[Hortulus] Bei den Horti Luculliani am Tiber

  • Hannibal lächelte als Nadia seine Hand drückte. "Meinst Du, ob ich schon im Süden Italias war? Aber sicher doch. Ich bin, wie mein Herr, in Baiae geboren worden. Und Baiae liegt ebenfalls nahe des Vesuvs! Der Süden Italias ist wirklich eine traumhafte Landschaft. Zu schade, dass wir die Gegend verlassen mussten!" Langsam schlenderte Hannibal mit Nadia am Fluß entlang und auf die malerischen Hügel zu. Bäume standen dort dicht, aber ein Trampelpfad führte zwischen ihnen entlang. Hannibal schmunzelte etwas als er ein junges Paar in der Nähe entlang laufen sah. Anscheinend wurde der Platz hier auch für verschwörerische Liebestreffen genutzt. Hannibal lächelte und dachte über Ovids Liebeswerk nach, was ihn zu einer anderen Frage brachte. Er sah zu Nadia. "Und hat Dich Amors Pfeil schon getroffen im Leben?"

  • Es hörte sich wirklich wunderschön an fast wie man sich einen Ort in seinen Träumen vorstellt. Sie schaffte wieder ein Lächeln auf ihren Lippen erscheinen zu lassen und auch ihre Augen strahlten einen ganzen Moment lang als sie so nebeneinander herliefen. Wieder war der laue Wind da der ihre Haare durcheinander bringen wollte, aber es störte sie nicht. "Es ist immer schade wenn man Plätze verlassen muss die schön sind oder uns an Herz gewachsen sind" sagte sie leise und lief weiter neben ihm her. Das Pärchen war ihr nur kurz aufgefallen, aber seine Frage ließ sie etwas zucken und ihre Hand griff etwas fester. Sie schluckte und schaute dann zu ihm auf. "Furianus ihm gehört mein Herz, denke ich und dann habe ich bei meiner Festnahme jemanden kennengelernt, aber.......ich habe nichts mehr von ihm gehört"sagte sie leise und setzte langsam einen Fuß nach dem anderen vorran. "Es soll nicht sein" meinte sie dann bestimmend und doch abwesend.

  • Hannibal schwieg und lief mit Nadia am Fluss und dem grünen Grasstück entlang. Jemanden kennen gelernt? Hannibal dachte einen Moment darüber nach. Aber er tat es schnell ab. Ein Mann, der wohl in Nadias Augen gefiel und sich nicht bemühte, der war selber Schuld. Hannibal blieb an einem Strauch stehen und pflückte ein Blatt herunter, was er zwischen seinen Fingern zerrieb. "Venus ist eine launische Göttin. Und wenn Fortuna noch ins Spiel kommt, dann ist alles verloren." Hannibal sah zu Nadia und lächelte schief ehe er weiter ging. Der grüne Uferstreifen wurde schmaler und in der Nähe verlief schon wieder eine Straße. Hannibal blieb stehen und ließ noch mal seinen Blick über den Tiber streifen. "Wir sollten mal langsam zurück gehen. Daß ich fehle, wird nicht auffallen. Bei Dir wird es wohl anders sein."

  • "Ich glaube kaum, das mein Fehlen auffallen würde. Ich glaube es wäre ihm egal wenn ich dieses Mal nicht mehr zurück gehen würde" gab sie nachdenklich zurück und wieder bröckelte etwas von ihrer Fasade, brach wieder ein Stückchen ab und trieb sie näher zu ihrem baldigen Vorhaben hin. "Es ist doch gleich ob er mich nun wegschickt oder aber ich nicht wieder komme, in beiden Fällen weist er mich von sich" sagte sie sichtlich traurig. Wieder verfiel sie in sich selbst und begann sich wieder zu verschließen. Die Hand die immer noch in der von Hannibal lag wurde etwas schlaffer. "Und wegen dem Mann, wer weiß vielleicht ist es auch besser so, denn wer will denn schon etwas von einer Sklavin." In ihrer Stimme klang Wehmut mit.

