts, niemand in Sicht. Und so ging sie erst einmal zu Valeria und ergriff sanft deren Hand. "Valeria? Hörst du mich? Ich bin hier.. hast du Schmerzen?"
    Das Gesicht ihrer Lehrerin sprach Bände. Und sie fühlte sich irgendwie hilflos. So etwas hatte sie doch noch nie gemacht. Tapfer sein. Du schaffst das..

  • Die Nebel vor Valerias Augen lichteten sich etwas, als sie die Stimme hörte und eine Hand spürte. Als sie aufsah, erblickte sie Fabia.
    "Fabia", schluchzte sie.
    "Es tut so.... aaaaaaaaaaaaaaaaaaah!"
    Gepeinigt krallte sich Valeria an Fabia fest. Sie hatte in diesem Moment keine Kontrolle über sich, sodass die Fingernägel sich tief in das Fleisch der Discipula bohrten, während die Wehe Valeria verkrampfen ließ.
    "Apollonius", flüsterte die Decima dann. Wenn doch wenigstens Apollonius da wäre!
    "Es tut so weh, Fabia!" rief Valeria. Tränen rannen über ihr Gesicht und dass sie so gekrümmt am Boden hockte, war ganz und gar nicht gut für sie und das Kind.

  • "Ruhig.." Sie konnte sich ein Wimmern gerade so unterdrücken, die Nägel in der Haut schmerzten.


    "Wer ist Apollonius? Wo finde ich ihn.. komm, wir müssen dich erstmal hinlegen." sagte sie sanft und versuchte, Valeria hoch zu helfen. Sie machte sich Sorgen, es sah aus, als würde das Kind kommen. Vor der Tür sah sie einen Sklaven vorbeihuschen. "He, wir brauchen Tücher und heisses Wasser." wies sie den Sklaven recht herrisch an und brachte dann Valeria zum Bett, so schnell es ging.

  • "Mo....gontiacum", keuchte Valeria, als Fabia versuchte, sie irgendwie hochzuhieven. Sie bekam nur am Rande mit, dass Fabia einen Sklaven anranzte und stand endlich auf den Beinen, als der Schmerz wieder über sie hinwegjagte und sie schwanken lies. Valeria pustete und atmete übertrieben ein und aus, um überhaupt zu atmen. Schließlich hatten sie es zumindest bis zum Bett geschafft, aber Valeria war sich nicht sicher, ob sie sich eher setzen oder doch legen sollte. Inzwischen schwappte immer mal wieder irgendwas Übelriechendes über und ließ ihre Beine herunter. Der Boden des Cubiculums sah schon völlig nass und irgendwie leicht grünlich aus und Valeria standen Schweißtropfen auf der Stirn.

  • "Oh ihr Götter.." flüsterte Fabia, die selber kalkweiss im Gesicht war und doch gar nicht wusste, was sie machen sollte. Mogontiacum.. zu weit weg, sie würde den Mann niemals rechtzeitig erreichen. Was sollte sie nur tun? Sie blickte zur Tür und rief laut. "Ist jemand da? Wir brauchen hier Hilfe!" Zudem hoffte sie, das der Sklave bald mit den nötigen Sachen wieder da war. Und so wie der Sklave zur Tür hereinkam, breitete Fabia die Tücher unter Valeria aus, so gut es ging, um deren Bett zu schützen. Ganz vorsichtig berührte sie deren Bauch.


    Sie hatte Angst, das konnte sie nicht leugnen. Noch nie hatte sie ein Kind auf die Welt geholt. War diese grünliche Flüssigkeit normal? Wieder blickte Fabia ängstlich zur Tür und drückte dann leicht Valerias Hand. "Wen kann ich sonst noch holen?"

  • Valeria keuchte. Ihr Herz raste. Sie fühlte sich, als würde sie laufen und laufen und laufen..... Der Schweiß machte ihr Haar nass und vermischte sich mit den Tränen, die immer wieder aus den Augenwinkeln herab rannen. Valeria griff nach Fabias Hand und klammerte sich daran fest.


    "Miriam.....Fannia", flüsterte sie. Männer würden wohl kaum helfen können, auch wenn sie sich aus irgendeinem Grund Livianus herbeiwünschte. An Maximian dachte sie nicht eine Sekunde. Und dann merkte sie, wie irgendetwas...riss und der Schmerz erneut über sie kam.


