Früher oder später erwischt es jeden, sogar Victor: das Officium. Jahrelang hat er sich dagegen gewehrt, im Tempel des Mars Ultor ist er lieber in die Tempelküche gegangen, als sich ein Officum einzurichten, doch die Septemviri haben keine Küche.
Mercurinus führt Victor bis zur Tür von Officium DCCCXV, kurz O-DCCCXV. Vic fragt sich, ob es tatsächlich so viele Officien hier gibt, doch die Zahl muss eine andere Bedeutung haben. Mercurinus verabschiedet sich mit einem "Viel Spaß!" und dazu einem breiten Grinsen und lässt Vic alleine vor der Tür stehen.
"Na dann." Der frischgebackene Septemvir öffnet die Tür und in diesem Augenblick kommt ihm ein muffiger Geruch entgegen. Das ganze Zimmer sieht sauber, aber unberührt aus, so als wäre seit der Schaffung des Collegiums vor dreihundert Jahren hier noch keiner drin gewesen außer zum sauber machen. Victor lässt die Tür offen stehen und legt den Stapel Pergament auf dem Tisch ab. Er schaut sich die leeren Regale an, setzt sich dann hinter den Tisch und kratzt sich am Kopf. "So viel zu lesen..." Natürlich ist es nicht wirklich viel, denn so viel haben die Septemviri wirklich nicht getan in den letzten Monaten. Aber Schriften konnten Vic noch nie in ihren Bann ziehen, vor allem keine, in denen reihenweise Namen aufgelistet werden und die Themen der Besprechungen dann in zwei Sätzen abgehandelt werden.
Nachdem er fast die Hälfte der Pergamente gelesen hat, legt Vic eine Pause ein und widmet sich angenehmeren Dingen. Er zieht unter dem Stapel, der noch zu lesen ist, eine Acta Diurna hervor und gönnt sich die neuesten Nachrichten aus dem Imperium. Die Religio ist in dieser Ausgabe recht gut vertreten. Der Artikel über die Ludi Florales führt lediglich dazu, dass sich Vics Augenbraue hebt und er den Kopf schüttelt. Sein eigenes Interview liest sich ziemlich merkwürdig, aber es war ihm auch schon ziemlich merkwürdig vorgekommen, die Fragen des Reporters zu beantworten. Sorge dagegen bereitet ihm der Artikel über die Vestalinnen, dieser Sache müsste dringend nachgegangen werden, denn die Vestalia sind auch nicht mehr weit und dann muss der Tempel geöffnet werden. Victor zieht sich eine Wachstafel heran und setzt das auf die Liste der Dinge, die getan werden müssen. Über die übrigen, recht informativen Artikel übersieht er fast den Bericht über die Aufstellung eines Weihesteins in Misenum. Er will schon zum nächsten Beitrag weitergehen, als ihm etwas auffällt. Ungläubig liest er den Satz nochmals, doch es ändert sich nichts daran. Er zieht die Augenbrauen hoch und setzt dies als weiteren Punkt auf die Liste.
Noch bevor er sich wieder den Aufzeichnungen der Septemviri widmet, schreibt er einen Brief nach Misenum.