  • Hannibal hob die Hand, die Nadias hielt etwas und umschloß mit seiner anderen ihre Hand. Warm, fest und gleichzeitig sanft hielt er ihre Hand geborgen. Dabei kreisten seine Gedanken wieder. Die Menschen waren schlecht. Viele waren böse und das was diese beiden Männer, der Flavier und der Unbekannte, Nadia angetan haben, das bewies seine These von der Schlechtigkeit der Menschen. Auch waren die Menschen blind. Wie konnte man nicht sehen, dass Nadia doch einer der wenigen Wesen war, die es überhaupt verdienten zu leben. Kurz presste Hannibal seine Lippen fest aufeinander, etwas grimmig und entschlossen. Diese Männer würden das noch bereuen und dafür würde Hannibal sorgen. Den Flavier konnte er leider nicht einfach umbringen. Hatte er seinem Herren doch fest versprochen, die Familie unangetastet zu lassen. Außerdem fühlte Hannibal, dass die Flavier seine einzige Familie war, die er hatte. Aber für Furianus würde er sich sicherlich noch etwas einfallen lassen.


    Doch der andere Mann würde es noch bitter bereuen. "Wer ist jener Mann, der Dich so schmählich fallen gelassen hat?" fragte Hannibal beiläufig und nichts an seinem Gesichtsausdruck verriet seine Mordlust gegenüber diesem Unbekannten. "Nadia, ein Mann, der Dir seine Liebe verspricht und sich nicht daran hält, tut das nicht weil Du eine Sklavin bist, sondern weil er ein Nichtswürdiger ist. Und was Deinen Herren angeht. Würdest Du ihm nichts bedeuten, hätte er Dich gekreuzigt nach Deiner Flucht. Es ist aber auch kein Wunder, Du bist schließlich eine besondere Frau!" Hannibal lächelte sie freundlich und mit warmen Augen an, hob kurz seine Hand und strich ihr in einer fast vertraulichen Gestik über die Wange. Doch wirkte diese kurze Zärtlichkeit nicht wie ein Versuch sich an sie ranzumachen, eher natürlicher und spontan. Doch dann ließ er seine Hand wieder sinken und umgriff erneut ihre Hand.

  • Nadia dachte wohl ein wenig anders als er und sah in vielem vielleicht sogar etwas ihre eigene Schuld oder, dass sie es nicht anders verdient hatte. Seine warmen Hände die ihre umschlossen hielt taten sehr gut. Er war für sie da, auch wenn sie ihn nicht kannte baute sich das Vertrauen zu ihm immer mehr auf. Nadia blickte neben sich und dann wieder auf den Boden und zum Schluß zu ihm. "ICh weiß nicht einmal ob er mich wirklich hat fallen lassen oder ob ihm was geschehen ist. Ich weiß es einfach nicht. Er heißt Decimus Pompeius Strabo. Er war der Vigil, der mich fasste, aber für mich war er ein lieber Mensch." Seine Worte drückten wieder so viel Wahrheit aus, dass es schon fast schmerzte.
    "Auch das weiß ich, dass er mich hätte kreuzigen können deswegen, und ich bin froh, dass er es nicht getan hatte." Irgendwie fragte sie sich was seine Komplimente immer zu bedeuten hatten. Es ging schon die ganze Zeit und machte sie teilweise verlegen. "Ich kann nichts besonderes an mir finden Hannibal, aber du siehst mich anders als ich mich." Die Berührung von ihm überraschte, aber gleichzeitig wurde sie wieder verlegen und sie sah ihm ebenfalls in seine Augen. Ein kleines Lächeln zog sich über ihre Lippen und sie sah wieder hinab auf ihre beider Hände. "Danke, dass du für mich da bist" flüsterte sie.