    "Aaaaaaaaaaaaaaaaaah.....................oh Iuno! Diana..........."
    Valeria keuchte.
    "Mach dass es aufhört!" schrie sie.

  • Fest drückte sie die Hand Valerias und konnte doch selbst kaum den Mund halten unter der Kraft Valerias.
    Irgend etwas stimmte hier ganz und gar nicht und sie hatte große Angst, um Valeria und deren Kind. Sie wusch ihre Hände im heissen Wasser und ranzte den Sklaven ein zweites Mal an, das er ein scharfes Messer und eine Decke bringen sollte. Dann tastete sie abermals vorsichtig Valerias Bauch ab, um festzustellen, wo ungefähr das Kind lag.


    "Ich bin da.." flüsterte sie beruhigend und betete insgeheim zu Diana, das alles gutgehen möge.

  • Valeria wimmerte. Das kannte man so nicht von ihr. Sie war stets selbstbeherrscht und stolz - außer, wenn es um das Wohl anderer ging. Dann kannte sie keine Zurückhaltung.


    Sie bekam nicht mit, dass Fabia sich die Hände wusch und nach einem Messer verlangte, sondern versank in ihrer eignen kleinen Welt, die in diesem Moment nur mehr aus rotem Schmerz und glühenden Wehen bestand. Sie fragte sich allen Ernstes, ob sie das überleben würde. Der Schmerz raubte jeden letzten Rest des Verstands und wurde immer noch schlimmer, wenn sie dachte, dass es nicht mehr schneller ging.


    Das vielleicht Schlimmste aber bekam sie nicht mit: Das Kind hatte sich nicht zur Gänze gedreht. Dieser Umstand würde die Geburt verzögern.

  • "Oh bitte Diana, steh mir bei, Iuno, ihr Götter, helft doch.." flüsterte Fabia mit kreidebleichem Gesicht. Mittlerweile hatte sie sich so neben Valeria gesetzt, das sie ab und an nach unten sehen konnte. Sie hatte furchtbare Angst und obwohl sie normal nicht scheu war, wusste sie nun absolut nicht, was sie machen sollte. Wie nur sollte sie Valeria helfen? Wieder tastete sie den Bauch ab. Es fühlte sich komisch und ungewohnt an. Warum nur war denn ausgerechnet jetzt niemand zum helfen da?

  • Der Sklave, den Fabia angeschrien hatte, war zu Fannia gelaufen. Er selbst war ein Mann und es war nicht schicklich, dass männliche Sklaven einer Geburt beiwohnten.


    Fannia erinnerte sich noch gut an die eigene Geburt ihres kleinen Sohnes, welche jetzt schon knapp zwei Monate zurück lag. Sie würde Valeria mit all ihrem Wissen und mit Rat und Tat beistehen. Als ihr Sohn geboren wurde war Cicero dabei gewesen. Er hatte darauf bestanden sein Kind auf die Welt bringen zu dürfen.


    Hier sah die Sache nun anders aus. Sicher hätte sich Maximian gewünscht, bei der Geburt dabei sein zu dürfen. Aber vieles hatte sich geändert...


    Endlich kam sie zu Valeria's Cubiculum und trat mit einem Eimer heißem Wasser und Tüchern ein. Sie ging an Valeria's Seite und nahm ein Stück sauberes Holz, dass sie ihr vor den Mund hielt. "Nehmt das zwischen die Zähne und beisst fest darauf, das hilft etwas gegen die Schmerzen." erklärte Fannia, dann tastete sie den Bauch ab und spürte, dass der Körper des Kindes nicht ordnungsgemäß lag.

  • "Helft ihr." Fabia fühlte sich hilflos und hoffte, das die Sklavin helfen konnte die eingetreten war. Sie war doch noch so jung.. und gerade jetzt wurde ihr das wieder besonders bewusst. Obwohl sie kreidebleich war, war sie dennoch entschlossen zu helfen und stand wieder auf.


    "Was soll ich machen?" fragte sie, denn offenbar kannte die Sklavin sich aus mit dem, was sie zu tun hatte.