  • Hannibal bezweifelte arg, dass jener Pompeius Nadia wirklich hätte kreuzigen lassen können. Schließlich gehörte Nadia einem Patrizier und dies wäre doch sein Vorrecht gewesen. Aber Hannibal hatte ein wenig den Verdacht, dass Nadia im wahrsten Sinne des Wortes etwas blauäugig durchs Leben ging. Aber das machte sie in seinen Augen sogar noch liebenswürdiger. Ständig schien sie das Gute hinter den Menschen zu sehen. Waren sie doch in Wirklichkeit fast alle schlecht, korrupt und intrigant. Leicht lächelnd schlenderte Hannibal mit Nadia weiter. „Nadia, Nadia! Ich bin fest davon überzeugt, dass Du ein besonderer Mensch bist!“ Der Weg war dann wieder zu sehen. Eine ältere Römerin lief langsamen Schrittes die Straße entlang. Auf ihrem Rücken trug sie ein großes Bündel alter Kleidung. Ihr Gesicht war von vielen Runzeln geziert. Sie sah kurz mit verengten Augen in Richtung von Nadia und Hannibal und marschierte mit einem Kopfschütteln weiter. „Aber komm, ich glaub, langsam fällt unsere Abwesenheit wirklich auf. Nicht, dass es wieder große Aufregung wegen einer angeblichen Flucht in der Villa gibt. Du weißt ja, die Patrizier sind immer ein wenig hysterisch!“ Grinsend zog Hannibal Nadia auf die Straße und in Richtung der wohlhabenderen Viertel Romas.

  • Draußen angekommen schaute ich mich suchend um und erspähte ihn an dem Ausgang des Grundstückes. Kaum hatte er mich gesehen verschwand er um die nächste Ecke. Ich folgte ihm etwas schneller und richtete mein Tempo so ein das der Abstand gleich blieb. Meine Umgebung hatte ich bald kaum noch im Auge, denn mein Blick galt nur noch ihm, denn das Gedränge in den Straßen wurde immer dichter.
    Irgendwann, nach einer ewigen Zeit wie es mir schien, erreichten wir den Tiber.
    Dort blieb er stehen und wartete bis ich ihn erreichte.
    Endlich stand ich ihm Auge in Auge gegenüber. Seine sinnlichen Lippen formten sich zu einem Lächeln. „Wie lange musste ich auf solch einen Augenblick warten.“ Wie Musik erklangen diese Worte in meinen Ohren. „Nicht nur du“, kam es aus meinem Munde. Zögernd hob er seine Hand, ließ sie aber gleich wieder sinken. „Gedulden wir uns noch einen kurzen Augenblick. Dort hinter der nächsten Biegung gibt es eine Stelle, die man nicht einsehen kann.“
    Mein Herz hüpfte vor Freude noch wenig Augenblicke und die Sehnsüchte der letzten Wochen wären vergessen.


    Endlich alleine saßen wir uns gegenüber. Behutsam glitt meine Hand über seine Wangen, streichelte sie, umschloss seinen Nacken und zog seinen Kopf sanft zu mir. Unsere Lippen näherten sich während unsere Augen fast ineinander verschmolzen. Ich spürte seine Hände auf meinem Rücken, spürte wie sie unter meine Tunika glitten. Meine Lippen öffneten sich, umschlossen die seine, die freie Hand fuhr in seine Haare. In meinen Lende pochte es, während es in meinen Ohren dröhnte.
    Schnell lösten wir uns von einander und zogen uns gegenseitig die Tuniken aus und nestelten aufgeregt an unseren Lendentücher. …..Jetzt griff er sanft in meine Haare zog mich zu sich, gierig erkundeten meine Finger seinen Körper. Erfassten sein Gesäß, glitten tiefer zu seinen Schenkeln, suchten den Weg zu dem Ziel der Wonne. Küsse,… viele Küsse bedeckten mein Gesicht, meinen Hals, meinen Körper….sanft strichen meine Hände über seine Männlichkeit begannen ihn zu massieren. Sein seufzen und leises lustvolles Stöhnen überdeckten mein rasendes Herzklopfen. Nun wanderten meine Hände zu seinem Kopf, umfassten ihn zärtlich, bedeckten sein Gesicht mit Küssen. Langsam schob sich meine Zunge zwischen seine Lippen, berührten seine Zunge, zog sich wieder zurück und tastete sich langsam abermals vorwärts, umspielte die seine, vereinte sich mit ihr. In meinen Ohren und Adern rauschte das Blut als seine Hände mich enger zu sich zogen meinen Hintern erfassten und zu meinen Schenkeln wanderten. Oh ihr Götter im Olymp lasst diese Stunde niemals enden.
    Unsere Körper schmiegten sich aneinander… seine Hände umfassten abermals, dieses Mal noch fester mein Gesäß, pressten und zogen an den Backen während wir uns aneinander rieben. Ein lautes Stöhnen kam aus seiner Kehle bevor wir uns lösten. Schnell rollte ich mich auf den Bauch und nun war es soweit endlich spürte ich ihn in mir, feste Stöße drückten mein Becken immer aufs Neue, fester und tiefer in den Boden wie mir schien. um mein Stöhnen zu unterdrücken presste ich meinen Mund auf meine Hände und biss ein um das andere mal in meine Handballen. Schmatzend lösten sich unsere schweißnassen Körper immer wieder von einander, um sich bei jedem Stoß auf neue zu vereinen. Sein keuchen und stöhnen drang wie der Gesang eines glückseligen in meine Ohren.
    Küsse bedeckten meinen Rücken und Nacken leise dankbare Worte klangen in meine Ohren…gesättigt und zufrieden zog ich mich unter ihm hervor, drehte mich zu ihm und streichelte sein Gesicht, seine Brust und schmiegte mich an ihn.
    Lange lagen wir noch dort zusammen, flüsterten, streichelten und küssten einander, bis ein frischer Abendwind uns in die raue Wirklichkeit zurückholte. Langsam kleideten wir uns an und versprachen einander, uns hier an diesem, unseren Platz noch oft zu treffen.

  • An diesem Nachmittag beschloss ich einen Spaziergang zum Tiber zu machen. Lange war ich nicht mehr an jenem Treffpunkt gewesen. Unser Versprechen hatte ich nicht vergessen, doch das Zusammentreffen mit Corona hatte mich verwirrt und verunsichert. War es in meiner Heimat doch üblich, das Knaben und junge Männer eine Beziehung zu anderen Männer eingingen. Später gingen sie dann eine Ehe ein und besaßen zur Ergänzung einen männlichen Partner.
    Ich war ich doch bisher davon überzeugt gewesen, ich selber könnte nur mit Männern eine Beziehung eingehen. Nun musste ich doch feststellen, dass Corona ganz neue fremde Gefühle in mir wach rief. Ich hoffte, dass ich nicht umsonst unseren Platz auf suchen würde, denn ich brauchte unbedingt Gewissheit wo ich hingehörte.
    An unserem Ort angekommen setzte ich mich um geduldig auf den Zufall eines erneuten Zusammentreffens zu warten.

  • Pflichtbewusster als die meisten Sklaven es gewöhnlich taten, wenn sie das Vertrauen des Herrn besaßen und nicht kontrolliert wurden, organisierte Phaeneas die Abläufe in der Villa Flavia und sorgte dafür, dass alles auch so umgesetzt wurde, wie es vorgesehen war. Unauffällig vom Hintergrund aus. Für seine Mitsklaven fast unsichtbar.
    Aber Lucianus hatte ihm nicht nur erlaubt, in die Stadt zu gehen, sondern ihn extra dazu beauftragt, damit er wusste, was so vor sich ging und die Leute redeten.
    Und Phaeneas war und blieb ein Träumer. Mit wachen, genau beobachtenden, fast schwarzen Augen. Und deshalb hörte er sich nicht nur um, sondern ging auch einer der wenigen Tätigkeiten nach, die ihm so etwas wie Freude bereiteten: er spazierte mal tastenden, mal hastigen, ruhelosen Schrittes durch verschiedene Gegenden Roms. Wie in Tagträumen, in Trance gefangen.
    Heute hatte es ihn wieder einmal zum Tiber verschlagen. Diese im Sonnenlicht glitzernde Flüssigkeit ließ ihn einfach nicht los.
    Die Augen auf den Fluss geheftet folgte er der nächsten Biegung und war etwas überrascht – in Gedanken ganz woanders - , dort jemand Sitzenden vorzufinden. „Oh“, kam es deshalb – selten eloquent – aus seinem Mund, den Blick auf den jungen Mann gerichtet.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, ich störe gerade nicht :)