  • Valerias Atem ging stoßweise und sie klammerte sich mit aller Kraft an Fabia und am Bett fest. Dann kam Fannia, den Göttern sei Dank! Valeria sah die Sklavin dankend an und nahm das Stück Holz zwischen die Zähne.
    "Aaaaaahhhhhh......" schrie sie, die Zähne fest um das Holz geschlossen und schnaufend wie ein Stier. Ängstlich rollte sie mit den Augen.
    "Was stimmt nicht? Was ist? Was...aaaaaaaah......"

  • "Das Kind hat sich gedreht, es liegt nicht richtig..darum habt ihr solche Schmerzen Herrin" erklärte die eher schmächtige und unscheinbare Sklavin.


    Prüfend tastete sie noch einmal über den Bauch und versuchte mit Druck ihrer Hände, das Kind zum Drehen zu bewegen. "Wenn es sich nicht bald dreht, muss ich schneiden." gestand Fannia besorgt.

  • Sie blickte zu der Sklavin und deutete auf das scharfe Messer. "Ich hab ein Messer herbringen lassen.. aber ich habe noch nie ein Kind auf die Welt geholt." sagte sie leise und atmete tief durch. Valeria mit solchen Schmerzen zu sehen betrübte sie und ausserdem hatte sie Angst. Sie konnte es einfach nicht verleugnen.


    Ihr Blick ruhte nun auf Fannia. "Kann ich irgendwie helfen?"

  • Valeria schloss die Augen und begann am ganzen Leib zu zittern. Sie biss fest auf das Holz in ihrem Mund und schnaufte wie wild. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie wie ein gehetztes Tier um sich herum - und als eine neuerliche Schmerzlawine über sie rollte, schrie sie laut in ihren Qualen. Blut fand nun den Weg auf das Laken. Valeria wurde wieder ruhiger, atmete flach und schien wie in Trance.


    "Maximian.....du feiger Hund...nicht einmal jetzt bist du da...." murmelte sie.

  • Fannia bat Fabia doch bitte das Messer wegzulegen, da es Valeria doch nur noch nervöser machen würde, als sie es wohl eh schon war. Komplikationen bei einer Geburt waren nichts ungewöhnliches, aber es war nie eine schöne Sache für eine Frau, diese durchstehen zu müssen.


    "Haltet durch, ihr müsst tapfer sein und stark bleiben" versuchte sie Valeria zu beruhigen.
    Zum Glück konnte sie das Kind noch so drehen, dass es auf natürlichem Weg auf die Welt kommen würde. Das war bei weitem nun eine große Erleichterung, denn das Kind herauszuschneiden, barg für Mutter und Kind immer eine große Gefahr. Nicht umsonst erlagen einige Frauen im Kindbett den Folgen einer Geburt.

  • "Diana, Iuno, steht ihr bei, helft ihr, das hier durchzustehen.." flüsterte Fabia inbrünstig,aber so leise, das Valeria sie nicht verstehen konnte und trat dann neben Valerias Lager, deren Hand nehmend.


    "Du bist nicht allein. Wir sind hier und helfen dir.. du schaffst das, Valeria." sagte sie leise und sanft. Sie fühlte sich auf einmal der Priesterin noch enger verbunden als vorher, so, als wäre diese eine Freundin von ihr, nicht nur ihre Lehrerin. Und sie hatte Angst um sie.


    Sanft strich sie Valeria über die Hand, um der Priesterin zu zeigen, das sie nicht allein war.

  • Valeria hob die Lider wieder und wollte gerade etwas sagen, als diesmal die wohl stärkste Wehe bisher einsetzte. Sie keuchte und krümmte sich zusammen, hielt die Luft an, was nicht gut war. Irgendetwas bewegte sich und verursache noch mehr Schmerzen. Instinktiv stellte Valeria die Beine auf und presste. Die Augen hatte sie fest zusammengedrückt. Als sie sie das nächste Mal in Pein öffnete, war ein Äderchen geplatzt und Valeria schnappte verzweifelt nach Luft. Das war ihr erstes Kind, ihre erste Geburt und das erste Mal, dass sie einen solchen körperlichen Schmerz erdulden musste. Sie wollte nicht sterben und doch glaubte sie, dass genau das passieren würde.

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