  • Das unerwartete, plötzliche „Oh“ in meiner Nähe ließ mich aufschauen. Die Enttäuschung,
    bei dem unverhofften Anblick eines Fremden, konnte man wohl in meinem Gesicht lesen.
    Schnell hatte ich mich jedoch wieder gefasst. Unfreundlich wollte ich auf keinem Fall wirken.
    Ich war doch froh über jede neue Bekanntschaft, schließlich lernte ich gerne neue Menschen kennen.
    „Salve, …auch alleine unterwegs?“


    Sim-Off:

    auf keinem Fall :)

  • Phaeneas‘ Augen, die es gewohnt waren, schnell erfassen zu müssen, entging nicht der ernüchterte Ausdruck, der zuerst auf dem Gesicht des anderen erschien. „Wartest du auf etwas?“, fragte er deshalb nach, erstaunt davon, dass er bei einem vollkommen Fremden eine solch spezifische Reaktion auslöste.
    Auch die lockere Erkundigung des anderen verwunderte ihn. Schließlich war er doch im Prinzip nie in Begleitung in der Stadt. Höchstens traf er sich irgendwo mit einem seicht Bekannten, um mit dem eine gewisse Zeit zu verbringen. Aber auch auf dem Weg zu so einer Verabredung war er allein. Deshalb war ihm allein schon unbegreiflich, wie man nur auf einen solchen Gedanken kommen konnte.
    Mit einem etwas irritierten Gesichtsausdruck antwortete er: „Ja, bin ich.“ Ausführlich wie eh und je Fremden gegenüber.

  • Meine Neugier war erwacht und ich betrachtete den unerwarteten Gesprächspartner genauer.
    Seltsam waren seine Reaktionen schon. Er schien entweder über meine Frage erstaunt, verwirrt zu sein oder grundsätzlich über meine Anwesenheit.
    Ein bisschen wortkarg schien er ja zu sein. Trotzdem kam er mir gerade recht. Jetzt gerade an diesem Ort, war mir ja sowieso jede männliche Gesellschaft willkommen. Obwohl wenn ich es recht bedachte so ganz jede, nun doch nicht. Nachdenklich nickte ich zu seiner Frage. „Ja ich warte, mir scheint aber ich warte vergebens. Wobei ich heute…!" Den Rest behielt ich, besser, zunächst für mich. Obwohl ich mir eigentlich doch recht sicher war.
    Wieso wirkte er aber so irritiert bei seiner Antwort?

  • Also wartete er auf einen oder mehrere Menschen. „Habt ihr etwa keinen konkreten Zeitpunkt abgemacht?“ Eine seltsame Lebensauffassung, wenn man Phaeneas fragte, einfach so in den Tag hineinzustolpern. Bei ihm musste alles seine feste Ordnung, seinen Platz und Ablauf haben, möglichst ganz genau im Voraus feststehen. Wenn etwas ungewiss und chaotisch war, war die Gefahr groß, den Überblick zu verlieren, und das konnte einen in gewaltige Schwierigkeiten bringen.
    Verunsichert sah sich der Bithynier nochmal um. Das hier war doch hoffentlich kein Treffpunkt einer bestimmten Gruppe. Phaeneas hielt nichts von Treffpunkten. Aber überall über Rom verstreut trafen sich hier Bettler, dort Spieler, dort Stricher. Die einen für ihr Hobby, die anderen für die Ausübung ihres Berufs. Und es war ziemlich kompliziert, immer zu wissen, in wessen Revier man sich gerade aufhielt.
    Was den angefangenen Satz anbelangte, drang Phaeneas nicht in den jungen Mann, um den Rest zu erfahren. Schließlich wusste er selbst, wie unangenehm es war, zu viel gesagt zu haben und dann genötigt zu werden, es auszusprechen (davon abgesehen, dass er in so einem Fall sowieso log). Außerdem galt in Rom bei solchen flüchtigen Begegnungen immer, unaufdringlich zu sein und seinem Gegenüber so viel Privatsphäre zu lassen, wie der es wollte.

  • Ich hörte so etwas wie ein Gemisch von Erstaunen und Unverständnis aus seiner Frage heraus hören. Es war ja möglich, dass er genug Zeit hatte und sich diese frei einteilen und verplanen konnte. Ich konnte es nicht und musste mit dem zufrieden sein was mir blieb.
    „Nein das haben wir nicht, es würde auch nicht so einfach gehen. Es ist eine lose offene Verabredung. Es hängt davon ab wann wir Zeit haben und nährt sich von der Hoffnung.“
    Diese Antwort war bestimmt für einen Fremden unverständlich, es war aber wie es war.
    Wieso nun dieser verunsicherte Blick fürchtete er einen Überfall? Nach meiner Kleidung zu urteilen und auf gut gekleidete Sklaven, die das Image der Claudier nach außen trugen, legte Menecrates nun wirklich großen Wert, konnte er mich doch nicht als zugehöriger einer Wegelagerer Bande halten. „ Hast du Angst und fürchtest dich vor was oder wen? Dann solltest du nicht alleine hier draußen herumspazieren.“

  • Lose offene Verabredung ... Das bedeutete, dass der junge Mann vor ihm nicht genau wusste, wer das war, mit dem oder der oder denen er sich da traf, geschweige denn wo diese Person(en) wohnte(n). Also anders gesagt wussten sie wahrscheinlich kaum etwas voneinander.
    Bei dem Stichwort ‚nährt sich von der Hoffnung‘ konnte sich allerdings sogar der in solchen Dingen sonst sehr begriffsstutzige Phaeneas vorstellen, wie die Beziehung zwischen ihnen aussah. Das, was fast alle Menschen verrückt machte.
    „Na, dann wünsche ich dir, dass die Hoffnung nachwievor gegenseitig ist.“ Kühl und sachlich war seine Stimme. Phaeneas lag nicht daran, Salz in jemandes Wunde zu streuen, aber zumindest darauf hinweisen wollte er den jungen Mann auf diese Möglichkeit.
    „Nein, wieso sollte ich mich fürchten. Nur verschiedene Gedanken.“ So wie sein Gegenüber das ausgedrückt hatte, schien es sich um ein privates Treffen zu handeln. Was Phaeneas entspannter werden ließ.


    Es war nicht zu übersehen, dass es sich bei dem jungen Mann vor ihm um genau das handelte, was in der römischen Gesellschaft unglaublich gesucht war und wofür man auf einem Sklavenmarkt Unmengen an Geld springen lassen musste. Genau das, bei dessen Anblick tausende Männer schwach wurden – und der Versuchung sofort nachgaben (wenn sie es sich finanziell leisten konnten oder anderweitig an ihr Ziel kamen).

  • Nachdenklich schaute ich den etwas älteren Mann an. Wollte er sich wirklich mit mir unterhalten oder hatte ich ihm einfach eine Unterhaltung aufgezwungen? Hatte ich wie schon so oft auf mein recht unkompliziertes Wesen gesetzt, um Kontakte zu knüpfen, so war ich mir bei diesem Gesprächspartner nicht siecher, ob dies wirklich eine so gute Idee war?
    Mir schien, dass er genau wusste warum ich hier war. Aber sicher konnte er nicht erahnen, warum ein solches Treffen zurzeit für mich so wichtig war. Meine Gefühlswelt bestand doch in den letzten Tagen nur aus einem einzigen Chaos. Mir fielen meine Gedanken bei den Thermen ein. Vielleicht konnte er auch nicht wissen wie schwierig es für einen Schreiberling oder Wachstafelzerkratzer, wie ich auch des Öfteren zum Spott genannt wurde, in gewisse Kreise zu gelangen. Ob er mir dabei helfen konnte wusste ich nicht. Für mich erwies es im Augenblick schwierig ihn ein zu ordnen. Ein Denker war er bestimmt, doch er wollte seiner Umgebung vieles, wenn nicht sogar alles, von sich verbergen.
    Und nun noch diese Antwort. Er fürchtete sich nicht, aber verschiedene Gedanken. Schaut man sich dabei so verunsichert um?
    „Gedanken fürchten, ja das kenne ich, …. seit dem ich in Rom bin sehr gut.“ Den letzten Teil fügte ich nach einer kleinen Pause hinzu, weil mir da in diesem Augenblick, mein ganzes Elend, glasklar vor mein inneres Auge rückte. Zu meiner eigenen Bestätigung nickte ich noch.
    „Darf ich fragen oder besser gesagt, verrätst du mir wohin du gehst?“

  • Phaeneas wurde natürlich nicht schwach. Er hatte schließlich Cimon. Oder zumindest gehörte Cimon Phaeneas‘ Herz. Außerdem wäre es für ihn gefährlich geworden, wenn er sofort jedem Schönling erlegen wäre.
    Darüber hinaus fiel der junge Mann am Tiber unter das, was Phaeneas als kleinen Jungen umschreiben würde. Für ihn war man ab mindestens zwanzig Jahren gerade einmal alt genug, um wirklich ernst genommen werden zu können. Auch wenn rechtlich ein junger Römer ab sechzehn als volljährig galt.


    Zu Phaeneas‘ Kommentar sagte sein Gegenüber nichts. Hatte ihn einfach zur Kenntnis genommen. „Nur so als Tipp“, fügte der Vinicische an. „Männer können manchmal ziemlich treulos sein. Frauen auch.“ Auch wenn er letzteres nur aus Anschauung von anderen wusste. Unter beidem litt die Menschheit. Und Phaeneas dachte an Cimon.
    „Was hat das denn speziell mit Rom zu tun?“, fragte Phaeneas – ein weiteres Mal – verwundert nach. Aber wenn der junge Mann Rom so unerfreulich fand, dann war er nicht freiwillig hier – als Sklave vielleicht? „Wo warst du denn vorher?“
    Dann folgte eine andere zu erwartende Frage. „Wohin ich gehe, gute Frage. Nirgendwo bestimmtes. Das Pflichtprogramm mit sämtlichen Foren hab ich schon abgehakt. Ich wollte einfach ein bisschen dem Tiber folgen“, antwortete der bithynische Sklave, in seiner für ihn typischen besonnenen und etwas unmotivierten Art, und offenbarte damit doch ein Stück von sich selbst: den geheim, am ganz strengen Zügel gehaltenen Streuner. Der Impuls – einfach weg. Egal wohin.

  • Den Tipp nahm ich nickend zur Kenntnis, nicht das mir das selber geschehen war. Gesehen miterlebt hatte ich dieses jedoch schon häufiger. Zu Hause auf Kreta, aber hier, nein hier noch nie. Wie hätte ich auch, dafür brauchte ich doch eine Bindung und von dieser war weit und breit nichts zu sehen. Bei der Frage die darauf folgte breitete sich entsetzen in mir aus. Wirkte ich schon so als Römer? Es konnte doch nicht sein, dass ich schon so angepasst war. Ich der täglich an Heimweh litt und mich mit meiner jetzigen Situation nicht abfinden wollte.
    Vorsichtig, ausweichend antwortete ich, denn ich kannte ihn doch nicht, vielleicht gab es in Rom so etwas wie Spitzel. „ Ich war zuletzt auf Kreta und dort sind die Menschen anders.“


    Ach interessant er wusste also nicht genau wohin er wollte, merkwürdig bei ihm hätte ich doch vermutet, dass er genau wusste was er und warum er etwas tat.
    Erstaunt hob ich die Augenbrauen. „Ein Pflichtprogramm für Forenbesuche?“
    Davon hatte ich noch nie gehört, oder war er sogar ein Spitzel. Wer gibt einem so eine Aufgabe oder gehört diese Arbeit zu seinem Aufgabenbereich, zu seinem Amt? So wirklich hatte er also auch kein Ziel. Es sei denn man war fremd und wollte seine Umgebung erkunden.
    Unser Gespräch war schon recht merkwürdig. Jede Aussage, jede Frage ließ neue Fragen aufkommen. Eigentlich war dies in einem Gespräch nichts Besonderes. Doch bei uns verlief es irgendwie lauernd, misstrauend und dennoch weckte es die Neugier auf den Anderen.


    Nach einem kurzen zögern, beschloss ich einen Vorstoß zu wagen. „ Ich vermute, du hättest etwas dagegen, wenn ich dich begleiten würde?“
    Diesen Versuch startete ich, weil mir die zahllosen Spaziergänge auf Kreta einfielen, bei denen wir uns im diskutieren, deklamieren und in der Rhetorik übten und nicht mit der Absicht, zu der ich hierher kam.

  • „Sklave?“, fragte Phaeneas nach, ganz in der Art, wie er locker zu plaudern pflegte – wenn ihm der Sinn danach stand. Das war das hier für den Bithynier nämlich, ein lockeres Gespräch, dass sich eben einfach so ergeben hatte, weil man sich über den Weg gelaufen war. Nicht groß nachdenken, einfach reden über dies und das.
    „Oh, verzeih, wie unhöflich“, fiel es Phaeneas schließlich spontan ein und es klang ein bisschen spöttisch. „Ich jedenfalls bin Sklave, Bithynier, also meine Eltern kamen von dort. Ich bin unfrei geboren worden und war immer mal wieder in Rom, ansonsten an wechselnden Orten in Italien. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, wie jemand einen anderen Kulturkreis erlebt haben kann, denn alle Sklaven und Peregrini leben in Italien römisch.
    Wie anders sind die Menschen auf Kreta denn?“
    , hakte er deshalb nach.
    „Mein Herr möchte, dass ich mich für ihn umhöre, was die Leute so reden. Also Klatsch und Tratsch, Annäherungen und Feindschaften unter den besseren Familien Roms, neueste politische Entwicklungen, die Stimmung unter den einfachen Leuten und so weiter. Als vielbeschäftigter Mensch hat er schließlich keine Gelegenheit, sich selbst auf dem Laufenden zu halten. Und solche Dinge erfährt man am besten auf Foren, weil die Leute sich dort treffen, herumspazieren, einkaufen und so weiter.“ Phaeneas zwinkerte, von wegen ‚Jetzt verstanden?‘ Man merkte wirklich, dass der junge Mann nicht von hier war.
    Einige Augenblicke sah Phaeneas ihn an. Ein schlichtes „Nein.“ perlte schließlich von seinen Lippen. „Da hätte ich nichts dagegen“, fügte er hinzu, sobald er bemerkt hatte, dass das Nein doch etwas missverständlich war, und forderte den jungen Mann mit einer Bewegung auf, neben ihm zu gehen.
    Dass Phaeneas darauf, dass der andere ihn einfach so angesprochen hatte, nicht extremst misstrauisch reagierte, hatte einen einzigen Grund: Er wollte Gesellschaft. Gerade eben, so ganz spontan, war ihm nach Gesellschaft. So ein bisschen, so oberflächlich, wie das bei solchen flüchtigen Aufeinandertreffen in der Regel zu sein pflegte. Und deshalb kam ihm dieser junge Mann gerade recht.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!